Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Ergebnis der Verhandlungen der Eidgenossen mit der Gesandtschaft des Kg. von Frankreich, Anberaumung einer weiteren Tagsatzung; [2.] Aufträge der Eidgenossen an Fh. Ulrich von Hohensax bzgl. einer Verständigung des Ks. mit Venedig; [3.] Stellungnahme des Ks. zu diesen Vorschlägen; [4.] Anerkennung für die Friedensinitiative der Eidgenossen; [5.] Sorge um die Konflikte unter den christlichen Mächten, besonders zwischen dem Papst und dem Kg. von Frankreich; [6.] Vermittlung in den gegenwärtigen Auseinandersetzungen als Hauptziel des gegenwärtigen Reichstags [7.] Einbeziehung der Eidgenossen in die Vermittlungsbemühungen durch ihre militärische Indienstnahme, Bewilligung ihres Soldes durch die Reichsstände; [8.] Aufforderung zur Entsendung von Gesandten zum Reichstag; [9.] Bereitschaft, sich für die Erfüllung der eidgenössischen Forderungen an den Papst und Frankreich einzusetzen; [10.] Hintertreibung eines Friedensschlusses durch Venedig; [11.] Voraussetzung für die Akzeptanz der Eidgenossen als Vermittler eines Friedens mit Venedig; [12.] Ersuchen um Abstellung der Besteuerung der Konstanzer Dompropstei und des Hst. durch den Landvogt und die Gerichtsleute im Thurgau.

Trier, 13. April 1512

Kop. ( p.r.p.s.; c.d.i.p.): A) Basel, StA, Politisches M 1, Italienische Kriege (1510-1512), Nr. 149; B) Wien, HHStA, RK, Maximiliana 27 (alt 20) 1512 Apr., fol. 39a-46a; C) Zürich, StA, A 176.1, fol. 194; Bern, StA, Allgemeine eidgenössische Abschiede, Bd. M, pag. 219-227.

Druck: Segesser, Abschiede, S. 612-615; Anshelm, Berner Chronik, S. 291-296.

Instruction uf die edeln, unser lb. getrüwen Christoffeln, H. zu Limpurg, des hl. Richs erbschenken, unsern vogt zu Nellenburg, Hans Jacoben Fh. zu Mörspurg und Beffort, unsern vogta zu Hagenow, Hansen von Landow, unsern schatzmeister im Rich,1 und Johann Storchen, unsern secretari, unser räte samentlich und sonderlich, was sy den sandboten gemeiner Eydgnosschaft, so uf sonntag quasimodogeniti nechstkünftig [18.4.12] zu Zürich bieinandern versamelt sin werden, von unsertwegen fürhalten, mit inen handeln und an sy werben söllen, wie harnach volgt.

[1.] Anfenklich söllen sy inen unsern credenzbrief [liegt nicht vor] überantwurten, daruf unser gnad und alles guts sagen und darnach erzelen, wie uns jetzundb angelangt hab die handlung, so gemein Eydgnossen jüngst zu Zürich irer vordrung und ansprach halben gegen unserm lb. bruder, dem Kg. zu Frankrich, gehalten, und das sy nemlich sölichen abscheid gemacht: Nachdem desselben unsers bruders botschaft nit genugsam gwalt und bevelch gehept, gemeinen Eydgnossen sölicher irer fordrung und ansprach benügen ze tun, und deshalben gemeiner Eydgnossen begern an unsern bruder von Frankrich zu pringen angenommen, so haben daruf gemein Eydgnossen inen selbs einen andern und nemlich den obbestimpten tag quasimodogeniti, in disen und andern iren notturften wyter zu handeln, angesetzt, den ouch den Franzosen angezöigt, der meynung, ob inen mittler zit sölichs tags von irem H. wyter bevelich kämen, die sy möchten achten, zu furdrung eines friden dienstlich sin, so mögen sy dasselb und was inen angelegen sin wurd, an gemein Eydgnossen suchen.

[2.] Diewyl uns nun von sölichem jüngstgehaltnen tag durch den edeln unsern lb. getrüwen Ulrichen, Fh. zu Sachs, zu erkennen gegeben und angezöigt sind zweyerley meynung, namlich für eins, was gestalten im gemein Eydgnossen fürgehalten und ufgelegt habent, uns disen handel mit allen umbstenden anzuzöigen und uns zu vermanen, das wir betrachten wöllen, was uns, dem hl. Rich, ouch unsern erblichen und andern landen und lüten daran gelegen sye, wie dann bemelter von Sachs mit flis und ernst geton hat.

Item für das ander, das derselb von Sachs den Venedyern widerumb ernstlich schriben und anzöigen söll, sich mit uns in zimblichen vertrag und bericht zu begeben, und wo das durch die, so bishar darunder getädingt haben, noch nit beschechen were oder sin möcht, das sy alsdann gemeinen Eydgnossen und demselben von Sachs uf ir vorig erpieten, darin zu handeln, vergünnen söllen, mit sölichem anhang, wo sy sölichs abschlachen oder verachten wurden, das sy uns dann uf unser begeren wider dieselben Venedyer hilf und bistand tun wölten.

[3.] Sölich ansuchen der von Sachs, als wir vernemen, gemeiner Eydgnossen begern nach ouch an die Venedyer gefertiget haben söll. Demselben abscheyd, ouch den zweyen meynungen nach, durch den von Sachs, wie vorstat, an uns gelangt, haben wir nit lassen wellen, gemein Eydgnossen uf disem tag gnedigklich heimzusuchen, inen gestalt und gelegenheyt aller löif, ouch daby unser gemüt zu verstan ze geben und sy zu bewerben uf nachvolgend weg:

[4.] Von erst verstand wir gemeiner Eydgnossen anzöigen, rat und gutbedunken durch den von Sachs, desglichen ouch ir übung gegen den Venedyern zu fürdrung eins fridens in allen gnaden als getrüwer, guter meynung von inen beschechen. Wir haben uns bishar sölichs guten, getrüwen willens zu inen gnedigklich versechen, desglichen wir uns noch und hinfür mer zu inen getrösten, der erpietung, sölichen iren getrüwen, guten willen in gnaden gegen inen zu bedenken.

[5.] Zum andern zwifelt uns nit, gemein Eydgnossen mügen wüssen und verston die empörung und widerwertigkeyten, so sich diser zyt erzöigen, nachend von allen höuptern der cristenheyt und sonderlich zwüschent der Bäbstlichen Hlkt. uf einer und unsers bruders, des Kg. zu Frankrich, uf der andern syten, zusampt unser, wiewol nit als einer party, sonder als röm. Ks., dem solich irrung und widerwertigkeyt als zwüschent unsern nebenthöptern, die uns, gemeiner cristenheyt behaltung und merung zu betrachten und furzunemen, verhelfen sölten, leid und ungemeint ist. Us welichen empörung und widerwertikeyten zwüschent bemelten zweyen sampt allenc höuptern nit allein groß cristanlichs plutvergiessen, sonder ouch ander mer irrung und beschwärung der cristenheyt zu besorgen sind und inrisen möchten.

[6.] Das wir ein zit har villicht mer dann ander wargenommen, ouch als cristanlicher röm. Ks. herzlich betracht, uns in etlich weg nach unserm vermögen, sölich empörung und widerwertigkeyten abzustellen, geübt und beflissen und das merenteyls darumb disen gegenwurtigen richstag besampnot haben, der meynung und willens, uns mit rat und hilf unser und des hl. Richs Kff., Ff. und stend durch wort und werch umb sölich empörung und widerwertigkeyten, sonderlich zwüschen Babst und Frankrich, anzunemen, derselben, wie uns wol gepürt, mittler zu sind, dardurch der hl. kirchen und ganzer cristenheyt wyter irrung, beschwärung und gevärlicheyten abzustellen, zu ruw und guter ordnung ze fürdern und die partyen gütlich zu befriden.

[7.] Darzu wir aber gemeiner Eydgnosschaft als eins tapfern und träffenlichen glids des hl. Richs, der cristenheyt und tütscher nation merklich bedörfen.

Diewyl wir dann gemein Eydgnossen etwan in handlungen, so wir mit inen gehept, eins redlichen, trüwen gemüts, ouch sölicher antwurt und erpietens gegen uns gemerkt haben, das sy uns als dem weltlichen schwert der cristenheyt in sachen, so dem hl. Rich, tütscher nation und der cristenheyt anligen und zu wolfart reichen möchten, nach allem irem vermögen hilf, gehorsam und dienst zu bewysen geneigt und willig weren, weliche gemeyner cristenheit, ouch unser und des hl. Richs und tütscher nation notturft und obligen glich jetzund obberürter gestalt erschinen, so sind wir gn. meynung, gemein Eydgnosschaft uf disen summer in unser und der Kff., Ff. und stend des Richs dienst und sold zu notturft gemeiner cristenheyt zu gepruchen und namlich uns damit zu sterken. Dardurch wir beyde höupter vermögen, uns gütlicher handlung und hinlegung irer empörung und irrung zu gestatten und zu verfolgen. Wir wellen uns ouch daruf beflissen, gemeinen Eydgnossen umb sölich ir dienst von den Kff., Ff. und stenden des Richs uf disem tag ir besöldung und bezalung zu erlangen und richtig zu machen.

[8.] Demnach söllen unser obgenant räte von unsertwegen an die sandpoten gemeiner Eydgnosschaft ernstlich werben und begern, das sy ein zimbliche zyt ir ufsechen und wart uf unser und der Kff., Ff. und stend des Richs dienst und sold haben und uns helfen und dienen wöllen, damit wir zu sölicher täding und handlung zu hinlegung berürter empörung und widerwertikeyten und zu fürkomen mer christenlichs blutvergiessen, ouch zu verhütung wyter irrung und beschwärung der cristenheyt komen mögen. Das ouch daruf gemein Eydgnossen von stund an vier oder fünf ir sandpoten mit gewaltsamy aller örter zu uns und Kff., Ff. und stenden des Richs uf disen richstag schicken und uns ir meynung und gemüt und, wie stark inen, uns und dem Rich also zu dienen, gemeint und gelegen sye, zu erkennen geben. So wellen wir mittler zit ouch alsdann neben iren gesandten irer besoldung und bezalung halben mit den Kff., Ff. und stenden des Richs handeln und allen flis ankeren.

[9.] Verrer als wir vernemen, das gemein Eydgnossen zu beyden partyen umb merklich summa geltz vordrung und ansprach haben, daruf söllen inen unser rät zu erkennen geben, das uns wol gemeint ist, inen nit allein zu bezalung sölicher schulden von beyden partyen, sonder ouch in ander weg, wo wir mögen, zu nutz und früchten hilf und fürderung zu tun. So wir ouch, die irrung und spenn zwüschent denselben partyen, Bapst und Frankrich, durch gemeiner Eydgnossen dienst, sampt andrer hilf, so wir haben, an uns zu ziechen, die zu stillen und gütlich darin zu handeln, gefast und mechtig sind, mögen wir dann gemeinen Eydgnossen ir schulden und vordrung by beiden partyen mit fug und stattlich wol erlangen, als wir ouch gern tun wellen. Und ist demnach unser beger, das sy den gedachten iren sandboten deshalben ouch bevelch tun. Mit denen wir gnedenklich daran handeln und inen weg und mittel anzöigen wellen, wie sy sölicher irer schulden und fordrung gnugsamlich zu friden gestellt werden söllen.

[10.] Und diewyl wir aber, als vorstat, us des von Sachs schriben gemeiner Eydgnossen getrüwen, guten willen zu einem friden zwüschent unser und unser vind, der Venedyer, merken, so erfordert unser notturft, inen denocht zu erkennen ze geben und begern an sy, zu vernemen, das lange zit her durch die Bäpstlich Hlkt. und den Kg. von Aragon von einem friden zwüschent unser gehandelt ist. Wir haben ouch zu beyden teylen compromittiert und unsern gwalt gen Rom übergeben und sonderlich wir uf unser sit uns vil und mer, als sich gepürt, zu dem friden geneigt und begeben und an uns nit erwinden lassen. Und ist die handlung so wyt kommen, das der Bapst und Kg. von Aragon einen friden artikelwis begriffen und verfast. Die Venedyer haben aber irer gewonheyt nach böß, listig und gefärlich solich handlung und beschluß des fridens stäts ufgezogen us ursach, das sy in pratik und übung gewesen sind, Preß [= Brescia] zu erobern, als sy ouch geton. Und sobald sy dasselb erlangt, habent sy ir procury und gewalt des fridens ganz an sich gezogen und den friden abgeschlagen, in meynung, als ob sy keins fridens mer gegen uns bedörften, ouch daruf spöttlich triumphspil, die nit allein uns, sonder von unsertwegen billich allen Tütschen zu schmach reichen, in Venedy uber uns zu halten gestatt und sich in irem sig dermassen erhept, das villicht Gott missfallens darab getragen und sy mit dem jüngsten ungefell und unsig zu Preß gestraft hat.

[11.] Wann sy nun gemein Eydgnossen uf die unser begern zu obberürten unsern loblichen, göttlichen fürnemen bewilligen, namlich das wir der partyen schwär empörung und widerwertigkeyten abstellen und sy zu gütlicher täding bringen, damit ouch gemeinen Eydgenossen ir schulden und fordrung mit frid und ruw zuwegen pringen mögen, dardurch wir alsdann die handlung des fridens zwüschent unser und der Venedyer, so bishar by dem Bapst und Kg. von Aragon gestanden ist, mit glimpf und fug widerumb an uns ziechen, so mögen wir alsdann gemeinen Eydgnossen irem getrüwen, guten willen und erpieten nach als unsern, ouch des hl. Richs und tütscher nation verwandten, die uns ouch in unserm fürnemen bistand, in berürtem friden zu handeln, gnediglich und wol getrüwen uf die handlung und meynung, wie die Bäpstlich Hlkt. und Kg. von Aragon, als obstat, vormals verfast und begriffen haben.

Und als sich hieruf gemein Eydgnossen merken lassen, bewisen und halten als ein getrüw, tapfer glid der cristenheyt, des hl. Richs und tütscher nation, denen ouch obgedacht irrung, plutvergießen und beschwärung der cristenheyt leid were, und die, so sölich irrung mitsampt uns zu friden ze pringen, ouch darin uns und tütscher nation als irem vaterland für ander frömd nation eer und behaltung zu fürdern und zu schaffen geneigt sind, als uns sonderlich irem erpieten und bewilligen nach, so wir hievor von inen verstanden haben, nit zwifelt, daran tund sy zusampt der cristenheyt, ouch des Richs und tütscher nation gemeinen nutz unser gut gefallen, das wir in allen gnaden und gutem gegen inen bedenken und erkennen wellen.

[12.] Zuletst söllen unser rät gemeinen sandpoten fürhalten, wie wir durch den erwürdigen Matheum, Bf. zu Bruggd und tumpropsten zu Costenz und Ougspurg, unsern F., rat und lb. andechtigen, bericht sind, was gestalt sich die landsässen im Thurgöw, der berürten tumpropsty und anderer der stift zu Costenz güter, zins, zechenden und gülten im Thurgöw mit etlichen ungewonlichen reisstüren zu beschwären, understandint uber und wider des stiftz fryheyt und alt harkomen, ouch über das, durch gemeiner Eydgnossen rät vormals uf einem tag zu Zürich rechtlich erkennt sig, das der stift zechenden, rent, zins, gült und güter als gotzgaben wie von alter her gehalten und durch den landfogt und die gerichtzlüt im Thurgöw obberürter massen nit beschwärt werden söllen. Demnoch söllen unser rät an die sandpoten gemeiner Eydtgnosschaft von unsertwegen ernstlich begeren, das sy nochmals bestellen und verfügen wellen, der tumbpropsty und andrer der stift güter lut irer fryheyten, alt harkommen und gemeiner Eydgnossen rät rechtlichen erkantnus unbeschwärt zu lassen. Daran tüyen sy uns ouch zusampt der billicheyt sonder gut gefallen. eGeben zu Trier am 13. tag des monats Aprilis Ao. etc. im 12.–e

Anmerkungen

a
 B, C landvogt.
1
 Mit Schreiben aus Trier vom 15. April 1512 teilte Zyprian von Serntein Johann Storch u. a. mit, Hans von Landau sei erkrankt und könne wahrscheinlich an dem vorgesehenen Treffen mit den Eidgenossen nicht teilnehmen. Innsbruck, TLA, Maximiliana XIV/1512, fol. 71a u. b, Kop.
b
 C fehlt.
c
 B, C andern
d
 B, C Gurk.
e
–e B Datum.