Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Behandlung zweier Vollmachten für die sächsischen Gesandten sowie einer Erklärung Hg. Heinrichs von Sachsen zum Erfurter Streitfall; [2.] Übersendung verschiedener im Rechtsverfahren zum Erfurter Streitfall eingereichter Aktenstücke; [3.] Verschiebung der Anfrage des Ks. zur Primogeniturordnung Hg. Albrechts von Bayern auf den kommenden Reichstag; [4.] Stellungnahme Weißenbachs zur Supplikation Gf. Wilhelms von Henneberg-Schleusingen an den Ks.; [5.] Bitte der sächsischen Gesandten an die Stände um Unterstützung ihres Bemühens um die Belehnung mit Jülich-Berg, Mutmaßungen über eine Verschiebung der Belehnungsfrage auf den nächsten Reichstag; [6.] Plan des Ks. zur Vertagung des Erfurter Streitfalls auf den kommenden Reichstag; [7.] Übersendung eines ksl. Schreibens; [8.] Hohe Sterblichkeit in Köln, Erkrankung Zyprians von Serntein; [9.] Sorge um den erkrankten Dr. Lupfdich; [10.] Geldbedarf; [11.] Baldige Abreise der Vertreter des hessischen Regiments; [12.] Hoffnung Weißenbachs auf baldige Heimkehr; [13.] Seine Werbung beim Ks.; [14.] Dessen Antwort in Sachen Erfurter Streitfall, Reichshilfe, Jülicher Erbstreit und hessische Angelegenheit; [15.] Seine Erwiderung.

Köln, 8. September 1512

Weimar, HStA, EGA, Reg. E Nr. 58, fol. 173-178, Orig. Pap. m. S. (Vermerk: Zu eigen handen).

[1.] Gnst. und gn., lb. Hh., des von Meinz, auch der von Erfort anwalden haben unser folmacht [Nr. 1121], di wir under euer kftl. Gn. und Hg. Iorgen insigel eingele[g]t, an dreien orten angefochten. Es haben di porger, so aus Erfort getriben, uns ein folmacht [liegt nicht vor] zugeschigkt, si zu excusiren. Di nicht genogsam gewest ist, auch von inen angefochten. Haben wir si nicht contemaces wollen erkenen lassen. So haben H. Zesar [Pflug] und ich caucionem ton mossen, das wir zu den forgewenten exceptionen, di man lautes zugeschigkter instruxcion [Nr. 1603] forgewent, in zweien monet geno[g]sam folmacht wollen dozuschigken. Hg. Heinrich hat ein prif [liegt nicht vor] hergeschriben, den mir, gnst. H., euer ftl. Gn. geschigkt. Hab ich den stenden, do si in fersamlong gewest, geantwort. Dorinen sich sein ftl. Gn. entscholdiget, das er domit nichtes zu ton. Danoch hat in der part auch richtlich beklagt. Haben si mir seiner ftl. Gn. prif wider mossen geben. Den haben wir gerichtlich eingele[g]t. Danoch hat sich der kegenteil nicht wollen domit besetigen lassen. Ist auf montag [nach] der entheu[p]tung St. Iohans [30.8.12] auf oben angezeigtes ein ortel ergangen, das di folmacht diser zeit genogsam. Wir solten auch vor di ausgetriben porger caucion, wi oben stet, zugelassen werden und Hg. Heinrich, diweil er der sachen nichtes also getan [vgl. Nr. 1110 [37.]]. Dorauf die part ein copia unsers forpringens genomen und gepeten, inen des andern tags um zwei or noch mitag zuerkenen, ir notdorft kegen unsern vermeinten excepcion auch forzupringen. Ist in zuerkant.

[2.] Schik euer ftl. Gn. hirmit ein auszog aller irer klag [Nr. 1109], dorauf unser excepcio, ir replica, unser duplica [vgl. Nr. 1110 [39.], [40.]]. Auf dinstag, den abent unser lb. Frauentag letzer [7.9.12], haben si ir triplica [vgl. Nr. 1110 [40.]], copia des abschides zu Augsporg [Nr. 158], copia eines abschides zu Geilhausen [vgl. Nr. 1076 [3.]], dofon wir kein wissen haben, auch ein vermeinte sospensio under des Ks. anhangenden sigel [Nr. 1079] eingeleget. Darauf wir untz auf donerstag darnoch [9.9.12] zeit gepeten und di zuerkant, unser quadruplica [vgl. Nr. 1110 [40.]] einzupringen. Des ich euer kftl. Gn. allenthalb ein copia mitschigk. Doraus euer kftl. und ftl. Gn. haben zu fernemen, wi di sach itzund stet. Ich fermut mich, es werd nichtes mer besonders von peiden teilen, dorauf zu gronden sei, einpracht werden. Wil man uns urteil geben und reicht spreichen, so hoffen wir, wollen ein gut orteil haben.

[3.] Was der Ks. in der peierischen sach in reichsrat gelegt, haben euer ftl. Gn. aus ingelegeter copia [Nr. 1581] zu fernemen. Das hat man auf den konftigen reichstag aufgeschoben. Wol aber der Ks. sampt den nestverbanten fronden mitler zeit gutlich dorinen handelen, lassen inen di stend auch wol gefallen.

[4.] Was Gf. Wilhe[l]m von Henberg an den Ks. hat suplicirt, ist mir dorch den Serentiner behendiget, dorauf underricht zu ton. Was ich dorauf wider getan, finden euer ftl. Gn. aus eingelegeter copia [liegt nicht vor] zu fernemen. So hab ich solchs auch selbes dem Ks. angetragen.

[5.] Der Ks. hat in reichsrat gelegt di golchisch sach, doneben anzeigen lassen, er werd von peiden teilen, als Sachsen und Klef, umb di belenung angesucht. So hetten ihen sein reit geraten, iden teil zu seiner gereichtikeit zu belen[en], und dorauf der stend rat auch gesucht. Dorauf wir, euer aller, der Ff. von Sachsen, reit, den stenden vermelt, das solchs euer kftl. und ftl. Gn. gar nicht leidlich, dan Klef het sich der land an allen bestendigen fug und gront underwonden und hett es also noch in der possesio. Solt er dozu len auch uberkomen, des man uber euer ftl. Gn. gerechtikeit zu leien kein fug hett, wer euer Gn. gar unleidlich. Euer ftl. Gn. hetten ir gerechtikeit nicht allein mit worten, sonder di auch wirklich forzulegen erpoten. Euer ftl. Gn. hetten auch ksl. und des Reichs forschlag gewilliget, das in der gut aber [= oder] dorch ein eirlichen spruch mit Klef dorch den Ks. und das Reich entscheiden zu werden gewilliget. Klef rompt sich allein in worten seiner fermeinten gereichtikeit, wolt di nicht forlegen noch domit beweisen. Er hett auch auf des Ks. fleissig ansuchen weder di gut noch erkentnis untz auf disen tag wollen willigen. Dorumb wir noch pitten, di stend wolten euer ftl. Gn. an den Ks. ferpitten, euer ftl. Gn. mit angezeigeten landen zu belen. Ich fersich mich, es werd dohin komen, das man peide teil mit ir ides gereichtikeit auf schirstkomenden reichstag vor den Ks. und die sten[d] bescheiden werd, doselbest den handel auszuuben.

[6.] Gf. Sigmont vom Hag und H. Ernst von Welda haben mit mir gerett, das der Ks. inen befolen, uns seichischen reiten zu sagen, ir Mt. meinung wer, das man in dem handel, Meinz und die porger zu Erfurt eins teils, euer aller ftl. Gn. und di porger aus Erfort anders teils belangend, solt hi in reichtlicher ubung sten, untz sich der reichstag endet. Und alsdan solt der handel untz auf den konftigen reichstag geschoben werden, und das in mitler zeit nimandes nichtes kegen dem andern in ungutem aber mit der tat solt fornimen. So gedecht auch ir Mt., dozwissen dorch ir treflich commissarien in der gut handeln zu lassen, ob di sach mocht fertragen werden. Si haltens dofor, es wer genog, das si solchs mit mir retten. Dorauf ich ein hindergang an die andern reit genomen, di der sachen mit ferwant. Haben wir alle zugleich den peiden dise antwort geben, wir hetten kein gewalt, solchs, wi si mit uns geret, anzunemen aber zu ferwilligen. Ich fermut mich, si werden uns mit dem orteil aufhalten, domit si doch den handel untz auf den konftigen reichstag schiben.

[7.] Ich schigk euer ftl. Gn. ein prif vom Ks. [liegt nicht vor]. Di Hessen haben auch ein solchen, doraus ich des inhaltes auch achten kan. An das het ich in nicht angenomen. Etzlich prif von Gf. Hoyer [von Mansfeld], etzlich von H. Ebert [= wohl Eberhard Senft].

[8.] Es stirbt fast ser und sonderlich umb des Ks. hof. Das nest haus pei dem Serentiner ist gar ausgestorben, und er ist schir 14 tag auch krank gelegen, doch nicht an der plag.a

[9.] Dr. Lupfting ist, als ich nicht anders merk, from, verstendig, gelart und fleissig. Er ist aber der krenkest mensch noch in dreien tagen gewest, den ich kaum gesehen hab. Es hat sich mit ihem gepessert, aber ich hab sorg, er werd der natur ir pflicht nicht lang konen ferhalten. Got fug es zu seinem pesten.

[10.] Ich han euer kftl. Gn. geschriben, das ich noch wol 200 fl. bedorfent. Ich hab di Hessen angesprochen, di haben kein gelt, wollens erst noch porgen. Das hett ein klein priflein an der Fogker faktor alhi wol ferkomen, wi ich euer ftl. Gn. hiforn geschriben.

[11.] Di Hessen werden di wochen wegzihen, zwissen dem Bf. von Koln und dem [Gf. Philipp] von Waldek zu tagleisten, wi euer kftl. Gn. wissen tregt.

[12.] Wer di genad von Got het, das er seiner gros obligen hendel am ksl. hof nichtes zu ton het, ob er ein zimlichen nochteil dorumb lid, das solt zu ferklagen sein. Ich hof, ab Got wil, korzlich pei euer kftl. und ftl. Gn. zu sein, wiwol uns geporn wil, unsern weg mit forsichtikeit zu nemen.

[13.] Gestern [7.9.12] um acht or vor mittag hab ich euer kftl. Gn. befel noch auf di kredenz an Ks. geworben, dopei gewest Gf. Hoier, der Serentiner, meister Hans Rener, und hof, es sey mit allem fleis geschen und dorinen lautes euer kftl. Gn. willen nichtes nochpliben.

[14.] Heut, dato [8.9.12], umb 6 or noch mittag hat mir der Ks. dorch den Serentiner und meister Hansen Rener antwort geben lassen, wi hirnoch folget. Dorauf ich im wider geantwort, auch wi hirnoch folget:

In der erfordischen sach wer ir Mt. willen, das man hi in reichtlicher ubung fortfor, untz sich der reichstag ent. Dornoch solt es auf den konftigen reichstag forder zu rechtfertigen komen aber an das kamergericht geweist werden, welchs der eins ich williget.

Das ich euer kftl. Gn. halben het dem Ks. angezeigt des Reichs holf belangent, helt ir Mt. dofor, das euer kftl. Gn. unmütig aber [= oder] zornig gewest zu der zeit, do euer ftl. Gn. mir disen befel geben. Ir Mt. versech sich, euer kftl. Gn. werden sich hirinen der pillikeit wol wissen zu halten.

Golch belangend het der Ks. den handel an reichsstend gelangen lassen, von inen ir wolmeinung und rat noch nicht entpfangen. Sopald er den entpfing, wolt er uns auch mit antwort derhalben nicht aufhalten.

In der Hessen handel, den wolt er itzt zu einem end pringen, wiwol etzlich von stenden fast [= sehr] gern faul holtz eingelegt, wi ich euer ftl. Gn. meiner zukonft vermelden wil. Doch hab ich an zweifel ganz hofnung, es sol ein bequemlich end erlangen, wiwols fil leut gern nicht gut sehen.

[15.] In der erfordischen sachen hab ich geantwort, ich het gar kein befel, weder auf den reichstag aber an das kamergericht icht in anhengung des reichtes zu willigen. Es wer auch euer ftl. Gn. gar nicht leidlich, dan di von Erfort hetten des Ks. und der stend des hl. Reichs abschid, so zu Ausporg ausgangen, dem rebellestirt und ungehorsam gelebt. Dorauf der Ks. als der reicht H. kegen dem, der ungehorsam geubet, und in einseung, so derhalben kegen euer ftl. Gn. und den ausgetriben porger wider den abschit beschwerlichen und streflichen forgenomen, den in Erfort dorch mandat gepoten, dem abschid nochzugeleben [Nr. 172, 174]. Das von den in Erfort abermals voracht. Dorauf ir Mt. si, di von Erfort, citirt auf ein tag, zu sehen und horen, wi si derwegen in di acht erkant und declarirt werden solten. Folgent het ir Mt. euer kftl. Gn. di acht geben, diweil das so offenwar und notorium, das di in Erfort dem abschiet und dem ksl. Mt. mandat nicht gelebt, und hel als di son am tag, den si hetten Heinrich Keller gehangen,1 den si und andre gefangen zu ir Mt. handen hetten stellen und ledigung hetten geben sollen, sampt andern artikeln des abschides und mandaten, den si nicht gelebt. Dorum si der Ks., wi auch pillich, in di acht getan. Derwegen euer ftl. Gn. kegen den erklerten eichtern pillich alles reichten ferstonden, untz so lang si dem folg und genog teten, dorumb si in di acht komen. Si haben aber von Ks. meinung nicht wollen absten. Dorauf ich gesagt, wist derselbigen keins zu willigen, genzlicher verhoffnung, euer ftl. Gn. wern solchs in keinem reichten zu ton nicht scholdig, wi wir dan solchs hi zu reicht, dorein euer ftl. Gn. uber oben angezeigete handlong gedrongen, zu reicht genogsam forpracht. Wolt man uns das reicht, diweil es euer ftl. Gn. nicht vertragen werden wolten, ergen lassen, so hett ich kein zweifel, es solt erkant werden, das euer kftl. und ftl. Gn. derwegen vor dem Ks., auch den stenden des Reichs und als wol vor dem kamergericht zu reicht zu sten nicht scholdig.

Di holf belangend wer euer kftl. Gn. des hochen verstandes und euer Gn. wist, das euer ftl. Gn. mit ksl. Mt. als irem reichten H. kein unwillen aber zorn forwenden solt. Was ich derhalben hett angezeigt, das wer euer kftl. Gn. notdorft, di ich auch dorch anzeigende orsachen genogsam fermelt, diweil euer kftl. Gn. undertan der beschwerung, wi dorch mich dem Ks. vermelt, nicht entladen, so werden si der holf nicht vermogen. Solt euer kftl. Gn. das zusagen und solt dornoch dorch solch obligen und unfermogen nicht folgen, des geprauchs het sich euer kftl. Gn. nicht gehalten, so mocht es pei ir Mt., so er sich dorauf ferlassen, euer kftl. Gn. zu ungenaden reichen. Dozu euer ftl. Gn. nicht gern ursach geb.

In der iolchischen sach wer euer kftl. und ftl. Gn. gar nicht leidlich, das man Klef gleich als euer ftl. Gn. zu des gereichtikeit belen solt, dan Klef het an reichtliche fug und pillikeit di land Goilch und Perg eingenomen, di euer aller ftl. Gn. dorch abgang Hg. Wilhelms von Iolch zugefallen dorch orsach, ksl. Mt. wissent, di euer ftl. Gn. an scheu albeg erpotig gewest forzulegen. So hetten euer ftl. Gn. des Ks., auch der sten[d] forschlag in di gut aber in schleunig erkentnis gewilliget. Klef romt sich allein mit worten, gereichtikeit zu haben, erpot sich keine forzulegen, wolt auch weder di gut noch erkentnis, wi oben stet, nicht willigen. Doraus pei einem idem verstendigen liderlich zu ermessen, ob man einen pillich wie euer ftl. Gn. leihen solt, dan wen Klef len und gewer zusamenprocht, so het man ihem fil seins unpillichen fornemens gesterkt und euer aller ftl. Gn. gute gereichtikeit domit beschwert und weitleuftig gemacht. Ich hoft, ksl. Mt. werd der Ff. von Sachsen treu und wolgetane dinst bedenken und sich hirinen zu der pillikeit genediglich erzeigen. Aber ich vermut mich, wir werden den abschid dorauf erlangen, wi ich hiforn von dem iolchischen artikel eins fermutlichen abschides anzeigung getan.

In der heischischen sach hab ich gesagt, so ir Mt. dem abschid noch, wi mit euer kftl. Gn. verlassen, den handel entscheiden, werden euer ftl. Gn. mit underteinikeit zu der pillikeit iren io[n]gen front [= wohl: Landgf. Philipp] dohin halten, sol[ch]s auch mit der zit zu ferdinen. Euer kftl. und ftl. Gn. zu dinen pin ich schuldig und willig. Geben zu Koln am tag unser lb. Frauen letzer Ao. domini 1512.

Anmerkungen

a
 Folgt gestrichen: Ich wil vermittelst gotlich holf inhaltes euer kftl. Gn. instroxcio mein befel und gewerb an den Ks. tragen, aber ich wil michs 3 tag ungeferlich enthalten, untz di Hessen ir entlich abfertigung und wir auf di golchisch sach antwort haben und mich in dem gewerb noch derselbigen gelegenheit richten.
1
 Der Erfurter Vierherr Heinrich Kellner war im Zuge der Wirren in Erfurt am 28. Juni 1510 wegen angeblicher Veruntreuung städtischer Gelder hingerichtet worden. Vgl. Burkhardt, Das tolle Jahr, S. 379.