Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

Augsburg, 1. September 1512

Augsburg, StadtA, Literalien Personenselekt Dr. Konrad Peutinger Fasz. 1490-1569, fol. 246a-251b, Konz.

Druck: König, Peutingers Briefwechsel, Nr. 100.

Teildruck bzw. Regest: Buff, Rechnungsauszüge, Nr. 8593.

Hat durch den ksl. Truchseß Hans Jakob von Landau den (nicht vorliegenden) ksl. Befehl aus Köln vom 7. August erhalten, zu dem durch Landau und den ksl. Herold Tirol benannten Termin bei Hg. Wilhelm von Bayern an der Anhörung des venezianischen Gesandten Francesco Cappello teilzunehmen und dessen Anbringen dem Ks. auf dem Postweg mitzuteilen. Ist demgemäß am 25. August nach Landshut gekommen, wo sich auch Hans Jakob von Landau, der Herold und besagter Gesandter einfanden.

Am 25. August begab er sich zusammen mit Hans Jakob von Landau gemäß ihrer (nicht vorliegenden) ksl. Instruktion zu Hg. Wilhelm und setzte sich mit diesem ins Benehmen. Anschließend trug Cappello in Gegenwart eines weiteren Venezianers, der seiner Erinnerung nach Laurentius Loredan hieß und sich in Kaufmannsangelegenheiten auf dem Weg nach England befindet, sowie dessen vierzehnjährigem Sohn seine Werbung vor.

Nach Übergabe eines Kredenzbriefes der Hft. Venedig an Hg. Wilhelm1 sprach Cappello zunächst auf Italienisch über die engen, freundschaftlichen Beziehungen der Hgg. von Bayern, vor allem Hg. Albrechts (IV.), zu Venedig. Er legte dar, da Hg. Wilhelm mit dem Ks. blutsverwandt sei, sei Venedig in besonderem Maße geneigt, ihm zu willfahren, bitende, dweil Got der almechtig ainen anstand zwischen euer Mt. und inen zugeben hette, das sein ftl. Gn. auch fleis furkeren solt, damit zwischen euer ksl. Gn. und inen ewiger fride gemacht und der zug gmainer cristenhait wider die Machemetischen [= Moslems] furgenomen wirde.

Nach einer Besprechung mit Hg. Wilhelm und Hans Jakob von Landau gab er (Peutinger) als Dolmetscher dem Gesandten folgende Antwort auf Latein: Hg. Wilhelm hat das Angebot Venedigs gerne gehört, und so bei euer ksl. Mt. ir sache[n] zu besserung kemen, were sein ftl. Gn. bereit, inen auch alle fruntschaft und guten willen zu beweisen, wa auch euer ksl. Mt. gegen inen also zu friden geneigt. Cappello soll seine Werbung vortragen, damit sie dem Ks. überbracht werden kann. Daraufhin zeigte Cappello seinen an den Ks. gerichteten (nicht vorliegenden) Kredenzbrief vor und hielt anschließend eine lange und derart demütige Rede, wie er (Peutinger) sie nie zuvor von einer venezianischen Gesandtschaft gehört hat. Auf Hg. Wilhelms Ersuchen, die Werbung schriftlich zu übergeben, erklärte Cappello zunächst, dies sei in Venedig nicht üblich, doch schließlich tat er es dem Ks. zu Ehren doch. Er (Peutinger) erstellte rasch eine deutsche Übersetzung, die diesem Brief beiliegt (Nr. 856). Cappello erklärte zudem, daß venezianische Gesandtschaften wichtige Werbungen nie öffentlich oder in Gegenwart anderer Personen vortragen, sondern nur dem Kg. oder Herrn, an den sie gerichtet sind. Aber so euer Mt. solchs also halten, wolt er gehorsam erscheinen, mit ferrer anzaigung, wa er allein bei euer Mt. gewesen und fur die zugelassen worden were, euer ksl. Gn. vil eer und nutze geschaft haben wirde.

Es kam auch die Rede auf die Vorwürfe des Ks. gegen Venedig. Dafür, daß Venedig angeblich Mordbrennerbanden nach Deutschland geschickt und Adelige zum Giftmord am Ks. angestiftet habe, entschuldigte sich Cappello. Von Absprachen Venedigs mit dem Papst (über eine Teilung des Hgt. Mailand) habe er nichts gewußt; möglicherweise hätten sie in seiner Abwesenheit stattgefunden. Für seine Versuche, die Städte Kempten, Memmingen und Ulm dem Ks. abspenstig zu machen und sie auf die Seite Venedigs zu ziehen, entschuldigte sich Cappello ebenfalls. Sie seien Teil der Bemühungen gewesen, einen ewigen Frieden zwischen dem Ks. und Venedig herbeizuführen. Falls der Ks. darüber verärgert sei, daß Venedig (im Jahr 1510) zur Erlangung der Absolution vom Kirchenbann sechs Gesandte zum Papst geschickt habe, zu ihm aber nur einen einzigen, so wolle er sich bemühen, daß noch weitere geschickt würden.

Seine (Peutingers) Meinung zu all dem ist die: Wenn die Venezianer in iren gemueten und herzen dermaßen stunden und bestendig beliben, wie die wort lauten, so hetten euer Mt. dest bas zu handeln. Wolle der Ks. Genaueres über Venedigs Einstellung erfahren, möge er eine einzelne Person dorthin schicken, die sich umhören und darüber Bericht erstatten solle. Er (Peutinger) wies Cappello auch darauf hin, daß die Vorfahren der Venezianer immer zu den röm. Kss. und Kgg. sowie zum Haus Österreich gehalten hätten, damit stets gut gefahren seien und niemals einen größeren Rückschlag erlitten hätten als durch ihre Feindschaft gegenüber Ks. Maximilian. Dies bewegte Cappello derart, daß er weinte. Am 27. August reiste er ab. Damit ihm wegen der Acht, die die Hh. von der Leiter gegen den Dogen von Venedig erlangt haben, nichts zustößt, verstärkte Hg. Wilhelm Cappellos Geleit um einige Berittene und ließ ihn über Salzburg nach Lienz geleiten.2

Anmerkungen

1
 Ausgestellt am 21. Juni 1512 im Dogenpalast. Darin teilte der venezianische Doge Leonardo Loredan mit, daß er Francesco Cappello zum Kg. von England entsende. München, HStA, KÄA 4578, fol. 8, Orig. Perg. m. S. (lat.).
2
 Zur Unterredung zwischen Dr. Peutinger und Cappello vgl. auch Herberger, Peutinger, S. 18-20; Lutz, Peutinger, S. 121f. – Mit Schreiben aus Landshut vom 27. August 1512 informierte Hg. Wilhelm von Bayern Ks. Maximilian über die Werbung Cappellos. München, HStA, KÄA 4578, fol. 11a u. b, Konz. In seinem Antwortschreiben aus Köln vom 23. September 1512 äußerte sich der Ks. zufrieden über Hg. Wilhelms Gespräche mit Cappello und erklärte, er werde den Venezianern auf ihre Werbung antworten. München, HStA, KÄA 4578, fol. 15, Orig. Pap. m. S.