Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Wien HHStA, RK RTA 6, unfol. (Kop.); ÜS: Röm. kgl. Mt. rat und gutbedunckhen, der ksl. Mt. zuegesandt, wie der reichstag möcht bey den stenden angefangen werden1.

Der röm. kgl. Mt. etc. bedenckhen und guetansehen, was die röm. ksl. Mt. etc. den stenden des hl. röm. reichs auf diesem reichstag zu ainem anfang desselben furtragen lassen möchte, welches die kgl. Mt. irer ksl. Mt. allain vermanungßweise mit der kurtze auf irer ksl. Mt. weitter notturftige extendierung und ausfuerung, wolgefallen und verpessern bruederlich und freuntlich antzaigt.

Furs erst. Nachdem das gemain ausschreiben dieses reichstags die ursachen, darumb ir ksl. Mt. derselben hispanischen khunigreich verlassen und sich in teutsche nation begeben und diesen reichstag furgenomben hat, klerlich und ausfuerlich mitbringt, welche dann zum höchsten und maisten auf vergleichung und hinlegung der strittigen religion berueen, das demnach ir ksl. Mt. im anfang des furtrags dieselben ursachen, auch mit was beschwerden und ungelegenhaiten sich ir ksl. Mt. aus derselben hispanischen khunigreichen in Teutschlannd begeben und zu derselben ankhunft furnemblich den stritt in der religion als fur das maist und höchst ob- und anligen im hl. reiche furhanden nemben, damit das beschwerlich mißvertrauen, unainigkhait und zerruttung, so under dem zwispalt der religion von langen here bey den stenden des hl. reichs eingerissen, auch daraus allerlay ungehorsame und widerwertigkhait ervolgt und noch merer unrat, krieg und emperung ervolgen mögen, abgestelt und also die stende des hl. reichs widerumb in ainhelligkhait und vergleichung gebracht werden, neben erzelung, was erstlich ir ksl. Mt. durch die röm. kgl. Mt. in der religionsachen als dem principalpuncten zu Hagenau handlen hett lassen und jungstlich zu Wormbs gehandlet worden were, den reichsstenden ausfueren lassen möchte. Wie und welchermassen aber die ausfuerung solcher hagenauischen und wormbsischen handlungen, auch wie die religionsach zu Wormbs verlassen und von dannen auf diesen reichstag transferiert worden, wie auch dieselb weitter continuiert und gehandelt werden sölle, des alles tragen ir ksl. Mt., dieweil die solche sach auf dem tag zu Wormbs selbs under handen genomen, genedigists wissen.

Zum andern, dieweil das gemain ausschreiben ditz reichstag, neben dem haubtstuckh der strittigen religion das unerleidlich und hoch verderblich eindringen gemainer christenhait erbveindts, des Thurgkhens, und wie demselben abbruch und widerstandt beschehen sölte, auch mit sich bringt, achtet die kgl. Mt. fur ain unvermeidliche, hoche notturft sein, die stende des hl. reichs nach der lenge zu berichten, wie der Thurckh in wenig jarn here sein reich erweitert und seinen fueß so ferr in Hungern gegen teutscher nacion gesetzt, was er auch der herrschaft zu Venedig und andern abgedrungen, wie hoch beschwerlich und sorgfeltig auch die sachen dieser zeit in Hungern steen, auch wie es umb Sibenburgen, dergleichen in der Moldau gestalt und geschaffen seye, wie dann ir ksl. Mt. des alles von der kgl. Mt. gesanten underschidlichen und lauttern bericht emphangen hette, darnach ir ksl. Mt. die sachen mit guettem grundt und ausfuerung die reichsstende erinnern mag, das demnach ir ksl. Mt. gemaine reichsstende zu widerstandt und abtreibung bemelts Thurckhens hochnachtailigen furnemens, welches auf solche notturftige ausfuerung und erinnerung des vorsteenden unraats und verderbens gemainer christenhait und vorab teutscher nacion under anderm furnemblich dahin gestelt, die chron Hungern gewaltigclich einzenemen und zu besitzen und daraus teutsche nacion zu verderben und under sein tirannische gehorsambe ze bringen, umb ain ansehliche, statliche, beharliche und gewaldtige hilf ansueche und dieselb hilf in ansehung, das es laut der verhanden khundtschaften die unvermeidlich notturft erfordere, zum höchsten, als die yndert zu erlangen, verhoffenlich gestelt, auch, sovil muglich, gefurdert werde.

Zum dritten bedenckhen die kgl. Mt., das der ksl. Mt. hohe notturft erfordern welle, sich bey gemainen reichsstenden zum höchsten zu beschwern, das sich etliche jar heer vil personen hochs und niders standts uber und wider irer ksl. Mt. zu mer malen ausgegangne gebot und mandata, auch uber ir aid und phlicht, damit sy irer ksl. Mt. und dem hl. reich verwant und zuegethan, wider ir ksl. Mt. und das hl. reich in khriegsdienst eingelassen, welches ye unlöblich, neben dem, das solches ksl. Mt. und des hl. röm. reichs heergebrachten reputacion und hochhait nit wenig schimpflich, das solche offenbare ungehorsame geduldet und zuegesehen werden sölle, mit begeer, derhalb solch ernstlich einsehung ze thuen und ordnung furzenemben, dardurch dergleichen offenbare ungehorsame wider ir ksl. Mt. als iren naturlichen herrn und kayser, auch das hl. reich hinfur abgestelt und furkhomben werde. Dann was ir ksl. Mt. untzhere gegen dem Kg. von Franckhreich von wegen des hertzogthumbs Maylannd furgenomben und gehandelt, das seye irer ksl. Mt. als römischer kayser, dieweil bemelt hertzogthuemb Maylanndt dem hl. reich mit dem aigenthuemb zuegethan und verwant, schuldig gewest und habe irer ksl. Mt. zu handthabung derselben und des hl. reichs aigenthumb wol geburt, aber khainem underthanen noch verwandten des hl. reichs seye in khainen weeg zuegestanden, auch weder ruemblich noch eerlich gewest, dem Kg. von Franckhreich in dem faal ze diennen oder ainiche furderung ze thuen, und dieweil ksl. Mt. an dieser verordnung und fursehung so vil und nit weniger als gemainen reichsstenden an der hochnotwendigen turggenhilf gelegen, das demnach die ksl. Mt. ir dise sach mit dem höchsten anligen lassen welle, angesehen, das durch solche abstellung nit allain die billich und schuldig gehorsame gegen irer ksl. Mt. und dem hl. reich erhalten, sonder sonst allerlay übels und böse ursachen, so daraus volgen und fliessen, furkhomben werden, dartzue dem Turggen umbso vil mer und statlicher vom hl. reich widerstandt beschehen mag, sich auch wol zu verhoffen, das sich der Kg. von Franckhreich, so ime das teutsch kriegsfolckh entzogen, wider ir ksl. Mt. in weitter khriegsuebung nit begeben und gegen irer ksl. Mt. fridlich erzaigen und halten wurde.

Zum vierdten. Nachdem der röm. ksl. Mt., auch gemainen stenden des hl. reichs an erhalthung des camergerichts hoch, trefflich und vil gelegen und, wo das seiner underhalthung halb in zerruttung oder zertrenung khomben solte, das dardurch nit allein irer ksl. Mt. und des hl. reichs hochste obrigkhait und reputacion im hl. reich fallen, sonder daraus under den stenden des hl. reichs, so die ordenlich iusticia nit verhanden, alle ungehorsame einreissen und daraus ander beschwerlicher unrat, nachtel und verderben ervolgen wurde, so acht die kgl. Mt. fur ain hoche, unvermeidliche notturft, das sich ir ksl. Mt. mit den stenden des hl. reichs handle, wie bemelts camergericht khonftigclich, damit ir ksl. Mt. die purde und des lasts desselben chamergerichts underhalthung, dieweil dasselb camergericht allen stenden zu nutz und guettem khombe, hinfur entladen, underhalten werden sölle, das auch irer furgebrachten mengel und beschwerden halben, so inen in mer wege, wie des ir ksl. Mt. von denselben vom camergericht zu mer malen erinnert worden ist, ernstlich und solch notwendig abstellung, wendung und einsehen beschehe, dardurch sy hinfur in iren processen und erkhantnussen nit dermassen verschimpft, sonder dem ordenlichen rechten sein gestrackhter weeg und gang gelassen und die geburend execucion und voltziehung der ergangen urtln niemandt gesperrt oder verhindert werde.

Zum funften. Als sich im hl. reiche ein zeit here vil freflicher und mutwilliger sachen zuegetragen, das die underthanen des hl. reichs zuwider der [sic!] kayserlichen landtfridens, der gulden bullen und andern reichsordnungen befehdet, gefangen, geschatzt und bedrangt worden, auch den tätern zu solchen iren mutwilligen, bösen handlungen underschlayf, hilf und furschub beschehen, aus welchem, wo hinfur zu abstellung und straff solcher tätlichen und mutwilligen handlungen, die in etlichen fällen mit ainem solchen ansehen und macht beschehen, nit mit mererm ernst furgangen, volgen, das daraus, wie zue besorgen, khrieg, entperung und hochnachtailiger unrat erwachsen wurde. Darumb die kgl. Mt. gleicherweise fur hoch notwendig bedenckht, das zu furkhombung solcher und dergleichen mutwilligen handlungen ordnung gemacht, wie die notturftig handthabung der gulden bullen und andern satzungen, so gegen und wider die landtfridprecher und derselben helfern und furschiebern hievor eingesetzt ist, beschehen sölle und menigklich bey gleich und recht bleiben möge, auch der unrat und nachtl, so, als obsteet, hieraus zu gewarten, abgestellt und verhuet werde.

Zum sechsten, dieweil aus der vile und menig der druckhereyen, so an mer orten vorhanden sein, manicherlay laster und ubels an den tag gebracht und ausgebrayt wirdet, aus welchem allerlay unrat und zerruttung gueter ordnung und pollicey volgt, auch daraus fleust, das sich furstmessig personen nit zu klainer uneer, verachtung und schimpf ires langen und hohen, eerlichen heerkhombens aneinander zu schmahen und zu verunglimpfen einlassen, achtet die kgl. Mt., das zu furkhombung solches ubels und unrats nutzlich und gut were, ordnung furzenemben, und deshalb vonnöten seye, mit den stenden des hl. reichs ze handlen und, welchermassen dieselb ordnung furzenemben und in das werckh ze bringen seye. Was dann ander obligen und sachen verhanden, so auf vor gehalten reichstägen furkhomben und nit zu ende gehandlt sein, davon wil die kgl. Mt. dieser zeit khain anzaigung oder ausfuerung thuen, sonder werden dieselben on zweiffel, so man in handlung khombt, furbracht werden.

Und beslieslich, so achtet ir kgl. Mt. etc., so mit der hilf und genad des almechtigen in der strittigen religionsach ain christliche verainung und vergleichung gemacht, das damit die maisten hievor angezaigten artickl auch in richtigkhait gebracht und dieselben gar leichtlich zu erledigen sein wurden. Das alles hat ir kgl. Mt. der ksl. Mt. auf derselben genedigists wolgefallen und verpesserung bruederlicher und freundtlicher maynung anzaigen wellen und thut sich derselben bruederlich und freundtlich bevelhen.

Datum Wienn, den dritten Marcii anno etc. im 41.

Anmerkungen

1
 Eine französische Übersetzung des Stückes findet sich in Wien HHStA, RK RTA 6, unfol.