Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Unklarheiten über den Umfang der Schuld einiger Beteiligter am Geleitbruch bei Forchheim; [2.] Auftrag zur Klärung von Vorwürfen Hg. Ulrichs von Württemberg gegen Nürnberg wegen Indienstnahme von Knechten; [3.] Weisung in Sachen Konflikt mit den Mgff. von Ansbach-Kulmbach; [4.] Angelegenheit Wilhelm Rauschers; [5.] Geldgeschenk für Zyprian von Serntein; [6.] Zustimmung zur Vergabe der Nürnberger Stadtsteuer an Georg Vogel; [7.] Warten auf die Vergleichsvorschläge Bf. Georgs von Bamberg zur Verleihung der Propstei von St. Sebald an Melchior Pfinzing; [8.] Vorschlag zur Beratung der Reichsstände über Maßnahmen gegen die überhandnehmenden Angriffe auf Briefboten; [9.] Auftrag, Nürnberg gegen den Vorwurf von Brandstiftungen in Ortschaften Mgf. Friedrichs von Ansbach-Kulmbach zu verteidigen; [10.] Weisung zum Konflikt zwischen Nürnberg und Mgf. Friedrich; [11.] Auftrag zur Kontaktaufnahme mit EB Uriel von Mainz und Friedrich Schenk von Limpurg wegen des Geleits zur Frankfurter Messe; [12.] Geplantes Treffen der Beteiligten am Geleitbruch bei Forchheim; [13.] Zustimmung zum Kompromißvorschlag in Sachen Propstei von St. Sebald.

Nürnberg, 29./31. Juli 1512

Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Briefbücher Nr. 69, fol. 38b-41b, Kop.

Teildruck bzw. Regest: Reicke/Reimann, Pirckheimers Briefwechsel, Nr. 213.

[1.] Hofft, daß sein letztes, durch den Boten Jakob Spensetzer übersandtes Schreiben vom 23. Juli (Nr. 1753) bei den Gesandten eingetroffen ist. So ist uns gestern vor dato [28.7.12] euer schrift, am datum Coln an St. Maria Magdalenatag [22.7.12, liegt nicht vor], zukomen. Die haben wir alles inhalts vernomen. Und ist uns euer handlung, so ir bishere mit rat unsers H. von Bamberg habt furgenomen, nit mißfellig, insonders die vier benenten personen, nemlich Hansen von Seckendorff, Fritzen von Bibra und die bede Egloffstainer, verleibter ursachen halb aus der commission zu schliessen, dann wiewol Wolf vom Egloffstein bey uns als ain mittater nachstvergangner geschicht, wie ir wißt, verdacht, so ist doch unser gemute nit, hieryn uf ongewissen bestendigen grund gegen ime die scherpf zu geprauchen. Dergleichen ist uns auch allerlay straflichait Hansen von Konigsfelds halben, amptmans zum Goßmanstain [= Gößweinstein], angezaigt. Wir wollen aber darauf so statlich nit pauen, sonder uns in sachen weyter erkundigen und euch dann bey nachster potschaft nit verhalten. Daryn wollet geduld tragen und euch gegen Bamberg vernemen lassen, das euch derhalben bishere ainich antwort von uns noch bishere nit zukomen sey.

[2.] Und als ir in eurm schreyben anzaigt, das der Hg. von Wirtenberg uns von wegen etlicher knecht, so wir angenomen, ungnedig sein soll, welcher gestalt er sich auch der hilf halben gegen Bamberg uns zuwider hab vernemen lassen, ist die warhait, vor disen tagen hat dergleichen an uns auch gelangt. Darum unser lb. ratsfreund Anthoni Tetzel des steinpocksa canzler [Dr. Gregor Lamparter] und marschalk [Konrad Thumb] mit zymlicher underrichtung gelegenhait bemelter knecht annemens aus unserm bevelh geschriben [Schreiben liegt nicht vor] und daryn beschaid und underrichtung begert hat, aber darauf bishere ainich antwort nit empfangen. So uns dann jtzo in vorsteenden unsern handlungen an seiner gnad und ungnad nit wenig gelegen, so ist unser meynung und bevelh, das ir euch samentlich zu seiner Gn. reten fugen und inen anzaigen, was solcher ungnad halben an uns hab gelangt, ungeverlich dem gemäß, wie das die copi ausgangner schriften zu erkennen gibt, und darauf in der rat willkür stellen, ob sie fur sich selbs arbaiten und sich understeen wollen, mit notdurftiger unser verantwortung solche ungnad bey dem von Wirtenberg abzugraben. Sollt ir aber bey inen ainichen mangel oder zweifel finden, so wollet kainswegs underlassen, bey dem von Wirtenberg in aigner person zu handeln mit anzaig gestalt der sachen und was uns zu Birckels annemen hab verursacht, was uns auch durch denselben seiner dienstledigung halb vor seiner bestallung angetragen sey, davon dir, Conrad Imhoff, gnugsamlich ist bewust. Das wir auch Wilhelmen von Baldeck haben angenomen uf sonderlich furbit Dietegen von Westerstetten, des stainpocksb amptman, der unsern ratsfreund Casparn Nutzeln insonders darumb mündlich hoch hab belegt und ime daneben stattlich zugesagt, gut zu sein, das der von Wirtenberg des nit ungnad empfahen, sonder uns selbs ersuchen werd, gedachten Baldecker in unser dienst zu bestellen. Und darauf undertaniglich bitten, die geschopften ungnad gnediglich fallen zu lassen, dann wir ye genaigt, uns alles undertenigen willens gegen seinen ftl. Gn. zu befleissigen.1

[3.] Und wie ir uns in sachen, die irrungen zwischen unser, auch dem Mgf. Fridrichen und Mgf. Casimiro belangend, verrer geschriben, mit meldung, was von wegen der commission uf den Hg. Fridrichen zu Sachsen an euch gesonnen und darauf von euch fur gut und nutz unsernhalben bedacht sey, das lassen wir uns derselben gestalt auch gefallen, mit dem bevelh, das ir noch der zeyt, sovil moglich, furkompt, damit ainicher commissarier nit gesatzt werd, dann wir gedenken auch zuvor, unser ufsehen zu haben, wie sich die leufd und sachen euer ytzigen handlung und sonst allenthalben schicken werden, und dann unser notdurft hieryn auch verrer zu bedenken.

[4.] Wilhelm Rauschers halben wonen uns des ksl. glayts halben allerlay beschwerden bey. Aber ungeachtet desselben haben wir unserm diener Jorgen Winkler, von dem wir aus Worms auch schriften gehabt, unser meynung zu erkennen geben, verhofflich, er werde die sachen mit frucht handeln.

[5.] Dweyl wir auch gleich euch bewegen, das wir der leut und sonderlich derjenen, so im stand und ansehen zu hof seyen, mitnichten emperen mogen, so geben wir euch hiemit macht und bevelh, den Serenteiner mit hundert stucken [= Gulden] zu vereren und ime unser und gemainer unser stat sachen mit vleyß zu bevelhen. Wiewol wir nun wissen, das er etlichen unsern widerwertigen anhengig, und sover er gehaimbd ist, müssen wir doch nit unbillich und nach gestalt der leufd dem teufel ain liechtlein ufzünden.

[6.] Desgleichen wollen wir auch bewilligen, Jorgen Vogel, der ksl. Mt. cammerdiener, hundert fl. von fallender unser jarlichen stattsteuer sein leben lang zu raichen.2 Das mogt ir ime entdecken und doch die sachen bey ime beswern, mit anzaig, das wir fur solchs hoch gefreyt und nemlich begnadet seyen, dieselben stattsteuer nyemand anderm dann einem röm. Ks. personlich zu antworten. Yedoch in ansehung seins genaigten willens und dweyl wir uns aller furdrung bey ime vertrosten, hetten wir solche beschwerd zuruckgestellt und nit underlassen wollen, ime zu willfarn.

[7.] Uns sind auch bishere die mittel, so Bamberg dem brobst Sebaldi [Melchior Pfinzing] furgeschlagen, die brobstei belangend, nit angezaigt. Versehen uns aber, dieselben werden uns durch H. Lenharten Olhafen, dem er deshalben unsers vermutens mag geschriben haben, nit verhalten. So das beschicht, wollen wir im oder euch unser meynung deshalb nit bergen. Wollet sonst in unsern sachen mit dem vleyß handeln, wie wir vertrauen und bishere befunden haben, mit freuntschaft gegen euch zu bedenken. Datum donerstag nach Jacobi 1512.

[8.] Zedula: Lb. freund, ir mogt wissen, das Wurzburg in neulichen tagen vor eurm abschaid etliche seiner Gn. schriften durch etlich geraisig ufgebrochen seyen. Dergleychen ist Eystet ytzo auch beschehen und bey kurzer zeyt ainem ksl. poten, dem sy seiner Mt. brief zurissen und ine benotigt haben, mit seinem pferd in ain weyer zu springen und widerumb auszuschwemmen, also das dise sachen allenthalben uberhandnemen und einprechen wollen. So dann die wagnus der poten und brief sorglich und beschwerlich, ist unser bevelh, das ir neben und mit den räten unsers gn. H. von Wurzburg und Eystet bey der ksl. Mt. und stenden des Reichs handeln wollet, uf wege und mittel zu ratschlagen, ob solche practica gar oder doch zum tayle mochten furkomen werden, dweyl solcher fal nit weniger, sonder mer die Ff. und zuvor ksl. Mt. dann uns belangt. Datum ut in littera.

[9.] Zedula in der gesanten brief: Hat sie kürzlich über die neuerlichen Verleumdungen seiner Widersacher wegen angeblicher bezahlter Brandstiftungen in mgfl. Ortschaften informiert (vgl. Nr. 1750 [3.]), mit bevelh, uns deshalb mit erpietung billicher purgation etc. bey ksl. Mt. und den reichsstenden zu verantworten. Nun wollen wir euch nit verhalten, das solch bezignus uns zu sonderm unglimpf in alle welt wirdet ausgeprait solcher weise, das die unsern, sich anhaims zu enthalten und ires weberns [= ihre Reisetätigkeit] vil mer dann vor zu schmiegen [= hier: einzuschränken], gedrungen werden, zudem, das auch der Mgf. der gefangen urgichten, wie wir glaublich bericht, dem Ks., auch Bamberg und andern mer Ff. ytzo uberschickt hat, des willens, bey dem Ks. ainen commissarier, der die gefangen selbs verhore, und mer zu erlangen. Wiewol wir uns nun hieryn unser unschuld nit wenig vertrosten, mogen euch auch bey hochstem glauben zuschreyben, das uns allen samentlich und sonderlich, auch zuvor unsern ratsfreunden in der kriegsstuben an diser zulag ganz ungutlich beschicht. Noch dann sein wir sorgfeltig, die gefangen sein subor[di]nirt und also abgericht, das sie alles das, so die Marggrafischen wollen, sagen mussen. Darumb uns des commissariers halben allerlay beschwerden beywonen, und zuvor, das uns dise leut durch ir unrechtlich, gswind practica ubereyln mochten. Wollen doch hieryn die gerechtigkait und unser unschuld zu steuer nemen und die sachen Got lassen walten, auch des ends zu erwarten. Nichtzitdestermynder gedenken wir, unser verantwortung durch ain gemain ausschreyben furderlich zu tun, und bevelhen euch demnach, das ir in bedacht, das uns diser handel nit wenig beswert, daran auch ubervil gelegen ist, unser verantwortung durch dich, Wilbolden Birckhaimer, bey den reichsstenden und der ksl. Mt. mit dem furderlichsten tut, mit erpietung laut unsers jungsten bevelhs, darzu auch durch den brobst und ander, so ir darzu fur tuglich ansecht, in gehaimbd vleys tut, sovil moglich, das wir als die unschuldigen hieryn nit genachteilt und ubereylt werden, dann durch disen posen, unendlichen wege mag uns bey merklich grosse ungnad, nachrede und unglimpf ervolgen.3

[10.] Item so ist uns bey Casparn Schwertfeger heut, dato [31.7.12], euer schreyben [liegt nicht vor] sampt ainer copy erlangter commission zukomen. Und [ihr] müst also, was euch der handlung halben zwischen unser und dem Mgf. Fridrichen begegnet, erwarten und unserm bevelh gleben.

[11.] Desgleichen wollet auch mit dem Bf. von Menz und Schenk Fridrichen [von Limpurg] glayts halben in Frankfurter meß red halten und ir Gn. und edelkait ersuchen, dweyl wir aber allerlay warnung haben, das kains glayts gegen den unsern werde verschont werden, ir glayt bey disen geswynden leufden dester stattlicher und dermassen zu bestellen, damit den unsern nit beschwerlichs begegne.

[12.] Item so sein wir auch bericht, das unsere veynd und widerwertige, auch alle die, so bey nachster tat und niderlag unser kaufleut bey Vorchaim gewest, in kurz gein Hof zusamenkomen werden; desgleichen soll Mgf. Cazimirus bey inen auch erscheynen. Und werd das ir handlung sein, Bamberg zu schreyben, sy aus sorgen zu lassen, wo nit, das sy ime auch absagen und mit gewalt gegen ime handeln wollen. Das wollet seinen Gn. auch entdecken, sich darnach haben ze richten. Datum sambstag nach Jacobi 1512.

[13.] Item von wegen der brobstei ist uns das mittel, so H. Melchior Pfinzing, brobst etc., H. Lenharten Olhafen hat zugeschriben, uberantwortet. Das sich dahin zeucht, das wir zu yeder zeyt, so sich der fal ereugen wurd, nemlich in mense ordinario, ain geschickte person unsers gefallens zu brobst nominirn mochten, die der Bf. sollt schuldig sein zu investirn, und also zu beden brobsteyen hinfuro kain Bf. oder capitel nichtzit zu sprechen haben, und das wir fur solhs dem Bf. und capitel was tun sollten. Nun will uns diser furschlag nit ubel gefallen, achten auch dafur, dweyl Bamberg des Ks. notdurftig, das ytzo die zeyt und wedel [= Zeitpunkt] sey, daryn fruchtparlich zu handeln. Und darumb wollet dem brobst ansagen, das er bey Bamberg anhalt, seiner Gn. und des capitels entlich gemüte und vordrung, nemlich, wie sie ine die sach zu beschließlicher concordia dem gemeß, wie ob laut, wollen zu rumen lassen [= hier wohl: eine Einigung anstreben], zu erlernen und uns alsdann solchs mit dem furderlichsten zu wissen zu tun. Wollen wir euch und ime unser meynung, darab er verhofflich nit mißfallen haben soll, entdecken. Datum ut supra.

Anmerkungen

a
 Deckname; darübergeschrieben der Klarname von Wirtenbergs.
b
 Darübergeschrieben: von Wirtenbergs.
1
 Dazu der Eintrag in den Ratsverlässen unter dem Datum quinta Marthe [29.7.12]: Der potschaft gein Coln schreiben und bevelhen, pei Wirtemberg und seiner Gn. ze handeln und ein rat zu entschuldigen der aufgenomene diener halb. Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Ratsverlässe Nr. 546, fol. 21a.
2
 Am 12. Juni 1512 hatte Ks. Maximilian in Mecheln Georg Vogel jene 100 rh. fl., die der verstorbene Propst von St. Sebald in Nürnberg, Dr. Erasmus Toppler, lebenslang jährlich von der Nürnberger Stadtsteuer erhalten hatte, verschrieben. Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Losungamt, Urkunden Nr. 85, Orig. Perg. m. S. ( p.r.p.s.; a.m.d.i.p.; Gegenzeichnung: Ziegler); Koblenz, LHA, 1 C Nr. 23, pag. 210-212, Kop. Zu dieser Verleihung erteilten die EBB Uriel von Mainz und Richard von Trier am 5. August 1512 in Köln ihre Willebriefe. Würzburg, StA, Mainzer Ingrossaturbücher 50, fol. 157b, Kop.; Koblenz, LHA, 1 C Nr. 23, pag. 212-214, Kop.
3
 Hierzu der Eintrag in den Ratsverlässen unter dem Datum sabato post Jacobi [31.7.12]: Den gesandten zu Cölen anzaigen, [...] das Mgf. vorhab, bei ksl. Mt. und den stenden des Reichs ain commissari zu erlangen, die gefangen des feuereinlegens halben zu hören. Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Ratsverlässe Nr. 546, fol. 23a.