Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

A  Dresden HStA, 10024 GA, Loc. 10183/06, Instruction auf den gegen Regensburg angesetzten Reichstag und andere [...], fol. 229r–234v (Kop.); AS v. a. Hd. fol. 229r: Hg. Hainrichen und Hg. Wilhelm von Braunswig belangend.

B  koll. Dresden HStA, 10024 GA, Loc. 10183/04, Regenspurgischen Reichstags, Religion und andere Händel vermöge einer hierbey [...] Anno 1539–1547, fol. 474r–477v (Kop.).

Nach fleissiger erwegung zugestalter copeyen des vortrags, so etwan zwischen den durchleuchtigen, hochgebornen fursten und herrn, H. Heynrichen und H. Wilhelmen Hgg. zu Braunschweigk und Luneburgk, gebruder, aufgericht und volzogen, auch dorbey angehangnen fragen, nemlich, ob obgedachter unser gnediger herr Hg. Wilhelm zu recht befuget sein mocht, solchen vortragk umbzustossen und zu widdertreyben oder, do sein fstl. Gn. des im rechten bestendigen grund nicht haben konte, ob es alsdann fuglich, bequeme, ratsam und zu thun sein wolte, das sich chur- und fursten, Hg. Heinrichs bluts- und andere freund1, des annehmen und bey der röm. ksl. Mt., unserm allergnedigsten herrn, umb gnediges und geburlichs einsehens ansuchung thun und bitten solten.

Hierauf wil dem vorordenten ausschus schwerfallen, ausserhalb ihrer bucher und in solcher eyl einen bestendigen rathschlage zu stellen und zu fassen, zuvorderst weil dis ein großwichtiger handel und in die scherf der recht lauffen wil. Aber vor ir einfalt haben sie, dis nachvolgend bedencken zusammenzuziehen und furder die chur- und fursten, auch derselben vorstendigere rethe weitter erwegen zu lassen, nit umbgehen wollen.

Und erstlichen, so befinden sie aus berurten copeyen, das Hg. Wilhelm sich mit gedachtem seynem bruder aller irer angeerbten und erworbnen furstenthumben, landen und leuthen voreinigt, erblich und ewiglich vortragen, also das Hg. Heinrich und seiner fstl. Gn. leibs- und lehenserben solcher furstenthumb, lande und leuthe alleine regierende fursten und herrn sein, Hg. Wilhelm aber und seiner fstl. Gn. leibslehenserben nicht eher, dann wan Hg. Heinrich und seiner fstl. Gn. leibslehenserben alle mit todt abgangen, die anwartung haben und regirende fursten werden sollen, dargegen Hg. Wilhelm und seiner fstl. Gn. erben zu seiner fstl. Gn. und derselben abfertigung und underhaltung jerlich 2.000 fl. gereicht und gegeben werden sollen, wie dan auch seine fstl. Gn. darauf Hg. Heinrichen berurte land und leut ubergeben und zugestellet und sich daran alles regiments anforderung und gerechtigkeit vorziehen und, mit berurten 2.000 fl. jerlicher pension content und zufrieden zu sein, zugesagt und vorsprochen.

Zum andern befinden sie aus berurten copeyen, das sich Hg. Wilhelm vorpflichtet, den aufgerichten vortragk, so oft es die notdurft erfordert und der fahl sich zutregt, von neues [sic!] widerumb zu bewilligen, zu vorneuern und zu bestettigen, und, so seiner fstl. Gn. teils doran mangel sein wurde, das Hg. Heinrich, die gemelte 2.000 fl. jerlicher pension zu geben und zu reichen, unvorbunden und gleichwol solcher vortragk bey kreften sein und bleyben soll.

Zum dritten, das auch seine fstl. Gn. neben ihrem bruder, uber gemelten vortragk der röm. ksl. Mt. consens und vorwilligung auszubringen, zusage gethan, so soll auch, wie darneben berichtet wirdet, solcher consens bey ksl. Mt. albreit ausbracht und erlangt sein.

Vor das vierde befindet sich, das Hg. Wilhelm, gemelten vertragk bey furstlichen wirden, ehren und handgebenden treuen an aydes stat stethe, veste und unvorbruchlich zu halten, zugesagt und, sich davon nicht absolviren zu lassen, vorpflichtet, auch allen privilegien, dispensation, indulten, erlaubnussen, statuten, satzungen, ordnungen, excepcion und einreden des gewalts, betrugs, hinterkommens und beneficii restitucionis in integrum abrenunciirt und vorzicht gethan.

Zum funften, das auch vielgedachter vortragk mit vorwissen, willen und bewilligung der landschaft aufgericht und besigelt worden und das gemelte landschaft in worten der warheit gelobt, solche vortrege treulich zu halten und dem zuwidder keinen regirenden fursten aufzunehmen oder zu huldigen.

Und zum letzten befindet sich aus dem nebenbericht, das Hg. Wilhelm noch aufrichtung und volziehung solchs vortrags etliche jar die zugesagte und vorsprochene 2.000 fl. aufgehoben und entpfangen.

Derhalben so will Hg. Wilhelmen schwerfallen, widder solche zusage, bewilligung abrenunciacion, verzicht, sieglung und, was dem allen meher nachvolget, zu handeln, dan wiewol es war und leichtlich darzuthun, das hochgedachter Hg. Wilhelm in solchem vortragk gantz geferlichen und metu eingefurt und, da es allein in dem fahl blieben were, das seine fstl. Gn. solchs alles zu recht nach erlangter absolucion a juramento als nichtig, unkreftig und unbundigk bereden mochte, so wil doch seinen fstl. Gn. die erfolgete ratificationa in dem, das seine fstl. Gn. so viel jar hernacher auf solchen vertrag jerlich die 2.000 fl. eingenohmen, aufgehoben und entpfangen, vast im wege stehen, das seine fstl. Gn. mit gutem bestand zu hinterziehung berurts vortrags nicht kohmen moge, dieweyl solche ratificacion das ansehen haben wil, als ab dardurch die vorige geferde und forcht adder metus purgiret, gentzlich ufgehoben und erloschen.

Darumb so wyl auch seinen fstl. Gn. keinesweges zu rathen sein, sich selbst und aigner person darwidder zu legen, einiche absolucion a juramento adder restitucion widder gemelten vertrag zu bitten, dieweil, wie oben gehort, seine fstl. Gn. sich, nicht allein vor sich selbst dawidder nicht zu thun nach zu handlen, sonder auch niemands von seinetwegen zu vorstatten, vorschrieben.

Nachdem auch aus zugestalter copeyen ein clausel befunden, wie es sich zutruge, das Hg. Heinrichs zugeteilte furstenthumb, lande und leuthe sich besseren, von schulden entledigt und mehren wurde, das es alßdan bey ime stehen solte, Hg. Wilhelmen und seiner fstl. Gn. erben die underhaltung zu bessern und zu mehren, und das darauf bey Hg. Heinrichen handlung vorzunehmen sein mochte. Dieweil aber am tage, das Hg. Heinrich die leute, welchen ehr in sonderheit vorpflicht und vorschrieben, kein zahlung thut, wie solchs seiner burgen leistung außweyset, so wirdet leichtlich zu erachten sein, das ehr, seinen bruder, Hg. Wilhelmen, aus gutwilligkeit und one einiche vorpflichtung etwas weyter und mehrers zu geben, sich schwerlich wirdet bereden lassen. Zudeme, das sich vielleicht auch niemands Hg. Wilhelmen teyles itziger zeit, mit Hg. Heinrichen in handlung einzulassen, werde vermugen lassen.

Darumb so wirdet vor den dritten wegk als den fuglichsten und bequemsten bedacht, das sich chur- und fursten als Hg. Wilhelms bluts-und andere freund seiner fstl. Gn. so hoher beschwerung annehmen und vor sich der ksl. Mt. anzeige und bericht tethen, welchergestalt ihr freund, Hg. Wilhelm, durch Hg. Heinrichen, den bruder, in solchen vortrag eingefurt, ubervortailt und vorschwellet [sic!], und das die ksl. Mt. in dem aus kayserlicher macht und gewalt geburlichs einsehen thun und die dinge zu rechtmessiger, erbarer und geburlicher vergleichung wolte bringen lassen, in sonderlicher betrachtung, das es ein beschwerlichen eingangk und bose exempel im reich teutscher nation machen und einfuren wolte, da unther den furstlichen heusern, ein bruder den andern also durch bedrangnus vi, dolo et metu von seynem anererbten, veterlichen furstenthumben, landen und leuthen so geringschetzigk abzusondern, solte eingereumet und vorstatet werden, zudeme das es auch wenigk guttes, freuntliches willens anrichten, sondern villeicht allerley unlust und widderwillens mit der zeit geberen und anschiften wolte.

Aber auf den fahl wil Hg. Wilhelms nottorft und gelegenheit mit vleis zu erwegen sein. Und erstlich, das sich ane zweyffel Hg. Hainrich understehen wirdet, bey seinen fstl. Gn. zu erkunden, auch des von seinen fstl. Gn. schriftlichen schein und kuntschaft zu haben, das seine fstl. Gn. des angezeigten vertrags allenthalben wol zufrieden und das seine fstl. Gn. die ksl. Mt. darfur bitten soll, nyemands von wegen seiner fstl. Gn. ansuchens und anhaltens derwegen, als ob seine fstl. Gn. durch gemelten vortrag ubereilet und vorkurtzet, stathzugeben, wie sich dann seine fstl. Gn. des auch also vorschrieben und vorpflichtet, berurten vortragk widder durch sich selbst anzufechten nach andern von seyner fstl. Gn. wegen zu vorstatten. Und do sich seine fstl. Gn. darauf nicht solte vornehmen lassen, das es Hg. Heinrich darfur wurde achten wollen, als ob es Hg. Wilhelms getriebe und anschiftung were.

Zum andern, das Hg. Heinrich daraus wurde ursach nehmen wollen, Hg. Wilhelmen die angezeigte 2.000 fl. hinfurder nicht zu reichen, bis ehr expresse kegen der ksl. Mt. sich vornehmen liesse, berurten vertrag ane wegerung nachzusetzen und niemands, darwidder zu handlen, gestatten. Do auch die ksl. Mt., zuvor und eher ire ksl. Mt. solche dinge geendet und zu geburlicher vorgleichung brechte, aus deutzschen landen abreysen wurden, das Hg. Wilhelmen der einhalt an berurten 2.000 fl. begegnen und widderfahren mochte. Darmit Hg. Wilhelm hernacher nicht zu sagen, man hette inen bey ksl. Mt. in hoffnung, viel zu erlangen, eingefurt und nicht allein nichts erlangt, sonder auch umb das ubrig bracht, das seine fstl. Gn. sonsten hetten gewarten mogen2.

Anmerkungen

1
 Gemeint sind offenbar die Freunde Hg. Wilhelms von Braunschweig.
a
 Nach B korr. aus: ratihabicion.
2
 Zur Auseinandersetzung Hg. Heinrichs von Braunschweig mit Hg. Wilhelm von Braunschweig bis zum Primogeniturvertrag vom 16. November 1535 vgl. Täubrich, Herzog Heinrich der Jüngere, S. 86–92 und 187–190.