Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Wunsch der Hgg. nach Belehnung mit den Landen Hg. Wilhelms von Jülich-Berg anstelle handgreiflicher Durchsetzung ihrer Rechtsansprüche; [2.] Verschiebung der Angelegenheit durch den Ks. auf den Trierer Reichstag, Erneuerung des Belehnungswunsches; [3.] Zustimmung zu einer gütlichen Entscheidung der Jülicher Streitsache durch Ks. und Reichsstände; [4.] Bitte an die Stände um Unterstützung ihres Anliegens beim Ks.; [5.] Auftrag an die Gesandten zur Gewinnung der Hilfe der ksl. Räte und anderer; [6.] Einreichung eines förmlichen Protests bei allzu langem Hinauszögern der Entscheidung.

ohne Ort, [28. Juni 1512]1

Kop.: A) Dresden, HStA, GR, Loc. 8800/1, fol. 149a-152b (mit einzelnen Ergänzungen; Beilage zu Nr. 1610); B) Weimar, HStA, EGA, Reg. C Nr. 902, fol. 33a-35b.

Spätere Kop.: C) Duisburg, LandesA, Kleve-Mark Akten Nr. 66, fol. 13a-16a; D) Berlin, GStAPrK, I. HA, Repos. 35 B 7, Nr. 3.

aInstruction, wie unser rete, so ytzo auf dem reichstage zu Trier sein, in der gülchischen sachen an die stend des Reichs werben sollen.

[1.] Erstlich zimlich erbieten zu tun, folgend dise meynung zu reden: Nachdem–a offenbar und on zweivel allen ytzigen des Reichs versamlung unverborgen, das aus vorfarender und ytziger ksl. Mt. gn. bbegnadung und gabe des hochgebornen F., unsers lb. oheimen und swagers, H. Wilhelms, weylend Hg. zu Gülch und Berge etc. seligen, seine gelassen Ft. und lande nach seinem–b todlichen abgang rechtlicher und ordentlicher weyse an uns gefallen sein, daran sich auch cunsers wissens–c nyemands anders wissentlicher gerechtigkait bis an dise zeit hab anmaßen mogen. So aber doch der hochgeborne F., H. Johann der junger, Hg. zu Cleve etc., angezeigte Ft. und land unordentlicher, eylender weyse tetlich eingenomen, het uns wol zugestanden, mit gegentat unser gerechtigkait zu erhalten. Aber in besorg, das ksl. Mt. die zeit geinwertigen krigsobligen solchsd beswerung geberen mocht, auch in neygung, unser sache mit der gutesten weys auszufüren, sein wir e ksl. Mt. zu undertenikeit in gedult getreten, ire Mt. unser gerechtigkait unterteniglich–e erinnert, des widertails unbillich furnemen vermeldt, bittende, uns mit gedachtem Ft. und landen nach bescheenem fal gnediglich zu belehnen und der in gewehrf zu vorhelfen.

[2.] Obwol ksl. Mt. aus bewegnus unser gerechtigkait uns gn. antwort geben, gso ist doch dazumal der reichstag, der zu Augspurg solt gehalten worden sein und ytzo zu Trier gehalten werd, furgewest. Darzu ksl. Mt., wie ire Mt. uns hat berichten lassen, auch–g vom widerteyl mit berumung guter gerechtigkaith ersucht und gebeten were, in berurter unser bete nit zu willigen. iDerhalb yre Mt. uns dazumal nit entlich antwurt geben, sonder uns gnediglich angezeigt, wiewol ire Mt. auf irer Mt. lb. H. und vaters [Ks. Friedrich III.] begnadung und yrer Mt. bestetung und verneuung, unser bit stat zu geben, gnediglich geneigt were und aber die fürsorg trüge, wu ire Mt. uns solch Ft., land und leut diselb zeyt verleyhen solt, das merklich krig, aufrur und emporung daraus erwachsen mochte, das irer Mt. und dem hl. Reich an yrer Mt. furnemen zurütung brengen würde. Demnach aus denselben beweglichen ursachen yre Mt. solche sache bis auf den itzigen reichstag aufgeschoben, dergestalt, alsdann mitsambt den stenden des Reichs darynnen zu handeln, was sich gebürt etc.–i Des wir ksl. Mt. zu undertenigkait bisher benugig gewest. Und so wir aus merklichen ursachen, ksl. Mt. bekant, ytzigen reichstag personlich nit haben besuchen mogen und unser rete an unser stadt darzu gefertigt, sey ksl. Mt. abermals vorgemelts erbietens durch dieselben unser rete erinnert, mit undertenigster bit, uns mit gn. belehnung und anderm zu unser gerechtigkait gebürliche und gn. hilf zu laisten, erbietende, ob der widertail oder ymands anders unser gerechtigkait anfechten wolt, derwegen auf bedertail furbrengen seiner ksl. Mt. und jder stend des Reichs–j erkenntnus zu gewarten. Welch unser erbieten, das auch unsers verhoffens nicht wol gleicher und zimlicher sein mocht, ksl. Mt. in gnaden angenomen.

[3.] Und, als wir bericht k, hat yre Mt. etlich artikel in diser sachen stellen und der versamlung der stend des Reichs ytzo zu Trier furhalten lassen und an sie begert, das sye yrer Mt. yren ratslag darauf anzeigen sollten [Nr. 1159], als dann die stend getan und zu der zettel geraten und ine die wol gefallen lassen [Nr. 1161]. Dieselb zettel ist auch folgend den clevischen und unsern gesandten reten uberantwurt, mit begere, das die rete uns solch handlung und furnemen eylends verkundigen und unsern willen und gemüt darauf schriftlich begern solten l, wie dann die zettel, so unsern reten von ksl. Mt. uberantwort und uns von ine zugeschickt, solchs vermeldet–l. Und was ine von uns zu antwurt begegent, das solten sie ksl. Mt. hofcanzler, H. Ciprian von Seretin, anzeygen. Und ob uns wol umb unser offentliche, wolergründte gerechtigkait gegen des widertails gewaldige ubung, des gerechtigkait, wiewol er sich der berümbt hat, kein schein unsers wissens an tag komen, mgutlich handlung zu gedulden, nit wenig beswerlich ist,–m so haben wir euch doch darauf unser meynung und gemüt zu erkennen geben und dergestalt, das wir ksl. Mt. furhalten nach gutlich handlung gewilligt und weyter, so yrer Mt. die güte entstünde, das alsdann ire Mt. sambt den stenden zum furderlichsten auf itzigen reichstage zu Trier erkenntnus tue, domit wir an lengern verzug zu dem, das unsern eltern seliger gedechtnus und uns von Ks. Friderich hochloblicher gedechtnus und ytziger ksl. Mt. zu einer gabe gnediglich verschriben, confirmirt, bestet und verneut ist, komen mogen, wie dann unser rete dieselb unser antwurt wissen, die sie auch auf ksl. Mt. begern unsers versehens dem Sereteiner uberantwurt haben.

[4.] Weyl dann ksl. Mt. von dem von Cleve nit hat erlangen mogen, yrer Mt. seiner vermeynten gerechtigkait copien furzulegen, auch auf obberurten ksl. Mt. furslag nit antwurt geben, wie ksl. Mt. solchs an unser rete geschriben und die stende ksl. Mt. zu solchem furslag geraten und ine den haben gefallen lassen, sey darauf an sye unser gar freuntlich und gutlich begern und gn. gesynnen, sie, die stende, wolten in ansehung des alles und des widerteils ungegründt furnemen und mutwillige ausflucht, die uns zu beswerung und nachtail furgenomen werden, uns gegen ksl. Mt. gnediglich verbitten und aus craft vilberurter unser angefalner gerechtigkait mit des von Gülch gelassen Ft. und lands gnediglich belehenen und zu der gewehr beholfen sein wolt oder nachmals auf ytzigen reichstage sambt den stenden die sache durch gütlich handlung oder erkentnus, wie wir dann gewilligt, entscheiden und domit nit lenger aufhalten noch verziehen in ansehung unsers langen geduldens. Ob aber ksl. Mt. des, wie berürt, beswert sein würd, als wir uns ye nit versehen, alsdann nicht misfallen tragen, das wir mit Gots, des almechtigen, unser Hh. und freunde hilf, sovil moglich understunden, unser gerechtigkait selbs einzubrengen. Und das sich gemeine versamblung der stende in dem freuntlichs und geneigts willens gegen uns wolten erzeygen, mit erbietung, das wir solchs freuntlich verdienen, in gutem vergleichen und in gnaden bedenken wolten.–k

[5.] nEs sollen auch unsere rete o, ob ksl. Mt. persondlich nit zu Trier were, bey irer Mt. reten,–o bey unsern freunden und derselben potschaften, auch andern, bey welchen sie es ersprißlich irmessen, in sunderheit vleissigen, in diser sach wilfarung zu erlangen, und wu ksl. Mt. nicht kegenwertig und gemeine versamblung, unser bete an ksl. Mt. zu tragen, werden bewilligen, alsdann vleissigen, das sulchs zum furderlichsten geschee.

[6.] Werde auch furfallen, das ksl. Mt. gutlich handlung vornemen, die bis zu ende des reichstags verzihen und darnach die sach vorzüglich anhengen wolde, alsdann sollen die ret ksl. Mt. und des Reichs versamblung vleissig von unsern wegen davor bitten und anhalden, die lehen ader entlich irkenntnus, wie vorberürt, zu bekomen. Und ab sulchs auch nicht volgen mocht, alsdan sollen die ret vor ksl. Mt. und des Reichs versamlung an unser stadt von unserm uberflüssigen irbitten, gehabten gedult und des widerteils unbillikait protestiren, des vertrauens, ob wir werden wege suchen, unser gerechtigkait zu bekomen, es werde seiner Mt. und des Reichs versamlung nicht entkegen sein, und solch handlung diser sachen somit abschneiden, es werde dann etzwas furgewandt, davon die ret weiter zu handeln fügsam werden irmessen. Das sollen sie uns furderlich zu erkennen geben und ferner unsers bevelhs daruf gewarten.–n

Anmerkungen

1
 Diese Datierung ergibt sich aus Nr. 1610.
a
–a B Instruction der werbung, an yetzige des Reichs versamblung zu tragen. Nach zimlicher erbietung ist zu sagen.
b
–b B belehnung die land Gulch und Berge sambt irem anhang nach des hochgebornen F., unsers lb. schwagern, H. Wilhelms, etwan Hg. zu Gulch und Berge.
c
–c B fehlt.
d
 B unser beginnen etwas.
e
–e B fehlt.
f
 B folgt: gnediglich.
g
–g B aber kurz darnach sein Mt.
h
 B folgt: die doch seiner Mt. furzulegen bis an diese zeit gewegert.
i
–i B Haben sein Mt. auf anderweyt unser schriftlich und personlich deshalben vorgewante bit sich gnediglich erboten, auf yetzigem reichstag unser gerechtigkeit unverzüglich in gebürlich entschaft zu füren.
j
–j B des Reichs versamblung.
k
–k B entpfangen, dieselbig unser sach in gemeiner des Reichs versamlung ratschlag gestelt. Nachvolgend sey unsern reten furgehalten, das sein Mt. aus gn., guter betrachtung, zwischen uns und dem widerteyl gütlich zu handeln, bedacht, begerende, seiner Mt. handlung zu vergonnen. Ob uns wol umb unser offentliche, wolergrunte gerechtigkeit, gegen des widerteyls gewaltige ubung, des gerechtigkeit auch kein scheyn an tag komen, gütlich handlung zu gedulden, nicht wenig beschwerlich ist, sey doch aus undertenigem willen ksl. Mt. vor etlichen wochen von unsern wegen untertenige, wilfarige antwurt gegeben und handels zu gewarten an uns kein mangel gewest. Das aber der widerteyl ksl. Mt. mit antwurt verlassen, sey aus seiner Mt. schrift, so deshalben sein Mt. unsern reten getan, zu ermessen und wol abzunemen, das dis verzugs ksl. Mt. kein ursach beyzumessen, sonder des widerteyls anschlag sey, mit verlengerung unser gerechtigkeit zu dempfen und sein geübt unrecht damit in weyter craft zu füren. Ob uns solchs zu gedulden, moge gemeine samblung leichtlich bedenken. So dann an zweivel vilgemelter loblichen samblung nicht pliebe, yemand seins rechten zu verkürzen, unser erbietung und gehabte gedult nicht allein genugsam funden, auch uberflüssig billich geacht wirt, sey unser gar freuntlich, gutlich begerung und gn. gesynnen, vilgenannte stende wollen uns gegen ksl. Mt. verbitten, sein Mt. wolle in betrachtung des widerteyls ungegründten furnemen und mutwilliger ausflucht vilberürte unser angefallene gerechtigkeit uns gnediglich leyhen und der in gewehr verhelfen, ob auch sein Mt. des beschwert, nicht mißfallen tragen, das wir mit unser Hh. und freund hilf unser gerechtigkeit selber einbringen. Und ob ksl. Mt. sambt loblicher des Reichs versamlung vor zimlich werden achten, diese ding nach genugsamer verhorung durch erkenntnus zu entscheiden, soferne solchs an lengern aufzug auf yetzigem reichstag durch ksl. Mt. und des Reichs versamblung geschiet, solle unsern halben, des zu gewarten, auch kein mangel erscheinen. Und das sich gemeine versamblung in dem freuntlich und geneigts willens wollen erzeigen, mit erbietung, solchs freuntlich zu verdienen, in gutem zu vergleichen und in gnaden zu bedenken.
l
–l A am Rand von anderer Hand hinzugefügt.
m
–m A am Rand von anderer Hand hinzugefügt.
n
–n C, D fehlt.
o
–o B fehlt.