Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Textvorlage: Nürnberg, fol. 141–145’.

Koadjutorfehde in Livland: Verordnung der Stadt Goslar in die Kommission zur Friedensvermittlung. 1. HA (Religionsvergleich): Bericht über die Verhandlungen im Religionsausschuss. Anschluss des SR an die weltlichen Stände. Differenzen der Stadt Lindau mit Gf. Haug von Montfort wegen der Besetzung von Pfarrstellen.

/141/ (Nachmittag, 3 Uhr) Städterat. [Regensburg] proponiert: Beschluss von KR und FR gemäß gestrigem Vortrag zur Koadjutorfehde in Livland1 . Demnach hat auch SR Verordnete für die dort vereinbarte Friedensvermittlungskommission zu benennen. Sollen eine oder zwei Städte abgeordnet werden?

Beschluss, a– das man es bei einer stat zu verhuetung grosses uncostens unnd dieweil one dz nitt vil nutz darbei, pleiben lassen und nitt mer begern sollte, dann di erbarn stet hierynnen genugsam von den hohern stennden bedacht werden, ir prerogatif zuerhallten–a.

/141’/ Umfrage zur Verordnung einer Stadt. Beschluss: Da die Gesandten der auswärtigen Städte dafür nicht instruiert sind, soll möglichst Regensburg eine Person abordnen. Daneben werden andere Städte genannt wie Lübeck, Lüneburg und Hamburg, die näher an Livland liegen.

Regensburg: /141’ f./ Lehnen die Teilnahme ab. Es kann auch eine Stadt benannt werden, die derzeit nicht am RT vertreten ist. Zudem ist es kostengünstiger, wenn eine Stadt in der Nähe des Konflikts die Aufgabe übernimmt.

/142/ Weitere Umfrage. Beschluss: Verordnung der Stadt Goslar. Da aber Straßburg einwendet, Goslar solle von Hg. Heinrich von Braunschweig eingetzogen worden sein, wird die schriftliche Teilnahmeaufforderung vorerst zurückgestellt, um das Gerücht zu prüfen. Bestätigt es sich, muss eine andere Stadt in der Nähe benannt werden.

/142’/ Regensburg proponiert: Straßburg möge über die bisherigen Verhandlungen im Religionsausschuss berichten, damit sich zum einen der Gesandte Schwäbisch Gmünds auf die Teilnahme vorbereiten und zum anderen SR eine Resolution zum 1. HA (Religionsvergleich) beschließen kann.

Straßburgb , 2 : /142’–144’/ Am ersten Tag nur Vereinbarung der Geschäftsordnung. Am zweiten Tag sprach sich die Mehrheit dafür aus, ein Kolloquium einzuberufen. Dem entsprechenden Votum der weltlichen Kff. schlossen sich Österreich, Bayern, Pfalz-Zweibrücken, Brandenburg-Ansbach, [Württemberg], Hessen und die [Wetterauer] Gff. an. Dagegen votierten die geistlichen Kff. für ein Generalkonzil. Dem schlossen sich Salzburg, Augsburg und die Prälaten an. Heute Vormittag hat man nochmals vergeblich versucht, eine Einigung zu erreichen. Die Verordneten aus dem FR wollen nunmehr in ihrer Kurie anstreben, eine einheitliche Resolution zu ermöglichen3 . Scheitert auch dies, muss man dem Kg. ein geteiltes Bedenken übergeben. Straßburg hat sich heute im Ausschuss den CA-Ständen angeschlossenc.

/144’/ Umfrage. d– Einhelliger Beschluss: Falls sich die höheren Stände auf eine einheitliche Resolution verständigen, wird SR sich anschließen; falls nicht, befürwortet SR gemäß Votum der weltlichen Kff. das Kolloquium als Weg zum Religionsvergleich –d.

Regensburg proponiert: /144’ f./ Am Vortag vorgelegtes Schreiben der Stadt Lindau an die Straßburger RT-Gesandten4 . /145 f./ Beschluss: Da Lindau die Ursachen für den Widerstand des Gf. von Montfort gegen die Anstellung der Prädikanten nicht ausführt, sollen die Straßburger Deputierten die Stadt schriftlich auffordern, dies in einem Bericht an den SR und an die CA-Stände auf dem RT zu erläutern.

Anmerkungen

1
 Vgl. Kurmainz, pag. 427 f. [Nr. 48].
a–
 das ... zuerhallten] Augsburg (fol. 62’) differenzierter: da Prälaten und Gff. nicht an der Kommission teilnehmen, ist mehr ungnad weder die erlangung beder stett, da si begert wurden, zuverhoffen, unnd dann auch dise schickhung nit one sonndern costen ab- /63/ geen wurdet, das man es derhalben alain bei ainer statt pleiben lassen soll.
b
 Straßburg] Augsburg (fol. 63) differenzierter: Referent ist der Straßburger Gesandte Jakob Hermann.
2
 Vgl. zum Bericht das Protokoll der Verhandlungen im Religionsausschuss: Nrr. 319322.
3
 Vgl. Österreich B, fol. 508 f. [Nr. 156].
c
 angeschlossen] Augsburg (fol. 64’) zusätzlich: Schwäbisch Gmünd hat heute im Ausschuss votiert, er ließ es bei der gaistlichen chur- unnd fursten mainung pleiben. [Vgl. dagegen das Votum gemäß Kurmainz A, fol. 95 (Nr. 322).]
d–
 Einhelliger ... Religionsvergleich] Augsburg (fol. 64’) anders: Beschluss, den alle mit Ausnahme von Schwäbisch Gmünd billigen: Anschluss an die weltlichen Stände, die für ein Kolloquium eintreten.
4
 Schreiben der Stadt Lindau an die Straßburger Gesandten vom 13. 11. 1556: Klage gegen Gf. Haug XVI. von Montfort wegen dessen Widerstands gegen die Besetzung von Pfarrstellen durch die Stadt in Orten der Lindauer Niedergerichtsbarkeit [Gf. berief sich auf die Handhabung des ius reformandi als Inhaber der Hochgerichtsbarkeit]. Bitte um Unterstützung in der Durchsetzung des Präsentationsanspruchs (StA Nürnberg, NRTA 26, unfol. StadtA Augsburg, RTA 2, unfol. Kopp.).