Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 394 Nr. 149 Bd. 2, unfol. (Reinkonz.).

Bezug: Schreiben des Landgrafen vom 29. Januar 1541 [Nr. 459]. Falls man mit den Bemühungen beim Kaiser und Granvelle zugunsten Braunschweigs Erfolg hat, bedarf es in der Tat der Hilfe nicht. Nun hat sich Granvelle gegenüber seinem und dem hessischen Kanzler neulich zwar über die Frage des Geleites geäußert, von Goslar und Braunschweig aber nicht gesprochen. Man kann sich jedenfalls nicht fest darauf verlassen, dass Granvelle die Dinge mit dem gewünschten Ergebnis erledigt.

Für die Leistung der Hilfe für Braunschweig sprechen außerdem auch folgende Gründe: Die Braunschweiger Angelegenheit ist jetzt länger als ein Jahr anhängig. Alle Bemühungen beim Kaiser und sonst haben die Stadt nicht von den Bedrückungen Hg. Heinrichs von Braunschweig befreit. Wenn die Hilfe bis nach dem Reichstag hätte verschoben werden können, hätte man in Naumburg sicher nicht einmütig beschlossen. Weiß auch nichts davon, dass sich die Braunschweiger mit der festen Aussicht auf die Hilfe bereits zufrieden erklärt hätten. Vielmehr haben sie ihm ein Ausschreiben Hg. Heinrichs von Braunschweig zugesandt und dabei um die Leistung der Hilfe zum vorgesehenen Zeitpunkt gebeten. Schickt davon keine Kopie, weil sie dem Landgrafen auch geschrieben haben. Beiliegend Kopie ihrer Antwort auf das hessisch-kursächsische Schreiben über die Unterhandlung.

Falls Granvelle beim Kaiser überhaupt etwas erreicht, so dies, dass der Kaiser Hg. Heinrich mandiert, sich gegenüber Braunschweig, wie von Hessen und Sachsen ge wünscht, zu verhalten. Hg. Heinrich wird dem aber kaum nachkommen, vielmehr sicher eine Gegendarstellung einreichen, um die Durchführung des Mandates zu umgehen, und beim Kaiser vielleicht durchsetzen können, dass er dem Mandat nicht gehorchen muss und freie Hand erhält, die Braunschweiger als ungehorsame Untertanen zu strafen. Der Landgraf möge bedenken, wie leicht Hg. Heinrich dies erreichen kann. Zudem wird Hg. Heinrich an dem Volk, das er zur Exekution der Acht gegen Goslar werben wird, einen taktischen Vorteil haben, den man dann, wenn man das für Braunschweig gedachte Hilfskontingent in aller Eile werben muss, nicht mehr ausgleichen kann. Und selbst wenn Hg. Heinrich dem ksl. Mandat gehorcht, werden die Braunschweiger wohl kaum ihr konfisziertes Gut wiederbekommen. Mit dem Hilfskontingent im Rücken könnten sie aber die Wiedererstattung einfordern. Und selbst wenn man beim Kaiser für Braunschweig alles wunschgemäß erreicht, ist Goslar und Minden, die von der Hilfe für Braunschweig ebenfalls profitieren sollten, noch lange nicht geholfen.

Beiliegend Kopien von Schreiben über die Beschwerungen, die Goslar von Hg. Heinrich zu erleiden hat. Wenn die Hilfe für Braunschweig nicht geleistet oder auch nur verzögert wird, wird dies Braunschweig, Goslar und Minden mutlos machen. Dann würde Braunschweig sich wohl gezwungen sehen, sich auf einen Vertrag mit Hg. Heinrich einzulassen, der nicht nur dem Evangelium und dem Wort Gottes, sondern auch ihnen und dem ganzen Schmalkaldischen Bund schädlich und nachteilig wäre. Dann müsste auch Goslar einen Vertrag mit Hg. Heinrich eingehen. Das wäre beschwerlich und würde den sächsischen Städten missfallen. Die beiden Städte wären für den Schmalkaldischen Bund verloren. Der Landgraf wird dazu sicher keinen Anlass geben wollen. Wenn die Hilfe für Braunschweig verzögert wird, besteht auch die Gefahr, dass, wenn Hessen, Sachsen oder die oberdeutschen Städte bedroht werden, auch ihnen die Hilfe nicht prompt geleistet wird. Gibt auch zu bedenken, ob er und der Landgraf befugt sind, wegen einiger ungewissen Aussichten den Naumburger Beschluss zu sabotieren bzw. zu ändern. Der Landgraf möge bedenken, wie man sich, wenn Braunschweig und Goslar deshalb zu weiterem Schaden kommen sollten, rechtfertigen könnte. Die anderen Verbündeten könnten sagen, sie wüssten nicht, wozu die Einung bestehe und der Naumburger Abschied [Nr. 7] gemacht worden sei, wenn nicht danach verfahren werde. Es müsse ihnen ein Exempel sein, das Goslar und Braunschweig sich wegen Verweigerung der Bundeshilfe auf einen Vertrag mit Hg. Heinrich hätten einlassen müssen. Die anderen Verbündeten könnten dies zum Anlass nehmen, aus dem Bund auszutreten. Will deshalb und aus anderen Gründen nicht vom Naumburger Abschied abgehen, ihn vielmehr durchführen. Erwartet dies auch vom Landgrafen und bittet ihn darum. Hält deshalb auch eine persönliche Zusammenkunft bzw. die vorgeschlagene Versammlung der Rittmeister und Hauptleute bei Eisenach für überflüssig. Der Naumburger Abschied enthält hinreichend klare Vorschriften über die Durchführung der Hilfe. Glaubt auch, die Leistung der Hilfe werde eher zur Erhaltung des Friedens beitragen als zu weiteren Verwicklungen führen. Wenn dann tatsächlich ein Friede gegeben werden sollte, so scheinen ihm die aufgewandten Unkosten erträglicher als der Schaden, der bei Nichtleistung der Hilfe zu befürchten ist. Ist damit einverstanden, wenn die Hilfe in Braunschweig eingetroffen ist, dem Kaiser und den Hgg. von Bayern zu schreiben. Der Landgraf wird dann auch Kg. Ferdinand und dem Kf. von Mainz zu schreiben wissen.

Beiliegend seine Vereinbarung mit Bernhard von Mila, den Rittmeistern und Hauptleuten. Abfertigung des landgräflichen Hauptmannes und Rittmeisters. Unauffällige Werbung der Knechte in Sachsen, nicht in Oberdeutschland. Ihre Bezahlung aus dem in Braunschweig hinterlegten Geld. Das Handgeld will er vorlegen. Hofft, dass der Landgraf darin mit ihm einig ist. Falls der Landgraf weiterhin Bedenken hat, ist er entschlossen, die Gesamtzahl der Reiter und Knechte werben zu lassen und nach Braunschweig zu schicken, damit die Hilfe geleistet werde. Begründet dies damit, dass der Hilfsfall seinen Bundeskreis betrifft. Ist damit einverstanden, wenn der Landgraf in ähnlichem Fall in seinem Bundeskreis ebenso verfährt.

Datum Torgau, Montags, den 7. tag Februarij 1541.

Zettel: Sendet die neuerliche Schmähschrift Hg. Heinrichs von Braunschweig gegen ihn und den Landgrafen 1. Will umgehend seine Gegendarstellung publizieren. Der Landgraf wird solches auch zu tun wissen.

Beiliegend Kopie eines Schreibens Hg. Albrechts von Preußen. Wenn es sich mit dem Türken tatsächlich so verhält, wie in dem Schreiben mitgeteilt, werden der Kaiser und der König dringend Hilfe gegen den Türken benötigen und sich auf dem Reichstag darum bemühen. Nun wissen Kaiser und König, dass die Protestierenden die Türkenhilfe ohne einen bestendigenFrieden nicht bewilligen. Deshalb ist zu hoffen, dass die Protestierenden umso eher einen Frieden erlangen werden. Dazu wäre die Leistung der Hilfe für Braunschweig nicht weniger förderlich. Kaiser und König werden in genanntem Fall mit dem Türken so viel zu tun haben, dass sie Hg. Heinrich vergessen müssen. Der Landgraf kennt Hg. Heinrichs machtpolitische Möglichkeiten. Hg. Heinrich könnte dann nicht so stolz und böse sein wie jetzt. Wenn der Türke seine Pläne im Frühling verwirklicht, wird der Kaiser Unfrieden zwischen den Ständen nicht dulden.

Hat denen von Braunschweig auf ihr Schreiben zugesagt, dass die bewilligte Hilfe zum vorgesehenen Zeitpunkt geleistet werden wird.

2. Zettel:Schickt beiliegend das Verzeichnis der Reiter und die Abmachungen mit Bernhard von Mila, den Rittmeistern und Hauptleuten. Die Instruktion hat nicht so schnell abgefasst werden können. Wird sie dem Landgrafen umgehend zusenden. Details, die Durchführung der Werbungen betreffend.

Anmerkungen

1
 Dabei handelt es sich offenbar um folgende zwei Schriften Hg. Heinrichs von Braunschweig, die im Frühjahr 1541 in Regensburg verteilt wurden: 1. Dritte bestendige warhafftige redliche Gottliche und ergrundte unablegliche antwort des Durchleuchtigen hochgebornen Fursten vnd herrn herrn Heinrichs des Jungern Hertzogen zu Braunschweig und Luneburg auff des Landgrafen wider S. F. G. neher ausgangen vngottliche vnchristenliche vnehrlich vnwarhafftige erdichte vnd vnbestendige lesterschrift [...]. Wolfenbüttel 1540. Vgl. Kuhaupt, Georg: Veröffentlichte Kirchenpolitik. Kirche im publizistischen Streit zur Zeit der Religionsgespräche (1538–1541), Göttingen 1998 (Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte Bd. 69), S. 266–268, S. 271–272 und S. 332. 2. Ergrunte bestendige erhebliche warhafftige Gottliche Christliche Fursten und Adel liebende Duplicae des Durchleuchtigen Hochgebornen Fursten und Herrn Herrn Heinriches des Jungern Hertzogen zu Braunschweig vnd Luneburg etc. wider des Churfursten von Sachsen andern ehrnrurigen vngegrunten vnbestendigen erdichten ungottlichen unchristlichen truncknen Gotteshessigen Abdruck [...]. Wolfenbüttel 1541. Vgl. Kuhaupt, Veröffentlichte Kirchenpolitik, S. 268–272.