Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

Nr. 1537 Supplikation von Gff. und Fhh. an Ks. Maximilian

[1.] Bitte um Anhörung ihrer Klagen über den Unterhalt des Reichskammergerichts und den Mißbrauch der geistlichen Gerichtsbarkeit; [2.] Vorschlag zur Klärung von Konflikten um die geistliche Gerichtsbarkeit durch Beauftragte der Reichskreise oder den Reichstag; [3.] Übereinstimmung dieses Vorschlags mit der Reichsregimentsordnung von 1500.

Trier, [16. April – 17. Mai 1512]1

Würzburg, StA, Würzburger RTA 6, fol. 148a u. b, Kop.

Supplication etlicher Gff. und Fhh., uf dem reychstage zu Trier versamelt, an ksl. Mt. ausgangen, betreffend di unterhaltung des camergerichts und das geistlich gericht.

[1.] Allerdurchleuchtigster, großmechtigster Ks., allergnst. H., wir haben etlich merklich beswerung, antreffend di unterhaltung des camergerichts, auch von wegen grosser, beswerlicher mißbräuche der geystlichen gericht halb, und ist an eur ksl. Mt. unser unterteynig biten, eur ksl. Mt. wollen denselben reten alhye bevelch tun, damit wir vor dem besluss alhye durch sye notdurftiglich verhort und von eur ksl. Mt. wegen unsern halbe dorin gehandelt werde. Solchs wollen wir sampt schuldiger gehorsam umb eur ksl. Mt. in aller unterteynigkeit zu vordyenen gefliessen sein und biten gn. antwort.

[2.] Nota, unser gutbedunken were, das von ksl. Mt. der geystlichen gericht halb diser fürschlag geschee, nemlich, so das Reyche sunst in etlich zyrkel geteylt würde, das dan in yedem gezyrk etlich sonder geistlich und weltlich, unparteysch, gleichmessig und vorstendig person verordent würde, dye in solchen irrungen, so sich geystlicher gericht halb begebe, gütlich handelten. Und woe sye dye parteyen in der güte nit endlich entscheyden konten, das alsdan solcher irtum yedesmales, so ksl. Mt. und die stende ir vorsamlung hetten, solch irrung und beswerung fur ir Mt. und di stende pracht und doselbst nach zymlichkeyt endlich entscheyden würde.

[3.] Item obgemelter fürschlag wer der ordnung, zu Augsburg deshalb gemacht, gemess, wan nachdem aldo solch irrung uf das regiment, doselbst verordent, gestellt gewest ist2 und nuhemales an solchs regiments stat ksl. Mt. und die stende, als wir uns vorsehen, ye zu zeyten zusamenkomen und des Reychs notdurft handeln werden, so würde berürte irrung durch dieselben am füglichsten entscheyden. Und mocht solchen fürschlag ksl. Mt. unsers bedünkens mit ganzen guten fügen als aus irer Mt. selbs bedenken tun.

Nr. 1538 Supplikation der Verordneten von Gff. und Fhh. an Ks. Maximilian

[1.] Belastung der Untertanen von Gff. und Fhh. durch mißbräuchlichen Einsatz der geistlichen Gerichtsbarkeit; [2.] Auftrag der Augsburger Regimentsordnung von 1500 an das Reichsregiment zur Klärung entsprechender Konflikte; [3.] Infolge Außerkraftsetzung der Regimentsordnung Bitte an den Ks. um Auftrag an das Reichskammergericht oder die Reichskreise, sich um die Mißbräuche im Zusammenhang mit den geistlichen Gerichten zu kümmern.

[Köln, Mitte Juli – Mitte September 1512]

Meiningen, StA, GHA, Sektion II Nr. 11, fol. 5a-8a, korr. Kop.

[1.] Allerdurch[leuch]tigster, großmechtigster Ks., allergnst. H., nachdem euer ksl. Mt. mit den stenden des hl. Reichs itzo alhie in loblicher, trefflicher, emsiger handlung steen, guter ordenung, friden und recht im hl. Reich zu bessern, erhalten und handhaben, und wir von etlicher Gff. und Fhh. wegen alhie verordent, darumb uns, derselbigen notturft zu bedenken und anzubringen, gepuret, so wir dan wissen, das vil[er] Gff. und Fhh. im hl. Reich unte[r]tanen durch merkliche mißbrauchung der geistlichen gericht wider Got und recht ganz erbermtlich und fast beswerlich verletzt, beschedigt und verderbt werden aund ye zu zeiten domit zu abruch und schmelerung euer Mt. oberkeit, weltlichen gerichtperkeit und freyheit gehandelt wirt, auch soliche mißbreuche und beschwerung in so vilfeltiger, unzeliger und mancherley weis gescheen, das fast lang davon zu schreiben und zu sagen were, darumb wir solchs hirinen umb weniger belestigung willen euer ksl. Mt. vermeyden.

[2.] Diweil aber–a auf dem reichstag zu Augsberg, der vor dem jüngsten reichstag doselbst gehalten worden, neben aufrichtung anderer ordenung deshalben ein sünderer artikel gesatzt ist, welicher artikel unter der zehenden rubriken noch der cammergerichtsordenung, domals zu Augsburg gemacht, funden wirt, von worten zu worten also lautend: „Nachdem auch hievor zu gehalten reichstagen von etlichen weltlichen stenden der geistlichen gericht halben ordenung gescheen ist, sollen sich die geistlichen und weltlichen, so des mit- oder gegeneinander vermainen zu tun haben, untersteen, mitainander gütlich zu vertragen. Mochten sie sich aber gütlich nicht ainigen, so soll unser verordent reichsregiment auf einichs teyl clag oder anrufen noch zimlickait zu handen furnemen.“,1 us obgemeltem artikel euer ksl. Mt. wol zu ermessen haben, das nit allein Gff. und Fhh., sunder auch on zweifel ander stende mere vormals oft von mißbrauchung wegen der geistlichen gericht beswerung getragen und onpracht haben. Darumb, ob angezeigter artikel zu Augsberg nit on nötig ursach darauf gesatzt worden ist, wo sich die geistlichen und weltlichen solicher geistlichen gericht halben irten und gütlich nit vertragen konnten, das dan das furgenomen regiment, so dona[c]h durch euer Mt. und die stende verordent warde, auf einichs teyls clag oder anrufen nach zimlickait darinnen handeln solten.

[3.] Diweil aber soliche ordenu[n]g des gedachten regiments, darauf gemelter entschid der geistlichen gericht halb, als obstet, gestelt gewest, seinthere gefallen und nit mere in gebrauch und doch itzo nichts weniger dan vormals darinnen zimlichs entschids grosse not ist und wirt und teglich zu schulden kumet, auch an vil orten grosser, merklicher irtumb daraus volget und durch die mechtigen weltlichen stende mit solicher clag darumb geruet werden mag, das sie sich vor beswernus solicher mißbrauchten geistlichen gericht selbst hanthaben konnen und doch Gff. und Fhh. an solicher beswernus merklich und gros gelegen ist, domit dan Gff. und Fhh. untertan nit also unschuldiglichen beschedigt, beschwert und verderbt und Gff. und Fhh. euer ksl. Mt. neben andern stenden dester statlicher gedienen mogen und sunsten vielfeltig schedliche irrung, so daraus volgen, verkomen werden mogen und darinnen kein billiger hilf dan allein bey euer ksl. Mt. als unserm rechten und allergnst. H. zu suchen wissen, so ist unser untertenig bitt, euer ksl. Mt. wol darinnen als der brun der gerechtigkait gn. versehung tun und deshalben neben andern ordenungen, so alhie aufgericht und beschlossen werden, euer ksl. Mt. cammergericht bevelhe tun oder aber in den gezirken des hl. Reichs etlich sundere gleichmessige geistliche und weltliche person verorden, die gemelte irrung gegenwertiglich und zukünftig, so oft des not ist und wirt, zimlich und entlich entscheiden mogen. Wan sovil an den geistlichen gerichten derselben rechten aygenschaft und ordenu[n]g gemes gehandelt, were unser wil oder meynung nit, das demselben eynicherley verhinderung oder minderung gescheen solte, sonder allein, das die obgemelten schedlichen, beswerlichen und verdürblichen mißbreuche an den geistlichen gerichten verkomen werden mochten, ungezweifelter hoffnung, euer Mt. werden sich darinnen als allergnst. und gerechtester Ks. genediglich erweisen. Das wollen wir mitsampt andern Gff. und Fhh., die solichs auch berürt, in aller untertenigkait und schuldiger gehorsam umb euer ksl. Mt. zu verdienen geflissen sein. Euer ksl. Mt. untertenige gehorsame, so von wegen etlicher ander Gff. und Fhh. alhie zu andern stenden des Reichs verordent sind.

Anmerkungen

1086
 Abschnitt IV.10. enthält nur diejenigen im Kontext des Reichstags 1512 entstandenen Supplikationen, die sich keinem der anderen thematischen Abschnitte zuordnen ließen. Die dort publizierten Supplikationen sind zu finden unter Nr. 1026, 1033, 1099, 1256, 1261 [5.], [12.], [15.]-[18.], [33.], [43.], [48.], [57.], 1289, 1295, 1374, 1414, 1418, 1447, 1496-1498, 1500, 1541-1543, 1545, 1558, 1774 Anm. 1.
1
 Terminus post quem dürfte der Beginn der Reichstagsverhandlungen am 16. April, terminus ante quem die Abreise des Ks. aus Trier am 17. Mai sein.
2
 Abschied des Reichstags 1500. Druck: Schmauss/Senckenberg, Sammlung, S. 80f. Art. XXXI.
a
–a Korrigiert aus: auch darinnen kein hilf, dan allein bey euer ksl. Mt. als unserm rechten und allergnst. H. wissen. Dieweil dan auch.
1
 Abschied des Reichstags 1500. Druck: Schmauss/Senckenberg, Sammlung, S. 80f. Art. XXXI.