Textvorlage: Bericht der kursächsischen Gesandten an Kf. August vom 15. 2. 15571.
Beschluss einer Erwiderung an den Kg. zur Freistellung. Zunächst Übersendung an die Obrigkeiten um Stellungnahme.
/240/ Versammlung der CA-Stände (Gesandte: Kurpfalz, Kursachsen, Kurbrandenburg, Pfalz-Zweibrücken, Sachsen, Brandenburg-Küstrin, Brandenburg-Ansbach, Württemberg, Pommern, Hessen, Verordnete der protestantischen Reichsstädte [Straßburg und Regensburg]).
Kurpfalz (von der Tann) proponiert: Die Antwort des Kgs. zur Freistellung2
ist gantz unverhoffentlich und beschwerlich.
/240 f./ Deshalb Anregung, dass die anwesenden Gesandten, die mehrheitlich an den Verhandlungen des RT 1555 zur Freistellung beteiligt waren, eine Erwiderung an den Kg. beschließen und diese ihren Obrigkeiten zur Korrektur und Billigung schicken. In der Erwiderung sollen die Freistellungsverhandlungen des RT 1555 wiederholt und der Kg. unter Berufung darauf gebeten werden,
/240’/ wo je die kgl. Mt. die freystellung auf die vorige gebettene wege nit richten wolt, das doch ir Mt. zum wenigsten disen punct als eyn praeiuditial puncten einstellen und zu der tractation der religion also setzen wolt, domit derselbige in eynem concilio oder colloquio erledigt werden mocht. Dan solche suspension ein sonderliche relevation der conscientien wehre. Und solchs solt man also anfangs unsern gnst. und gn. herren rathen, doch mit dem anhang, wan abermals durch solche bitt bey der röm. kgl. Mt. nichts zuerhalten wehre, das man dan auf ein stadtliche, ansehenliche protestation gedencken solte, dieselbige also von [!] der kgl. Mt. und sonst furtzubringen, domit dises puncts halben unserer gnst. und gn. herren gewissen allenthalben gefreyet sein mochten.
Kursachsen: Beklagen ebenfalls, dass mit der Eingabe der CA-Stände3
(wie wir auch offt verwarnet) nichts ausgericht, sondern auch, das domit sovil erregt, das man den chur- /241/ und fursten auflegen will, als hetten sie disen punct ihrer kfl. und f. Gnn. gewissen zuwider gewilligt. Nun wusten wir darinnen euer kfl. Gn.
4 gemuet woll. Dan wie euer kfl. Gn. disen punct also anfangs nicht zutreiben und zuerwegen gemeinet, das dardurch der religion friden zerruttet oder die turckenhulff verhindert werden solt, so wurde auch numehr euer kfl. Gn. uf derselbigen gewissen nicht ligen wollen lassen, das euer kfl. Gn. etwas derselben gewissen widerlichs solte gewilligt haben. Unnd derwegen wehre keins wegs thunlich, dise resolution unverantwortet zu lassen.
/241 f./ Schließen sich zum diesbezüglichen Vorgehen Kurpfalz an: Von den Obrigkeiten zu billigende Erwiderung der Antwort des Kgs. mit Wiederholung der Verhandlungen auf dem RT 1555. /241’–242’/ Schildern dafür den Verlauf der Verhandlungen 1555 aus ihrer Erinnerung5
. Weiterhin ist auszuführen, dass die Konfirmationsklausel des RAb nicht auf den Geistlichen Vorbehalt bezogen werden kann6
, da dem Religionsfrieden eine eigene, besondere Konfirmationsklausel angefügt ist, welche die Einschränkung beinhaltet:
/242’/ „was ein jeden betrift oder betreffen mag.“7 Nun betreffe diser furbehalt als ein furbehalt die augspurgischen confession verwandten nicht, hetten es auch nicht, wie obstehet, bewilligt. Raten gegen das Votum von Kurpfalz davon ab, die Suspension der Freistellungsfrage bis zur Klärung auf einem Kolloquium oder Konzil zu erbitten, denn dort konte darvon nicht beratschlagt werden, nach deme /243/ darinnen von hauptvergleichung der religion zu tractiren. Und wan diselbige gescheen, diser punct ex consequentia fiele. Aber uf ein andere suspension dise dinge zu richten, wan es gescheen mocht, hette seinen bescheidt. Wir wolten aber nicht raten, das man diselbige auf dise bose resolution so baldt bitten solt, dan es ihre kgl. Mt. dohin verstehen wurde, das man mit solcher freystellung gar fiele, und ihre Mt. wurden es desto weniger thun. Deshalb Wiederholung der vorherigen Bitte, den Geistlichen Vorbehalt aus dem Religionsfrieden zu streichen, und dies jetzt umso mehr, als Kg. unterstellt, die CA-Stände hätten den Artikel 1555 gebilligt. Zudem Versicherung, den Religionsfrieden nicht infrage zu stellen. Wird die Bitte erneut abgelehnt, votiert auch Kursachsen für die Übergabe eines Protests.
/243’/ Kurbrandenburg: Entsprechend Kursachsen, doch das der religion fride nicht zerruttet und die turckenhulff nicht gehindert wurde8. Und lies ime die meynung nicht misfallen.
Pfalz-Zweibrücken: Zur Bitte an den Kg. wie Kursachsen.
Sachsen (Tangel): War an den Verhandlungen des RT 1555 beteiligt und bestätigt deren Schilderung durch die kursächsischen Gesandten9
. Kg. bezieht sich in seiner Antwort nicht nur auf den RAb 1555, sondern auch auf den Passauer Vertrag, also das solcher furbehalt auch demselbigen gemes. Nun gleubtet er, das darinnen mit keinem wort meldung gethan. Solchs muste man gleichwol auch verantworten.
Brandenburg-Küstrin (Mandesloe):
/244/ Er wuste sich der zu Augspurg ergangenen handlung zuerinnern, und geschee den gesandten mit diser resolution unrecht, dan diselbigen nie gewilligt, sondern der dissens fur der kgl. Mt. mer dan zwantzigk mal angetzogen. Und do man mit den furgeschlagenen wortten zur anzeigung der nicht bewilligung nicht zufriden sein wollen, hette ihre Mt. selbst mit ihrem munde gesagt, es wehre gnug, ihre Mt. wolte es uns fur aller welt gestendig sein, das wir niemals gewilligt; es solte auf ihr Mt. liegen. Item die dancksagung were allein des religion fridens halben gescheen10, und wie er gewis wuste, darinnen der geistlichen furbehalt mit keynem wort meldung gescheen. Deshalb zur Rechtfertigung und zum etwaigen Protest wie Kursachsen.
Brandenburg-Ansbach (Eisen): War ebenfalls an den Verhandlungen 1555 beteiligt und bestätigt, das niemals gewilligt und der dissens fur der kgl. Mt. fast ad taedium angetzogen.
/244 f./ Der Dissens wurde auch im Religionsfrieden ausgedrückt11
. Demnach /244’/ gebs der context und der buchstabe anders, dan der kgl. Mt. resolution in sich hette, beyde, in dem artickel und dan auch in den obligationen. Zur Bitte und zum Protest wie Kursachsen.
Württemberg, Pommern, Hessen und die Verordneten der protestantischen Reichsstädte schließen sich ebenfalls an.
Bitte an die kursächsischen Gesandten, eine Erwiderung an den Kg. zu konzipieren, die zunächst den Obrigkeiten zur Stellungnahme geschickt werden soll12.
Daneben Beschluss, in den Kurien nochmals auf die Erklärung der CA-Stände in der Resolution vom 24. 11. 1556 zu verweisen13
, wonach die Beschlussfassung zu den
HAA unter Vorbehalt einer Klärung der Freistellungsfrage steht, zu der man nunmehr Weisungen der Obrigkeiten angefordert hat.