Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 335 Nr. 134 Bd. 1, fol. 82r–86v (Ausf.); DV v. a. Hd. fol. 82r: Die rethe zu Naumburg bedencken in underthenigkait gut sein, sich deß hagenauischen abschieds und kayserlichen außschreibens kainswegs zu begeben etc. Item, das eines bäbstischen legaten ratschlag die landgreffischen in außschuß geleßen haben etc., welchs allein uff ein concilium und, das nurmbergische bundtnus zu erweitern, gemaint etc. und solchs den rethen zu Wormbs auch zuzuschreiben sein solle; v. 3. Hd.: Die rethe zur Naumburgk schiken der rethe zu Wormbs briefe, 1541, Torgaw.

Es seint heut auf der post von Wormbs schrift an euere kfl. Gn. hieher kommen, welche wir baide euerer kfl. Gn. bevelich nach erbrochen und gelesen. Haben auch als aus euerer kfl. Gn. bevelich rethen und potschaften alhir dovon, was sieder dem negsten schreiben doselbst der religion halben ferner gehandelt, bericht gethonn, die sich solcher bevolhenen antzaig gegen eurn kfl. Gn. undertheniglich bedanckt. Und dieweil wir inen auch der aidgenossen schreibens copei gelesen, so sie der von Basel halben an das camergericht gethann, so hat iderman gelacht und haben die oberlendischen gesagt, wo Hg. Hainrich von Braunschwig den nachtbarn so nahe gesessen were als den stenden disser landarten, so wurden sie ime seins stoltzens bald pflegen etc.

Und wiewol wir in underthenigkeit gneigt gewest weren, eurn kfl. Gn. unser underthenigs bedencken auf der rethe semptlichs schreiben anzutzaigen, so haben wir doch nichts sunders vormarckt, das antwurt bedurfen werd, zudeme, das es irer anzaig nach wol dorauf stehen wil, ehr die post gegen Wormbs kompt, das man sie werde abraisen lassen, dieweil der kayserliche commissarius sampt den geschickten der presidenten woll befinden, das man sich keins vortails will begeben noch sich aus dem hagenauischen abschit und ksl. Mt. ausschreiben furen lassen. Wo man sie aber lenger wirdet aufhalten wollen, ist muglich, das man mit inen nun auf den weg wirdet handlung furnemen wollen, wie man zu orterung der sachen ain rechthmessig concilium muge furnemen, dovon ksl. Mt. ausschreiben zum reichstag gegen Regensburg meldet, und wie etwo in mitlerweil ein fridlicher anstand solte gemacht werden. Und hirzu kann der von Granuel einen zutrit haben aus dem hagenauischen abschit, das er auf der potschaft, so vorm jhare zu ksl. Mt. in die Niderland geschickt, werbung von ksl. Mt. wegen die resolution solt geben. Wo nu gnanter commissarius den weg an die hand wirdet nemen wollen, so haben euere kfl. Gn. den rethen, so des orts sein, beraitan bevolhen, wie weit und welchergestalt sie des Granuels maynung vorstehen, anhören und sich deshalben widerumb vernemen lassen mugen.

Der Lgf. zu Hessen hat ain beratschlagung zuwege bracht, so ain bebstischer legat mit ksl. und kgl. Mt. und sunderlich durch den Granuelh und, wie zu achten, vor dem tag zu Hagenau gepflegen1. Den haben seiner fstl. Gn. rethe gestern im ausschus nach mittage lesen lassen, aber ist lateinisch, doraus befindt man, wohin des babstes maynung der religion halben stet. Und wiewol wir nicht zweiveln, der landgrave werde euren kfl. Gn. dergleichen copei nuhmer selbst zugeschickt haben2, so lassen wir doch auch ein copei dovon machen, die wir euren kfl. Gn. furderlich zuschicken wollen, welcher ratschlag im grund dohin gericht ist, das man den stenden dises tails keinen frieden sol geben, sondern sie auf allerlay vorheissung und vortrostung, wie man kann und mag, zu bewegen, in ain concilium zu willigen. So wil sich der babst nicht seumen, dasselbig zu machen, als solt man sagen, sie [sic!] solle die lutterische sach balde ire determination erlangen. Der kaiser und kunig aber sollen trachten, domit sie das neue nurmbergisch buntnus erweittern und starck machen und der kaiser sunderlich mit Franckreich vorgleichen, so konne man den lutterischen, dieselben zu straffen, starck und mechtig gnug sein, auch wider den Turcken hulf zu thun, obgleich die lutterischen dieselbig nicht wolten thun helfen, man geb inen dann zuvor frieden, der inen ane verletzung der gewissen und der cristlichen religion nicht zu geben sei, welchs wir eueren kfl. Gn. allain dorumb undertheniglich antzaigen, domit euere kfl. Gn. zu vorstehen haben, wie gleichwol das ausschreiben zum reichstag gegen Regensburg im grund dorauf gericht, die handlung auch an dem ort berurtem bebstischen ratschlag gemes ane zweivel vorlauffen werden.

Und wiewol wir nicht anders achten konnen, dann der hessisch cantzler werde seinem hern berurten ratschlag zuwegen bracht und zugeschickt haben, weil aber euer kfl. Gn. rethe zu Wormbs freilich kein wissen dovon haben, dieweil sie eurn kfl. Gn. kain copei dovon zuschicken, so mochte doch nicht ungut sein, wo man aus irem negstkunftigen schreiben vormerckte, das man sie zu Wormbs nach [= noch] lenger aufhalten wurde, das inen ain copei, dieselbig in gantzer gehaim zu halten, zugeschickt wurde, dann sie wurden sich desterbas aus des Granuels handlung richten konnen, wo er sich einlassen wurde, auf einen austrag der sachen, weil die gutliche vorgleichung entstanden, nemlich eins gemainen concilii zu handeln.

Und ist warlich das best, das rete und potschaften zu Wormbs sich in ainen neuen odder engen weg zum gesprech odder handlung nicht eingelassen, dann man hette sich alles geschopften glimpfs und vortails dordurch begeben und were doch alles vorgeblich gewest. Euer kfl. Gn. werden auch ane zweivel der rete undt potschaften handlung und irer rethe ferner antzaigung zu gnedigem gefallen vorstehen, sie auch desselben durch ire widerschreiben vornemen lassen und inen bevelhen, bei der meynung zu vorharren, ob solchs oder dergleichen handlung dem keyserlichen ausschreiben und hagenauischen abschit ungemes an sie ferner gelangen wolten, dann es ist ain sehr gute entschuldigung, auch ursach, bei den kayserlichen comissarien umb erlaubnus und iren abschit nuhmer anzuregen, weil rethe, potschaften und theologi zu solchem tag nicht anders abgefertigt worden, dann inhalts berurts abschits und ausschreibens zu handeln, des sie nu bei 3 monaten gehorsamlich abgewartet und aus mangel des andern tails dortzu nicht hett konnen gegriffen werden. Wir bedencken aber gleichwol in underthenickeit, dieweil die gesanten dises tails immer entzeln [sic!] zu Wormbs beginnen aufzubrechen, das dannoch die andern dornach auch nicht zu lang vorzihen, auf das man inen dornach nicht allein, die handlungen und disputation inhalts des kayserlichen ausschreibens anzufahen, anbiete, dann den leutten, wie euer kfl. Gn. wissen, ist kein betrug zuvil. Und wiewol euerer kfl. Gn. leut allain den theologen des gegenteils gnug weren, so wollte doch beschwerlich sein, das sie sich mit etzlichen allain dorein solten begeben, und, do es gewegert, wurde die gegenpartei dissen stenden den unglimpf dordurch wider auflegen wollen. [...]. Naumburg, Sonntags nach Trium regum anno etc. 41.

[Zettel:] Genedigster herr, ich, Dr. Bruck, hab die lateinische copei und auszug bedacht heut alhir zu behalten, obs uns mochte zu den sachen, Frannckreich belangend, etwas dinen. Wils aber eueren kfl. Gn. furderlich auch zuschicken. Es ist lateinisch und greckisch durcheinander. Wanns die zeit hette, wolt ich euerer kfl. Gn. cantzler schreiben, H. Jacob Stormen und dem Putzer anzutzaigen, sie wolten gerne, das man sich der vorfolgten leut in Frannckreich solte annemen, und die von Goslar sessen alhir im reich teutzscher nation, die wurden mit leib und gutter aus has der religion aufs creutz geopfert und musten zu tag und nacht gewertig sein, wann sie der tirann von Braunschwig uberfiele und sie als bekenner der rechten, gotlichen warhait töde, umbbrechte und vorbrennte, jung und alt, weib und mann, der erbarmten sich nimants, sunderlich von oberlendischen steten, auch ire hern, und weren doch der cristlichen eynung dermassen vorwant, das man inen vor allen andern billich helfen solt.

Der cantzler schreibt mir in einem briff, des ers dorfur halte, der landgrave hab etzliche sunderliche hendel mit dem Granuelh, die musten aber die religion nicht belangen, dann dorinnen lisse er sich gnug bestendig befinden. Es wurde allein ein ding sein, das er gerne erforschen wolt, ob er sich des kaisers der bewusten sachen halben3 möcht zu besorgen haben oder nicht. Aber dorfur er es hilt, wurde er an deme ort wider glaub noch trost finden. Ich lasse mich aber gleichwol so vil aus seinem schreiben vorduncken, wiewol er nimants nennet, das die hessischenn und, wie aus H. Hannsen von Dolzken schriften zu vormercken, die wirttennbergischen hetten leiden mugen, das man deme Granuelh eingereumbt hette, die religionhandlung auf ain engere und neue weise aldo furzunemen. [...]. Datum ut supra.

Anmerkungen

1
 Dabei dürfte es sich um die Denkschrift handeln, die Farnese und Cervini am 21. April 1540 dem Kaiser in Gent einreichten, abgedruckt bei Ehses, Conc. Trid. Bd. IV, Nr. 143, S. 182–187. Vgl. auch die dt. Übersetzung dieser Denkschrift, Ganzer/Zur Mühlen, Akten, Bd. 1,2, Nr. 412, S. 1235–1239 und die Inhaltsangabe NB I,5, S. 185, Anm. 1, S. 185–186. Der Kaiser und Kg. Ferdinand ließen sich durch die Argumentation Farneses nicht beeindrucken und hielten an dem Plan eines konzilsunabhängigen Reunionsversuches fest. Vgl. dazu Luttenberger, Reunionspolitische Konzeptionen, S. 480–486.
2
 Vgl. Lgf. Philipp von Hessen an Kf. Johann Friedrich von Sachsen, Marburg, 1541 Januar 3, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 394 Nr. 149 Bd. 1, unfol. (Ausf.): Vor dem Hagenauer Tag war ein päpstlicher Legat bei Kaiser und König in den Niederlanden. Von einer vertrauten Person hat er ein Gutachten erhalten, das dieser Legat angefertigt haben soll und das viele seltsame Dinge enthält. Schickt davon Kopie.
3
 Bigamie Lgf. Philipps von Hessen.