Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Vertrauliche Informationen zur Lage Veronas; [2.] Werbung der Gesandten des Papstes, des Kg. von Aragón und des Kg. von Frankreich bei den Ständen, gegenseitiges Mißtrauen der Abgesandten; [3.] Angeblich bevorstehender Ausgleich zwischen dem Ks. und Venedig; [4.] Empfindlichkeit des Ks. gegenüber Kritik.

Augsburg, 6. März 1510

Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Ratskanzlei A-Laden Akten 126 Nr. 2, fol. 56a u. b, Konz.

Geht davon aus, daß sein durch den Nürnberger Ratsboten Sebald (Rauscher) übermitteltes Schreiben vom 5. März (Nr. 526) in Nürnberg eingetroffen ist.

[1.] Sind hat mir der waltfogel 1 neben anderm und doch in hoher geheim zu erkennen geben und angezeigt, das es mit der stat Pern [= Verona] nit recht ste, sunder er hab von einem merern, den er ist, sovil wericht, das der Kg. zu Frankreich ein wefestigung, der er zu nennen nit wiß, eingenomen und dasselbig wider der Deutschen willen. Daraus sey abzunemen, was gelauben sich die buntsverwanten selbs zueinander versehen.

[2.] Er sagt auch, das er sovil wisens darneben hab, Babst und Aragon dem Franzosen nicht vertrauen und in auf heutigen tag zeihen, das er die einigung und puntnus, zwischen in allen aufgericht, 2 nit gehalten, dann er hab mer eingenomen, dann im in craft des condrakts zugepür. Er wiß auch, das ksl. Mt. im, dem Kg. von Frankreich, als veint, als er nie gewest sey. So haben vergangner tag dy drey potschaften, nemlich Pabsts [Achilles de Grassis], Frankreych [Louis Hélian] und Aragonia [Jaime de Conchillos], ein lateinische werbung, mir unverstendig, vor den stenden des Reichs getan [vgl. Nr. 94 [2.] – [4.]]. Hat sich aber auf ksl. Mt. weger, wie ich darnach wericht entpfangen, gelendt. Der waltfogel hat aber so vil wissen, das dy drey, so solche werbung lateinisch, wie vorgemelt, getan, ir keiner dem andern verdraut. Derohalb keiner hab dürn [= gewagt] sagen, was im umb das herz gewest, wie sich dan etlich aus denselben gegen im, dem waltfogel, aus sunderm wefelch, so sie deshalb an in gehabt, perschonlich haben horen lassen.

[3.] Mer so hab er wissen, das die sachen mit den Venedigern auf einem wericht sten sollen. Aber unangesehen desselben werd durch fuderung etlicher, der namen der vedern nit zu wefelhen, ein pratika gemacht, das nichtzdestweniger gelt und, darfur ers helt, dem gemeinen pfennig gemes aufgelegt werd.

[4.] Ich vermerk auch sovil, das ausserhalb der einigen perschon keiner so hoch geschworen, der ksl. Mt. anders, dan was sie gern hort, dür sagen, dann allein der einig. Der muß doch darumb, das er keinen ruken hat, auch dest gemacher tun.

Mir wollen nit alle ding zu schreiben gepuren, ist auch unnot. Aber durch fuderung und zutun euer weisheit ist mir so vil verwenung tun [= versprochen worden], daran ich auch nit zweifel, das ich verhoff, keiner meines geleichen vor mir einen grunt, warauf die leuft sten, nit erfaren wer[d]. Damit haben mich euer weisheit, zu der dinst ich mich ganz gehorschamlich wefelhen tu, ganz willig. Datum zu Augschpurg am mitwoch nach oculy Ao. etc. decimo.

Anmerkungen

1
 Deckname für Kf. Friedrich von Sachsen. Dies ergibt sich aus einem undatierten, jedoch wohl im Januar 1510 angelegten Decknamenverzeichnis, das der Nürnberger Rat 1510 für die Korrespondenz mit seinem Gesandten Kaspar Nützel verwendete und dessen Berichten vom Augsburger Reichstag im entsprechenden Faszikel vorgeheftet ist. Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Ratskanzlei A-Laden Akten 126 Nr. 2, fol. 23b. Zur häufigen Verwendung von Decknamen im Briefwechsel Nürnbergs mit seinen diplomatischen Vertretern auf Reichstagen des 15. und frühen 16. Jahrhunderts und in anderen Missionen vgl. F. Wagner, Geheimschrift.
2
 Die Liga von Cambrai vom 10. Dezember 1508.