Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Wien HHStA, RK Kammergerichtsvisitationsakten 317, unfol. (Kop.).

Haben dem Kaiser vor einigen Tagen wegen des gefangen genommenen und noch immer gefangenen Kammergerichtsboten Anton Kantengiesser geschrieben1. Nun ist Ähnliches dem reitenden Kammergerichtsboten Augustin Amend widerfahren. Als Amend der luxemburgischen Regierung, auch den Herren Weirich zu Kriechingen und Adam von Bentzenrode etliche Kammergerichtsurteile publizierte, ist er laut seines in Kopie beiliegenden Schreibens an den Prokurator Johann Helfmann2 von der luxemburgischen Regierung in Haft genommen worden. Haben deswegen auf Antrag Helfmanns3 und im Bewusstsein ihrer Amtspflicht an die luxemburgische Regierung laut beiliegender Kopie4 geschrieben. Der Bote, der dieses Schreiben überbringen sollte, erhielt in und außerhalb Luxemburgs so zahlreiche Warnungen, dass er, ohne den Brief übergeben zu haben, zurückreiten musste. Haben mittlerweile erfahren, dass Amend drei Tage lang in einem Turm festgehalten und dann nach Brabant gebracht wurde, wie aus dem Schreiben des Abts und Konvents zu St. Mergen bei Trier an Helfmann laut beiliegender Kopie5 hervorgeht. Helfmann hat daraufhin erneut eine Supplikation laut beiliegender Kopie6 dem Kammergericht eingereicht.

Da die Gerichtsboten nicht nur aufgrund des ksl. Rechts und der Reichsordnung, sondern auch bei allen Völkern nach Recht und Herkommen besonderen Schutz genießen, da auch bisher andere, die sich der Kammergerichtsjurisdiktion energisch widersetzt haben, sich daran gehalten haben und es überhaupt ein im Reich unerhörter Vorgang ist, dass dem Kaiser geschworene Kammerboten, die auf ihren Büchsen das ksl. Wappen führen, von ksl. Untertanen, die doch vilmehr sollichs dem rechten und aller erber und billichait nach bei andern wehren helfen solten, in Ausübung ihrer Amtspflichten festgenommen werden. Bitten deshalb den Kaiser als Schirmer seiner und des Reiches höchsten Jurisdiktion bei Kgn. Maria oder bei der luxemburgischen Regierung dafür zu sorgen, dass beide Kammergerichtsboten ohne Entgelt freigelassen werden, auch fortan Kammergerichtsboten an ihrer Amtstätigkeit nicht gehindert werden. Der Kaiser möge bedenken, welche Beeinträchtigung es für die Autorität der höchsten Jursidiktion des Kaisers und des Reiches bedeuten müsse, wenn ihre Forderung nicht erfüllt würde, und welche Unruhe und Verunsicherung daraus folgen müssten. Geben Speir am 20. tag Julij anno etc. 41.

Anmerkungen

1
 Vgl. Kammerrichter Gf. Johann zu Montfort und die Beisitzer des Kammergerichts an den Kaiser, Speyer, 1541 Juli 13, Wien HHStA, RK Kammergerichtsvisitationsakten 317, unfol. (Ausf.): Der Prokurator Dr. Simon Engelhardt hat dem Kammergericht als Klage vorgetragen, dass die Stadt Emden in Ostfriesland uff weilent Herman Falcken testamentarien anhalten, weil sie etlichen Kammergerichtsurteilen keine Folge leistete, in die Acht erklärt wurde. Der Botenmeister des Kammergerichts habe auch auf Antrag der Kläger dem beeidigten Beiboten des Kammergerichts, Anton Kantengiesser aus Speyer, aufgetragen, in allen umliegenden Territorien Exekutorialmandate zu publizieren. Dieser Bote soll, weil er in Brüssel und Antwerpen solche Mandate publizierte, gefangen genommen worden sein. Das Kammergericht sah sich deshalb veranlasst, Kgn. Maria um Freilassung des Boten zu ersuchen. Der deshalb abgesandte Bote des Kammergerichts erhielt aber keinen anderen Bescheid, als aus beiliegender Kopie seiner Relation hervorgeht. Da die Kammergerichtsboten aufgrund des Rechts und der Reichsordnung besonderen Schutz genießen und sich erwähnter Bote bei Ausübung seiner Amtspflichten korrekt verhalten hat, bitten sie den Kaiser als den Handhaber und Schirmer der obersten Reichsjurisdiktion, für die Freilassung des Boten zu sorgen. Wenn dies nicht geschieht, so ist zu befürchten, dass die Reichsstände, die bisher auch dann, wenn sie sich den Kammergerichtsurteilen widersetzt haben, die Boten des Kammergerichts stets unbehelligt ließen, sich an diesem Vorgang ein Beispiel nehmen. Das würde die höchste ksl. Jurisdiktion empfindlich beeinträchtigen. Datum Speir am 13. tag Julij anno etc. 41. Vgl. dazu die Frau des Boten Anton Kantengiesser und seine Kinder an das Kammergericht, o. Datum, Wien HHStA, RK Kammergerichtsvisitationsakten 317, unfol. (Kop.) und Kammerrichter und Beisitzer an die Kgn Maria, Speyer, 1541 Juni, ebd. (Kop.); Botenbericht, o. Datum, ebd. (Kop.).
2
 Kammergerichtsbote Augustin Amend an Lic. Johann Helfmann, Prokurator, o. Ort, 1541 Juli 29, Wien HHStA, RK Kammergerichtsvisitationsakten 317, unfol. (Kop.).
3
 Liegt nicht bei.
4
 Kammerrichter und Beisitzer des Reichskammergerichts an die luxemburgische Regierung, Speyer, 1541 Juli 11, Wien HHStA, RK Kammergerichtsvisitationsakten 317, unfol. (Kop.).
5
 Abt Johann und Konvent zu St. Mergen an Lic. Johann Helfmann, o. Ort, 1541 Juli 13, Wien HHStA, RK Kammergerichtsvisitationsakten 317, unfol. (Kop.).
6
 Eingabe des Prokurators Lic. Johann Helfmann an das Kammergericht, o. Ort, o. Datum, Wien HHStA, RK Kammergerichtsvisitationsakten 317, unfol. (Kop.).