Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Textvorlage: Österreich B, fol. 478’–486.

Rechtfertigung der verspäteten Ankunft des Kgs. Keine Mitschuld des Kgs. an der Verzögerung der Verhandlungsaufnahme. Unzufriedenheit mit dem Verhandlungsfortgang. Ausstehender Beschluss des KR zur vorrangigen Beratung der Türkenhilfe. Unabdingbarkeit einer raschen Bewilligung. Rechtfertigung der Verzögerungen durch die Reichsstände. Bereitschaft, die Verhandlungen im Religionsausschuss und in den Kurien sofort aufzunehmen. Session.

/478’/ (Nachmittag, 3 Uhr) /478’–485/ Kgl. Herberge. [Entsprechend Protokoll des KR, 354–366. Ferner als Vermerk:] /485/ Zu Beginn der gesonderten Beratung des FR nach dem Vortrag des Kgs. beansprucht Österreich das Präsidium und damit das erste Votum. Dies weist Salzburg mit dem Argument zurück, /485’/ das die gemachte vergleichung der alternatif zwischen sein f. Gn. unnd der kgl. Mt. von Osterreich weegen vermöchte und mit sich brächt1, wan sein f. Gn. personlich inn Reichs räthen vorhannden2, das sy mit dem votieren den vorgang haben sollt. Darauff die osterreichischen geantwurtt, das sy von khainer vergleichung und sonnderlich von disem vorbehallt gar nichts wußten; gestüenden auch dessen nicht unnd wolten sich versechen, sy solten bei irem vorstimmen, weil es an inen, inn allweeg gelaßen werden. Demnach aber der ertzbischoff solches hoch gefochten unnd bestenndigklich angezaigt, das die vergleichung solches also außweisen thätte, damit nun die sachen nit auffgehallten unnd der kgl. Mt. mit solcher strittigkheit inn derselbenn versamblung verschonet wurde, so wöllten sy, die osterreichischenn, solches dißmalln unnd auff vernere erkhundigung aygenntlicher gelegenheit der sachen güettlich fürgeen lassenn, doch mit zierlicher /486/ protestation, dem hochloblichen hauß Osterreich deßmalls nichtzit zubegeben.

Nach der Sitzung informieren die österreichischen Verordneten den Kg. und die Geheimen Räte. Da auch diese den vermeintlichen Vertrag nicht kennen, wird den Gesandten aufgetragen, solches dannoch, unnd das hochermelter ertzbischofe sich inn dem geirret etc., seinen räthen deß andern morgens zuverweisen etc.; wie auch beschechen.

Anmerkungen

1
 Bezugnahme auf den 1535 abgeschlossenen Vertrag zwischen Österreich und Salzburg zur Regelung des Vorrangs: Dem regierenden Ehg. aus dem Hause Österreich bzw. dessen Gesandtschaft steht prinzipiell der erste Rang im FR zu, ansonsten wird die tägliche Alternation des Vorsitzes vereinbart, wobei der persönlich anwesende F. aber stets den Vorrang hat ( Willich, Rangstreit, 106 f.; Aulinger, Bild, 237, 239).
2
  Ebf. Michael von Salzburg nahm an der Audienz vor dem Kg. persönlich teil (Kurmainz, pag. 354 [Nr. 42]).