Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Textvorlage: Österreich A 1, fol. 540’–542.

Koadjutorfehde in Livland: Anregung eines interkurialen Ausschusses zur Vorberatung von Beilegungsmaßnahmen. Session.

/540’/ (Nachmittaga) fürstenrat b. Österreich proponiert: Koadjutorfehde in Livland2.

Umfrage. Österreich: /540’ f./ Kg. und das Haus Österreich befürworten Maßnahmen zur Beilegung des Konflikts. Da die Gesandten Pommerns einen Bericht zu den bisherigen, vergeblichen Vermittlungsbemühungen vorgelegt haben3 , wird angeregt, dass Pommern und Jülich sowie zwei Stände der geistlichen Bank und Verordnete des KR /541/ zu gelegner zeitt und one versaumbung der andern nottwendigen reichssachen sich zusamen thätten, alle circumstantzien der sachen erwägeten und bedächten, und wz gestallt ettwa durch underhanndlung und andere fuegliche mittl zum friden der enndtstandnen empörung /541’/ abgeholffen und alle ding zu fridlicher beilegung gebracht werden möchten etc. Der Ausschuss soll sein Verhandlungsergebnis anschließend den Kurien zur weiteren Beratung vorlegen.

Dem Votum Österreichs schließt sich die Mehrheit an4 . [Minderheitsvoten:] Andere wollen den Konflikt an das RKG weisen, eine zweite Gruppe will ihn mit kgl. Mandaten beilegen, eine dritte erst deß Reichs jurißdiction, ob die fundata oder nicht, weittleeffig disputieren5.

/541’ f./ Die vom FR noch für diesen Abend beantragte Korrelation der Beschlüsse zur Koadjutorfehde wird vom KR auf den kommenden Tag verschoben.

Anmerkungen

1
 Das Protokoll für 9. 12. fehlt in Österreich B. In Österreich A zunächst die Aufzeichnung der konstituierenden Sitzung des Religionsausschusses (fol. 536’–540’, als Abschrift von Österreich C [vgl. Nr. 319]), dann obige Verhandlungen im FR am Nachmittag. Eine Abschrift des österreichischen Protokolls für diesen Tag findet sich in HHStA Wien, RK RTA 38, fol. 137–141 (Kop.).
a
 Nachmittag] Würzburg (fol. 105’) zusätzlich vor dem Folgenden: Am Vormittag erste Sitzung des Religionsausschusses. Und gleichwol die andern stende disen vormittag auch auffs haus erfordert, aber doch ausserhalb des ausschuß nichtzit gehandlt worden.
b
  fürstenrat] Würzburg (fol. 105’ f.) zusätzlich: Vor Aufnahme der Beratung bei Einnahme der Session Streit zwischen dem Verordneten Hg. Erichs von Braunschweig [Ludeck], der den Vorrang beansprucht, und jenem Mgf. Johanns von Brandenburg-Küstrin [Mandesloe], der dies nicht zulassen will. Ebenso gesteht der Gesandte Brandenburg-Ansbachs den Vorrang Braunschweigs nicht zu. Braunschweig beruft sich auf einen Vertrag, der dem Haus den Vorrang vor dem Haus Brandenburg gewährt. Dagegen behauptet der Küstriner Deputierte, der Vertrag beziehe sich nicht auf beide Häuser, sondern lediglich auf die Personen der Vertragsschließenden, Hg. Heinrich II. von Braunschweig und Mgf. Johann von Küstrin, der darin Heinrich als seinem Schwiegervater freiwillig et propter reverenciam aetatis den Vorrang überlassen habe. Der Brandenburg-Ansbacher Gesandte bestreitet die Existenz des Vertrags generell. Der Verordnete Hg. Erichs von Braunschweig protestiert, dass weder der [am RT anwesende] Hg. noch ein Gesandter /106/ den reichsrath ferner nit besuchen [werde], es /106’/ werde dann seinen f. Gn. die session uber Brandenburgk zugelassen und eingeraumbt. Seint auch darauff alßpald aus dem rath abgeganngen.
2
 Vgl. die bisherigen Eingaben an den RT: Nrr. 511515.
3
 Nr. 514.
4
 Vgl. dagegen das inhaltlich abweichende Referat des FR-Beschlusses beim anschließenden Korreferat mit KR am 11. 12.: Kurmainz, pag. 402–404 [Nr. 45]. Zur geänderten Beschlussfassung im FR vgl. Würzburg (fol. 108’ f.) [Nr. 149, Anm. b].
5
  Hg. Christoph von Württemberg hatte seine Gesandten Massenbach und Eislinger schon am 24. 8. 1556 (Stuttgart) angewiesen, dass dem Landmeister in Livland als Reichsstand der ungerechtfertigte Krieg von Kg. und Reichsständen verwiesen werden sollte ( Ernst IV, Nr. 121a S. 131, Anm. 4).