Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 335 Nr. 134 Bd. 1, fol. 122r–125v (Ausf.); DV teilw. v. a. Hd. fol. 125v: Copei deß Moroleten Musey schrift an den Kf. zu Sachssenn etc., das man [mit] der legacion an kgl. Mt. zu Franckreich zum forderlichsten nachkomme etc.

Eur kfl. Gn. gebe ich underthenigster meinung zu vernemen, wie daß durch etlicher fhrommer, gotsfurchtiger leut vleissig anhalten die kgl. Mt., mein gnedigster herr, dohin bewegt ist, daß sie, mit eur kfl. Gn. und derselben mitverwanten ein bestendige und ewige freuntschaft uffzurichten, auch fest zu halten, gantz geneigt und entschlossen ist, wie dann auß gegenwertigen credentzbriffen euere kfl. Gn. gnediglich zu ersehen haben. Und dieweil aber euere kfl. Gn., auch derselbigen mitverwanten itzo neulich durch etliche vil nit ainerlei, sonder gar ungewisse ding alß von wegen hochgemelter kgl. Mt. angelangt und vorgetragen sein, hat derhalben irer Mt. geliebt, mich (wiewol den unverdienten) zu eueren kfl. Gn., auch andern iren mitverwanten zu schicken, umb irer Mt. entlichen willen und beschliessige meinung antzuzeigen, auch damit die furgenohmene legation und potschaft zum forderlichsten geschehen muge. Das ich aber nit stracks zu eueren kfl. Gn. dieser zeit verraiset bin, ist geschehen zum tailh leibsnoth halben, dann wo ich nit den gemeinen nutz und sonst viler gotsforchtiger leut begern und wunschen angesehen, het ich mich dieser reisen gegen kgl. Mt. gern wollen entschuldigen. Darneben hab ich nicht aigentlich mugen wissen, wo eur kfl. Gn. antzutreffen were. Hab demnach, eur kfl. Gn., von meiner ankunft und bevelch schriftlich antzutzaigen, nicht sollen underlassen, biß das ich verstendigt werde, wo euere kfl. Gn. zu finden sei, zu welcher ich mich zum allerfurderlichsten verfugen soll. Bit derhalben gantz undertheniglich, eur kfl. Gn., auch derselben mitverwanten von hochgemelter kgl. Mt. anderß nit dan alle freuntschaft erwarten, auch gar nicht wollen glauben geben etlichen irer Mt. mißgönnern, die sich nit schamen antzugeben, alß ob ire Mt. in etlichen vertregen eur kfl. Gn. und irer mitverwanten nit geachtet hab, welchs doch von inen erdichtet ist, geschweig, daß ire Mt. ichtes soll geredt oder gethann haben, das eur kfl. Gn. zu nachteil reichen mocht.

Auch ist vilgemelte kgl. Mt. in etlichen artickeln zu der reformation notturftig dermassen bericht, das, wo sich die begerte freuntschaft zwischen irer Mt. und eur kfl. Gn., auch deren mitverwanten zutregt, nicht geringe nutzung und furschub zu gemeiner, cristlicher reformation daraus entsteen wurth.

Darneben, wo sich hernachmals under dem schein der widertauffischen oder ander unvernunftigen secten in den weit gelegenen provintzen und landtschaften kgl. Mt. einige verfolgung erhaben wurd, solchs alles kann durch gemelte freuntschaft verkommen, gestilt und nidergelegt werden.

Ist demnach mein underthenigste bit undt ermahnung, daß euere kfl. Gn. in ansehung gemelter und anderer mer ding diese der kgl. Mt. gunstige neigung und bereite freuntschaft nicht wollent gering achten noch außschliessen, sonder mit irer Mt. durch potschaft und legaten thun handeln (wie dan mit euerer kfl. Gn. rethen durch den Bayfium1 und Schledanum2 zu Hagenau davon geredt und conversirt worden ist3, welcher Sledanus mir auch in dieser potschaft zugeben ist und eur kfl. Gn. mit mir, ob Got will, besuchen wirdet). Sollen sich demnach euere kfl. Gn. aigentlich versehen, das gemelte kgl. Mt. nit allein in der religionsachen, sonder auch in allen andern dingen sich dermassen gehalten [sic!] und ertzaigen wirdt, das obgedachter mißgonner vilfeltigs anbringes [sic!] und nachreden soll entlich erdicht und falsch erfunden werden. Allein ist dieser zeit mein underthenigste bit, daß mit der furgenomenen legation zum furderlichsten gehandelt werde, dann als mein gnediger herr landgrafe bei kgl. Mt. gesanten zu Hagenau hat ansuchen lassen, ob zu verhoffen, so euer kfl. Gn. mit seiner fstl. Gn. besonders oder mit iren verwanten semptlich umb ferner und engere freundtschaft und verstendtnus ansuchen wurden, solchs zu erlangen sein solt4, hat die kgl. Mt. auß solchem ansuchen auf die potschaft von eur kfl. Gn. und seinen fstl. Gn. fur und fur gewartet und andere nicht geringe anbieten desterweniger bei irer Mt. gelten lassen.

Nun aber ist nicht ane, daß an kgl. Mt. alßbald nach dem hagenauischen tag demnach vom keyserlichen hof und anderßwoher etwas von meins gnedigen herrn landgraven besondern anligen gelanget5, auß deme auch villeicht dieser vertzug zum teilh entstanden sein mocht. Nachdeme aber die kgl. Mt. meinen gnedigen herrn, den landgraven, dafur helte [sic!], daß er wider gotliche geboth nit gern handeln wolte, so were ire Mt. deß unbeschwert, wo mein gnediger herr landgraff daran nicht begnugig sein wurd, daß solch sein besonder anligen im gemein vertrosten der hulf mit eingeschlossen wurde, daß ire Mt. derselben sachen halben mit besondern artickeln seine fstl. Gn. versichern thette. Und ist derhalben kgl. Mt. an euere kfl. Gn. gantz freuntlich gesynnen, sie wolte meinen gnedigen herrn landgraven (wie ane das euere kfl. Gn. alß irem lieben bruder geneigt ist) so freuntlich entgegengeen und, wie sie möcht, dohin befordern und bewegen helfen, daß seine fstl. Gn. mit eueren kfl. Gn. und andern iren mitverwanten zu irer Mt. schicken wolten, dan nachdeme ire Mt. meinen gnedigen herrn, den landgrafen, vor andern deutschen fursten erkennet, auch besondere freuntschaft von ime entpfangen, so wolte ire Mt. auch sonderlich gerne, daß seine fstl. Gn. mit eueren kfl. Gn. und andern zur irer Mt. schickt. Wo es aber je nicht sein wolt, so werden dannocht eur kfl. Gn. und der andern gesanten gantz koniglich und freuntlich entpfangen und gehalten werden, auch solchen geneigten willen befinden, eur kfl. Gn., irer mitverwanten und gantzer deutscher nation wolfart dermassen zu fordern, in der religion, gegen dem Turcken (es sei mit erlangung eines anstands oder mit gegenwer und widerstant), auch in allen andern sachen und obligen, daß sie solcher koniglichen freuntschaft besondere freude und trost entpfahen solle. Auch haben euere kfl. Gn. gnediglich zu bedencken, daß es zwischen kgl. Mt. und etlichen andern, do ire Mt. ansprach zu hat, eine solche gestalt und gelegenheit hat, daß eueren kfl. Gn. und deren mitverwanten grosser nutz darauß entsteen mag, dann gemeint wirdet.

Ist derhalben beschließlich mein underthenige bit und treue ermahnung, daß man mit der legation an kgl. Mt. zum forderlichsten nachkomen were, dann wo es lenger soll vertzogen werden, weiß nit, wie es geraten wirdet, vorab so etliche sein, die kgl. Mt. angeben, das euere kfl. Gn., auch ire mitverwanten seiner Mt. nit achtent dann eben zur zeit, wann euere kfl. Gn. bei andern nichts erhalten konnen und wan man die letzere ausflucht zu seiner Mt. suchet, haben euere kfl. Gn. zu erachten, wie solchs auch ein groß bedenckens mit sich bringet.

Solchs alles, gnedigster herr, hab ich eueren kfl. Gn. nit unangetzeigt sollen lassen, undertheniglich begerent, euere kfl. Gn. wollen mich thun verstendigen, wo dieselbig zum nechsten antzutreffen sey, eur kfl. Gn. dem almechtigen bevelhendt, im hochsten, langwirigen stand zu regiren, mir thun zu gepieten. Datum Straßburg, den 4. tag Februarij 1541.

Anmerkungen

1
 Lazare de Baïf, französischer Gesandter auf dem Konvent in Hagenau 1540.
2
 Johannes Sleidanus, zeitweise Sekretär des Kard. du Bellay.
3
 Vgl. die Aufzeichnung über die Werbung des französischen Gesandten zu Hagenau bei den kursächsischen Gesandten, Hagenau, 1540 Juni 24, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 304 Nr. 125 Bd. 1, fol. 113r–116v: Am 24. Juni vor dem Abendessen hat der französische Orator [= Baïf] den kursächsischen Gesandten vorgetragen: Hat Auftrag, den Kf. von Sachsen in Hagenau persönlich anzusprechen und ihm eine Schrift des französischen Königs zu überreichen. In Abwesenheit des Kurfürsten übergibt er eine Kopie dieser Schrift den Gesandten zur Weiterleitung an den Adressaten. Erklärt weiter, das ime die kgl. Mt. bevolhen, iren kfl. Gn. derselbigen freuntschaft und alles gutes anzusagen, dan die kgl. Mt. hette von der deutschen nation iren ursprung und were je und alwege zwischen der kron zu Frankreich und den deutschen chur- und fursten sonderliche vorwantnus und freuntschaft gewesen, welche auch seine kgl. Wd. bißher zu erhalten alzeit freuntlich gneigt geweßen und noch, und was ire kgl. Mt. in sonderheit dem Kf. zu Sachssen als dem vornembsten fursten der deutschen nation freuntschaft, lieb und guts zu erzeigen wusten, dorzu wolten die kgl. Mt. alzeit willig befunden werden. Und dieweil die kgl. Mt. bericht were, das izt alhir solte von vergleichung der religion gehandelt werden, so hetten ire kgl. Mt. im besten nicht unterlassen wollen, ire kfl. Gn., auch unsern gnedigen hern, den landgraffen, freuntlich zu vermanen, das sie ires und irer zugewanthen teils an christlicher, billicher handlung und vergleichung, domit fride und ruhe erhalten, nicht wolten erwinden lassen, wie seine kgl. Mt. nicht zweifelt. Doch das auch ire kfl. und fstl. Gn. an des reichs und iren freiheiten, privilegien und hoheiten nichts nachteiligs einreumeten, dan ire kgl. Mt. wolten darzu nicht gerne rathen, es were ir gemueth und meinung auch nicht. Darumb auch ire kgl. Mt. in allen handlungen und vertregen, so sie mit der ksl. Mt. eingangen, die ding dohin gericht, das sie ire kfl. und fstl. Gn. und derselbigen zugewanthen zu erhaltung friden, auch irer libertet und privilegien als ire alten confederaten und vorwanthen zu irem besten mit eingezogen und sich wider sie nicht einlassen wollen, der meinung sie auch noch were und forder mit Gottes hilf bleiben wolte, des sich auch ire kfl., fstl. Gn. und ire zugewanthen und anders nicht zu seiner kgl. Mt. versehen solten. Und ob etwas widerigs von seiner kgl. Mt. wolte gesagt oder zu schrecken, als ob sich die kgl. Mt. in ichtes iren kfl. und fstl. Gn. und iren zugewanthen zuwider eingelassen, vorgewandt w[urde], solchem in keinen weg stadt noch glauben zu geben etc. Und do ire kfl. Gn. selbst anher kommen wurde, wolte ehr, der orator, solchs ferner erkleren und anzeigen, welchs durch schriften nicht wol zu tun were, mit bith, dießes alles an unsern gnedigsten hern zu gelangen etc. [...]. – Vgl. auch die Antwort der kursächsischen Gesandten auf die Werbung des französischen Orators, Hagenau, [1540 Juni 24], ebd. fol. 112r–112v: Wollen ihm die Antwort des Kurfürsten auf die Mitteilung seiner Werbung und der übergebenen Schrift umgehend eröffnen. Und wiewol sie, ichtes sich gegen dem koniglichen oratori zu vornemen lassen, keinen bevelh hetten, nochdem ir gnedigster her von seiner gegenwertikeit und werbung zur zeit irer abfertigung kein wissens gehabt, so solte es doch die kgl. Wd. zu Franckreich, auch der orator und meniglich darvor ungezweifelt achten und halten, das ire kfl. Gn. zu rechtschaffner, christlicher vergleichung der stritigen religion dem gotlichen worth gemeß, auch zu erhaltung friden und ruhe zum hochsten geneigt und [wurdet?] an iren kfl. Gn. sambt derselbigen zugewanthen kein unbillicher mangel erscheinen etc.
4
 Vgl. die hessischen Gesandten zu Hagenau an Lgf. Philipp von Hessen, Hagenau, 1540 Juni 23, Neudecker, Urkunden, Nr. 137, S. 500–503; Lgf. Philipp von Hessen an seine Gesandten in Hagenau, Spangenberg, 1540 Juli 15, Ganzer/Zur Mühlen, Akten, Bd. 1,2, Nr. 256, S. 686–688 und die hessischen Gesandten in Hagenau an Lgf. Philipp von Hessen, Hagenau, 1540 Juli 23, ebd. Bd. 1,2, Nr. 259, S. 692–694.
5
 Bigamie Lgf. Philipps von Hessen.