Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Textvorlage: Augsburg, fol. 34–38.

1. HA (Religionsvergleich): Besetzung des Religionsausschusses durch KR und FR. Resolution des SR. Schreiben an die katholischen Reichsstädte wegen der Abordnung von Gesandten. Problematische Beteiligung des SR am Ausschuss.

/34/ (Vormittag, 8 Uhra ) Reichsrat. /34–36’/ [Entsprechend Protokoll des KR, 289–293. Differenzierter zum Referat des Beschlusses von KR und FR, Einrichtung des Religionsausschusses:] /34’/ Falls die Vergleichung der Religion scheitert, das nichts desto weniger der hievor bedinngt religion friden fur unnd fur gehalten werden solte, allermassen wie der augspurgisch Reichs abschied mit sich prechte1.

Differenzierter zur Resolution des SR 2 : /35/ Deren Vortrag durch den Straßburger Gesandten. Die Resolution ist dabei /35’/ durch den straßburgischen etwas leuterer seinem antzaigen nach gestelt, unnd inen dasselb davor der erbarn stett gesanndten gefallen lassen.

Differenzierter zur weiteren Antwort des SR als Reaktion auf den gemeinsamen Beschluss von KR und FR: /36/ Betonen nochmals, dass die Besetzung des Religionsausschusses b– fueglicher nit, dann durch die absonnderung, wie sie angehört weren, beschehen möchte, da alsdann ain jeder [Teil] die irn desto fueglicher dartzu zuverordnen hete–b , 3. /36 f./ Vorschlag zur vorübergehenden Vertretung der katholischen Reichsstädte im Ausschuss. Im Anschluss daran antwortet der Mainzer Kanzler für KR und FR vorerst abschließend: SR möge abtreten und um 4 Uhr nachmittags wieder in RR kommen. /36’/ Da nun die vergleichung noch heut hierauff getroffen, wer gut; wo nit, muessten sie sich deß ganngs nit thauren4 lassen etc.

Städterat. /36’ f./ Beratung wegen des vorherigen Erbietens vor KR und FR, die Abordnung von Gesandten der katholischen Reichsstädte an den RT sofort anzumahnen. Beschluss: Unverzügliches Schreiben an Schwäbisch Gmünd, das dem Tagungsort von den katholischen Reichsstädten am nächsten liegt, sowie an Hagenau und Wimpfen, mit der Aufforderung, ihre Gesandten wegen der Vertretung des SR im Religionsausschuss an den RT abzuordnen. Regensburg soll das Schreiben konzipieren.

/37/ Beschluss zur Vertretung des SR im Religionsausschuss: Benennung von Straßburg für die protestantischen und von Schwäbisch Gmünd für die katholischen Reichsstädte. Da KR und FR den Ausschussmitgliedern Adjunkten beiordnen wollen, beansprucht SR dieses Recht auch für sich. Ist bedacht, das derwegen zu Straßburg Regenspurg unnd zu Schwebischen Gmundt Hagenau zu adjuncten oder zusätzen solten verordennt, aber die den höhern stennden nit benennt werden; mit dem anhanng, da Straßburg unnd Gmundt nit allmal khönten im ausschuß sein, das alsdann die zusätz zustimen haben solten.

/37 f./ Beschluss für den Fall, dass der Vorschlag des SR zur vorübergehenden Vertretung der katholischen Reichsstädte durch einen katholischen Rat des FR abgelehnt /37’/ unnd, weil khain statt der alten religion verhannden, die annder5 etwa auch nit zugelassen werden möcht, weß man sich deßhalben alsdann zuverhalten. Ist bedacht, da man offenntlich protestieren solte, das es bei den höhern stennden zu allerlai ungnaden raichen unnd die schuld der ausschliessung niemannd dann inen, den stetten, selbs unnd also irer saumseligkhait zutzemessen: Das alsdann inn genere munndtlich antzetzeigen sein solt, weil diser ausschuß nit furgenommen, wie im Reich unnd von alter herkhommen, unnd derwegen niemand praejuditial sein, unnd si, der erbarn stett gesanndten, aus den angeregten ursachen außgeschlossen, wolten si es derwegen, sonderlich weil es inen auch inn khunfft nit nachtailig sein solt, nachgeben; mitt begern, es also inn deß Reichs prothocoll zuvertzaichnen etc.

Falls die katholischen Stände des FR nachfragen, wen sie vorübergehend für die fehlenden katholischen Reichsstädte in den Ausschuss verordnen sollen, so ist Dr. [Johann Rudolf] Ehinger, fürstenbergischer Rat, als der ain geborner stettmannc, furtzeschlagen. Daneben wird auch der Eichstätter Rat Dr. Nikolaus Seld genannt.

/38/ (Nachmittag, 3 Uhr) Städterat. Verlesung des Konzepts für das Schreiben an die katholischen Städte Schwäbisch Gmünd, Hagenau und Wimpfen. Umfrage. Beschluss: Billigung mit wenigen Korrekturen6.

Anschließend warten die Städtegesandten bis in den Abend die vom Mainzer Kanzler angekündigte Sitzung des RR ab, doch teilt der Reichserbmarschall ihnen später mit, dass diese auf kommenden Tag, 9 Uhr, verschoben wird.

Anmerkungen

a
 8 Uhr] Nürnberg (fol. 79) abweichend: 9 Uhr.
1
  Art. 12 des Religionsfriedens im RAb 1555, § 25 ( Aulinger/Eltz/Machoczek, RTA JR XX, Nr. 390 S. 3112).
2
 Resolution: Nr. 451.
b–
 fueglicher ... hete] Nürnberg (fol. 81) deutlicher: fuglicher nitt, dann durch baider religions stende abgesonderte retthe, die sich miteinnander der antzal der personen verglichen, bedacht unnd beratschlagt werden sollte, also dz die augspurgischen confessions verwanndte stende sich uff ein seyten unnd die anndern, der alten religion verwandte stende, auch uff ein seitten thun unnd sich alßdann bede seyten der antzal der personen verglichen hetten.
3
 Die Antwort [Wortlaut wie Anm. b], konzipiert von den Regensburger Gesandten, wurde auch schriftlich festgehalten: StA Nürnberg, NRTA 26, unfol. StadtA Augsburg, RTA 15, unfol. (Dorsv.: Regenspurgisch concept in puncto religionis.). HAB Wolfenbüttel, Cod. Guelf. 57 Aug. Fol., fol. 422, 423’. Kopp.
4
 = dauern, kümmern.
5
 = Straßburg in Vertretung der CA-Städte.
c
 geborner stettmann] Nürnberg (fol. 84’) differenzierter: geborner stetman von Ulm.
6
  SR an die genannten Städte (28. 11. 1556): Die am RT anwesenden Reichsstädte haben erwartet, dass die Stadt im Anschluss an die ‚Benennung‘ des RT und die folgende städteinterne Ermahnung von Regensburg aus (vgl. Anm.9 bei Nr. 222) sowie wegen der Wahrung der reichsstädtischen Reputation Gesandte geschickt hätte. Da dies unterblieben, nunmehr aber unabdingbar ist, dass der augspurgischen confession und der alten religion (wie man sich zunennen pflecht) stett gesande bei der handt sind, aber derzeit noch keine Stadt der alten Religion vertreten ist, werden die Adressaten hiermit aufgefordert, sofort Gesandte abzuordnen, damit SR den Religionsausschuss besetzen kann. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Reichsstädte insgesamt davon ausgeschlossen werden (StadtA Augsburg, RTA 15, unfol. StA Nürnberg, NRTA 28, unfol. Kopp. StA Darmstadt, E 1 A 23 Nr. 2, unfol. Or. an Wimpfen; präs. 4. 12.).