Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Wolfenbüttel NLA, 1 Alt 8 Nr. 491, fol. 54r–59v (Kop.); DV v. a. Hd. fol. 59v: Suplication der nurnbergischen aynungsverwanten stende, an die ksl. Mt. gestellt, darinnen diße stendt der religion zum höchsten angeben und verunglimpft werden. Buntssachen.

Eur ksl. Mt. haben aus vilfeltiger erfarung und den offenbaren geschichten, die sich laider von tag zu tag beschwerlicher erzaigen, des zwispalts unser cristenlichen religion und daraus erfolgten abfals, auch wie die protestierenden und abgesunderten, ungeachtet ires vilfeltigen erbietens, in irem trutzigen und irrigen vorhaben verharren, der kirchen ordnungen undertruckhen, unser alten religion verwanten vergwaltigen und iren anhang erweittern, so vill berichts, das wir uberflussig achten, eur ksl. Mt. mit mererm anzaigen zu hölligen. Dieweil aber eur ksl. Mt., demselben zue begegnen und merern abfall zu verhuetten, ain cristenliche, gegenwerliche pundtnus furgenomen, darein wir uns auf eur ksl. Mt. gnedigist an uns beschehen begeren und derselben verordenten oratorn vilfeltige, mit uns sonderlich und samentliche gepflegne handlung dem almechtigen Got zu lob, eur ksl. Mt. zu gehorsam und zu erhaltung unser cristenlichen religion, auch friden und rechtens im hl. reich begeben und uns gentzlich versehen, andere chur- und fursten mer sollten sich (eur ksl. Mt. damals verordenten oratoren beschehnen vertröstung nach) gleicherweis darein begeben, welchs aber bishere nicht beschehen noch erfolgen wellen, nichtsminder haben wir, sovill uns zuegestanden und sich vermög derselben aufgerichten ainung geburt, bei uns noch an unserm muglichen vleis nichts erwinden lassen, sonder und dermassn darin gehalten, das die schmalkaldischen pundsverwanten erstlich nicht wenig bedenckhens darin gehebt und ir vorhaben etlichermassen dardurch möcht eingezogen und bei inen bedacht worden sein, wie beschwerlich inen wär, sich wider eur ksl. Mt. verordnen und vorhaben zu setzen.

Als aber der hochgeborn furst, unser fruntlicher lieber ohaim und vetter, H. Georg Hg. zu Sachssen etc., seliger gedechtnus, durch schickhung des allmechtigen tods verschiden, seiner L. verlassen landt und leudt an derselben bruedern Hg. Heinrichen khomen, wöllicher nicht alain bei der pundsainung, wie gedachter Hg. Jörg di aindlif jar fur sich, seine erben und nachkhumen verschriben, nicht beleiben wellen, sonder auch wider der landtschaft willen unser christenliche alt und wol hergebracht ceremonien und ordnung abgethan und auf die widerwertigen weg verändert, der christenlichen puntnus gelt im vorradt, das bei gedachtem Hg. Geörgen seligen hinderlegt worden, bei seinen handen beheldt und darzue unsere bede bundsverwanten bischove, Merseburg und Meissen, in iren kirchen und gotsdienst, auch sonst manigfeltigclich vergweltigt, haben wir nicht underlassen mugen, das alles, auch wie dem zu begegnen wer, in eur ksl. Mt. abwesen der röm. kgl. Mt. anzuzaigen, welchs furter an eur ksl. Mt. gelangt und volgendts durch mich, Hg. Heinrich zu Braunschweig, zu Gennt bei eur ksl. Mt. in aller underthenigkhait umb furtregliche resolution ain guete zeit sollicitierdt worden ist.

Wir stellen auch in kainen zweifl, die röm. kgl. Mt. haben neben dem allen eur ksl. Mt. aller sachen gelegenhait und, was geverlichaiten darauf steen, genuegsame erinnerung gethan, darauf eur ksl. Mt. auch hievor, als wir bei eur ksl. Mt. in Hispania durch Bonacursen von Grynn haben sollicitiern lassen, sich jederzeit genedigist und vätterlich erboten, ob unser cristenlichen, lang hergebrachten religion, ceremonien und pundtnus als ain cristenlicher kaiser und haubt derselben mit allem vermugen zu halten, wie das ir Mt. beschehen schreiben, auch mein, Hg. Heinrichen, abfertigung verrer zu erkhennen geben, des wir uns, auch des genedigen und ernstlichen schreibens, so eur ksl. Mt. an Hg. Heinrichen zu Sachssenn haben lassen ausgeen, nicht wenig getröst.

Wie aber dasselb bei ime vor augen gehalten, gibt sein darauf ervolgte antwort zu erkhennen, daraus eur ksl. Mt. sein gemuedt und vorhaben eur ksl. Mt. und unser cristenlichen puntnus halben, das er bei derselben nicht beleiben, sich der neuen ceremonien in seinen oberkhaiten gebrauchen, di bede Bff. Mersennburg und Meissen mit iren thumbkirchen nicht restituirn noch die 60.000 fl., die weilend Hg. Jörg zum vorradt der pundtnus verordent und erlegt, zu unser der pundsverwanten handen khainswegs luffern oder stellen wöll, wöllichs alles unser pundtnus gröslich zuwider, und sich vermug derselben woll geburt, mit allem ernst dagegen zu handlen und di bede pundsverwanten fursten mit statlicher und ersprieslicher hulf nicht zu verlassen.

Nachdem aber eur ksl. Mt. gefellig gewesen, abermals den gnedigen und miltern weg furzunemen und zu versuechen, ob dise irrtung und stritt in der guet möcht hingelegt und verglichen werden, und deshalb ainen tag gen Hagnaw ausgeschriben, haben unsere pundsverwanten, ungeachtet der grossen vergweltigung, uner und schadens, die inen zuegefuegt worden, eur ksl. Mt. zu gehorsam geduld tragen, der getrösten hoffnung, sy sollten (wo die vergleichung zu Hagenaw entstuende) von eur ksl. Mt. irem allergenedigisten erbieten nach alsdann nicht verlassen, sonder mit irer geistlichait, wie di pundsainung mitbringt, restituirdt, auch frid und recht erhalten und beschutzt werden. Ob sich nun die protestierenden in der gepflegnen handlung zu Hagenaw irem gegen eur ksl. Mt. vilfeltigen beschehen erbieten gemäs gehalten und erzaigt, das sy zu rue und frid genaigt, haben eur ksl. Mt. aus den geschichten derselben handlung und darunter furnemblich wol verstanden, das ir gemuedt, will und maynung nicht ist, die durch sy entsetzten kirchen, stift und geistlichen zu restituirn noch irer ungeschickhten furgenomen unordnungen abzuesten, auch wie ander Kff., Ff. und stende des reichs an eurm ksl. Mt. camergericht recht zu gedulden, also das allen vorergangnen handlungen und irem erzaigen nach weder zu vermuetten noch zu verhoffen, das sy durch ainig taglaisten und guetlich handlung, wann sy nit den ernst daneben sehen, von irer halstarigkhait auf erber und leidnlich weg mugen gebracht werden.

Nun sindt wir unsers thails zu fridt und rue gantz wolgenaigt, auch desselben zum höchsten begirig. Dieweil wir uns aber auf eur ksl. Mt. begeren in dise puntnus begeben und der hulf halben groß und schier untreglich purdten auf uns genomen, nemlich, wann eur ksl. Mt. als römischer khaiser und haubt der pundtnus fur sich selbs aus gnaden neben der ordenlichen hulf nicht ain sonder darlegen und underhaltung thuen, so wurde vermög des anslags Saltzburg und Bayrnn etc. (wann nicht mer fursten und ständt in die pundtnus khomen sollen) in allem darlegen ain merern uncosten tragen und gedulden muessen als eur ksl. und kgl. Mt., welchs eur ksl. Mt. one zweivel aus genedigister naigung denen und andern nicht geren vergunten.

Noch ist unser gemuet und maynung nie anderst gestanden, dann uns jederzeith gegen eur ksl. und der kgl. Mt., auch sonst allen andern, wie sich vermög der ainung geburt und getreuen pundsverwanten zuesteet, zu halten und zu beweisen. Haben auch darauf eur ksl. Mt. unser, der pundsverwanten, zuegefuegte vergwaltigung und, was unser bedenckhen darin gewesen, underthenigclich angezaigt, der underthenigisten hoffnung, eur ksl. Mt. sollen söllich unser anzaigen, auch di gelegenhait der sachen und, was weitter daraus erfolgen mag, zum pesten erwegen und sich unsernthalben genedigclich beweisen, des wir uns noch also getrösten. Nachdem aber in der guetlichen handlung, wie vorgemelt, khain hoffnung, die schmalkaldischen, iren anhang zu erweitern, nicht feiren, di unsern (wie von den burgern zu Braunschweig wider mich, Hg. Heinrichen, nicht zu geringer verachtung eur ksl. Mt. an sy deshalb ausgangen, ernstlichen schreibens und bevelchs auch beschehen) aigenwilligclich vergwaltigen, derwegen wir täglich umb hulf angesuecht werden, khunnen wir nicht underlassen, eur ksl. Mt. vorbeschehner handlung wider underthenigclichen zu erinnern und daneben ander unser obligen und gebrechen anzuzaigen.

Nemlich und furs erst: Sollte die cristenliche puntnus in ainem ansehen, wirden und wesen bestendiglich beleiben, will die unvermeidenlich notturft erfordern, das die ainung, wie die begriffen und gestellt ist, stattlich gehalten und die, so darwider vergweltigt, mit rat, beistandt und hulf, wie sich vermug derselben geburt, nicht verlassen werden, dann sollte in dem ainicher mangl erscheinen, wurde di pundtnus bei dem [sic!] widerwertigen und andern mer in verachtung und ain gespöt dann zue ainicher gueten ordnung dinstlich, auch eur ksl. und der kgl. Mt. verclainlich sein, darzue niemandt ursach haben, sich zu eur Mt. in di pundtnus zu begeben, und dieselb dardurch gentzlich zergen.

Zum andern will di notturft erfordern, das eur ksl. Mt. weg suechen, damit di pundtnus erweittert werde, noch mer geistlich und weltlich fursten und stende sich darein begeben, und mit ainem ernst deshalb bei innen handlen, dann, dieweil Hg. Geörgen zu Sachssenn furstenthumb der pundtnus entzogen, wär den andern pundsverwanten beschwerlich, die völlig hulf allain zu laisten und zu tragen.

Zum dritten, das eur ksl. Mt. bei Hg. Heinrichen zu Sachssenn mit ernst verfuegen, das er mit seiner landtschaft bei der puntnuß beleib, sich derselben, wie die verschreibung laut, gemeß hildt und das gelt, so bei weilend Hg. Jörgen darzue hinderlegt ist, mitsambt den 60.000 fl., die gedachter Hg. Jörg darzue verordent, den pundtsverwanten an verzug herausgeb und zuestell.

Zum vierdten, ob Hg. Heinrich sich darin ungehorsam und widersässig erzaigt und des oder anderer ursachen halben ain hulf oder veldzug beschehen muest, das eur ksl. Mt., dieweil söllichs eur ksl. Mt. hochait und das gantz reich gemainlich betrifft, als ain römischer khaiser fur sich selbs und ausserhalb der ordinarii hulf ain guete anzall kriegsfolckh erhielten oder ain sonder darlegen thetten, damit den andern pundsverwanten, der noch zur zeith wenig, ir hulf dester treglicher wurdt.

Zum funften, das eur ksl. Mt., wann die aus Hochteutschlanndt verruckhen wurden, irem pundtsrat oder ainem andern comissari in Hochteutschlanndt bevelh und ordnung geben, wann im pundsrath etwas beslossen, das an allem, so eur ksl. Mt. darin geburt, es sei an gelt, kriegsfolckh oder anderm khain mangl erschein, sonder die volziehung erfolg, dann di sachen mugen etwan den langen verzug nicht erleiden, eur ksl. Mt. außer Hochteutschlanndt zu ersuechen und derselben resolution zu erwarten.

Zum sechsten, das eur ksl. Mt. uns genedigklich zu erkhennen geben, ob, wie und mit was mass sich di bäbstlich Hlt. in dise pundtnus begeben, auch was ir bäbstlich Hlt. bei diser pundtnus mit hulf und in ander weg zu thuen willens, damit wir uns darnach haben zu richten und das di ordnung der pundsainung in disem articl des einnemens halben auch gehalten und nicht uberschritten werd.

Und ist darauf unser gar underthenig bith, eur ksl. Mt. wellen sich in dem allen gnedigist beweisen, di beschwerlichen obligen und dabei mit gnaden erwegen, ob eur ksl. Mt. nicht fursehung thäten, das dise puntnus (die durch den langen verzug und geduld nicht wenig verclainert) gar zu grundt gen wurd, ir ksl. Mt. gnedigen willen und gemuet auf unser vorbeschehen und jetzig underthenig anbringen uns allergenedigist eröffnen, auch merern abfall und verderben darmit furkhumen. [...].