Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Textvorlage: Bericht der Kurpfälzer Gesandten an Kf. Ottheinrich vom 17. 11. 15561.

Besetzung des Religionsausschusses: Beteiligung aller am RT vertretenen CA-Stände des FR. Aufforderung an abwesende Stände, den RT zu beschicken. Religionsvergleichung mittels eines Kolloquiums. Ablehnung des Konzils.

/194/ Versammlung der CA-Stände. Kurpfalz proponiert: Fortsetzung der Beratung zur Besetzung des Religionsausschusses seitens der CA-Stände des FR.

Umfrage. Kurpfalz: Wiederholt das vorherige Votum [für die eingeschränkte Besetzung].

Dagegen Mehrheitsbeschluss der anderen Gesandten, dass von den am RT vertretenen CA-Ständen keiner außgeschloßen, sonder sie neben den dreien weltlichen churfursten aus jedem furstlichen haus, als von Veldentzs2 an stat der pfaltzgraven und dan Sachßen, Brandenburg, Wurtenberg, Pomern und Heßen ein person in den Ausschuss delegieren, an dem zusammen mit den zwei Verordneten der [Wetterauer] Gff. und der protestantischen Städte sowie den drei kfl. Räten für die CA-Stände insgesamt elf Vertreter teilnehmen sollen. Kurpfalz bewilligt dies nur vorbehaltlich der Zustimmung des Kf. 3

/194’/ Daneben wird beschlossen, die bisher am RT nicht vertretenen CA-Stände zur Abordnung von Gesandten aufzufordern, obwohl sie nicht am Ausschuss beteiligt werden, da es doch nicht weniger der religion und andern zeitlichen prophan sachen dieses reichstags allenthalb gantz furträglichen zuverhutung allerhandt cavillationen und disputationen, das von denselbigen zu diesem reichstag furderlichst geschickt, damit ire gesandten neben den andern, jetzt anwesenden furstlichen reten, wes ettwan im außschuß der religion halb ferner nottwendiglich zu bedencken furfiele, denselbigen beratschlagungen (davon dan je keiner außgeschloßen) jeder zeit beiwonen. Oder aber, wo die schickung je so baldt oder zeitlich nit beschee, das sie doch vor beschluß aller reichshandlung die irige alhie haben; kondte durch sie sovil mehr das uberstimmen der gaistlichen in andern sachen abgeschniten und verhuetet werden. Beschluss, dass Kf. Ottheinrich von der Pfalz Pfgf. Johann von Simmern, Pfgf. Wolfgang von Zweibrücken und Mgf. Karl von Baden zur Beschickung des RT auffordert4 , während Kf. August von Sachsen dies bei den Hgg. von Mecklenburg5 , Braunschweig-Lüneburg, Holstein und den Ff. von Anhalt veranlassen soll.

/195/ Weitere Beschlussfassung: Die CA-Stände werden im Religionsausschuss geschlossen für ein Kolloquium als Weg zum Religionsvergleich votieren. Falls die katholischen Stände auf ein General- oder Nationalkonzil drängen, so haben wir uns uf solchen fall umb mehrer befurderung willen /195’/ der sachen abermaln mit einander allerhandt dinstlicher argumenta aus der heiligen geschrifft und sonst, die auch fast mererteils in euer kfl. Gn. 6 neuburgischen instruction7 begriffen seien, freundtlichen vergliechen, wie dem gegenteil solchs statlichen abzeleinen.

Ansetzung der nächsten Sitzung der CA-Stände für Donnerstag [19. 11.]8 , um als Vorbereitung der Verhandlungen im Religionsausschuss über Form, Termin, Ort und Besetzung des Religionskolloquiums zu beraten.

Anmerkungen

1
  HStA München, K. blau 107/3b, fol. 194–195’. Konz. Die Protokolle zeichnen die Sitzung nicht auf.
2
 Gemeint: Pfalz-Zweibrücken (Pfgf. Wolfgang). Vgl. auch unten, Anm. 4.
3
 Die Gesandten empfahlen Kf. Ottheinrich in obigem Bericht (wie Anm. 1, hier fol. 194) die Billigung, da es gegenüber ihrem abgelehnten Votum nur um 2 weitere Verordnete gehe. Der Kf. befahl daraufhin in der Weisung vom 30. 11. 1556 (Heidelberg) den Anschluss an die anderen CA-Stände, /150/ damit sovil immer muglich under disen confessions verwandten trennung verhuttet bleibe und da die katholischen Stände aufgrund des Passauer Vertrags nicht mehr Personen verordnen können als die eigene Seite (HStA München, K. blau 106/3, fol. 149–152’, hier 149’–150’. Or.; präs. 15. 12. Vgl. Kurze, Kurfürst, 105, Anm. 52).
4
 Die Kurpfälzer Deputierten richteten die entsprechende Bitte unmittelbar mit obigem Bericht (wie Anm. 1, hier fol. 195) an Kf. Ottheinrich und teilen ihm mit, sie hätten vom RT aus bereits Pfgf. Wolfgang von Zweibrücken, kfl. Statthalter in der Oberpfalz, davon unterrichtet, dass er für das Haus Pfalz den Religionsausschuss beschicken solle. Vgl. Schreiben Kf. Ottheinrichs an die Pfgff. Johann und Wolfgang sowie an Mgf. Karl von Baden (Heidelberg, 1. 12. 1556) mit der Aufforderung, den RT zu beschicken: HStA München, K. blau 106/3, fol. 137 f. (Konz.); K. blau 106/7, fol. 195 f. (Or. an Pfgf. Johann); GLA Karlsruhe, Abt. 50 Fasz. 90a, Prod. 12 (Or. an Mgf. Karl). Pfgf. Johann antwortete, er habe bisher auf die RT-Beschickung verzichtet, da die CA-Stände ohnehin von den geistlichen Ständen überstimmt würden, er wollte aber Pfgf. Wolfgang mit seiner Vertretung bevollmächtigen (an Ottheinrich; Simmern, 10. 12. 1556: HStA München, K. blau 106/7, fol. 197–198. Konz.). Vgl. Anm.72 bei Nr. 577.
5
 Bezugnahme entweder auf den am RT nicht vertretenen Hg. Ulrich III. zu Güstrow oder auf die fragliche weitere Teilnahme des Gesandten (Drachstedt) Hg. Johann Albrechts (vgl. Votum Mecklenburgs in der Versammlung der CA-Stände am 13. 11.: Kurpfalz C, fol. 161 [Nr. 359]).
6
 = Kf. Ottheinrich als Empfänger des Berichts.
7
 = Instruktion Ottheinrichs für das Fst. Pfalz-Neuburg (vgl. Kap. 3.4, hier Punkt 1).
8
 Vgl. dazu Bericht der Kurpfälzer Gesandten an Kf. Ottheinrich vom 22./23. 11. 1556: Die für 19. 11. geplante Beratung der CA-Stände zu den Modalitäten des Kolloquiums musste wegen der Sitzungen des KR am 19. 11. [und an den folgenden Tagen] verschoben werden (HStA München, K. blau 107/3b, fol. 216–222, hier 216. Or.).