Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

München HStA, Kasten blau 271/1, fol. 18r–20v (Ausf.); DV fol. 20v: Österreichischen und [...?] der land credentz [...?] etlich gesandten zu disem reichstag contra Turcam. Praes[entatum] Regenspurg, 29. Apprilis anno 41.

Euer fstl. Gn. tragen one zweifel ein gnedigs wissen, mit was grausamkait der wuettend erbfeind des heiligen, cristlichen glaubens, der Turck, vil jar lang nachainander wider die hochloblich cron Hungern und dise niderosterreiche land, sie zu zwingen und ime underthenig zu machen, sich gewaltigklich underfangen und mit vilfeltigen straif- und heertzugen und teglichen, unaufhörlichen kriegsubungen, darmit er den obvermelten armen landen zum hochsten obligt, sie nun mer gantz abgemergelt und erschopft hat, also das euer fstl. Gn. sich aus hohem, furstlichem verstand gnedigclich zu erindern haben, das sollichem [sic!] landen nit möglich sey, ime, dem Turcken, hinfuran vorzusteen oder sich vor ime zu schutzen, auch nicht gewissers zu besorgen, dann das er in kurtzer zeit, wo ermelten landen von euer fstl. Gn. und andern churfursten, fursten, prelaten und stenden des hl. röm. reichs, unsern gnedigisten, gnedigen und gunstigen herren und lieben freunden, nicht furderliche, dapfere, erschiesliche und beharliche hilf gedeihen solt, gar zerschlaupft, in sein vihische, unmenschliche dienstparkait und under sein joch gepracht werden, das one zweifel allen christgleubigen hertzen erschrockenlich und sie pillich zu einem grossen mitleiden bewegen solt. Dann uber das er so vil armer, elender, verlassner, unschuldiger christen, reich, arm, jung, alt, man, weib, junckfrauen, knaben und unmundiger kindln ellendigclich umbringen, mit immerwerender dienstbarkait beschwern, nidertrucken und mit mancherlai unaussprechlicher tiranney verderben, den christlichen glauben aus irem hertzen außreutten und verdilgen, so wurde er auch gegen andern christlichen landen als dem hl. röm. reich und dartzu gehorenden nationen als Baiern, Schwaben, Pfaltz, item Merhern, Schlessien, Behaim, under und ober Lausnitz und dann furter Sachsen, Marck, Meissen, Thuringen etc., deren ime keins zu ferne oder entlegen sein wurde, do er dann fur und fur ein gantz ebnes, praittes, weittes, fruchtbars und wolerpauts, reiches land findet, ain mercklichen, grossen vortail gewinnen, also das, menschlich davon zu reden, ime nit wol muglich sein wurde, fernern widerstand zu thun. Solchen jammer und verwuestung so vil fruchtparer, christenlicher landen, auch erschreckenliche vergiessung so vil unschuldigs pluts haben bißhero die hochloblich cron Hungern, röm. kgl. Mt., unser allergnedigister herr, auch wir in unsern landen, wie obgemelt, mit embsiger, williger, treulicher darstreckung alles unsers vermogens vil jar lang erlitten und, sovil moglich gewesen, furkomen, sind auch noch heutzutag urpuettig, alles unser uberplibens vermogen an leib und gut darzustrecken und desselbigen in keinerlay weg zu verschonen.

Dhweil wir aber je zu schwach und gantz und gar sampt unserm allergnedigisten herrn, röm. kgl. Mt., mit so langwirigen, schwern kriegen gentzlichen ersaigert worden und der turckischen macht nit vorzusteen wissen und nicht gewissers dann, wie oberzelt, unser verderben und, wo uns nit geholfen wurde, das uns, wie den christen in Grecia, Bulgaria, Servia, under und ober Bosna, merer tails in Dalmatia, Crabaten, Sclavonia und windischen marck geschehen, ergeen wurde, auch laider teglichs vor augen sehen, derhalben wir getrungen werden und aus unvermeidlicher notturft verner nit umbgeen konnen, euer fstl. Gn. und andern hochloblichen stenden des hl. röm. reichs unser abermals vorsteende, grosse not und verderben gantz diemutigest, gruntlich und warhaftigklich samptlich und sonderlichen furtzutragen und antzutzaigen, auch gehorsamist zu bitten, das euer fstl. Gn. als ain sonderlicher, hochberombter, christlicher, loblicher furst sambt andern stenden und glidern des hl. reichs uns, ire arme, gehorsame, dienstwilligen glider und nebenchristen, in solchen unserm hochsten obligen nit verlassen, haben derhalben die wolgebornen, gestrengen, edeln, vesten N. und N. zaiger dises briefs als unser liebe freund, herrn und mitlandtleut zu ksl. Mt., unserm allergnedigisten herrn, und den hochloblichen stenden des hl. reichs, sonderlich zu euer fstl. Gn. als von Got dem allmechtigen hochverordnetem haupt und fursten, des furstlich gnad, nit allain auß erleuchtem, hohem, gnadenreichen, miltem, christlichem gemuet, uns armen, gantz betruebten, so in hochster unaußsprechlicher gevar sein, sonder allen andern christen, wie wir gewißlich berichtet, gnedigst zu helfen, rettung und beistand zu laisten, gentzlichen und auß innigklichem grunt des hertzens genaigt sind, abgevertigt, sie solcher grossen not ferner gehorsamist zu berichten.

Bitten derhalben gantz gehorsamlich, euer fstl. Gn. wöllen obgenante unsere gesandten gnediglichst anhoren und in allem irem furpringen glauben geben, dann sie konnen die sach so heftig nit furtragen, [sie ist laider] 1 erger und geferlicher und, Got erbarme es, dermassen geschaffen, das wo jetzt zu diser zeit mit furderlicher, unverzuglicher, beharlicher hilf nit geholfen, sonder dieselben angestellt oder verzogen und unsere gesandten one gewisse vertrostung oder one erlangte hilf anhaim kommen solten, das Got gnedigclich verhuetten wölle, so wurde, wie zu besorgen, ain solche verzweiflung in die land und den gemainen man komen, das sie sich dem Turcken gewißlich undergeben, sich zinßpar machen und dem negsten verderben und sterben empflihen und ir, auch irer armen weiber und unschuldiger kindlin leben mit einem sollichen erschreckenlichen mittel fristen und aufschieben wurden, als lang sie möchten, und solchs wurden wir mitnichten furkomen mögen, sonder, wo wir uns widersetzen, nit allain von den Turcken, sonder auch unsern selbs aignen armen leutten und landschaft hochster gevar leibs und gutz gewarten mussen, des dann allen cristen, sonderlichen aber der streitparn teutschen nation, auch zuforderst den hochloblichen churfursten, fursten, prelaten und stenden des hl. röm. reichs zu ewiger verweisung und verkleinerung, auch inen selbs zu unvermeidlichen verderben geraichen wurde. Ist derwegen unser gehorsam gantz dienstlich durch Gott und des heiligen cristlichen glaubens willen bitt, euer fstl. Gn. als ain sonderlicher, hochberumbter, christlicher furst, liebhaber, furderer und schutzer des heiligen, christlichen glaubens welle uns armen irer fstl. Gn. hilf gnedigst zuschicken, auch ander churfursten, fursten, prelaten und stende mit allem vleiß und ernst bitten und dahin anweisen, das sie dergleichen thuen und uns, unser weib, kind, vatter, mutter, bruder, schwester, so vil gutter land, päß, stett, vestin und andern vortail, so man noch in disen landen haben mag, mit eillender, furderlicher, beharlicher hilf retten und vor dem grausamen Turcken und seiner unersettlichen tiranney schutzen helfen. Darbey wöllen wir ungespart unsers leibs, lebens und guts, wie obgemelt, alles unser vermugen darstrecken. Daran werden euer fstl. Gn. one zweivel Gott dem allmechtigen ein gefellig, genems werck der barmhertzigkait thon und die armen christen, so dardurch gerettet und erloset werden, in irem andechtigen gebett euer fstl. Gn. von Got, dem ewigen herrn, langwirige, gluckselige und fridliche regierung zu pitten, auch wir, mit unsern gehorsamisten, willigen diensten zu verdienen, nymmer vergessen. Thuen uns hiemit euern fstl. Gn. gehorsamst bevelhen, gnedigiste, ersprießliche, unabschlegliche antwurt bittend2.

Datum Wienn, den 5. Januarij anno etc. 40.

Anmerkungen

1
 Die Stelle ist verderbt, die Lesart unsicher.
2
 Mit einem gleichlautenden Schreiben vom gleichen Datum wandten sich die Stände der österreichischen Erblande auch an Mgf. Georg von Brandenburg, Nürnberg StA, Ansbacher RTA 20, fol. 1r–5r (Kop.); AS fol. 1r: Copei zwaier brief und schriftlich anlangen der ober- und niderosterreichischen land an mein g[nädigen] herrn Mgf. Georgen auf dem reichstag zu Regenspurg 1. Maij anno 1541 des Turcken halben gepracht. Und haben die gesanten daneben des eltern briefs datum halber entschuldigung gethan, das sich gemelte landschaft sollichs reichstags necher in dem 40. jar versehen gehapt. Vgl. auch die Werbung der Gesandten der österreichischen Erblande bei Pfgf. Ottheinrich, Regensburg, 1541 April 29, München HStA, Kasten blau 271/1, fol. 48r–48v (protokollarische Niederschrift): Sind zu gegenwärtigem Reichstag abgefertigt und wollen Pfgf. Ottheinrich anzeigen, das wissentlich, welhermassen unsers heiligen glaubens und namens erbfeind, der Turgk, nit allein hievor tyrannisch gegen inen, den landen, gehandlt, sonder auch abermals in rustung und allgeraid im wergk were, Ungern und Osterreich sambt andern erzellten landen zu uberziehen und under seinen tyrannischen gwalt zu bezwingen. Nu were das arm landtvolgk aus dem vilfeltigen, begegneten und empfangen pluetvergiessen an man, weib und kindern durch unerbärmlich wurgen und hinwegfuerung derselben geschehen, dermassen erschregkt, wo nit zeitliche, beharrliche und statliche rettung erfolget, das sy, sich zu errettung endtlichs verderbens und sterbens under disen tyrannischen gwalt zu begeben, nit wol verhuet werden kundten, also das furter diß tyrannen furnemen an andere anstossende land auch geraten wurd. Und dieweil sich sein fstl. Gn. hievor mit hilf und retung furstlich und gnedigclich erzaigt, des sich dan zum höchsten bedangken, es auch gantz underthäniclich zu verdinen urbutig wern, so biten sy abermals in underthänigkait, sein fstl. Gn. wolle irs tails in diser not zu widerstand diß tyrannen gnedige und beharrliche hilf, damit das christnlich pluet nit also jämerlich mißhandelt wurd etc., erzaigen und sich selbs dardurch vor schaden und jamer verhueten helfen, dartzu bey andern stenden gleichsfals zu g[naden] furdern, wie dann denselbigen stenden dergleichen maynung auch furgebracht wurde etc. Solhs wollten sy yderzeit begirlich und underthänigclich verdinen.  – Darauf hat inen mein gnediger herr geantwort: Anfangs, das sein fstl. Gn. hievor zu widerstand des Turgken hilf erzaigt, das hett sein fstl. Gn. begirlich und gern, auch schuldiglich gethan, darumb es kainer dangksagung bedurft, aber sein fstl. Gn. bedanck sich ires underthänigen erbietens. Und wiewol sein fstl. Gn. ytzigem irem anzaigen und begern nach, derhalb dann sein fstl. Gn. gnedigs und christnlichs mitleiden trueg, als ain christnlicher furst nach irem vermögen hilf zu erweisen, abermals begirlich geneigt were, so erachtet doch sein fstl. Gn., das dieselb hilf inen wenig ersprieslich wer. Aber dieweil der handl an ksl. Mt. und all andere reichsstend gelangen wurd, so were sein fstl. Gn. urbutig, der ende das best und dermassen ze fordern, darab sy und die land on zweifl ersetlichs, guts gefallen tragen wurden, dann ye sein fstl. Gn., inen allen gunstlichen und gnedigen willen zu beweisen, genaigt were. Die gesandten haben disen beschaid zu underthänigem dangk angenomen und sich erboten, es an die land gelangen ze lassen, auch ain solhs in underthänigem gehorsam zu verdinen etc. Actum ut supra.  – Die Gesandten der österreichischen Erblande wurden am 30. April 1541 auch bei Lgf. Philipp von Hessen vorstellig, der ihre Werbung am 8. Mai beantwortete, vgl. das entsprechende, weitgehend verderbte Aktenstück, Marburg StA, PA 584, fol. 12r–12v.