Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Textvorlage: Augsburg, fol. 30’–32.

Konzept des SR für die Konstituierung des Religionsausschusses aus den Religionsräten. Problematische Vertretung des SR im Ausschuss wegen der Abwesenheit der katholischen Reichsstädte.

/30’/ Städterat a . Regensburg proponiert: /30’ f./ b– Bei den Beratungen zum Verhandlungsverfahren in der Religionsfrage hat man eine Resolution beschlossen, gegen die zuletzt namentlich von Augsburg Einwände vorgebracht worden sind1 . Deshalb ist /31/ dem merern nach ain concept2 gestelt worden, deß versehens, es solte jungsten beschluß, sovil disen articl belanngte, nit ungemeß sein. Unnd stuennde derwegen bei den anwesenden, dasselb an jetzo abtzuhören etc.–b Wolten auch daneben nit bergen, wiewol das concept jungster erkhundigung unnd beschluß nach gestelt, so weren si doch vertreulich bericht, das es disen weg nit mehr bei den höhern stenden erraichen möchte: Diese sollen beschlossen haben, dass jeder Kf. und jedes auf dem RT vertretene Fürstenhaus eine Person, Prälaten sowie Gff. je einen Verordneten und SR zwei – je einer jeder Religion – in den Ausschuss deputieren3. Dhweil dann khain statt der alten religion alhie, stellen si derhalben es auch zu der anwesenden bedennckhen, was hierinn zethun sein wolle etc.

Umfrage. Augsburg: Da noch keine katholische Stadt vertreten ist, wurd es den erbarn steten wol zuerwegen sein. Unnd sehe sie nochmals /31’/ wie hievor fur gut an, das ad partem bei den höhern stennden der augspurgischen confession solte zu practicirn unnd derhalben zwo personen zuverordnen sein etc.

Mehrheitsbeschluss: Zunächst Verlesung des Straßburger Konzepts4.

Im Anschluss daran erneute Umfrage. Augsburg: Konstatieren, dass das Konzept zwar der Beschlussfassung entspricht, aber sonnst gar stutz unnd gleichsam dahin gestelt wer, alls geb man den höhern stennden ordnung, was si thun solten. Deshalb sollte das Konzept etwas glimpflicher gestelt unnd darinn sich alain auff den passauischen vertrag [...] getzogen [werden].

Mehrheitsbeschluss mit den Voten von Nürnberg, Ulm und später auch Straßburg [!]: Billigung der Augsburger Anregung.

Weiterhin: Da das Konzept die übrigen drei HAA nicht berücksichtigt, wird beschlossen, dies in einem Anhang zu regeln, der nur verlesen werden soll, wenn diesen Punkt zuvor die höheren CA-Stände ansprechen.

/31’ f./ Einhelliger Beschluss: Das Konzept wird den Augsburger Gesandten übergeben, um es entsprechend zu korrigieren.

/32/ Wenig später verliest der Augsburger Deputierte Rehlinger das geänderte Konzept. Beschluss: Vertagung bis morgen, um es bis dahin zu prüfen.

Daneben wird beschlossen, dass der Straßburger Gesandte5  und der Regensburger Advokat Dr. Hiltner vertraulich mit dem Kurpfälzer Großhofmeister [von der Tann] alls dem furnembsten unnder den confessions stennden über den im Konzept des SR genannten Weg sprechenc . d– Dagegen wenden die Regensburger Verordneten ein, sie seien dafür nicht bevollmächtigt. Da man aber solchs sonnst ad partem thun wolt, das stuennde bei ains jeden gelegenhait. Si wolten es aber doch an ire herrn gelanngen lassen–d.

Daraufhin e– berät SR nochmals zur Beteiligung am Religionsausschuss wegen der Abwesenheit der katholischen Reichsstädte, doch wird die Beschlussfassung vertagt –e.

Anmerkungen

a
  Städterat] Nürnberg A (unfol.) zum Zeitpunkt: Nachmittag, 2 Uhr.
b–
 Bei ... etc.] Nürnberg A (unfol.) differenzierter: Aufgrund der vorgestrigen Beratung des SR zur Ausschussbildung beim 1. HA (Religionsvergleich) erachtet der Straßburger Gesandte, dass der noch nicht referierte Anhang zur letzten SR-Resolution [Nr. 450, Anm. b] nicht mehr dem Verhandlungsstand entspricht. Straßburg hat deshalb ein neues Konzept formuliert. Regensburg befürwortet dessen sofortige Vorlage, da KR und FR um 3 Uhr zum Korreferat für die Konstituierung des Religionsausschusses zusammenkommen.
1
 Resolution: Nr. 450. Bezugnahme auf die Beratung am 23. 11. [Nr. 238].
2
 Gemäß Bericht der Augsburger Gesandten Rehlinger und Hainzel vom 26. 11. 1556 an den Rat handelte es sich um ein Regensburger Konz. (StadtA Augsburg, Lit. 1556–57, unfol. Or.). Vgl. dagegen Anm. b.
3
 Vgl. zur tatsächlichen Besetzung durch FR das Referat vor KR am 25. 11.: Kurmainz, pag. 272 f. [Nr. 33].
4
 Vgl. die spätere Ausfertigung der Resolution [Nr. 451] mit Hinweisen zur Genese.
5
 = Syndikus Jakob Hermann.
c
 sprechen] Nürnberg A (unfol.) zusätzlich und differenzierter: um die sachen dahin unnd uff solche weg zerichten, damit den erbarn steten nichts nachteiligs daraus ervolgen mochte, und zusehen, ob die sach uff die im gestelten concept begrifne weg zupringen weren [Besetzung des Religionsausschusses durch die Religionsräte und nicht durch die Kurien], da keine katholische Stadt für die Beteiligung zur Verfügung steht.
d–
 Dagegen ... lassen] Nürnberg A (unfol.) abweichend: Hiltner kann nicht teilnehmen, da er krank und bettlägerig ist. Deshalb wird die Entscheidung bis morgen aufgeschoben.
e–
 berät ... vertagt] Nürnberg A (unfol.) differenzierter: Votum Straßburg: Falls es trotz der Resolution des SR dazu kommt, dass eine katholische Stadt für den Ausschuss benannt werden muss, wolt er fur sein person Hagenau dartzu furgeschlagen haben, weil vermutlich dieselb in kurtz hieher ordnen wurde, und sy sonst dannocht alle reichsteg besuechet. Unnd dz daneben von der stet wegen bei den f. rethen gepeten wurde, mitlerweil auß irem mittel ein person von solcher stat wegen biß zur selben ankunfft zuverordnen. Umfrage dazu. Regensburg: Erklären, dz sie keine [katholische Stadt], weil sie nitt hie, zubenennen wussten. Dagegen Mehrheitsbeschluss wie Straßburg: Benennung Hagenaus und Bitte an FR. Erneut Straßburg: Der Gesandte erkennt, dass mit der Benennung Hagenaus zugleich die Verordnung für die rheinische Städtebank vorgegeben ist und Straßburg somit nicht mehr teilnehmen könnte. Er wendet deshalb ein, dass er zuvor seiner herrn halben etwas zu weit gegangen. Und alspaldt darauf angetzeigt, der erbarn stet gesandte hetten sonders zweiffels gut wissen, wz seine herrn bißhero des evangeliums halben erlitten unnd sich yeder zeit desselben vor ksl. und kgl. Mtt. offenntlich bekent. Sollten nun seine herrn und obern, die zu disem mal von der reinischen pannck allein verordent, außgeschlossen werden, wurde es inen zu schimpff und spot raichen. Pett derhalben, seine herrn und obern hierinnen nitt zuuberschreiten noch außzuschliessen, dann er hett die sach nitt so weit bedacht und verstanden. Sollten aber die erbarn stet daruber nochmalen uff irer yetzigen meynung verharren, so wolt er hiemit seiner herrn halben offentlich protestirt haben. Wolt auch furohin nitt mer in stet rath komen, dann er solches gegen seinen herrn nitt zuverantwurten wusste. Umfrage. Einhelliger Beschluss: Man würdigt den bisherigen Einsatz Straßburgs für das Evangelium und für Belange der Reichsstädte auf RTT und kommt deshalb der Bitte nach. Straßburg soll unbeschwert und unaußgeschlossen pleiben. Augsburg: Regen an, diesmal zwei Städte der rheinischen Bank [ohne Berücksichtigung der schwäbischen] in den Ausschuss zu verordnen und die Gründe dafür im Protokoll festzuhalten, um künftigen Missverständnissen vorzubeugen. Sollte Straßburg Einwände dagegen haben, könnte man Überlingen oder Schwäbisch Gmünd für die katholischen Städte benennen. Dazu keine Beschlussfassung, sondern Vertagung bis morgen.