Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Textvorlage: Österreich B, fol. 488–490.

Beschleunigte Verhandlungsführung gleichzeitig im Religionsausschuss und in den Kurien. Koadjutorfehde in Livland: Keine Übergabe der Eingabe des Landmeisters an Mecklenburg. Beschluss konkreter Vermittlungsmaßnahmen. 2. HA (Türkenhilfe): Beratungsaufnahme im FR. Grundsätzliche Bereitschaft zur Hilfeleistung.

/488/ (Vormittag) Vereinbarung mit KR, nunmehr die Verhandlungen zum 2. HA (Türkenhilfe) aufzunehmen.

Fürstenrat. Salzburg proponiert: 1) Verhandlungsführung im Religionsausschuss und in den Kurien gemäß Ständebeschluss täglich alternierend oder gemäß Forderung des Kgs. 1  parallel und gleichzeitig? 2) Soll den Mecklenburger Gesandten die letzte Eingabe der Deputierten des Deutschen Ordens in Livland2  übergeben werden?

/488’/ Beschluss: 1) Bitte an KR, dz sy inn irem rat mit personen darzu gefaßt, dz sy auff der kgl. Mt. ersuechen die verglichen alternation der hanndlungen fallen lassen unnd simul et semel mit ainannder hanndlen wollten. Im vhal aber sy noch nit gefaßt, dz biß zu solcher vernern verfassung sollte allso fürgeschritten unnd mit inen gedullt getragen werden. 2) Die Eingabe der Gesandten des Landmeisters soll den Mecklenburgern nicht übergeben werden, um weitere Verbitterung zu vermeiden, welche die geplante gütliche Vermittlung beeinträchtigen würde.

/489/ Auf Antrag Österreichs hin wird proponiert, ob man die Verhandlungen zum 2. HA (Türkenhilfe) aufnehmen und ob man Hilfe leisten will.

Umfrage. Salzburg und Bayern: Haben simpliciter geschlossen, dz die notturfft erforderte, zu helffen etc.

Österreich: Begründet unter Rückbezug auf die Proposition sowie auf die Ausführungen zunächst der kgl. Kommissare und zuletzt des Kgs. selbst3  ausführlich die Unabdingbarkeit einer Türkenhilfe, waß massen es auch nit allain die kgl. Mt. /489’/ und derselben lannd, sonder auch dz gemain vatterland und ain jeden einwoner deß Haylligen Reichs teutscher nation zum höchsten belanngte.

Einhelliger Beschluss, dz pillich und vonnötten, hilff zu laisten.

Brandenburg-Küstrin: Einschränkung, dz er verhoffte, der kgl. Mt. wurde nit zuwider sein, dz sy zu seiner zeitt beineben einfüerten und meldeten, mit wz vorbehällt, was gestallt, mit wz maß, anhanng und condition solche hilfflaistung fürgeen sollt; wie dann solches khünfftige beratschlagung weitter mitbringen wurd und mueßte.

Württemberg: Wiederholt den Vorbehalt von Brandenburg-Küstrin.

/490/ Hessen: a– Vorbehalt, dz vor allem ainem bestenndigen friden im Hl. Reich nachzutrachten–a , b.

Anmerkungen

1
 Ständebeschluss: Kurmainz, pag. 352 [Nr. 41]; Forderung des Kgs.: Ebd., pag. 365 [Nr. 42].
2
 Nr. 515.
3
 Vgl. Kurmainz, pag. 354–361, 365 [Nr. 42].
a–
 Vorbehalt ... nachzutrachten] Hessen (fol. 75’) differenzierter zum eigenen Votum: Es ist bereits in den vorherigen Verhandlungen beschlossen worden, zur Türkenhilfe zu beraten. 1) Hilfeleistung für den Kg. ist pillich und notwendig. 2) Das uff vorgehende moderation ubbermessiger ausgab unser gnst. her an seyner f. Gn. anteil nichts wurde erwynden lassen. 3) Das die hilff bei zeit und furderlich erlegt, damit sich der konig solle [!] zu rechter zeit zugebrauchen. 4) Das fride im Reich uffgericht must werden, damit eyner neben dem andern sicher sitzen muge.
b
 nachzutrachten] Würzburg (fol. 108’ f.) zusätzlich: (Nachmittag) Fürstenrat. Salzburg proponiert: KR berät zur Livlandfrage abweichend vom Beschluss des FR vom Vortag bereits konkrete Maßnahmen zur Beilegung des Konflikts. Deshalb im FR nochmalige Beratung. Mehrheitsbeschluss: 1) Schriftliche Aufforderung von Kg. und Reichsständen an den Landmeister in Livland und den Ebf. von Riga, die Kampfhandlungen sofort einzustellen. 2) Bitte an den Kg. von Polen, sich nicht am Konflikt zu beteiligen. Die Kriegsparteien und Polen sind dabei auf geplante Vermittlungsverhandlungen von Kg. und Reichsständen zu verweisen. 3) Bitte an das Haus Brandenburg, den Hg. von Preußen zu veranlassen, sich nicht weiter am Konflikt zu beteiligen. 4) Vermittlungsverhandlungen in Livland durch Dänemark, Kurbrandenburg, Pommern, Jülich und die Stadt Lübeck, denen propter maiorem auctoritatem Unterhändler von Kg. und Reichsständen zugeordnet werden.