Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Erlaß einer Primogeniturordnung durch Hg. Albrecht von Bayern; [2.] Bitte seines Sohnes Ludwig und seiner Gemahlin Kunigunde an den Ks. um Abmilderung der darin enthaltenen Bestimmungen; [3.] Antrag Hg. Wilhelms, an der ksl. Bestätigung der Ordnung festzuhalten; [4.] Votum ksl. Räte zugunsten Ludwigs und Kunigundes; [5.] Ersuchen an die Reichsstände um ihre Meinung zu der Angelegenheit.

Köln, 1. September 1512

Weimar, HStA, EGA, Reg. G Nr. 208, fol. 315a-316a, Kop. (Vermerk fol. 316b: Beyerische handlung, so der Ks. zu Collen in reichsrat gelegt Ao. etc. 12 mitwoch nach decollacionis Johannis baptiste [1.9.12]).

[1.] Die röm. ksl. Mt. etc., unser allergnst. H., gibt den Kff., Ff. und stenden des Reychs zu verstehen die sorg- und geferlikeit kunftiger irrung, so sich in dem haus von Bayern erheben mocht von wegen weilend Hg. Albrechts aufgerichten ordnung und testament.1 Und ir ksl. Mt. tuet darbey den stenden diese underricht, wie weilend Hg. Albrecht ir ksl. Mt. solch sein furgnomen ordnung und testament als seiner, auch seiner kind, land und leut wolfart gar treffenlich furpracht und ir Mt. angesucht und bewegt, das ir Mt. irn willen dareingeben und des confirmirt hab on sorg, das eynich beswerung daraus erwachsen, sonder die jungen Ff., auch land und leut solten des benugig in rue und friden sein.

[2.] Als aber solch ordnung und testament nach weiland Hg. Albrechts abgang2 eroffnet und doraus vernomen worden ist, wie dasselb den jungen Ff. außerhalb Hg. Wilhelms irn ftl. titel benyembt und darzu ein geringe anzal gelds [als] provision auszaygt und zuegybt, des sich dann Hg. Ludwig als der elter und weltlich sun nach Hg. Wilhelmen sambt ksl. Mt. swester, der gedachten Ff. mueter [Ehg.in Kunigunde], hoch beswern, der meynung, das solch ordnung und testament on ir willen und zuegeben gemacht und aufgericht. Welches willens und consens doch billich auch zu der sach gephlogen sein solt, sonder zu solcher treffenlichen sach, die inen nit allein das zeitlich guet als das wenigist, sonder auch die weltlich eer als das hochst auf erden berür. Und ruefen und pitten darauf an die ksl. Mt., die berürt ordnung und testament zu miltern und zu massigen, der gestalt, das Hg. Ludwig bey ftl. titel pleiben und ein merer provision, weder [= als] im geschaffen sein sol, haben mocht.

[3.] Dagegen Hg. Wilhelm pit und begert, in, auch land und leut in gn. bevelh zu haben und weilend Hg. Albrechts testament und ksl. Mt. confirmation darüber zu hanthaben.

[4.] Darauf haben etlich ksl. Mt. rete geratslagt, ksl. Mt. swester und witben von Bayern sambt Hg. Ludwigen beswerung, anruefen und bitten zimlich [= angemessen] sein.

[5.] Dennoch begert die ksl. Mt. der Kff., Ff. und stende getreuen rats, wie sich ir Mt. in den sachen pillich halten sol und mug und ob oder wie das berürt Hg. Albrechts testament zu miltern und zu massigen sey.

Anmerkungen

1
 In der am 8. Juli 1506 erlassenen Primogeniturordnung bestimmte Hg. Albrecht IV. von Bayern gemeinsam mit seinem Bruder Hg. Wolfgang und den Landständen, daß immer nur der älteste Sohn weltlichen Standes die Regierung des Herzogtums übernehmen solle. Nachgeborene Söhne sollten mit einer jährlichen Apanage abgefunden werden, nur den Grafentitel führen und dem älteren Bruder unterworfen sein. Aus dieser Verfügung erwuchsen nach Hg. Albrechts Tod 1508 erhebliche Spannungen unter seinen Söhnen, die erst 1514 bereinigt werden konnten. Zum Ganzen vgl. Gebert, Primogeniturordnung (mit Edition der Ordnung); Weinfurter, Einheit Bayerns, S. 233-237.
2
 Am 18. März 1508.