Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Einungsverhandlungen des Ks. mit den Eidgenossen vor dem Hintergrund der politischen Entwicklung in Europa; [2.] Gespräche zwischen Ks. und Eidgenossen wegen Konstanz; [3.] Anträge von Gesandtschaften des Kg. von Frankreich und des Papstes; [4.] Anberaumung einer neuen Tagsatzung; [5.] Ersuchen des Ks. an die Reichsstände um Ratschläge zu diesen Themen.

Überlingen, 7. Oktober 1510

Kop.: A) München, HStA, KÄA 3136, fol. 238a-239a (inseriert in Nr. 722); B) Augsburg, StadtA, Literalien 1510, o. Fol.; C) Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Ratskanzlei A-Laden Akten 126 Nr. 2, fol. 157a-158a (von der Hand des Nürnberger Gesandten Kaspar Nützel); D) Straßburg, AM, AA 332, fol. 4a-5b; E) Karlsruhe, GLA, Abt. 50 Nr. 8, fol. 88a-89b.

Auf montag nach Francisci [7.10.10] haben röm. ksl. Mt. rete, H. Hans von Landau und H. Hans von Kungseck, von röm. ksl. Mt. wegen an die versamlung des Reichs, sovil der zu Uberling gewest ist, geworben nachvolgent maynung:

[1.] Ir ksl. Mt. sey ungezweifelt, die versamlung hab wissen des vertrags zwischen Bapstlicher Hlkt., der röm. ksl. Mt. und den Kgg. von Frankreich und Aragon, zu Cameregk gemacht.1 Auf solichen vertrag die Babstlich Hlkt. a das ir erobert. Nachmals habe die Babstlich Hlkt. sich in etwas widerwillen mit Frankreich begeben, die Venediger absolviert und mit den Schweitzern verainung gemacht, wider den Hg. von Verrar, der dem Kg. zu Frankreich verpflicht, zuzuziehen, das wider den vertrag zu Cameregk sey. Darauf Frankreich umb aynung bey den Schweizern gesucht.2 Desgleichen die röm. ksl. Mt., sobald sy das vernomen, auch getan hab, des grunds, das die Schweizer von irem furgenomen zug dest eer gewendt werden mochten. Darzu die ksl. Mt. inen, hinder sich zu ziehen, ernstlich geboten habe, das auch bescheen sey. Indem hab der gran[d]maister [Charles d’Amboise], des Kg. zu Frankreich oberster haubtman, röm. ksl. Mt. geschriben und bedacht, besser zu sein, das die ksl. Mt. und Frankreich miteinander aynung mit den Schweizer machen und nit ieder allain. Das hab im ksl. Mt. auch gefallen lassen, damit neemants gedenken mochte, das ainigerlay mistrauens zwischen inen baiden wär. Darauf die ksl. Mt. hut 14 tag mit den Schweizern zu Zürich handeln lassen hab umb aynung, zwischen röm. ksl. Mt. b und den Schweizern zu treffen obangezaigter massen.

Darauf die Sweizer geantwurt, die werbung sey der vorigen anbringung, durch den von Sachsen [= Fh. Ulrich von Hohensax] von ksl. Mt. wegen allain bescheen, ungemäß. Darumb muessen sy die sach hinder sich bringen und wollen auf Michaelis [29.9.10] zu Luzern antwurt geben.

[2.] Zum andern hab ksl. Mt. mit den Schweizern lassen handeln der stat Costniz halben, mit der sy in handlung komen, das dem bericht zu Basel3 wider sey, mit beger, das abzustellen.

Auf solichs haben sy geantwurt, es sey nit on, auf ansuchen der von Costniz seyen reden bescheen, das angesehen, das sy sonst als nachpaurn vil handels miteinander haben. Solichs sey aber nit wider den vertrag zu Basel, dann sy dem Reich auch zugehorig seyen, mit bitt, sy deshalben bey ksl. Mt. zu entschuldigen.

[3.] Nachvolgent seyen röm. ksl. Mt. botschaften gein Lucern geritten und daselbs erfunden des Kg. zu Frankreich botschaft. Der sy ir handlung eroffnet und begert haben, derselben gemäß auch zu handeln. Dieselb botschaft hab aber anzaigt, das sy nit dermaß, sonder allain bevelch hab, von Frankreich wegen umb aynung zu handeln. Er muge aber leiden, das ksl. Mt. botschaften darauf handeln und begeren, ander tag zu setzen. So woll er solchs hinder sich bringen und auf demselben tag verrer antwurt geben.

Demnach haben ksl. Mt. botschaften bey den Schweizern begert, inen antwurt zu geben auf des von Sachs oder die yezig werbung.

Daneben sey des Babsts botschaft auch da gewest und begert, das die aynung mit ksl. Mt. und Frankreich nit angenomen werde, dann solichs wider den vertrag sey, so ir Hlkt. mit den Schweizern hab. Die botschaft hab auch gehandelt des vergangen zugs halben, so die Schweitzer jüngst getan haben, mit anzaigung, das die Bäbstlich Hlkt. das gelt durch die päß, so Frankreich verlegt, nit bringen mugen hab, und gebeten, solichs bey Frankreich abzustellen und botschaft zu verordnen, die spenn zwischen Babstlicher Hlkt. und Frankreich hinzulegen.

[4.] Auf solichs alles haben die Sweizer geantwurt, nachdem die hendel schwär und groß seien, er[h]aisch die noturft, solichs an ir Hh. und obern c zu bringen. Deshalben haben sy ander tag auf sontag vor Symonis und Jude [27.10.10] gein Luzern furgenomen und wollen alsdann iedem tail auf sein anbringen antwurt geben.

[5.] Dem allen nach sey röm. ksl. Mt. ernstlich begern, ir auf solichs alles zu raten und der versamlung gutbedunken auf morgen [8.10.10] umb drey ur durch etlich verordent zu eroffnen. Dann ir ksl. Mt. mug gewarnet sein, das die Babstlich Hlkt. bey den Sweyzern wider arbait, knecht aufzubringen, abermals ainen zug zu tun wider den Kg. zu Frankreich, wie vormals understanden sey worden.

Anmerkungen

1
 Die Liga von Cambrai vom 10. Dezember 1508.
a
 B folgt: von den Venedigern.
2
 Zu den frz. Bündniswerbungen bei den Eidgenossen im September/Oktober 1510 vgl. Segesser, Abschiede, Nr. 373a, 376c, 378a.
b
 B-E folgt: Frankreich.
3
 Friedensvertrag Kg. Maximilians mit den Eidgenossen vom 22. September 1499, mit dem der Schwabenkrieg beendet wurde. Regest: Wiesflecker, Regesten III,2, Nr. 13766.
c
 B-E folgt: auch die gemeinde.