Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Weimar HStA, EGA, Reg. E 141, fol. 352r–356v (Ausf., teilw. chiffr., eighd.); DV v. a. Hd. fol. 356v: Zaigt an, waß der H. Granuel mit sonderm vleis gegen ihm erwehnet etc., der landgraff ihm in geheim angezaigt und das Dr. Eck ihre kfl. Gn. warnen lassen. Item, Dr. Bucerus ihn auch hab angesprochen etc. Antwort darbey.

Eueren kfl. Gn. weiß ich in unterthenikeit nicht unangezeigt zu lassen, wie das 〈der H. Granuelh〉1 den 11. tag dießes monats Aprilis zu mier geschickt und begert, das ich zu ime komen wolle, wie geschehen. Als hath ehr mier angezeigt, das ehr etwas ungeschickt und in acht tagen nicht vil auß der herberg komen were, one das ehr einmal oder zwei bei der ksl. Mt. geweßen. Zudem were ime auch sein mutter neulich gestorben, das ehr etwas betruebter were. Darzu dan allerlei andere beschwerungen auch schlugen. Dan ehr wurde von ezlichen fast gehast, als wer ehr den protestirenden zu sehre zugethan und geneigt. Er wolte es aber Goth bevelhen und ungescheuet, was christlich und recht und zu erhaltung friden, ruhe und einikeit dinstlich were, treulich fordern helfen, darzu dan die ksl. Mt. zum hochsten geneigt were etc. Nun wuste ehr sich zu erinnern, was ehr mier zu Wormbs der ksl. Mt. gnedigsten willens und gemuths halben gegen euere kfl. Gn. hette vortreulich vormeldet und angezeigt. Und were die ksl. Mt. der neigung noch und wolten nichts liebers, dan das alle sachen zwischen irer Mt. und derselbigen brudern, Kg. Ferdinando, und eueren kfl. Gn. zu guther freuntschaft und vorgleichung mochten gericht werden, darzu die ksl. Mt. gantz geneigt, welches ehr mier auch alßo auß bevelh irer Mt. anzeigen thete. Und das ire Mt. auch derhalben gerne wolten, das euere kfl. Gn. eigner person alhir weren, dan 〈er, der Granuelh〉, zweifele nicht, es wurden sich die sachen nach euerer kfl. Gn. gefallen schicken, darzu ehr sich dan zum hochsten wolte erbothen haben und dißfals als euerer kfl. Gn. diener und euerer kfl. Gn. teils sein. Das solten euere kfl. Gn. alßo mit warheit befinden. Und es were itzunder zu solcher sachen mehr bequemickeit, dan je geweßen oder villeicht hernacher sein mochte. Es weren auch wol etzliche, die lieber solche freuntschaft und vorgleichung zwischen ksl. und kgl. Mt. und eueren kfl. Gn. vorhindert sehen wolten. Die wurden aber nichts schaffen, den die ksl. Mt., wie berurt, weren darzu gantz geneigt, das solche freuntschaft und vorgleichung erfolgen mochte. Welchs ehr mier alßo auß sonderlichem vortrauen und dinstlicher, guther wolmeinung, eueren kfl. Gn. solchs ferner unterthenigst zu berichten, angezeigt und vormeldet haben wolte. Dan das ehr es treulich und wol meinete gegen eueren kfl. Gn., das wolte ehr mit dem werck beweißen etc.

Auf solche anzeige habe ich geantworthet, das eueren kfl. Gn. ich der rede, der ehr sich gegen mier zu Wormbs gleichergestalt vornemen lassen, untertenigst bericht hette, welches euere kfl. Gn. von ime zu sonderm gnedigen und freuntlichen gefallen vormerckt, wie ehr auch auß der geschehen dancksagung von wegen eueren kfl. Gn. zu Wormbs und alhie vorstanden hette. Das ehr mier auch itzunder ferner solche sachen vortreulich tethe anzeigen, das wurden euere kfl. Gn. sonder zweifel auch von ime gnediglich und freuntlich vormercken. So wuste ehr selbst, das sich euere kfl. Gn. je und alwegen alles billichen gehorsams als ein loblicher churfurst gegen der ksl. Mt. gehalten und erbothen und sich auch forder geburlich und unvorweißlich zu halten wissen wurden. Was aber euere kfl. Gn. vorhindert, das sie noch zur zeit eigner person hieher nicht komen, das were ime unvorborgen. Und do die entliche resolution von der ksl. Mt. erlanget, wurde sich euere kfl. Gn. irem gethanen erbiethen nach gegen der ksl. Mt. auch der geburhe ertzeigen.

Als hath ehr ferner gesagt, das der ksl. Mt. entlich gemueth were, das mit allen religion- und den andern zweien sachen, euere kfl. Gn. in sonderheit belangende, solte am chamergericht stilgestanden werden. a Item, es were ein neuer chamerrichter vorordent2, dem solchs auch von der ksl. Mt. gepothen und bevolhen–a. Es hette auch ire ksl. Mt. Hg. Heinrichen von Braunswig ein ernstlich geboth und bevelh Goßlar und Braunsweigs halben thuen lassen, auch einen unvordechtigen commissarien vorordent, sich der ding allenthalben deren ende gruntlich zu erkundigen und irer ksl. Mt. bericht zu thuen3. Dan ire Mt. weren des gentzlichen willens, vorhoffens und vorhabens, die sachen alhir allenthalben zu guther ruhe und friden zu richten. Darauf ich dozumal meinen abschidt von ime genomen mit vormeldung, seine wolmeinliche, vortreuliche anzeige und erbiethen eueren kfl. Gn. unterthenigst zu berichten und zu erkennen zu geben.

Zum andern, gnedigster churfurst und herr, weiß eueren kfl. Gn. in unterthenikeit nicht zu bergen, das ich gestern vor dato [1541 April 13] sambt dem lantvogt an der Werra, Rudolffen Schencken, etzlicher erinnerung halben auf die vorigen ubergebnen schriften, Goßlar, Braunsweig und anders belangende, von wegen dießes teils stenden bei dem H. Granuell abermals geweßen. Und alß ich der antwort halben, die fast gleiches inhalts, wie obgemelt, gefallen, dem lantgraffen bericht gethan, haben seine fstl. Gn. mier in geheim angetzeigt, wie das Dr. Leonhart Eck seiner fstl. Gn. vormelden und seine fstl. Gn. warnen lassen, das man 〈der ksl. Mt.〉 die handlung der religion nicht einreumen, sonder auf einen eusserlichen friden handeln solte, auß ursachen, 〈das dem kaiser〉 nicht zu vortrauen were, dan 〈sein Mt. 〉 hette dem 〈babst〉 geschrieben und zugesagt, die lutterischen außzureuten, welche brief vorhanden sein solten. So were auch 〈dem Granuelh〉 nichts zu gleuben, dan es gingen ire anschlege vil auf ein andere meinung, nemlich 〈Deutzschlandt umb sein libertet und freihait zu bringen〉. Und weren itzt die wege und furschlege vor der handt, das alle buntnuß, sonderlich dießer stende und auch die nurnbergische mochten aufgehoben werden, domit man hernacher einen 〈nach dem andern dest baß kondte hinziehen〉. Darumb solte man auf einen friden handeln, welches dan wol zu thuen were, und das sich die 〈deuzschen Kff., Ff. und stende zu erhaltunge irer freiheit gegenainander vorbinden〉 solten, wie dan sein her, Hg. Wilhelm, deshalben sich mit seiner fstl. Gn. zu unterreden, geneigt und wege zu aufrichtung eines solchen fridens anzuzeigen wuste.

Darauf der lantgraff, als ich vormerckt, die unterrede nicht gar abgeschlagen, hath aber angezeigt, das seine fstl. Gn. nicht vorstehen konthe, das Hg. Wilhelms meinung dohin gericht, auß ursachen, das ehr solches vor dießer zeit vorgenomen und darauf gehandelt haben solte etc. Zum andern, das ehr sich in den nurnbergischen bundt eingelassen, welcher mehr zu unfriden und nachteil des reichs freiheit und liebertet, sonderlich was der execution halben am chamergericht darin begriffen, dan zu erhaltung derselbigen gericht were. Zum dritten, das Hg. Wilhelm mehr dan nimandts anders sich gegen Hg. Heinrichen von Braunschweig freuntlich erzeigt und an ime hinge, darauß zu vormuthen, das ein anders gemeint dan deutscher nation freiheit, dieweil man wuste, was Hg. Heinrich vor ein fogel were etc.

Als hath Dr. Eck seinen hern, sovil ehr gemocht, entschuldigen lassen und under anderm angezeigt, das Hg. Wilhelm vorschiner zeit solches an euere kfl. Gn. durch seinen vortrauten secretari und schriften gelanget. Es were aber auf dem tage zu Franckfurth die zusamenvorordenung durch euere kfl. Gn. abgeschlagen und das seine fstl. Gn. noch der meinung weren, domit der deutschen nation hoheit und freiheit erhalten werden mochte. Hath auch angezeigt, das Hg. Wilhelm zu Hg. Heinrichen nicht vil lusts habe und, obwol seine fstl. Gn. inen, Hg. Heinrichen, sauer ansehe, so mochten sie doch sein nicht loßwerden etc.

Es hath mier auch dozumal der lantgraff ferner gesagt, wo sich seine fstl. Gn. neher zu der ksl. Mt. thuen wurde, solte man gewiß sein, das seine fstl. Gn. sich, wider keinen standt deutscher nation ichtes zu thuen oder zu helfen, einlassen, sonder alle seiner fstl. Gn. einungs- und buntßvorwanthen außnemen wolten, der entlichen meinung und willens, denselbigen alles, das seine fstl. Gn. inen vorpflichtet were, zu ider zeit treulich zu leisten und zu halten. Wolten auch nichts in der religion, das wider Goth und gewissen were, begeben, einreumen oder entweichen. Das solt man sich zu seiner fstl. Gn. gewißlich versehen. Aber sonsten in zimlichen, billichen sachen mochte sich seine fstl. Gn. mit der ksl. Mt. in handlung einlassen, wiewol noch nichts geschlossen were. Wuste auch noch nicht, was man vor condition seiner fstl. Gn. vorschlagen wurde, dan die ksl. Mt. mochte villeicht auch die sachen vorzihen und sehen wollen, wo es mit der handlung alhie hinauß wolte, und villeicht condition vorschlagen, die seiner fstl. Gn. auch nicht allenthalben leidlich oder annemlich etc.

Habe ich seiner fstl. Gn. geantwortet, das seine fstl. Gn. geneigt, bei der warheit und gotlichem worth bestendlich zu vorharren, das were ich zu horen untertheniglich erfreuet, zweifelte auch vor mein person nicht, seine fstl. Gn. wurden alßo darbei bleiben und sich nichts darvon bewegen lassen. Desgleichen, do seine fstl. Gn. bedacht, sich in handlung mit ksl. Mt. einzulassen, wurden sie die ding auß furstlichem, hohem vorstandt zu bewegen und sich zu halten wissen. Wan miers aber seine fstl. Gn. gnediglich zuguth halten wolte, achtet ichs vor mein torheit darvor, es were besser, das sich seine fstl. Gn. gegen der ksl. Mt. nicht zu ferne einließe, sonder freistunde wie bißanher, dan es konthe nimandes nicht wissen, wie sich die sachen anlassen mochten etc.

Hath seine fstl. Gn. gesagt, es sei noch nichts geschlossen und, wo seine fstl. Gn. gewissen trost in irer bewusten sachen4 bei dießen stenden finden mochte, konthe der sachen villeicht gerathen werden. Aber es muste in der zeit geschehen, dan das man seine fstl. Gn. alßo zwischen himmel und erden schweben lassen wolte, wer gantz beschwerlich. Habe ich geantworthet, seine fstl. Gn. wolten die ding gnediglich bedencken, dan man mochte seine fstl. Gn. mit guthen worthen wol aufhalten und 〈etwas anders gesucht und gemeint werden〉. Bin alßo von seiner fstl. Gn. dozumal gangen.

Wiewol ich nun lieber von dießen sachen gantz nichts wissen wolte, dan mier dieselbigen fast beschwerlich zu gemueth gehen und allerlei nachgedencken bringen, so habe ichs doch darvor geachtet, das mier meinen unterthenigen pflichten nach geburhe, solches eueren kfl. Gn. nicht zu vorhalten. Dan es hath mich dießer tage der Bucerus auch widerumb angesprochen der sachen halben, wie mier euere kfl. Gn. zu Wormbs durch Dr. Brucken ein vorzeichnis lassen zuschicken. Und wie ich vormercke, so wolten sie gerne, das die handlung zwischen ksl. Mt. und dem lantgrafen mochte vorhindert werden und zu keinem beschluß gereichete. Dan obgleich seine fstl. Gn. die religion, ire einungs- und buntßvorwanthen, die deutsche nation und anders außnimbt, so wil es doch allerlei vorduncken und mißtrauen geberen, wan die ding solten zum beschluß gereichen. Derwegen mier gemelter Bucerus angezeigt, wo die vorsicherung auf die maß der berurthen vorzeichnus bei den stenden zu erhalten und die succession geschwigen, so hoffet ehr, es solte die handlung, der seine fstl. Gn. von den kaiserischen teglich vortrostet, zuruckgedrungen werden mogen. So lest es sich alßo ansehen, das villeicht der lantgraff 〈wider Franckreich sich〉 soll gebrauchen laßen. Nun wolte 〈Straßburgk〉 nicht gerne, das sich seine fstl. Gn. dohin vormogen ließe, auß allerlei bedencken.

Und stehen der ksl. und kgl. Mt. sachen beide des Turcken, Frantzoßen, Italien und anders halben alßo, das sie villeicht itzunder etwas thuen mochten, das ire Mt. sonsten lieber unterließe. Darumb lest es sich ansehen, als sei es ernst, das 〈der H. Granvhelh〉 angezeigt, das die ksl. Mt. zwischen ir und irem bruder Kg. Ferdinando und eueren kfl. Gn. zu einer freuntlichen vorgleichung geneigt, wie gemelter 〈Granuelh〉 zu Wormbs und izt alhie mit sonderm vleiß gegen mier erwenet. Es mochte villeicht 〈mit der gellerischen sachen〉 izt auch nicht so weitleuftig stehen als zuvorn etc. Dan die ksl. Mt. vormerckt und befindet izunder one zweifel, was sie an Beiern, Braunsweig und derselbigen anhang haben, dan es bleibt ir prackticken nicht so heimlich.

Wiewol nun, gnedigster churfurst und herr, die sachen allenthalben sorglich und nimandes schir weiß, wem zu vortrauen oder zu gleuben, sonderlichen in dißen großen, geschwinden hendeln, so habe ich doch eueren kfl. Gn., solchs alles wissens zu haben, unterthenigster wolmeinung nicht unangezeigt zu lassen bedacht, unterthenigst bittend, euere kfl. Gn. wolten es gnediglich von mier vormercken. Und thue eueren kfl. Gn. mich zum unterthenigsten bevelhen. Datum Regenspurg, Donnerstag nach Palmarum anno domini 1541.

Anmerkungen

1
 Die chiffrierten, marg. v. 3. Hd. dechiffrierten Stellen sind in spitze Klammern gesetzt.
a
–a Nachgetr.
2
  Gf. Johann von Montfort, vgl. Propst Johann Astmann und Dr. Johann Marquardt an Mgf. Ernst von Baden, Regensburg, 1541 April 22, Karlsruhe GLA, 50/53, unfol. (Ausf.): [...]. Teilen mit, das Gf. Hannß von Montfort durch ksl. Mt. zu chamerrichter geordnet, doch nit anderer gestalt, dann untz uf weitern bescheid und ordnung, so des chamergerichts halb zu disem reichstag gegeben solle werden. [...].
3
 Vgl. die ksl. Kommission für Christoph von Seiseneck zur Unterhandlung in den Irrungen zwischen Hg. Heinrich von Braunschweig und den Städten Goslar und Braunschweig, Regensburg, 1541 April 12, Wolfenbüttel NLA, 1 Alt 8 Nr. 498, fol. 10r–11r (Kop.), vgl. Anm. 6 zu Nr. 580.
4
 Gemeint ist die Doppelehe des Landgrafen.