Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Marburg StA, PA 586, fol. 5r–10r (Kop.).

Bestätigt den Empfang seines Schreibens vom 2. Juni 1. Hofft, dass er die Widerlegung und Richtigstellung der unwahren Behauptungen und Angaben ihrer Gegner gnädig aufnimmt. Es handelt sich um folgende Behauptungen: 1. Hg. Erich von Braunschweig-Lüneburg sei für sich und seine Erben dem Nürnberger Bund beigetreten. 2. Er habe in Gent für den Fall seines Todes seinen Sohn und seine Lande dem Kaiser anvertraut. 3. Sie habe bei Übernahme der Regierung die kirchlichen Verhältnisse auf der Grundlage der neuen Lehre neu geordnet.

Der Kaiser hat sie angewiesen, die religiösen Neuerungen abzustellen und ihren Sohn im alten Glauben erziehen zu lassen.

Kann sich nicht erinnern, dass Hg. Erich Mitglied des Nürnberger Bundes gewesen sei. Wahr ist, dass einige Leute mehr aus Eigenutz dan zu furderung der religion und friedens im hl. reich den Herzog zum Beitritt gedrängt haben. Darüber hat sich Hg. Erich beschwert und den Kaiser persönlich gebeten, ihm den Bundesbeitritt nicht zuzumuten. Bis zum Tag zu Hagenau wurde dieser Bitte, wie Hg. Erich ihr eigenhändig aus Gent geschrieben hat, stattgegeben. Seine Räte, die mit ihm auf dem Hagenauer Tag waren, berichten, dass Hg. Erich dort den Bundesvertrag weder angenommen noch gesiegelt hat. Er war aber entschlossen, sich gegenüber Kaiser und Reich loyal zu verhalten, wozu auch sie im Namen ihres Sohnes bereit ist. Zweifelt nicht, dass auch ihr Sohn sich nach seiner Volljährigkeit nicht anders halten wird. Will ihn nach Kräften dazu ermahnen. Dankt dafür, dass der Kaiser in Gent ihren Sohn und die Lande in seinen Schutz und Schirm genommen hat. Hofft auch auf denselben Schutz für sich und ihre Töchter, worum auch Hg. Erich in seinem in Hagenau abgefassten Testament gebeten hat. Unrichtig ist allerdings, dass sie unmittelbar nach dem Tod Hg. Erichs die Regierung übernommen habe. Vielmehr war sie damals lange krank. Nach ihrer Genesung wurde sie von der Landschaft und der Ritterschaft aufgefordert, zusammen mit den anderen Vormündern gemäß dem Testament Hg. Erichs die Regierung zu übernehmen. Hat sich darüber zunächst aus triftigen Gründen beschwert. Aber nach den Zusagen, die Ritterschaft und Landschaft der regierung und testaments halb ihr und den anderen Vormündern auf dem Landtag zu Pattensen gaben, konnte sie sich nicht verweigern. Auf diese Weise und nicht anders ist sie neben den anderen Vormündern zur Regierung gekommen.

Auch in der Religionssache ist der Kaiser falsch informiert. Schon zu Lebzeiten Hg. Erichs hingen die vornehmsten Städte wie Göttingen, Northeim, Hannover und andere und die Mehrheit der Untertanen dem Evangelium und dem Wort Gottes an. Nach Hg. Erichs Tod hat die Landschaft die Annahme des Evangeliums beschlossen. Sie wird also zu Unrecht beschuldigt, die Untertanen wider ihr Gewissen zur neuen Lehre geführt zu haben. Es stand auch nicht in ihrer Macht, einem Teil der Untertanen dasjenige zu verweigern, was Hg. Erich zu Lebzeiten dem anderen bereits zugestanden hat. Wenn sie anders gehandelt hätte, wären daraus Zwiespalt und Aufruhr erfolgt. Aus diesem Grund hat sie der Landschaft einen gleichen Gottesdienst nach dem Wort Gottes zugelassen.

Hg. Erich hat in seinem Testament Kf. Joachim von Brandenburg und Lgf. Philipp von Hessen ohne jede Kondition, Hg. Heinrich von Braunschweig mit gewissen Konditionen zu Vormündern bestellt. Eine Kopie der entsprechenden Passage über die Vormundschaft liegt bei 2. Diese Verfügung hat Hg. Erich in seinem zweiten Testament in Hagenau ausdrücklich bestätigt. Trotz des Einspruchs Hg. Heinrichs gegen seinen Ausschluss von der Vormundschaft hofft sie, dass der Kaiser sie und ihre Kinder mit Bestellung weiterer Vormünder verschonen, Hg. Erichs Testament respektieren und den zugesagten Schutz und Schirm gewähren wird. Der Kaiser möge auch die gravierenden Folgen bedenken, mit denen zu rechnen ist, wenn die testamentarisch bestellten Vormünder abgesetzt und andere bestellt würden und ihr Sohn anderen Personen anvertraut würde, in deren Händen sein Vater ihn nicht wissen wollte.

Will zusammen mit den anderen Vormündern ihren Sohn im Glauben so unterrichten, dass ihr kein Versäumnis angelastet werden kann. Will ihn auch zu Gehorsam und Loyalität gegenüber dem Kaiser erziehen. Bitte, sich ihr als einer verlassenen Witwe gnädig zu erweisen. Hinweis auf die Verdienste Hg. Erichs und des Hauses Braunschweig für Kaiser und Reich 3.

Anmerkungen

1
 Karl V. an Hgn. Elisabeth von Braunschweig, Regensburg, 1541 Juni 2, Marburg StA, PA 586, fol. 14r–16v (Kop.): Sie wird sich erinnern, dass Hg. Erich das Nürnberger Bündnis angenommen hat. Damit ist die Verpflichtung verbunden, bis zu einem Konzil oder einer sonstigen Vergleichung der Religionssache beim alten Glauben zu bleiben. Zudem hat Hg. Erich in Gent seinen Sohn und seine Lande dem Kaiser anvertraut. Hat Hg. Erichs Sohn und die Lande in seinen Schutz und Schirm genommen. Hat erfahren, dass sie unmittelbar nach Hg. Erichs Tod die Regierung übernommen, die neue Lehre eingeführt, die kirchlichen Verhältnisse entsprechend geordnet und eine neue Kirchenordnung erlassen hat, alles gegen das Gewissen ihrer Untertanen, die sich deshalb beschweren, und zum Nachteil seiner seit seiner Ankunft im Reich unternommenen Ausgleichsbemühungen in der Religionssache. Dies befremdet ihn nicht wenig. Befiehlt ihr, die kirchlichen Neuerungen umgehend abzustellen, die Untertanen beim alten Glauben zu lassen und selbst daran festzuhalten. Beabsichtigt, für Hg. Erichs Sohn Vormünder zu bestellen, die den Fortbestand des alten Glaubens im Fürstentum sicherstellen und dafür sorgen, dass Hg. Erichs Sohn im alten Glauben erzogen wird. Geben in unser und des reichs stadt Rgenspurgk [am andern] tag des monats Junij anno etc. im 41. [...].  – Vgl. auch Hgn. Elisabeth von Braunschweig an Lgf. Philipp von Hessen, Neustadt, 1541 Juni 12, StA Marburg PA 586, fol. 41r–45v (Kop.): Kammergerichtsprozess Armgards von Campen gegen Hg. Erich von Braunschweig wegen ihres gefangenen Bruders, Melchior von Campen. Prozessverlauf. Scheitern des von Kg. Ferdinand unterstützen Versuches, den Konflikt gütlich beizulegen. Fürchtet die Verhängung der Reichsacht und ihre schwerwiegenden Folgen. Bittet ihn, sich mit dem Kf. von Brandenburg in dieser Sache für sie beim Kaiser zu verwenden, do es baide euere LL. mit mehren fruchten und erschießlicheiten als wir sonst nymmer thun konten. Vertraut auf seine Hilfe. Newstadt am Sontag Trinitatis anno etc. 41.Zettel: Einverständnis der Landschaft mit der Übertragung der Vormundschaft im Testament Hg. Erichs auf sie selbst, Lgf. Philipp und Kf. Joachim. Die Landschaft hat zudem die kirchliche Reform nach dem Wort Gottes begrüßt und versichert, im Falle eines Konfliktes sie und die anderen Vormünder mit Leib und Gut zu unterstützen. Sie hofft auf das Entgegenkommen der Landschaft in der Schuldenfrage. Datum Newstadt am Sontag Trinitatis anno etc. 41.
2
 Vgl. Marburg StA, PA 586, fol. 11r–12r (Kop.): Ausz. aus dem Testament Hg. Erichs von Braunschweig, o. Datum: Als Vormünder werden bestellt: Kf. Joachim von Brandenburg, Hg. Heinrich von Braunschweig, Lgf. Philipp von Hessen und Hgn. Elisabeth von Braunschweig. Doch soll Hg. Heinrich in allen zwischen ihm und Hg. Erich bestehenden Irrungen um Güter und Rechte, bevor diese nicht schiedlich beigelegt sind, von allen Handlungen ausgeschlossen sein. Für sich allein soll Hg. Heinrich in keinem Fall handlungsbefugt sein. Die Administration soll von Hgn. Elisabeth und Verordneten der Landschaft geführt werden.
3
 Vgl. Marburg StA, PA 586, fol. 18r–20v (Kop.); DV fol. 20v: Bedenken, wi di herzogin an keiser schreiben wolt von wegen: 1. der sigelung des keyserlichen vertrags. 2. unterzihung des regiments. 3. der religion halben. 4. son us irer hand zu thun.: Gutachten für die Beantwortung des Kaisers durch Hgn. Elisabeth von Braunschweig, o. Datum: Inhalt: In den vier Punkten: Nürnberger Bund, Übernahme der Regierung, kirchliche Reform und Vormundschaft über Hg. Erichs Sohn inhaltlich, stellenweise wörtlich übereinstimmend mit den entsprechenden Passagen des obigen Schreibens der Herzogin an den Kaiser.  – Vgl. auch Marburg StA, PA 586, fol. 21r–27v (Konz.): Entwurf für eine Erklärung der Hgn. Elisabeth von Braunschweig über die Frage der Vormundschaft für ihren Sohn im Konflikt mit Hg. Heinrich von Braunschweig. Dieser Entwurf stammt offenbar aus der hessischen Kanzlei. – Vgl. auch Lgf. Philipp von Hessen an Granvelle, Kassel, 1541 Juli 18, Marburg StA, PA 1379, fol. 97r–97v (Reinkonz.): Schreiben des Kaisers an Hgn. Elisabeth von Braunschweig, betreffend die Vormundschaft für ihren Sohn. Die Herzogin hat dem Kaiser darauf eine demütige Antwort gegeben, die ihm [= Granvelle] vielleicht auch zugegangen ist. Da es sich um die Religion, also eine Gewissenssache handelt, und Hg. Heinrich sich unzulässig einmischt, bittet er, dafür zu sorgen, dass man es bei der Antwort der Herzogin belässt. Wenn er [= Granvelle] über die Übergriffe und Machenschaften Hg. Heinrichs gegenüber der Herzogin und ihrem Land etc. informiert wäre, würde er dies nicht loben, sondern Mitleid mit der Herzogin und ihrem Sohn haben. Die Befugnisse Hg. Heinrichs in der Vormundschaft kann er der beiliegenden Kopie eines Artikels aus dem Testament Hg. Erichs entnehmen. Daraus geht hervor, dass Hg. Heinrich erst in die Vormundschaft eintreten soll, wenn die zwischen ihm und Hg. Erich bestehenden Irrungen beigelegt sind. Soll sich den beigelegten Testamentsartikel ins Latein übersetzen lassen. [...]. Datum Cassell, 18. Julij anno etc. 41.