Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Enttäuschung über Nürnbergs Mißerfolge auf dem Reichstag; [2.] Entschlossenheit zum Selbstschutz; [3.] Bereitschaft zur Zahlung der Stadtsteuer an Georg Vogel; [4.] Akzeptanz der Verschreibung zum Darlehen für den Ks.; [5.] Truppenwerbungen in Böhmen; [6.] Erlaubnis für Groland zur Heimreise, Auftrag an Melchior Pfinzing zum weiteren Betreiben der Nürnberger Angelegenheiten am ksl. Hof.

Nürnberg, 9. September 1512

Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Briefbücher Nr. 69, fol. 112a-113a, Kop.

Regest: Reicke/Reimann, Pirckheimers Briefwechsel, Nr. 219.

[1.] Lb. freund, wir haben euer schreyben, des datum steet freitag nach St. Egidientag [3.9.12, liegt nicht vor], uns ytzo bey unserm poten Erharten Freyman aus Coln zugesant, sampt beygelegten copien der antwurten und underrichtungen, die ausgeprachten commission und hilf, so darauf volgen soll, belangend,1 alles inhalts vernomen. Und bedarf nit zweifels, wir finden auch solchs aus täglicher euer handlung, das an getreuer arbait, stattlichem anhalten, mühe und vleys zu unserm nutz und wolfart bey euch allen samentlich und sonderlich nichtzit erwunden hat. Aber uber das alles wollen, wie wir vermerken, unser sachen nit von statten geen oder zu dem ende, dahin wir verhofft, gelangen. Das müssen wir Got bevelhen, umb den wir villeicht haben verschuldet, das uns gluck an allen orten den rucken wendt. Ist uns auch nit wenig erschrocklich, das die reichsstende sich in disem offenwaren, merklichen und beschwerlichen handel, der mer die Ff. von wegen geubts glaytspruchs dann uns betrifft, auch in angesicht und gegenwertigkait ksl. Mt. als ires haubts und obersten und uf desselben ansuchen und gesynen so verechtlich gebarn und sich sollen vernemen lassen, uns kain hilf zu tun.

[2.] Und wiewol wir uns allain eurm anzaigen, auch schicklikait der zeyt und reichsstende nach nit vermuten, fur uns selbs hilf zu erlangen, noch dann ist nochmals unser meynung und bevelh, das ir die hilf gleicherweise bey ksl. Mt. und den reichsstenden stattlich wollet begern, mit anzaig, das wir dise hohe beswern mitnichten mogen erleiden, und ob uns wol daryn abschlag begegenen wirdet, uns doch solchs hienach zu andern, wie wir verhoffen, dinstlich sein.2 Dann dweyl uns an allen orten an treuen, glauben und hilf mangel erscheinen, will unser merklich notdurft ervordern, nach andern wegen, uns und gemaine unser stat vor endlichem verderben zu bewaren, furnemen. Gott woll uns daryn sein gotlich gnad parmherziglich mittailen, sein zorn von uns abwenden und mit hilf nit verlassen. [...]

[3.] So mogt ir Jorgen Vogel, ksl. Mt. camerdiener, ansagen, das wir unser gewonliche statsteuer zu einem yeden St. Martinstag pflegen zu bezalen.

[4.] Wir lassen uns auch die verschreybung umb die 2000 fl., euch von ksl. Mt. gegeben, davon ir uns habt copy zugesant [liegt nicht vor], gefallen. Ist on not, umb weiter besserung doryn zu arbaiten.

[5.] Der Beheim halben, so dem Kg. von Frankreich uf 2000 stark zuziehen sollten, ist nit on, wir sind hievor bericht, das der Kg. ire zwen in Beheim verordent, die auf 3000 zu roß und 17 000 zu fuß bestellt haben, wann sie gemant werden, anzuziehen [vgl. Nr. 917 Anm. 1]. Aber uns langt widerumb an, das solche empörung in Beheim durch kgl. wird abgestellt sey, wissen das aber nit. So glauben wir auch nymmermer, das aus Frankreich zu bestellung derselben Beheim wenig oder vil gelts gein Nurmberg verordent sey. Sollten wir auch das erfarn, ist unser gemute nit, das zu gestatten. Das mogt ir ksl. Mt. ansagen.

[6.] Und als du, Lenhart Groland, uns dein beswerd, derhalbn dir das nachraisen oder verharren am ksl. hof nachtailig und unfugsam sey, mit anzaig des brobst Sebaldi [Melchior Pfinzing] erpieten etc. geschriben und begert hast, dir anhaims zu erlauben zu begonstigen etc., wollen wir diser zeyt uf dein stattlich ansuchen willfarn und anhaims erlauben. Und wollet den brobst neben gegenwurtiger unser schrift3 ersuchen, in unsern sachen vleys zu tun und kain potenlon zu sparn. Das wollen wir in gutem gegen ime erkennen. […] Datum donerstag St. Kunigundentag 1512.

Anmerkungen

1
 Wohl auf diese Schriftstücke bezieht sich folgender Eintrag in den Ratsverlässen unter dem Datum quinta post crucis exaltationis [16.9.12]: Die schriften der gesandten von Colen Dr. Letschern zu schicken, sein rat darinnen vernehmen. Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Ratsverlässe Nr. 548, fol. 15b.
2
 Dazu der Eintrag in den Ratsverlässen unter dem Datum quinta Kunigundis [9.9.12]: Den gesandten gein Colen schreiben und bevölhen, daß sy bei ksl. Mt. und den stenden des Reichs ernstlich anhalten und rufen umb hilf, dann man konnd dermassen nicht sitzen, sondern müßte zu grund verderben. Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Ratsverlässe Nr. 548, fol. 9b.
3
 Mit Schreiben vom 9. September 1512 (donerstag nach nativitatis Marie) teilte Nürnberg Melchior Pfinzing mit, es habe Leonhard Groland angewiesen, dem ksl. Hof zu folgen und dort die Nürnberger Belange weiter im Auge zu behalten. Da Groland aber aufgrund etlicher eigener Beschwernisse inständig gebeten habe, ihm dieses Nachreisen zu erlassen, habe er die Erlaubnis bekommen, nach Hause zurückzukehren. Bittet deshalb Pfinzing, sich auch weiterhin der Nürnberger Angelegenheiten am ksl. Hof anzunehmen und dafür zu sorgen, damit uns zu beswerd und nachtayl durch unsere widerwertige zu volziehung irer posen practica nichtzit wider uns erlangt oder ausgepracht, das sich versehenlich in unsern und gemainer unser stat schaden ziehen mocht. Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Briefbücher Nr. 69, fol. 113a-114a, Kop.