Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Eidesleistung an die abordnenden Reichsstände. Aufsicht über die Söldner, Verhinderung von Solderhöhungen und überteuerten Proviantkäufen, Besetzung der Kriegsämter. Persönliche Anwesenheit bei den Musterungen. Wahrung der Truppendisziplin. Ergänzung dezimierter Truppeneinheiten. Aufdeckung von Betrug. Verordnung eines Generalmusterschreibers durch die Kriegsräte und Führung der Musterregister. Regelungen für Musterplätze sowie Truppenan- und abzüge. Unterstützung der Reichspfennigmeister. Kriegsberichte an die abordnenden Reichsstände. Besoldung der Kriegsräte.

Textgenese: Der Entwurf eines interkurialen Ausschusses (hier bezeichnet als Fassung A) wurde formuliert und den Reichsständen zunächst mündlich vorgetragen am 25. 2. 15571. Abschrift des Entwurfs am 26. 2. Den Inhalt verändernde Abweichungen werden im Kommentar der vorliegenden Ausfertigung berücksichtigt.

Nachweise des Ausschussentwurfs (Fassung A): HHStA Wien, RK RTA 38, fol. 420–424 (Kop. Überschr.: Instruction der öbristen, kriegs räthe und anndere bevelchs leüth, so in Hungern verordnet werden solle.) = Textvorlage. HStA München, KÄA 3177, fol. 284–290 (Kop. Aufschr.: Lectum Ratisponae, 26. Februrarii 1557.) = B. HStA Düsseldorf, JB II 2295, fol. 227–231’ (Kop.) = C. HStA Stuttgart, A 262 Bü. 50, fol. 577–581’ (Kop.). HStA Dresden, Loc. 10192/6, fol. 350–355’ (Kop.). GStA PK Berlin, I. HA Rep. 10 Nr. Y Fasz. A, fol. 61–65’ (Kop.).

Das nochmals leicht ergänzte Konzept des Ausschusses wurde sodann von KR und FR sowie im RR gebilligt am 9. 3. 15572. Die Resolution des Kgs. mit geringfügigen Zusätzen zum Konzept wurde im Ausschuss zur Prüfung des RAb verlesen und gebilligt am 15. 3.3 Ausgefertigt und besiegelt am 16. 3.4

Nachweise der Endfassung: HStA München, KÄA 3177, fol. 293–296’ (Or. mit sieben aufgedr. Siegeln) = Textvorlage. HStA München, K. blau 107/2b, unfol. (überarbeitete Kop. der Fassung A, die zur Ausfertigung ergänzt und korrigiert wird. Dorsv.: Haidelberg; Johann Mayer, secretario, zustendig.) = D. HStA Dresden, Loc. 10192/6, fol. 421–425 (Kop.) = E. AVCU Strasbourg, AA 625, fol. 3–7’ (besiegeltes Or.).

/293/ 5–Instruction, a–was der churfursten, fursten und gemeiner stend–a des Heiligen Reichs zu vorhabendem christlichen zugh gegen gemeyner christenheit erbfeindt, dem turcken, verordnete kriegs rethe, b–samentlich oder soviel dern jedertzeit bei der röm. kgl. Mt. oder derselben geliebten sunen6 gegenwurtig sein und dem kriegs wesen beiwonen werdenn–b, handlen und verrichten sollen–5.

Anfencklichs, nachdem sie zu diesem ambt von wegen der churfursten, fursten und stenden des Heiligenn Reichs verordnet und bestelt worden, wie sich dann die stend und potschafften daruber alhie verglichenn7, so sollen sie den churfursten, fursten und stenden, vonn denselbigen sie bestelt worden, an stath und von wegen des Heiligen Reichs gemeinlich pflicht thun, daß sie als kriegs rethe der röm. kgl. Mt. oder an stath derselbigen irer Mt. geliebten sönen, der kgl. W. zu Beheim etc. oder ertzhertzogh Ferdinand zu Osterreich etc., als in dieser furhabender expedition uff irer Mt. allergnedigste erclerung obristenn kriegs- und veldthern nach irem bestenn verstandt und vermogenn sampt unnd sonderlich alles das treulich rathen und in das werck pringen helffen wollenn, was zu schutz, schirm und erhaltung der christlichen landt und bluts, zu widerstandt und abbruch des algemeynen, unsers christlichen glaubens und namens erbvheindts, des turcken, auch der kgl. Mt., irer Mt. christlichen konigreichen und landen, dem Hl. Reich /293’/ teutscher nation und desselbigen stenden und glidern zu eher, nutz, wolfart und gedeien immer dienstlich und ersprißlich sein magh, das sie auch neben und mit hochgedachten obersten kriegs- und velthern ufs treulichst ratschlagen helffen wollen, darob und an sein, wie deß Heiligen Reichs von churfursten, fursten und stenden uff itzigem c–reichstag bewilligte hilff am besten und fruchtbarlichsten allein zu widerstandt des turcken inhalt und vermoge dieses–c reichstags abschidt und sunst in kein andere wege der röm. kgl. Mt. selbst allergnedigstem begern nach angewendet und gepraucht werde, und sunst alles anderst thun und handlen, wes inen als getreuen kriegs rethen irem herkommen nach woll ansteet, auch sunst von recht und pillichkeit wegen inen zuthun gepurn will und sie schuldig seind. In welchem allen doch inen als den erfarnen kriegs leuten nit wol entliche maß noch ordnung gegeben werden mage.

Und sollen ferner obgedachte kriegs rethe dz kriegs volck zu roß und fueß, so von des Heiligen Reichs hilff versoldet wirdet, inen treulich lassen bevolchen und darob sein, das gut regiment und sie in gepurlichem gehorsam gegen dem obristen kriegs- und velthern (so sie doch anderst wohin nit als widder obbemelten erbvheindt, den turcken, zuge- /294/ prauchen) helffen erhalten und sonderlich achtung und ufsehens haben, das sie sich den uffgerichten bestallungen und articuls brief gemeß erweisen, alle ungepur an ersteigerung der besoldungen verkommen, die hohe und nidere ampter mit tauglichen personen besetzt, die proviandt ordnung one monopolia und verfortheiliche eigennutzigkeit furgenomen, bestelt, daß kriegs volck damit nit gesteigert oder ubernommen, sonnder dartzu freie und offene märckt mit gutter, tauglicher proviand gehalten und alle gutte ordnung durchauß angestelt und gefurdert werde.

Neben welchem allem diesem christlichen werck, und wie es die algemeine wolfart hochlich erfordert, zu guttem sie, die kriegs rethe, in alle wege nit allein unbeschwert, sonder auch schuldig sein sollen, 8–sich sampt und sonderlich der musterungend, abtzelung und abtzalungen selbst personlich und daran seien–8, damit ein jeder obrister, ritmeister und hauptman sein gepurende antzal volcks volliglich habe unnd aller betrugh, auch neue ubersoldt, wägen- oder roße gutmachung one bewilligung des obristen kriegs- und velthern vermitten pleibe.

Als auch die erfarung numer ein zeit langh /294’/ in kriegs handlungen gegeben, dz alle disciplin, zucht und erbarkeit bei vielen kriegs leuten gantz und zumal erloschen, zu dem auch mancherlei und vielfaltige betrugh in den uber- und andern solden dermassen eingerissen, dardurch der kriegs- oder velther nit allein an der gepurender antzall kriegs volcks, daruff er sich zuverlassen, verfortheilt, dern unhäbig und also schwächer, dan er vermutet, gegen dem vheindt handlen muß, sonder auch das kriegs volck selbst, so uf die ungewisse verwenung [!] der volligen antzal angefurt, mit hön, schimpf und spot vom vheindt ubermannet, schaden empfahet, dz gantz kriegs wesen also one fruchtbarliche außrichtung abgeht, daß gelt desto balter9 verkriegt und vergeblich ausgegeben wurdet, diß christlich und loblich furnemen aber zu rettung aller christen leib und seelen vor dem grausamen tyrannen, dem turcken, dermassen antzustellen, dz pillich ein jeder guthertziger christ sich keinen eygenen nutz anfechte, viel weniger uberwinden lassen, so solte diesem werck furtreglich, nutz und gut sein, daß sie, die kriegs rethe, mit zuthun des obristen kriegs- und velthern zuvor und anfangs dieses kriegs wesens mit allen obristen, ritmeistern, hauptleuten und bevelhabern sondere vertreuliche, gewisse handlung furgenomen hetten, damit /295/ sie alle untzucht, unerbarkeit und ungebuer, dardurch der zorn Gottes zu unheil erweckt, bei dem gemeynen kriegs volck durchauß und soviel immer möglich abschafften, dasselbig kriegs volck zu gepurlicher kriegs disciplin, wie von alters gehalten, weisen theten und sonderlich in dem sich nit verwiddern wolten, das daß kriegs volck jedesmals nach gelegenheit des obristen kriegs- und velthern und ir, der kriegs rethe, es seie im veldt, in zugen, uff der wacht oder wie sich die gelegenheit begeben möchte, gepurlicher weiß gemustert und die pillichkeit zugleich der personenf und soldt halbeng darunder furgenomen werde. Zudem, das sich auch jedes mals, so offt es sich zutragen möchte durch gotliche schickung oder aber des vheindts gewalt und abbruch, dz ire geschwader und venlein geschwecht (daruf sie fur sich selbst und vermittelst der rotmeister gut achtung woll haben konnen), solchs alles inen, den kriegs rethen, eigentlichen vermelden wolten, die antzall bei zeiten widderumb zuergentzen oder sunst dz hilff gelt am nutzlichsten antzuwenden. Doch sollen sie hieruber den obristen, ritmeister oder hauptleuten kein gewalt noch macht geben, sonder alles vleiß verhindern, fur sich selbst an der verstorbenen oder abgangenen stath jemants in die lucken zustecken oder ire fanen und fenlein fur sich selbst zuergentzenn oder zustercken, sonder wan solchs ein notturfft sein wurdet, inen ufferlegen, die ding /295’/ an sie, die kriegs rethe, zugelangen und deren bescheidts daruber zugewarten.

Unnd wofern sie, die kriegs rethe, einichs betrugs innen wurden, den sie fur sich selbst nit abwenden möchten, sollen sie denselbigen an den obristen kriegs- und velthern gelangen, darob und an sein helffen, uf dz solchem begegnet und verkomen werde.

Ferner sollen auch berurte kriegs rethe bei solchen musterungen ire sondere und dan in gemein eynen general musterschreiber uff pilliche besoldung haben, die bei den musterungen seien, daruber ire uffrichtige, und in sonderheit der general musterschreiber ein gegen register mit dem zalmeister zuhalten unnd also zuverfertigen, damit solch gegen register kunfftiglich, da gemeynen Reichs stenden von den zalmeistern rechnungh zuthun, mit furgelegt werden moge.

Und sollen auch sie, die kriegs rethe, als musterhern nach beschehener abtzelung, bei deren sie, als oblaut, selbst zusein, die muster register, wes sich dieselbige jedesmals und uff ein jeden monat in eyner suma belauffen thun, mit eygenen handen underschreiben unnd also den zalmeistern, die betzalung daruff zuthun und in irer rechnung neben gepurlichen quitungen beitzulegen, zustellen.

Auch sollen sie in alle wege solche gepurliche, pilliche einsehens und verfuegung thun, daß deß Heiligen /296/ Reichs stende in gemein und inn sonderheit, von welchenn dan das kriegs volck versoldet, mit musterpletzen, an- und abtziehenh nit beschwerdt werdenn und entlich die abtzugh dahin richtenn, damit sie eintzigen- und nit regiments- oder fenlins weiß einichem Reichs standt zu beschwerung bescheen.

Nachdem dan auch die zalmeister ires ampts und thuns halber von churfursten, fursten und stenden sonderlich instruirt10, so sollen die kriegs rethe, denen solcher der zalmeister instruction copei hiemit zugestelt, in den puncten und articuln, da die zalmeister an sie verwiesen werden, bevorab aber darin rätlichen, behilfflich und befurderlich sein, damit dz gelt, so sie bei den legstetten von monat zu monaten und ferner nit, dan eynes jeden monatsi besoldung zuerheben, jedertzeitt sicherlich zu den legern gebracht, verwarlich gehalten und uff obbemelte von inen, den kriegs rethen, underschriebene muster register außgetheilt und, wie sichs geburt, verrechnet werde.

Beschließlich sollen sie auch, ein jeder insonderheit, den churfursten, fursten und stenden, von welchen ein jeder in gemeiner des Heiligen Reichs stende namen bestelt worden, jedesmals, soviel immer moglich, der notturfft bericht thun, wes im gantzen werck dieses kriegs furgehen wirdet, und sonsten, wie obbemelt, alles daß thun, furnemen und verrichten helffen, was dapffern, verstendigen kriegs rethen in solchem fal getziemetj , 11.

/296’/ 12– –, k–Unnd damit sie, die kriegs rethe, allem, was obgesetzt, desto mit mehrerm vleiß nachsetzen und darumb der gepuer ergetzt werden, so haben wir inen auch ire stadt und underhaltungh bestimpt: Also das eynem jeden kriegs rath alle monat undl jeden monat besunder uff sein leib und person dreihundert gulden von unsern und des Heiligen Reichs pfennings meistern auß des Heiligen Reichs bewilligtem hilff geldt gereicht werden unnd dabeneben auch eynem jeden insonderheit zwolff reisiger pferdt sampt eynem wagen und eynem trosser under den reisigen und vier trabanten, doch jeder hoher nitt dan mit eynem einfachen soldt, under dem fueß volck gemustert und gut gemacht werden sollen.

Zu urkunt haben wir diese unsere instruction versecretirt verfertigen lassen. Actum Regenspurgh, den sechtzehenten Martii anno tausent funffhundert funfftzigh unnd sieben–k, –12.

Anmerkungen

1
  Kurmainz, pag. 785 [Nr. 92].
2
  Kurmainz, pag. 803 f. [Nr. 101].
3
  Kurpfalz, fol. 588’ [Nr. 351].
4
  Kurmainz, pag. 848 [Nr. 107].
5–
 Instruction ... sollen] Fassung A kürzer und leicht abweichend: Instruction uff N. unnd N., wes sie als der churfursten, fursten unnd gemeiner stenndt des Heiligen Reichs zu vorhabendem cristlichem zug gegen gemeiner cristenheit erbfeindt, dem türckhen, verordnete kriegs rethe hanndlen unnd verrichten sollen.
a–
 was ... stend] In D: auf N. unnd N., wes sie als der churfursten, fursten unnd gemeiner stenndt. E wie Textvorlage.
b–
 samentlich ... werdenn] In D Einfügung am Rand. In E im fortlaufenden Text enthalten.
6
 = Söhnen.
7
 Die konkrete Benennung der Kriegsräte war bis zum Ende des RT noch nicht abgeschlossen. Vgl. die Festlegungen im RR am 16. 3. 1557: Kurmainz, pag, 844–848 [Nr. 107].
c–
 reichstag ... dieses] In B Einfügung am Rand. In E im fortlaufenden Text enthalten.
8–
 sich ... seien] Fassung A anders: sich sambt unnd sonderlichen der musterungen zu unnderfahen, also daß sie betzallen [korrekt in B, C: bey allen] unnd jeden musterungen, abtzelung unnd abtzallungen selbs persönlich unnd daran seyen.
d
 musterungen] In D danach gestrichen: zuunderfahen, also das sie bei allen unnd yeden musterungen. [Streichung entspricht Fassung A; vgl. Anm. 8.]
e
 roß] In D, E: troß.
9
 = eher (bald).
f
 personen] In D, E: person.
g
 halben] Korr. nach D und E. Fehlt in der Textvorlage irrtümlich.
h
 abtziehen] In D, E: abzugen.
10
 Vgl. Nr. 482.
i
 jeden monats] In D danach: ein monats. E wie Textvorlage.
j
 getziemet] In D danach gestrichen: Actum Regenspurg ... weniger beladen wolte. [Streichung entspricht Fassung A; vgl. Text in Anm. 11.]
11
 getziemet] In Fassung A folgt: Actum Regenspurg, den [Datum fehlt]. Sodann: Diese Instruktion hat der Ausschuss auf Verbesserung der Reichsstände formuliert. Da dem Ausschuss weiterhin aufgetragen worden ist, zur finanziellen Entschädigung der Kriegsräte zu beraten, ermessen die verordnete, nach dem zu disem hochen werckh eerliche, dappffere unnd der khrieg wol erfarnne, teugliche personen, die dem Heyligen Reich eerlichen unnd wol ansteen unnd disem christlichen vorhaben nutzlichen unnd furtreglichen sein können, zu tziehen unnd zuvermögen, welche one geburende [korr. nach B und C. In der Textvorlage verschrieben: ungebürende], billiche ergetzlicheit sich nit werden bewegen lassen, das [in B, C danach: darumb] dero monatlich stattgelt, uff eines jeden leib zubestymmen, uff 300 fl., unnd inen dieselbigen alle monaten [korr. nach B und C. In der Textvorlage verschrieben: monatlichen] verricht werden möchte, das auch dabeyneben irem jeder 12 reisiger pferdt sambt einem wagen unnd [in B danach: ainem] drosser unnder den reisigen unnd 4 trabanten, doch jeder höcher nit dann mit eim einfachen soldt, unnder dem fueß volgkh gemustert unnd guet gemacht werden solte. Unnd bedennckhen sie, die verordnete, auch fernner, dieweil nach gelegenheit der zeit wol zuvermueten, das die zuegeordnete kriegs räthe nit so eillendt als es wol die notturfft erfordert, bei der kgl. Mt. oder derer söhnen als obristen khriegs- unnd veldherren, die bestallung unnd articls brieff uffrichten zuhelffen, erscheinen mögen, das die kgl. Mt. erinnerungs weiß in unnderthenigkheit antzulanngen, zu anfanng dises kriegs wesens mit uffrichtung solcher bestallung unnd articls brief, diser instruction gemeß, annemung des kriegs volckhs unnd wes der sachen weiter dienstlich, sich allergenedigist und nichts desto weniger beladen wolte.
12–
 Unnd ... sieben] Fehlt in Fassung A. Vgl. dazu Anm. 11.
k–
 Unnd ... sieben] In D Zusatz von anderer Hd. In E im fortlaufenden Text enthalten.
l
 und] In D, E danach: ein.