Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Wien HHStA, RK RTA 7, unfol. (Kop.); DV: Supplication des kayserlichen chammergrichts, etliche beschwerungen desselbigen belangend.

Euer ksl. Mt. tragen gnedigst und gutt wissen, welchergestalt nhue etlich jar her euer ksl. Mt. chamergericht im hl. reiche und desselben personen allerlay schmach, trauung und widerwertigkait von etlichen leuthen und stenden und sonderlich von den protestirenden, auch andern personen in schriften und durch bottschaften begegnet und zugefügt ist, wie solchs aus irem, der protestirenden, wider gemelt chamergricht gescheen ausschreiben, auch etliche gemayne und sondere recusationes, nit alain im gericht furbracht, sonder auch in stetten hin und wider uffgeschlagen, vorlangst bey menniglich im gantzen reich kundt und offenbar ist, daraus dann eurer ksl. Mt. höchste jurisdiction nit wenig geschwecht, verletzt und geschmelert und eurer ksl. Mt. gehorsame diener, chamerrichter und beysitzer zum höchsten verunglimpft worden sein, wye dan eurer ksl. Mt. von meinen herrn in solchen allen idertzeit bisher gruntlicher, warhafter bericht gethan ist, auch uf ir underthenigst bitt von eurer ksl. Mt. die gnedigste vertrostung in etlichen iren an sie ausgangen schriften und jungst auch zu Speir und dan etlich mal durch die röm. kgl. Mt. in namen eurer ksl. Mt. erlangt, das euer ksl. Mt. das gnedigst einsehen thun wölle, damit solche beschwerden von irem gericht und desselben personen abgewenth und chammerrichter und beysitzer iren embtern unvorhindert auswarten mögen.

Hierauf und in betrachtung, das solches nit zu geringer vercleinerung und verdruckung eurer ksl. Mt. höchsten jurisdiction dienet, wissen chamerrichter und beysitzer nit zu umbgehen, euer Mt. solcher beschwerden, auch eurer Mt. gnedigster vertrostung underthenigst zu erinnern und nachmals zu bitten, sie geruchen, sich sollicher handlung mit ernst anzunhemen und ein solch gnedigst einsehen thun, damit menniglich chammerrichters und beysitzer unschult und, das ihnen, den protestirenden, solchs wider eurer ksl. Mt. höchst gericht und desselben personen kainswegs gepurt hab und eurer ksl. Mt. mißfallen darüber spurn möge, auch bey den protestirenden und andern gnedigst verschaffen wöllen, das sie hinfurter eurer ksl. Mt. gericht und dartzue verordnethe personen mit solchen lester-, schmach- und trauschriften und handlung unbetruebt und unbeschwert, an irem glimpf und ehren unangetast und unvorletzt, dartzu iren embtern ruiglich und ungeirrt auswarten lassen wolten, das auch euer ksl. Mt. sampt Kff. und Ff. durch ein sonder penalconstitution solche schmach abstellen und derselben exequution irem kayserlichen fiscal bevhelen und solche constitution in den abschied dises itzigen reichstags bringen lassen wollen. Darneben so erbieten sich chamerrichter und beysitzer gantz underthenigclich, ob ainiger standt oder person ainiche clag wider sie zu haben vermaint, als sie doch bisher niemant zu clagen ursach geben, das sie demselben, wie sich nach ordnung der recht gepurt, antwort geben wollen, wie sie dan nit zweyffeln, euer ksl. Mt. werde irer gnedigsten vertrostung nach fur sich selbst, das gericht und seine personen sollicher unleidlichen beschwerden zu erledigen und ir hochste jurisdiction und reputation zu hanthaben, gnedigst genaigt sein und die personen des gerichts in diser und andern dergleichen iren anligen idertzeit gnedigst bevholen haben, schutzen und schirmen.

Ferrer und zum andern, allergnedigster herr, zaig eurer ksl. Mt. ich in aller underthenigkait auch an, das eurer ksl. Mt. demütige diener, chamerrichter und beysitzer bisher vilfaltiglich erfaren haben, das aus vorhinderung der execution von eurer ksl. Mt. gericht gesprochner urtheyl, so durch etliche rebelles und ungehorsam im reich furgenhomen, eurer ksl. Mt. jurisdiction in hohe verachtung kumpt, also und dergestalt, wann nit ein notturftige versehung gescheen wirdt, das zuletzt niemandt umb recht geben und daraus alle ungehorsam entsteen und eurer ksl. Mt. gerichtszwang, auch des gerichts personen in die höchste verachtung kommen werden, wie dann menniglich wol aus der protestirenden außschreiben wider eurer Mt. chamergricht, dorin sie, die execution und volstreckung der urtheil furnhemlich zu hindern, understeen, auch aus Christoffel von Venningens und Christoffel von Landenbergs und anderer dergleichen handlung, dardurch sie sich, der execution mit gwalt zu entfliehen, understeen, offenbarlich vornhemen mag, welchs aber eurer ksl. Mt. als dem, nit alain menniglich frey und stracks recht ergehen zu lassen, sonder auch, was gesprochen und erkennt, durch gepürliche weg zu würcklicher volstreckung one vertzug und freventlichen widersetzen zu verhelfen, zusteet, nit zu geringer vorcleinerung, dem gericht und desselben personen zu schmelerung und grosser beschwerung und den parteyen zu merglichem nachtail und vorderben geraicht etc. So ist an euer ksl. Mt. chammerrichters und beysitzer underthenigst demütig bitt, sie woll hirin ein gnedigs einsehen thun und solche ordnung furnhemen, damit angeregter mangel und vorhinderung der execution in irem höchsten gericht im hl. reich auch abgeschafft werde und die partheyen zum furderlichsten zu irem erlangten und behalten recht kommen und des unvorhindert geniessen mögen, dardurch dan der itzt gefallen gehorsam widerumb möchte gepflantzt und uffgericht und die armen, clagenden partheyen nit so erbermlich umbgetriben und uffgezogen werden.

Darneben, allergnedigster herr, ist das bey eurer ksl. Mt. hochsten gericht nit eine geringe beschwerung, nachtail und schaden, so aus der ungewissen, verzuglichen betzalung und unbestendiger vorgwissung und vorsicherung der underhaltung ervolgt, dann dweil in der ordnung gesetzt ist, das die bezalung von quartal zu quartal bescheen soll, erscheint daraus leichtlich, wes gemüts euer ksl. Mt. sampt den stenden gewest, als nhemlich, das die chammergerichts personen nit alain gewisse, sonder auch forderliche, unauftzugliche bezalung haben müessen1. Zudem wurde solche gewisse underhaltung das wircken, das die personen, so diser zeit beim gericht sein, bewegt, an demselben zu verharren, auch in kunftig zeit die gelertisten, geschicktisten und erfarnisten leuth, so im gantzen reich wehren, ursach nhemen wurden, an den standt zu trachten und, so sie daran khemen, auch daran zu vorharren.

Zum dritten wurde solche vorgwissung vilen edlen und unedlen ursach und anraitzung geben, zu studirn und sich auf die gerichtliche ubung und practica zu legen und also zu disem standt geschickt zu machen, daraus dann weitter volgen wurde, das die churfursten, fursten und krais mit der zeit an personen, an euer ksl. [Mt.] chamergricht zu presentirn, nit alain kein mangel, wie bisher bescheen und noch teglich beschicht, sonder auch die wal und mennig haben, und wurden die beysitzer in allen iren handlungen desto geschickter sein und iren embtern mit weniger vorhinderung und mit grossem lust und naygung vorsein und außwarten und kainer der unfleissigst sein wollen. Und ob je zu zeitten ainiche person langsam oder seumig sein wurde, gegen derselben möchte chammerrichter und beysitzer mehr ursach haben, vermög des hl. reichs ordnung furzunhemen und zu handlen und allen unfleis, ob ainicher im gericht gefunden wurde, abzustellen, wie dann auch weitter unrath und nachtail, so aus der ungewissen underhaltung zugewarten, dargegen, so dieselbig richtig und unzweiffelhaftig gemacht, was nutz und frommen dem gericht und partheyen daraus erwechst, wol zu erzelen seint und euer ksl. Mt. aus von Got begabten, hohen verstand gnedigst ermessen mögen. Derwegen dan euer ksl. Mt. ire gehorsame diener, chamerrichter und beysitzer, underthenigst vleis bitten, sie wöll in erwegung angeregter beschwerung und schadens ir kayserlich gericht hinfurter mit bestendiger underhaltung und vorgwissung gnedigst bedencken und gewisse verordnung verschaffen2.

Anmerkungen

1
 Vgl. Kredenz des Kammerrichters Gf. Wilhelm Werner von Zimmern und der Beisitzer des Kammergerichts für Dr. Andreas von Könneritz und Dr. Jakob Jonas zu Verhandlungen mit dem Kaiser, Speyer, 1541 Februar 21, Wien HHStA, RK Kammergerichtsvisitationsakten 317, unfol. (Ausf.): Kammerrichter Gf. Wilhelm Werner von Zimmern und die Beisitzer am Kammergericht beglaubigen Dr. Andreas von Könneritz und Dr. Jakob Jonas, beide Kammergerichtsbeisitzer, dem ksl. Befehl entsprechend zu Verhandlungen mit dem Kaiser in Regensburg über die Bezahlung ihrer rückständigen Besoldung, auch über die künftige Unterhaltung des Kammergerichts und andere Anliegen und Angelegenheiten des Gerichts. Datum Speir am 21. Februarij anno etc. 41.
2
 Vgl. die Zusammenfassung der Supplikation des Kammergerichts und das Gutachten des Supplikationsausschusses, Regensburg, o. Datum, Wien HHStA, RK RTA 7, unfol. (Kop.); ÜS: Supplicatio des camergerichts: Des kayserlichen camergerichts verordenter beysitzer supplicirt an ksl. Mt. clagent, wie ir Mt. cammergericht und desselben personen mit allerhand schmach und trauung von etlich stenden, besonder von den protestirenden angegriffen und in die leuth getragen wurden, wie solchs auß irem der protestirenden wieder gemelt camergericht außschreiben und sondere recusationes khunt und offenbar wehr. Dieweil dan solchs verunglimpfen zuforderst ksl. Mt., dem hl. reich, ir Mt. jurisdiction und reputation zum hochsten nachtheilig, dardurch geschwecht, verletzt und geschmelert wurd, kunten beysitzer nit umbgehn, ksl. Mt. nachmals zu bitten, sie geruchten, sich solcher handlung mit ernst anzunemen, damit meniglich cammergerichts und beysitzer unschuld und irer Mt. mißfallen daruber spuren moge, auch gnedigst verschaffen, das sie ongeschmecht hinfuran irer empter der gebur ruiglich und ongeirret außwarten kunten, das auch ir Mt. sampt Kff., Ff. und stenden ein sonderlich penalconstitution uff diesem reichstag in reich außgehen lissen und derselben execution halber irer ksl. Mt. fiscal bevelch thetten, wolten beisitzer dargegen iderman des rechtens sein. Zum andern zeigt beisitzer an, das durch mangel der execution, so uff außgangem proceß am camergericht folgen solte, ksl. Mt. jurisdiction in hohe verachtung komme und das darauß aller ungehorsam entsten mochte. Daruff ist an ksl. Mt. der beysitzer demutig bit, ir Mt. wolle hierin ansehung thun, damit verhinderung der execution abgeschafft werde. Darneben ist ksl. Mt. hochstem gericht nit ein geringe beschwerung an der ungewissen, verzuglichen bezalung der personen, zum cammergericht geordnet, gelegen. Zudem wurd aus gewisser und wircklicher underhaltung des camergerichts vil guts und nutzes volgen. Derwegen wer an ir ksl. Mt. underthenigst bit, sie wolle gewisse verordenung und bestendige bezalung verschaffen. Das umb ir Mt. wolt das camergericht underthenigst, gehorsamlich verdiennen. Auschuß: Dieweil ksl. Mt., auch Kff., Ff. und stend in a[r]beit sten und berait im werck ist, der hochsten notturft nach die schmech, ehr und glimpf verletzende bucher und deren abdruck abzuschaffen und zu verbietten, desgleichen, execution im hl. reich und dem camergericht sein stracken lauf zu verschaffen, auch das camergericht hinfuran zu underhalten und zu besolden, willig, bedenck der außschuß, die hern beysitzer werden von ksl. Mt., Kff., Ff. und stenden uff ir beger gnedig antwort vernemen. – Vgl. auch Kammerrichter Gf. Johann von Montfort in Vertretung des Kammergerichtspersonals an Karl V., Speyer, 1541 Juni 13, Wien HHStA, RK Kammergerichtsvisitationsakten 317, unfol.: Auf den Befehl hin, den der Kaiser jüngst hier zu Speyer auf ihr Ansuchen um Zahlung ihrer ausständigen Besoldung erlassen hat, haben sie ihre Gesandten zum Reichstag nach Regensburg abgefertigt, um dort weiter um Auszahlung ihrer Besoldung anzuhalten. Haben jetzt von ihren Gesandten die schriftliche Mitteilung erhalten, dass sie damit immer noch hingehalten werden. Weil sich die Ausstände stetig mehren, sich jetzt schon auf sieben Quartalgehälter belaufen – eine Aufstellung der ordentlichen Besoldungen für dieses 7. Quartal legen sie bei [vgl. ebd.] – , auch weil sie ihr Amt stets pflichtbewusst verwaltet haben und sie gegenüber ihren Gläubigern in merkliche Schwierigkeiten geraten und weil sie außerstande sind, ohne Bezahlung weiter Dienst zu tun, bitten sie den Kaiser, die Auszahlung ihrer rückständigen Besoldung umgehend anzuordnen. Vgl. auch die scharfe Zurückweisung der erneuten Beschwerden der Kammergerichtsbeisitzer wegen ihrer ausstehenden Besoldung durch Karl V., Karl V. an [den Verweser des Kammerrichteramtes, Gf. Wilhelm Werner von Zimmern], Genua, 1541 September 9, Wien HHStA, RK Kammergerichtsvisitationsakten 317, unfol. (Reinkonz.) und die sonstigen ebd. überlieferten Akten zum Problem der rückständigen Kammergerichtsbesoldung aus den Jahren 1535, 1540 und 1542.