Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Wien HHStA, RK RTA 7, unfol. (Kop.).

Euer ksl. Mt., kfl. und fstl. Gn., Gn. und G. kunden abt und convent Sant Mauritzen und Simons closter, auch dechen, seniores und capittel beider collegatenkirchen Sanct Martins und Johannis zu Minden alß die underthenigsten, demutigen caplone auß getrungener noitt uneroffnet und ungeclagt nit lassen: Wiewoll itzgemelte closter und stiftkirchen von weyland hochloblichstern gedachtnussen Conraden und Heinrichen, vatter und sone, romische keyser, gestift, begabet, begnadt und gefreyet, auch von euer ksl. Mt. solche freiheit von neuwem auß keyserlicher macht und volkomenheit widerumb erneuert, bestattigt und approbirt und vor alle unbilliche anfechtung und beschwerden, so dieser schwinden zeit durch die widderwertigen furgenomen werden mochten oder wurden, in iren schutz und schirm zu handthabung unsers heyligen, waren, christlichen glaubens und religion allergnedigst angenomen, aber, unangesehen diesses alles, haben burgermeister und rath, sechsunddreissig und die gemein der gemelten Stadt Minden gedachte closter und collegiathkirchen irens gefallens mit gewaltiger that in negestverschienem driessigsten jare eingenomen und uns derselben zusampt den clenoinden [sic!], kilchen und monstrantzien, auch brieff und siegeln, den keyserlichen rechten und des hl. reichs ordenungen zuwidder entsatzt, beraubt und eingezogen und allen godtsdinst darinnen verbotten, niddergelegt und abgetrieben und uber das alles, biß in die 5.000 fl. uber alle recht und pilligkeit zu schatzen, understanden, des wir uns vor euer ksl. Mt. uff dem reichstag zu Augspurg, im 30. jare gehalten, beclagt und derwegen ein keyserlich penalmandat wider die obgenanten von Minden, von sollichem irem unchristenlichen, unbillichen und muthwilligen vorhaben abzustehen und uns bey unsern godtsdiensten, ceremonien und keyserlichen freyheiten bleiben zu lassen, mith angehefter ladung zum rechten, wa sie des beschwert zu sein vermeinten, von euer ksl. Mt. erlangt und inen verkunden lassen.

Aber sie haben demselben kein gehorsam gelayst, auch in bestimpter zeit und termin vor euer ksl. Mt. noch derselben darzu verordenten hoffrathen nith erschienen. Derhalben die sach an euer ksl. Mt. hochloblich camergericht zu Speyr mit gnedigem befhele, daselbst zu rechtfertigen, remittert und gewesen [sic!] worden, alda ein ander keiserlich penallmandat widder die von Minden mit inserirter citation und eingeleybtem inhalt des ersten außgangen mandats erkant und inen verkundet worden. Darauf sie allerhand schutzwere (wiewoll one grund des rechten), darzu etliche vermeinte defensionalartickel furgepracht, ire eigene burgere daruber zu zeugen gefurt und verhoren lassen, aber nichts anderßt außgefurt, wan das sich darauß ir unerbar handlung und mißthatten clarlich befunden und an tag pracht worden. Dannocht haben sie die sach biß in sibend jar ungeferlich aufgehalten und nichtsdestoweniger darneben in hangender rechtfertigung zu verachtung aller kayserlichen freyhayten euer ksl. Mt. und derselben camergerichts gebot und verbott mit beraubung und einziehung unser guther, abbrechung der kirchen und gotzheuser, in und ausserhalb der stadt Minden gelegen, deren etlich hochloblicher gedechtnuß Ks. Karle der erst in seiner belegerung der stadt Minden gepaut und aufgericht, auch die altaria in Sanct Martins kirchen abgebrochen, das heiligethumb der heiligen, darinnen verwart, under die fuß getretten, die sacramentheuser abgebrochen, die glocken auß dem thurm genomen und geschutz darauß giessen lassen und mit vilen andern unchristlichen handelungen, in actis gnugßam außgedruckt und ausgefuret, diser zeit zu lang anzuzeigen, furtfaren.

Nun ist vorlengest inhalts erst außgegangen penallmandaten, unß, unsere entwante closter und kirchen mit allen unsern heusern, hofen und guthern widderumb einzustellen, in unsern godtsdiensten ungeirret und unverhindert zu lassen, alle abgebrochen kirchen, geheusere, altaria und alles anders in vorigen stand zu stellen mit erleggung und abtrag allens derwegen aufgewanten und er littens costen und schaden, zu recht erkant und außgesprochen worden, wie das die gerichtsacten und proceß nach lengs thun außweisen, auch daruff executorialbrief in gewonlicher form ausgangen, verkundet und vermoge derselben die von Minden umb irens ungehorsams willen in des hl. reichs acht erclert worden und ferners der hochwurdig furst und herr, H. Franciscus Bf. zu Munster und Osnabrugk, administrator zu Minden, unser gnediger landesfurst, ordinarius und here zu execution der ergangen acht ernant und deputert worden. Aber gleichwoll sein fstl. Gn. zu sulcher execution villeicht auß ursachen, uns noch der zeit nit kunt noch wissend, bißanher nit gegriffen noch furtgefarn, so lassen sich die von Minden vernemen und thun sich dessen nit wenig berhumen, das die wurcklich execution bemelter acht biß zu euer ksl. Mt. itzigem regenspurgischem reichstage und so lange, biß ein anders geordent, suspendirt und angestalt sein solle, des uns (wie dem also) zum hochsten nachteilig und beschwerlich, dan die von Minden lassen sich keins rechten benugen, sonder faren je lenger jhe meher, muthwilliger, thatlicher mit irer handlung und zugriff furt, nemen uns die uberige hoff und heuser, auch zinß und renthe in der stadt und auf dem landt ein, verkeuffen etliche unsere hoff und heuser und brechen die uberigen ab, alles den erclarten keiserlichen rechten und ausgesprochem urtheil zuwider, haben auch mitlerzeit der angestelten oder aufgezogen execution der ergangen acht, deren sie sich, wie gemelt, von euer ksl. Mt. geschehen sein rhomen, das closter Sanct Paulß predigerordens zu Minden, das uff gemeltem Sanct Martins stift grund und boden gebaut ist, den merentheil abgebrochen, den kirchhob [sic!], zu begrabnuß der christenmenschen geweicht und verordent, in weltlichen brauch gezogen, bauen heuser, darinen ire inwoner und unduchtige personen wonen, alda die thodten corper auß den kellern außgegraben und fur die hund geworfen worden, mishandeln also unchristlich, das kein stadt im reich in solchen und dergleichen freventlichen tatten und handlungen inen magh vergleicht werden.

Dardurch dan andere anstossende fursten und herschaften, so etliche jar her den halben theil unser gefelle, zinß und renthen gewaltiglich und wider recht eingenomen, gesterckt worden, das sie itzunder dieselbige gar fordern, und leggen unsern meigern und zinßleuten so vill unbillicher beschwerungen auf, das die uns nit bezalen mogen, zudem, das in diesser art und landtschaft fast aller geistliche jurisdiction, mittel und hulf der rechten verhindert und abgestelt, das wir keins rechten geniessen mogen, werden also zu brodtbettlern gemacht und getrungen und, wo in diessem von euer ksl. Mt. alß unserm allergnedigsten hern, beschermer, vogte und handthabern des christenlichen glaubens und religion neben und sampt euern kfl. und fstl. Gn. und G. kein ersprießlich einsehens geschicht, werden die von Minden sampt irem anhanck nit allein uns, sunder alle geistliche und christliche ceremonien gantz zu bodem stossen, abthun und außrotten.

Dem allem nach ist an euer ksl. Mt., auch kfl. und fstl. Gn., Gn. und G., alß zu denen wir nach Godt unser hochste und eynige zuflucht haben, unser underthenigste, demutige bitt umb Godts und der gerechtigkeit willen, die wollen uns in diesser hochsten noidt und beswerung ir gnedigste hilf mitteilen und aintweders, die execution der erclerten und ergangen acht hochermeltem unserm gnedigen landßfursten und ordinario neben den hochwirdigsten und hochwurdigen, durchleuchtigen und hochgepornen chur- und fursten H. Herman Ebf. zu Coln, Kf. und unserm metropolitano, H. Christoffen, Ebf. zu Bremen, Heinrichen dem jungern, Hg. zu Braunswigk und Luneburg, euer ksl. Mt. stadhaltern im Nidderland, H. Wilhelmen, Hg. zu Cleve, Gulich und Berge etc., H. Adolfen, coadiutorn des bemelten churfurstlichen stifts Coln, und Johan gebrudern, beiden Gff. zu Holsten, Schumborg und Sternebarg, Hn. zu Ghemen etc., unsern gnedigsten und gnedigen churfursten, fursten und hern, wurcklich zu volziehen, allergnedigst und gnedig thun befhelen oder aber in ander wege unß zu dem unsern vermog ergangen urtheilß und, das wir furohin sollicher und dergleichen tadtlichen handelungen, zu- und eingreifs von denen von Minden uberig und entladen sein mugen, allergnedigst und gnediglich verhelfen und verfugen. Bitten um gnädige Antwort 1.

Anmerkungen

1
 Vgl. das Votum des Supplikationsausschusses, Wien HHStA, RK RTA 7, unfol. (Kop.): Abt und convent Sanct Symeonis und Mauricii, dechant, seniores und capitel der collegiatenkirchen Sanct Martins und Johannis inner der stat Minden haben ksl. Mt., auch Kff., Ff. und stendt supplicierendt angezeigt, wie di von Minden von wegen des gewalts, so der rath und burger daselbs an vorgenannten kirchen und deren gutter zuwidder dem landtfriden gehandelt, von keyserlichen camergericht in des reichs acht erclert seien. Bitten demnach umb execution und vollstreckhung derselben. Daruf ist des ausschuß bedencken, dieweil ksl. Mt. sambt Kff., Ff. und stenden disen sachen im abschidt ordnung geben werden, wols der ausschuß derbei beruhen lassen. Vgl. auch Bgm. und Rat von Minden an Kf. Johann Friedrich von Sachsen und Lgf. Philipp von Hessen, Minden, 1541 April 8, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 391 Nr. 148 Bd. 1, fol. 159r–162v (Ausf.).