Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

A  Weimar HStA, EGA, Reg. E 136, fol. 247r–249v (Kop.); DV fol. 249v: Copei supplication gemeiner vereinigten stende in den sachen Goßlar und Braunschwig, der röm. ksl. Mt. Sonnabent nach Judica [1541 April 9] ubergeben. 1541.

B  koll. Konstanz StadtA, G 19 (Reformationsakten), fol. 633r–633v (Kop.).

C  koll. Frankfurt ISG, Reichssachen II Nr. 909, fol. 28r–29r (Kop.); ÜS fol. 28r: Supplicatio gemeyner vereynigter steendt in den sachen Goßlar und Braunschweig, 9. Aprilis röm. ksl. Mt. ubergeben.

Wiewolh das eur ksl. Mt. wir mit so manichfaltigem ansuchen nicht gern beschwern, so werden wir doch durch daß vilfeltig anregen, clagen und anruffen der stett Goßlar und Braunschwig dermassen geursacht, daß wir, solch ansuchen bei eurer ksl. Mt. undertheniglich zu thun, nicht konnen oder mogen umbgeen. Dan wiewolh euer ksl. Mt. auß sonderlichem, hohem, cristlichem bedencken als ein loblicher kaiser, gutiger vatter deß vatterlands, in deutscher nation der schwebenden, irrigen religionsach halben vergleichung und also bestendigen frid und ainigkeit zu machen und aufzurichten, deßhalben allerlei schwere reise, muhe und arbeit auf sich genohmen und zu forderung desselbigen dem keyserlichen chammergericht in allen und iden religion- und darauß fliessenden sachen stilstandt gebotten, auch die goßlarischenn und mindischenn achten, damit dieselbigen stedt nach unserm bedencken unrechtmessigerweiß beschwert worden seint, suspendirt und Hg. Heinrichen, sovil die von Goßlar antrifft, solcher suspension zu gehorsamen, bevolhen, auf daß euer ksl. Mt. solche ire furgenohmene cristliche handlung auf diesem reichstag sovil bequemer und baß verhandeln möchten, so haben wir doch am jungsten eur ksl. Mt. ein supplicationschrift [Nr. 244] ubergeben, in welcher wir auf ansuchen der von Goßlar eur ksl. Mt. underthenigst angetzeigt, welchergestalt Hg. Heinrich obgemelt solchen keiserlichen bevelchen nicht gehorsamet oder statgibet, darauf wir noch eur ksl. Mt. gnedigster antwort undertheniglich thun erwarten. Weren auch wolh geneigt, euer ksl. Mt., mit so vil gescheften beladen, mit weiterm ansuchen zu verschonen. Damit aber doch euer ksl. Mt. aigentlich spuren, daß Hg. Heinrich den keiserlichen geboten zuwiderlebt, so haben die von Goßlar uns vilfeltig geschrieben, daß inen Hg. Heinrichs dienner ane zweivel auß seinem bevelh kein prophiant oder ichts anders zugeen lassen, die straß verhindern, ire zins und gult, so die burger in seinem furstenthumb haben, eintzufordern und ime zuzeeigen, understeen und andere ding furnehmen in meinung, sie gar zu grundt und boden zu verterben, außzuhungern und zu seinem willen zu dringen, unangesehen aller eurer ksl. Mt. suspension, geboth oder verboth, eurer ksl. Mt. nicht zu geringer verachtung, inmassen euer ksl. Mt. aus beiligendem außzug gnedigst zu vernemen haben1.

Ist demnach unser underthenigste bit, euer ksl. Mt. wollen hirauf nochmals in ansehung in der andern supplication ertzelten ursachen ernstlich verfugen und verschaffen, daß gemelter Hg. Heinrich alle und ide strassen eroffene, denen von Goßlar frei zu- und abfhur nach irer notturft gestatt, denselbigen auch ire zins und gult nicht entziehe, sie mit iren welden, huttenwerck, bergkwergk und andern iren inhabenden gutern bei iren besess, recht und gerechtigkeit bleiben lasse, sonder sich der suspension in allen und iden irer wirckung gentzlich und creftiglich halte und umb die uberfharung und eingriff in stehender suspension inen geburlichen abtrag und vergleichung thue2.

Zum andern, allergnedigster herr, so langet uns glaublich an, daß in eurer ksl. Mt. nider und andern umbligenden landen sich etliche gewerb und anleuffe von knechten ereugen sollen3. Wiewol wir nun noch zur zeit nicht wissen mugen, wer solche knecht versamelt oder wartzu die gebraucht werden sollen, so mussen wir doch besorgen, daß villeicht solche versamlung darumb angericht möcht werden, damit so vil minder stende von diesem tailh alhie ankommen und etliche andere fursten und stende, so hie seint, abtzuziehen bewogen werden möchten. Bitten derhalben underthenigst, euer ksl. Mt. wolle allen sachen zum besten gnedigst verfugen, damit umb solche gewerb, weme die zusteen und wartzu die gebraucht werden sollen, erkundung geschee und, ob euer ksl. Mt. deßhalben zeitung zukomen weren oder wurden, alßdann das gnedigst einsehen thun, damit solch gewerb, ob etwas furhanden were oder sein wurde, gnedigst abgeschafft werde und nicht ursach sei, das etzliche außbleiben und etzliche von stenden dieser religion, so alhie seint, abreitten musten, sich in dem allen allergnedigst ertzeigen.

Anmerkungen

1
 Bei dieser Beilage könnte es sich um die undatierte Zusammenstellung der Verstöße Hg. Heinrichs von Braunschweig gegen die Suspension der über Goslar verhängten Acht handeln, Frankfurt ISG, Reichssachen II Nr. 909, fol. 26v–28r (Kop.).
2
 Vgl. das Gutachten für den Kaiser zu den Beschwerden der schmalkaldischen Verbündeten über Hg. Heinrich von Braunschweig, Regensburg, o. Datum, Wien HHStA, RK RTA 7, unfol. (Kop.): Sire! Le lantgrave de Hesse et ses adhérens se complainct du duc de Brunßwig, que nonobstant la suspension décernée par vostre Mil procède contre la ville de Brunßwig et Goslar et ne leur permitte de mener aucuns vivres. S'il semble, que on pouroit remonstrer lesdites doléances audit duc et le requérrir d’y voloir donner ordre selonc qu’il a promis à vostre M. Et que en semblable on pouroit remonstrer au lantgrave et autres les complainctes dudit duc de Brunßwig affin aussi d’y remédier et mettre provision. Il semble soubz le bon plaisir de vostre Mque ces remonstran[ces]se peullent gracieusement aux deux parties. Vgl. dazu die ksl. Kommission für Christoph von Seiseneck zur Unterhandlung in den Irrungen zwischen Hg. Heinrich von Braunschweig und den Städten Goslar und Braunschweig, 1541 April 12, Wolfenbüttel NLA, 1 Alt 8 Nr. 498, fol. 10r–11r (Kop.), vgl. Anm. 6 zu Nr. 580.
3
 Zu entsprechenden Mitteilungen Goslars über laufende Werbungen vgl. Kf. Johann Friedrich von Sachsen an Bgm. und Rat von Goslar, Torgau, 1541 April 5, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 372 Nr. 142, fol. 230r–232v, hier fol. 231r: [...]. Soviel aber di vorsamblung der knecht betrifft, solchs ist uns vhast seltzam zu horen, zuvorderst undter dem reichstagk, aber dorfur will es gewiß zu achten sein, das etwas sonderlichs muß dohindter stecken, zuvorderst weil ezliche heuptleut Hg. Heinrichen mit zukomen sollen. Sollen ihn weiter auf dem Laufenden halten. Will auch selbst Erkundigungen einziehen. Aber in alle wege wollet gleichwol eure sachen in gueter acht und uffsehen haben, domit ir unvorsehens nit ubereylet. Will durch seine Reichstagsgesandten die schmalkaldischen Verbündeten informieren lassen und sich dann nach deren Beschluss richten. Ihre Absicht, den Reichstag zu beschicken. Sollen ihre Gesandten über Torgau reisen lassen, von wo aus sie im Gefolge Hg. Philipps von Pommern sicherer nach Regensburg gelangen können. [...]. Datum Torgau, Dinstags noch Judica 1541. Zum Konflikt Hg. Heinrichs von Braunschweig mit den Städten Braunschweig und Goslar vgl. Täubrich, Herzog Heinrich der Jüngere, S. 114–132, S. 136–137, S. 145–147 und S. 169–172.