Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld
A Dresden HStA, 10024 GA, Loc. 08993/04, Acta Misnensia oder Acta des Reichsstandes halben [...] Sachsen [...] Meißen, fol. 39v–45r (Kop.); AV fol. 39v: Anno 41 zu Regensburg.
B Rom AVat, Armadio LXIV, vol. 9, fol. 301r–304r (lat. Übersetzung, Kop.).
Regest mit Ausz.: Gersdorf, Urkundenbuch, Bd. III, unter Nr. 1423, S. 363.
Nachdem ich im anfang dieses reichstages euerer ksl. Mt. etliche beschwerden, so mir und meinem stift von den durchleuchtigen, hochgebornen fürsten und herren, H. Johann Fridrichenn Kf., H. Heinrich und H. Johanß Ernstenn Hgg. zcu Sachßenn in viel wege bißher begegnet und noch teglich zugefügt werden, in zweien schriften underschiedlich furgebracht, wiewol ich bißher für und fuer uf euerer ksl. Mt. gnedigste hülf und bescheids gewarthet und mich underthenigst getrostet, mir solt dieselb von euerer ksl. Mt. vorlangst wiederfahren sein, so werde ich doch bericht, daß solches bißher allein dorumb vorblieben, daß hochgedachte Kff. und Ff. zcu Sachßenn uf berurte meine ubergebene supplicationschriften, so ihnen alßbalt von euerer ksl. Mt. räthen zuegestelt, auch oftermal umb andtwort angehalten, noch khein andtwort geben haben sollen. Wiewol ich nun ihrer Gn. andtwort gar kheine scheue trage, so ist mir doch zum hogsten beschwerlich, daß ich allein under dem schein und auß der ursach, daß sie nit andtwort geben, aufgehalten1.
Dann anfenglich ist je offenbahr und in meiner ersten supplication genugsam dargethan, daß mir alß einem Bf. tzue Meißenn der furstenstandt und session im reich tzuegehort, wie dann euerer ksl. Mt. vorfahren die Bff. tzue Meißenn uf alle reichstage erfodert und mit des reichs anschlegen gleich den anderen stenden des reichs belegt sein worden. Darauf sich dann meine vorfahren gehorsamblich erzeigt, das ihre erlegt und dorauf von des hl. reichs darzue verordenten einnehmern quittirt sein worden. Zudeme daß im reichsabschiede, welchen euere ksl. Mt. tzue Wormbß anno 1521 selber gegeben hat, der Bf. von Meißenn under den stenden des sechsischen kreyß namhaftig gesatzt und außgedruckt wirdet. Auch hat mein vorfahrer im 1522. jahr seinen geschickten einen von Werther zue Nurnberg alß seinen vollmechtigen gehabt, do dann auch des Kf. tzue Sachßenn geschickter und Hg. Georg tzue Sachßenn seeliger gedechtnuß personlich gewesen, wie dann auß demselbigen abschiede klerlich zu ersehen. Und dann zueletzt auch ich alß iziger regirender Bf. tzue Meißenn durch die röm. ksl. [sic!] Mt., meinen allergnedigsten herren, uf den tag, anno etc. 39 gen Wormbß außgeschrieben, erfodert, aldo ich auch durch meinen gesandten bey den reichstenden, die mich des nicht haben entsetzen laßen wollen, erhalten hab, wie ich dann solches alles izt und von stund an mit keyserlichen und khoniglichen begnadungsbriefe, außschreiben, fiscalische quittungen, proceß und andere dergleichen schriften tzur notturft genugsam beweißen khan. Dieweil ich dann solcher meiner gerechtigkheith billich nicht entsatzt werden soll und dann euere ksl. Mt. mich uf dießen gegenwertigen reichstag wie ander keyser und khonige meine vorfahren genedigst auch beschrieben und ich dorauf alß ein gehorsamer furst und gliedt des reichs erschienen, so ist es billich, daß ich meine seßion und standt alß ein furst des reichs haben und durch bloß wiedersprechen der Kff. und Ff. tzue Sachßenn daran nicht vorhindert noch betruebt werden soll.
Weil deme also und mir daneben tzum högsten beschwerlich ist, alhier mit schwerer unkost zue liegen und meinen gebuhrenden reichstandt nit tzue haben und doch, der Kff., Ff. tzue Sachßenn aufgetzogenen andtwort in diesem falle tzu erwarten, nit vonnothen, in ansehung, daß ich billich bey meiner gerechtigkeit, der mich die stende tzue Wurmbß nicht haben wollen entsetzen laßen, bleibe und dabey von euerer ksl. Mt. geschutzt und gehandthabt werde, alß gelangt abermalß an euere ksl. Mt. meine underthenigste bitte, die geruhen auf meine gethane supplicationschrift mir tzum foderligsten mit gnediger hulf tzu erscheinen und meinen gebührenden fürstenstandt und session in des hl. reichs rath gnedigst eintzuegeben und, was bißher durch die Kff. und Ff. tzue Sachßenn dagegen vorgenohmmen, tzue cassiren und abtzuethuen2.
Soviel aber die anderen meine beschwerden, welche ich hiebevorn euerer ksl. Mt. auch vorgebracht habe, belangendt, die will ich hiemit auch erholt haben und in sonderheit, was die thumkirchen tzue Meißen, auch derselben clerisey betrifft. Dann wiewol dieselbe kirche nicht mit geringen befreiungen von gemeinen rechten dann andere kirchen begnadet, dobey sie dann ihn vortzeiten die Mgff. tzue Meißenn alß die schutzfursten und folgendt ihre nachkhommenden, die Hgg. zue Sachßenn, treulich gehandhabet haben, wie dann weilandt Hg. Georg zue Sachßenn hochloblicher gedechtnuß biß an sein ende auch gethan und die tzue mehrer sterckung ihres schutzes in euerer ksl. Mt. jungsten zue Nurnberg aufgerichten bundt gebracht hat, zuedeme daß diese kirche gleich anderen kirchen deutscher nation in euerer ksl. Mt. gnedigsten schutz und schirm vermöge des augspurgischen abschiedes gewesen und noch ist. Aber des alles ungeachtet ist Hg. Heinrich tzue Sachßenn uf anleitung etlicher des stifts und gemeiner clerisei wiederwertigen tzuegefahren und hat den gewonlichen gottesdienst in der kirchen tzue Meißenn abgestalt, prediger seines gefallens darein verordnet, andere ceremonien und gesenge, welche dem gemeinen gebrauch der christlichen kirchen ungemeß, aufrichten und die kirche mit seinen vormeinten visitatorn beladen laßen und, do etzliche gehorsame vicarien und persohnen der kirchen in derselbige visitatorn ordnunge und ungereumbte neuerunge nicht haben willigen noch sich der genandten visitation anhengen wollen, alß hat er ihnen ihr teglich gefell vorenthalten und sie suspendiren laßen, alles mit gewalt und unrecht, auch tzue abbruch meiner kirchen tzue Meissen. Dann wue solche vorgewaltigung nit solt abgestalt werden, muste das feine, alte, frey und kayserliche stift, darauß etwan die herlichen landt Meißenn und Laußnitz tzue christlichen glauben gebracht sein, zue scheittern gehen.
Uber das understehet sich hochgedachter herzog der visitation in der nonnen- und monchen clostere, welche doch ohne mittel mir alß einem Bf. tzue Meißen tzuestehen, verhindert sie an ihrem wolhergebrachten und christlichen gottesdienste, lest sie dringen, die kappen abtzuelegen, will nicht nachlaßen, daß anstadt der abgestorbenen ander an ihre stadt aufgenohmmen werden, nicht zue geringer schmelerung des geistlichen standes und gottesdiensts. So hat er auch durch seine angegebene visitatorn mir meine jurisdiction im lande tzue Meißenn fast eingetzogen und nach derselbigen gefallen in die kirchen hin und wieder ordenen und neuerung anrichten laßen, mit was beschwerungen und nachteil meines stifts mag euere ksl. Mt. leicht auß högstem verstandt ermeßen. Der Kf. aber tzue Sachßenn sambt seinem brueder understehet sich in meines stifts regalien, furstliche obrigkheit, welches doch hiebevorn unerhört und dem schutz, dem [sic!] sein Gn. mir und meinem stift auf mein ansuchen mittheilen soll, nicht allein ungemeß, sonder auch zuewieder, dann er hat vergangener weile etzlichen meinen underthanen im ampt Wurtzenn, welches meinem stift ohne mittel tzuestehet und von euerer ksl. Mt. und dem hl. reiche zue lehen gehet, verbotten, mir tzinße tzue reichen und frohnen tzue thuen, nicht zu geringen meinen schaden und nachteil.
So hat er auch meine catholische prister und seelsorger auß denselbigen ampten vorjagen und andere mir und gemeiner christlichen kirchen wiederwertige an ihre stadt eindringen laßen, welches alles zue abbruch euerer ksl. Mt. und des reichs gerechtigkeit an dem orthe und tzue schmelerung meiner und des stifts tzue Meißenn privilegien und jurisdiction gereichen will.
Auß diesen allen, welches an ihm selber offenbahr, auch von meinen gnedigen herrn, den Kff. und Ff. tzue Sachßen nicht khan noch mag mit einigem grunde oder schein vorneint werden, haben euere ksl. Mt. aus hogstem verstande leicht abtzuenehmen, in was treffentlicher beschwerung mein armes stift, ich und desselbigen clerisey stehen. Und nachdem ich nach Gott, unsern hern, bey niemandes zue dießer tzeit auf erdtboden trost, hülf, handthabung und gnedigst forderung in diesen geschwinden und sorglichen leuften zue suchen weiß, dann eben bey euerer ksl. Mt. alß bei meinem einigen natürlichen herren und gemeinen advocaten der christlichen kirchen, muß euer ksl. Mt. ich auß erforderung meiner pflichte abermalß ersuchen und anruefen und bitte demnach underthenigst, euere ksl. Mt. geruehen hoggemelte meine gnedige herren, die Kff. und Ff. tzue Sachßenn, tzue vermügen oder mit ihnen tzue schaffen, von ihrem gewaltsamen beginnen abetzuestehen und daß der Kf. tzue Sachßen die verboth im ambt Wurtzenn, welche seine ambtmann oder schoßer tzue Grim gethann, laße aufheben und dero sich hinfurter enthalte, auch niemandts anders zue thuen gestatte, daß er sich auch enthalte, in religionsachen dohin und an andere orter meines bistumbß zue gebieten oder zue ordenen.
Desgleichen, daß Hg. Heinrich abstehe von seiner vorgenohmmenen visitation und sich kheiner obrigkheit uber die clerisey zue Meißenn, auch niemandts, sich dero von seiner Gn. wegen anzumaßen, gestatte, und laße meine clerisey tzue Meißenn mit ihrem gottesdienst hinfurder fur sich gebahren, wie sie mit Gott und christlicher weiß wol zue thuen weiß, sie auch mit nichts beschwere oder beschweren laßen, welches wieder ihre gewißen, eydt und gehorsam sey, das er auch darob sey, daß der prediger, welcher durch seiner Gn. visitatores dohin gesatzt, auß der thumkirchen doselbst geschafft werde und laße die vorgenohmmene seiner visitatorn suspension und verboth des teglichen gefells halber, so der clerisey zuestehet, aufheben und abtuen, daß er auch mit seiner visitation der closter verschone und das fallen laße, welches seiner Gn. visitatores albereit geordent haben und daß er in summa mir alß einem bischoffe in meine geistliche und weltliche gerechtigkheit nicht einhalt thue oder sonst jemandts zue thuen verstatte, sondern daß die Kff. und Ff. zue Sachßenn allerseits mich, mein stift und deßelbigen geistliche und weltliche underthanen schutzen und handthaben, inmaßen sich nach art und eigenschaft eines rechtmeßigen schutzes eigent und geburet, domit ich meinem bischofflichen ambt, an dem ich je nicht gerne seumen wolt, nachkhummen und sambt meiner clerisey Gott loben, ehren und dienen, auch mein bevohlen volck dermaßen weiden möge, wie solches meine christliche pflicht erfordern, und daß ich doneben euerer ksl. Mt. alß meinem allergnedigsten herren dasjenige underthenigst leisten möge, welches mir alß einem stande und fursten des hl. reichs nach alten herkhommen und gewonheit auß gehorsam gebuhren will3. Das alles hab ich auß dringender noth und meinen pflichten nach an euere ksl. Mt. abermalß underthenigst mußen gelangen laßen und were es doch lieber der dienstlichen neigung nach, so ich sonsten tzum hauße zue Sachßenn trage, ubrig geweßen. Bevehle mich hierneben sambt meiner clerisey und verwandten euerer ksl. Mt. ufs underthenigst, die wolle sich uber mein armes stift und mich erbarmen und sich gegen mir mit gnedigster hülf erzeigen, wie ich mich dann ditz zum högsten vertrostea,4.