Der Bericht der kgl. Kommissare von Helfenstein, von Waldburg und Zasius an Ferdinand I. vom 25. 8. 1556 referiert ausführlich ihr einleitendes Votum (fol. 491–492) und stellt zur folgenden Umfrage fest: Bayern, Jülich und die Gesandten der Stände auf der geistlichen Bank haben sich ihnen angeschlossen, wobei Bamberg und Augsburg
/492/ sich cathegorice erclärt, das sy die würckliche volnstreckung nottwendiger türggenhilff zubefürderen bevelch hetten.
Votum der CA-Stände (vgl. auch Anm. a): Sind grundsätzlich verhandlungsbereit, lehnen aber bevorzugte Beratung der Türkenhilfe ab und beharren auf der Reihenfolge gemäß der Prorogation durch den RAb 1555 sowie der Proposition mit Voranstellung des Religionsvergleichs. Pommern und Hessen votieren gemäßigt, indem sie die parallele Beratung von Türkenhilfe und Religionsfrage empfehlen (HHStA Wien, RK RTA 36, fol. 491–499’, hier 491–492’. Or.). Im selben Bericht (hier fol. 494–498’; Auszug zur Mehrheitsfrage bei
Meusser, Kaiser, 162, Anm. 441; vgl.
Westphal, Kampf, 41 f.;
Bundschuh, Religionsgespräch, 139–141;
Heil, Reichspolitik, 144 mit Anm. 22) beurteilten die kgl. Kommissare aufgrund dieser Voten die Erfolgsaussichten auf dem RT sehr pessimistisch: Sind der Überzeugung, dass die geforderte Voranstellung der Religionsfrage
/494/ zu dem ende gemaint sey, euer
kgl. Mt. dises malls die türggenhilff dardurch höflich unnd per indirectum wo nitt gar zusperren,
/494’/ doch also lang auffzuhalten, biß sy
[CA-Stände] ettwa ir gelegenheit, darauff sy sechen, auch erlangen.
Gehen davon aus, die in ihrer Instruktion enthaltene Mitteilung an den Kg., die CA-Stände würden einen Verzicht auf Verhandlungen zur Religionsfrage befürworten, sei ausser waaren grundts
geschehen, da die heutige Beratung das Gegenteil bewiesen habe. Auch habe es den Anschein, Kurbrandenburg und Brandenburg-Küstrin würden ihre anfangs zugesagte Beförderung der Türkenhilfe nitt mehr so rund
befolgen, wie das heutige Votum zeige. Württemberg habe sich dem angeschlossen, trotz anders lautender Zusagen Hg. Christophs ihm, Zasius, gegenüber. Die Haltung von Kurpfalz ist Kg. bekannt: Dass
/495/ er alles das werde befürdern helffen, deß zu verhinnderung euer
kgl. Mt. gelegennheit unnd willen gedienen mag.
Erwarten dagegen mehr von den kursächsischen Gesandten, falls man sich auf deren Zusagen verlassen kann, da die Erfahrung zeige, wie bald unnd leichtsam sich ain confessionist
[von] den annderen von seinem proposito abfüeren unnd wendig machen laßet.
Sollten die CA-Stände die Voranstellung der Religionsfrage durchsetzen, ist langer Aufschub der Türkenhilfe zu befürchten, da der Religionspunkt
/495’/ one verhassung unnd verbitterung [...] nicht khan oder mag tractiert, vil weniger absolviert werden.
Führen die Abwehrhaltung mancher CA-Stände auf den beim RT geäußerten Verdacht gegen den Kg. zurück, er werde nach der Bewilligung der Türkensteuer mit dem Sultan Frieden schließen und das Geld inn annder weeg unnd ettwa zu vertruckhung irer ettlichen etc. gebrauchen.
Kg. weiß, dass in Religionsfragen das Mehrheitsprinzip nicht gilt, wobei KR
/496’/ dises vahls inn zween gleiche thail zerspalten werden mueß, die confessionistischenn im fürsten rath auch bey der engen anzaal der erscheinenden gaistlichen pottschafften sich allweegen inn wenig thagenn also sterckhen mügen, das sy der gaistlichen panckh auch mit dem mehreren überlägen
[vgl. auch Anm. 7 bei Nr. 114]. Befürchten, dass in der Türkenhilfe nichts erreicht wird und die Debatte der Religionsfrage nicht nur eine Steuer verhindern, sondern Schlimmeres verursachen könnte, so lange Kg. nicht persönlich anwesend ist. Andererseits ist es bedenklich, wenn Kg. trotz seiner dringenden Obliegen
/497/ zu disem klainen haufflin mehrtaills junger doctorn und schreiber herauff ziechen sollen; wie wir dann derselben inn beeden räthen ain gutten taill befinden, die nitt allain zuvor bey khainen reichshendlen gesechen worden,
/497’/ sonnder auch ann irer herrenn höfen nitt vörderstenn seind.
Empfehlung an Kg.: Beauftragung Kg. Maximilians, auf seiner Rückreise aus den Niederlanden Hg. Christoph von Württemberg aufgrund seines guten Kontakts zu bitten, er möge die Vorziehung der Türkenhilfe zulassen, dies auch bei anderen CA-Ständen befördern und den Verdacht gegen den Kg. ausräumen. Ferdinand antwortete am 1. 9. (Wien), seine Anreise zum RT sei aufgrund des anhaltenden Kriegs in Ungarn noch nicht möglich, auch könne Maximilian bei Hg. Christoph nicht vorsprechen, da er Württemberg bereits passiert habe (HHStA Wien, RK RTA 37, fol. 8–9. Konz. Hd. Kirchschlager). Indessen hatten sich die Kommissare am 31. 8. selbst an Kg. Maximilian mit der Bitte gewandt, bei Hg. Christoph zu intervenieren (ebd., RK RTA 36, fol. 521–523’. Or.; präs. o. O., 3. 9.). In einem weiteren Schreiben ebenfalls vom 31. 8. baten sie Maximilian, im Hinblick auf die Türkenhilfe den RT-Besuch der Stadt Ulm anzumahnen, da viele andere oberländische Städte
/311’/ vast an Ulm dependieren unnd hangen
(ebd., RK RA i. g. 33b, fol. 311–312’, hier 311 f. Or.).