Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

A  Marburg StA, PA 589, fol. 19r–22r (Kop.); AV fol. 21v: An meinen gnedigen fursten und hern zu Hessen etc., betreffend die turckenhulf. Dinstags, den 21 Junij anno 41 zu 3 urn nach mittag Hennsel von Zweyprügken domit abgevertigt.

B  koll. Marburg StA, PA 587, fol. 20r–23v (Ausf., stark verderbt).

Regest mit Ausz.: Lenz, Briefwechsel, Bd. III, Kap. I, G, Nr. 7, S. 109–110.

Uß meinen nehern schriften, an euere fstl. Gn. geschriben, haben euer fstl. Gn. vermerckt, wöllichermassen die röm. ksl. Mt. den stenden des reichs particulariter der turckenhulf halb proponiert und also gesonderte handlung furgenomen hat. So haben auch euere fstl. Gn. doneben vermerckt, was antwurt die churfursten, fursten, frey- und reichstett und wir uff unserm tail fur antwurt gegeben, also das es auß getailter proposition ain gesonderte handlung werden muessen1. Nun ist aber gestern Montags allen stenden ingemain durch Pfgf. Friderichen in namen der ksl. Mt. dis weitter anzaig beschehen, das ir Mt. vergangner tagen die proposition nicht darumb getailt, das daruß ain sonderung ervolgen sollt und also von idem tail insonder antwurt gegeben werden sollt, sonder hab ir Mt. darunder die stritt und irrungen der session bedacht und angesehen und uß demselben den gemainen furtrag underlassen. Mit ernstlicher beger, die stendt des reichs wollten in bedenckung der not und, das der Turck uff den bainen were, zuainander tretten und sich ainer antwurt samptlich und mitainander vergleichen und entschliesen, dann es wer je kain religion-, sonder ain prophanhandlung, darinnen billich nach herkomen und gewonhait des reichs von allen reichsstenden ingemain gehandelt werden solt. Und hat also Pfgf. Friderich nicht allain damaln vor allen reichsstendt ganz importune angehalten, sonder als wir volgends in unserm ratt beyainander gesessen, ist Pfgf. Fridrich wider bey uns erschinen und noch ernstlicher angehalten, daneben auch angezaigt, das sich die andern stendt gern mit uns ainer ainhelligen maynung entschliesen wolten, wie es dann im reich herkomen, und sie beten, wir wolten mit innen davon ratschlagen und samptliche antwurt verfassen.

Daruff wir uns dann uff unserm tail underredt und dahin geschlosen, daß wir uns fur uns einer antwurt bemelter turckenhulf halben entschlossen, desselben gemuets weren wir auch noch. Dieweil aber die ksl. Mt. begert, das von sämptlicher antwurt durch alle stend gehandelt werden sollt, so wollten sie sich derhalben mit den andern stenden einlassen, doch mit dem sonderlichen vorbehalt, das solche handlung gantz unvergreiffenlich und unverpüntlich. Dartzu wurden wir uns mitnichten mit den stimmen ubermehren lassen, neben dem, das wir auch eines fridens und gleichs rechtens zuvor muessten vertrost werden, also, wo man sich schon einer hilf halb wurd verglichen, so sollte doch dieselb in das werck nicht komen one vorgeenden, gemachten bestendigen friden und gleichmessig recht. Und do man sich aber der conditionen solcher hulf halb nicht könt vereinigen, daß wir dann unser notturft vorbehalten haben wollten, dann dises theils sachen weren anderst gestalt dann des gegentheils, uß disem bedencken, daß wir uß dem friden in den unfriden gesetzt. Dann wiewol der nurmbergisch friden das kaiserliche edict und den augspurgischen abschidt uffhuebe, so wurd doch von dem camergericht nichtsdesterweniger daruff procedirt und die stend dadurch in die acht und andere beschwerden erkent, also daß diß theils unvermeidliche notturft sein wollt, einen bestendigen friden und gleich recht zuvor zu haben, sollt man einiche hulf bewilligen.

Das nu die handlung von der ksl. Mt. erstlich particulariter und gesondert furgenomen und jetzt so stattlich und ernstlich samptlicher handlung und beratschlagung begert wurt, konden wir nicht wissen, warumben es gesucht und furgenomen wurt, dann das mir zufalht, der kaiser möcht es darumben zu irem vortel begern und vermainen, durch das merer der stendt vill und sein gelegenhait zu erhalten, dieweil doch wir uff unserm tail von den andern, wo es zu gemainer beratschlagung komen, umb vill ubermeret werden möchten. Aber die andern stendt möchten des samptlichen schluss darumben begern und daruf uß diser ursach dringen, das sy den ganzen ratt nach irer gelegenhait und vortel furn und dodurch uff ain ganz geringe hulf uß diser bewegnus dringen, das dadurch der gaistlichen und irer guter dester mer verschont wurde. Zum andern, das der kaißer dodurch dester weniger bewegt werd, unserm intent, namblich fridt und recht uffzurichten, inmassen dann von uns begert und gesucht worden, zu wilfarn. Darzu sollt man uff ainer beharrlichen hulf ligen und die furdern und dodurch das landt Hungern erobern und also in des reichs uncosten gewonen werden, so mocht darnach zwuschen kaißer, konig und den stenden under dem, das die stendt Hungern zu dem reich, der kaißer und konig aber inen selbst erobert zu sein achten wurden, unwill und strit ervolgen. Dorumb so werden uß disen und andern ursachen, dero sich euere fstl. Gn. zu erinnern wissen, die andern stendt uff ain klaine und wenige hulf dringen, furnemblich der ursach und verhinderung, unser intent dodurch abzuschneiden2. Darumben und weil sich nu die sachen uff andere weg, wie gehort, schicken und sich gericht haben und auch anderst, dann do euere fstl. Gn. gegenwurtig uff disem reichstag geweßt, so bedenck ich die sachen dohin: Wiewol euerer fstl. Gn. bevelch und gegeben instruction in disem puncten der turckenhulf halb uff dem steet, das wir der beharrlichen hulf halb leiß farn und uns von erst nicht vernemen lasen sollten, das doch zu erhaltung unsers intents, namblich des bestendigen fridens und gleichs rechten, numer uff die beharrlichen hulf zu geen und sich stattlich und vill zu erpieten, damit wir dester mer zu dem komen konten, des wir suchen und begern und numer oft darumb angehalten haben. Und das nichzitdesterweniger dohin gedrungen wurd, das man in dißer beharrlichen hulf nichtzit ubersehe, auch nit den adel und die grosen hendler in den stetten, sonder das der großere und merer tail uff die geistlichen gericht werd und das auch der papst, Venediger und andere potentaten darzu vermogt werden, wie dann sollicher euerer fstl. Gn. gegebner bevelh verner vermag. Und derhalben so steet an euere fstl. Gn. mein underthenig bit, das sich euere fstl. Gn. gegen uns uff dis mein bedencken der beharrlichen hulf halb erklern und irs gemuets furderlich vernemen lassen, domit wir uns dorinnen zu halten westen und bericht werden mogen, waruf wir handeln und bey den andern stenden unsers tails furdern sollen.

Zum andern, so hab ich nicht underlassen, mit dem wurtempergischen gesanten Dr. Philips Langen vertreulich zu reden, ob er auch achte, das wir durch die schickung, wolliche zu Hg. Ulrichen in der von Eßlingen sach von unsers tails stenden fur gut angesehen, bey gemeltem Hg. Ulrichen etwas erlangen mocht [sic!]. Daruf mir Dr. Philips geantwurt, das im gemelter sein gnediger herr dißer tagen geschriben, woliche schrift diße wort mit sich brechte, das er sich bey Turcken und heiden besser handlung versehen hab3. Dorumb haben si, die wurtempergischen gesanten, recht gethan, das si nichts angnomen, seien es auch irer pflicht halb schuldig geweßen. Dorumben so achtet er, Dr. Philips, wann man schon zu Hg. Ulrichen geschickt, das man nichtzit ußgericht oder erlangt het, dann seine fstl. Gn. heten ir die sachen hart furgenomen. Weil ich dann auch selbst dafur acht, das bey Hg. Ulrichen nichzit zu erhalten, so were diße schickung der uncost und die muhe, die daruf geen wurd, wol zu underlasen und uff andere gelegnere mitel und weg zu gedencken, wölliche uff euerer fstl. Gn. bedencken steen wöllen und die euere fstl. Gn., wie den sachen weiter zu thun, wol zu suchen und zu finden wisen werden. Datum Regennspurg, dynstags, den 21. Junij anno etc. 41

[Zettel:] Neuer zeitungen sein bey uns des lands Hungern halb, das des romischen konigs volck vor Ofen ainen sturm angelofen, welicher in aber nicht wol geluckt [sic!], also das er dannocht bey den 300 personen daran solt verloren haben. Nichzitdesterweniger soll das kriegsvolck dadurch nicht abziehen, sonder sich understeen, Ofen zu graben und das zu sprengen, dan es felh in an kainer proviandt, sonder die mag inen ganz unversport zugeen. So sey auch der romisch konig mit allen andern notwendigen dingen uff drey monat gefaßt. Und wiewol zwen Waschen uff dem weg sein sollen mit ainer zimlichen anzall volk, inen, den konigischen4, zuziehen, so versicht man sich doch nit, das si vor dem halben monat Julj dosselbst ankomen werden. Nichzitdesterweniger wurt das volck vor Ofen nicht verrucken, sonder gegen der statt arbeiten. Datum ut in litteris.

Anmerkungen

1
 Vgl. die hessischen Räte zu Regensburg an Lgf. Philipp von Hessen, Regensburg, 1541 Juni 19, Marburg StA, PA 589, fol. 16r–17v (Reinkonz.): Gestern Sonabent hat die röm. ksl. Mt., unser allergnedigster herr, durch den H. von Nauia allen stenden lassen ingemain anzeigen, nachdem ir ksl. Mt. verschiner tagen etliche furtreg und propositiones gethan, so begerten ir Mt., dye stend wolten die sachen furdern, damit man furdter zu den uberigen auch komen konnt. Daruff haben nu die churfursten und fursten mitainander insonder und wir uff unserm tail auch allein, dergleichen auch die frey- und reichsstett geantwurt, namblich wir uff unserm tail, das sich die ksl. Mt. zu erinnern wißt, was bißdaher gehandelt. Nun hetten wir irer Mt. unser antwurt der turckenhulf halb gegeben, daruff wir nu von irer Mt. verner beschaids erwarteten. So weren wir auch erpietens, die andern puncten zu furdern und an uns nichtzit mangeln zu lasen. Und sein daruf gestern und heut zu ratt komen und erstlich im puncten der turckenhulf halb dohin geschlossen, weil der röm. ksl. Mt. von wegen unser, der stendt, die schriftlich antwurt der türckenhulf halb [Nr. 174]  ubergeben, das dann daruf irer ksl. Mt. weiter handlung zu erwarten. Und so ir Mt. etwas verner derhalb wurd furnemen, so könnt man further abermoln die notturft und der stendt gelegenhait schliesen. Aber im handel der religion ist geschlossen, dass man nechst Dinßtag [1541 Juni 21] die drey colloquenten vor die stendt unsers tails vordern und ire relacion in beysein der andern theologen anhorn. Volgends söllen die theologen mit den dreien colloquenten und den auditoren des gesprechs von ainem artickl zu dem andern reden und further die stendt dieselben undergehapten artickl auch beratschlagen und daruf schliesen. Und wiewol wir gern gefurdert, das umb ursach willen, die euere fstl. Gn. selbst ermesen mögen, ain außschuß zu bedenckung der sachen gemacht worden were, so haben wir es doch nit erhalten kinden. Es wurt alhie bey uns gesagt, das der romisch konig nechst Dinstags [1541 Juni 21] hie einkomen soll, doch wisen wir davon keinen grund. [...]. Datum Regennspurg, Sontags, den 19. Junij anno etc. 41. Vgl. auch Dr. Johann Feige an Lgf. Philipp von Hessen, Regensburg, 1541 Juni 17, Lenz, Briefwechsel, Bd. III, Kap. I, G, Nr. 2, S. 105–106: Durchleuchtiger etc. Das buch oder der bericht, wöllicher Ro. Kais. mt. von etlichen gutherzigen personen zu vergleichung der religion ubergeben, ist numer inmaßen, wie bewilligt, abgeschriben. Dieweil es aber die notdurft sein will, zuvor und ee in gemainem unserm und unserer zuverainigten rath davon geredt und geratschlagt wurdet, das söllicher bericht oder buch fleißig durch die, denen es gepurt, als durch die theologen ubersehen und ir bedenken daruber vermerkt wird, so hab ich, damit es dester mit weniger farlessigkait ervolgte, bedacht gut zu sein, das E. f. g. ire hie gelassene theologen zu dem ernstlichen und vleißigen ubersehen furderlich ermant, und denen geschriben hetten, daruber zu sitzen und sich volgends irs bedenkens vernemen zu lassen, damit man furter mit dester großern frucht furgeen und handeln könnt. [...].
2
 Vgl. Dr. Gereon Sailer an Lgf. Philipp von Hessen, Regensburg, 1541 Juni 19, Lenz, Briefwechsel, Bd. III, Kap. I, G, Nr. 29, S. 138–139: Durchleuchtiger etc. E. f. g. wissen on zweifel, das etlich spaltungen unter den fursten des andern tails send gewesen und send der turkenhilf halben. Ist aber dise ungleichhait zum maisten hieraus erwachsen, das herzog Wilhelm one vorganden landsfrid sich in turkenhilf einzulassen vermorkt wirt. Hab derhalben D. Ekhen angesprochen. Hat er mir zu antwurt geben: ‚er sehe, das jederman fletier und heuchle, so mieß sein herr auch fletieren‘. Kan auch aus allen handlungen vernemen, das zwischen k. mt. und herzog Wilhalm ain pesunderer anschlag oder praktik ist, der ich noch nit grundlichen pericht hab. Alsbald ich aber etwas erfar, will ichs E. f. g. nit verhalten. [...]. Gestern haben unsere gogenparteien pegert, das der kaiser poder tail stend sol zusammen in ain radt verschaffen, das also samentlich von der turkenhilf gehandlet werde. Und ist das die praktik, die mir ain vertrauter hat anzaigt (doch in großer gehaim zu schreiben): sy vermainen, wir sullen uns in ain merers zu machen mit inen einlassen. Hat aber herzog Wilhalm etlich ful abgericht, die zu der turkenhilf on vorganden landsfrid werden pewilligen. Derhalben sy es fur gewis achten, wir werden das merer verlieren. Das hab ich also E. f. g. in aller underthenikait wollen anzaigen. Sunst ist nach E. f. g. abziehen kain geschray, one das h. Hainrich thuet, wie E. f. g. aus D. Seywerts schreiben werden vernemen. [...]. Vgl. dazu ders. an dens., Regensburg, 1541 Juni 21, Lenz, Briefwechsel, Bd. III, Kap. I, G, Nr. 30, S. 139–140: G. f. und h. Ich hab E. f. g. nachtmals [so] geschriben, das ich vermorkh etlicher gemieter und furnemlich herzog Wilhalms anderst dan etwan gesint zu sein. Das pefind ich noch und will dem grund nachgan; was ich erfar, will ich E. f. g. warlich nicht verhalten. Das morkh ich aber, das unser gogentail aller in darraichung der turkenhilf mult [so], nit das sy so gehorsam, sunder das sy uns gern ainen unglimpf auferladen und sagen wolten nemlich, das wir oft ains frids pegert und doch kainen gehalten, sunder etlich aus uns den anstol [so] des frids nit gemaindt, sunder unter dem schein desselben vor wenigen jaren frembde guter an uns gezogen, ander leut vertriben, und uns mer dann die religion gesucht hetten; und dieweil wir jederman wolten laids thun und doch [weder] das chamergericht noch ander recht leiden wolten, so wurd durch dises fridsprechen nichtz anderst dann ain aigener pesuch [so] gehandlet, das wir mochten ander leuten schaden und uns doch nit gewort werden solte, und dieweil wir pishieher unter dem schein der religion uns genutzet und andern geschadet hetten, wer uns khain sollicher frid zu vergunnen. Ich sich in summa, das ander leut auch sich gern wolten freundlich und holtzelig machen mit unserm schaden. [...]. Wie unser gegentayl des grosten artikels der justification mit uns warhaftig oder schalkhaftig verglichen, haben E. f. g. ab disem mitgesanten puechlen, so erst heut ausgangen und D. Ekh gemacht sol haben, gnediklich zu vernemen. [...].
3
 Vgl. Hg. Ulrich von Württemberg an Klaus von Grafeneck und Dr. Philipp Lang, Nürtingen, 1541 Juni 17 [Nr. 753].
4
 Gemeint sind die Anhänger und Truppen des verstorbenen ungarischen Königs Zápolya in der Stadt Ofen.