Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Weimar HStA, EGA, Reg. E 136, fol. 320r–325v (Ausf.); AV v. a. Hd. fol. 320r: Unser gnedigster herr gibt antwort auf die 7. post. Einkomen zu Regennspurg, Dinstag nach Misericordia domini umb 10 uhr vormittag, den 3. May 1541.

Eur L. und euer schreiben am datum Freitags nach dem hailigen Ostertag [1541 April 22] zu Regensburg haltend, haben wir auf Mitwoch nach Quasimodogenitj [1541 April 27] sambt den dorbei uberschickten vorzaichnussen, auch was die gellerische sach belangt, entpfangen und alles inhalts gelesen. Nu ist uns etwas frembde zu vornemen, das die ksl. Mt. zu der gutlichen underredung und handlung in der religionsachen nicht ain andere vorordenung der person halben gethan hat, dann dieweil die drei, so ksl. Mt. aus des andern tails leuten benant, auf irer maynung und die, so dises tails benannt, hinwider auf der iren werden vorharren, so ist nimants aldo, der sich understehen möchte, sie baiderseits auf gleiche mittel und wege zu furen. Derhalben ist leichtlich zu bedencken, das es aine lauttere vorgebliche handlung sein, die sich bald wider abschneiden wirdet, welchs wir dan auch nicht ungern wolten.

Aber gleichwoll haben wir solcher nidersetzung nicht ain gering nachdencken, dan wir können nicht erachten, wie die ksl. Mt. dorzu und zu benennung solcher personen muge kommen sein, und besorgen, wie wir alle wege fursorge gehabt, es sei ain understochens ding und flisse von unserm vettern und brudern, dem landgraven, her, zufurderst, dieweil neben dem Putzer seiner L. prediger Johannes Pistoryos, den wir nicht kennen, ernannt ist, der sonst ane zweivelh ksl. Mt. oder irer Mt. rethen vil weniger wirdet bekant sein, und, wo es nu des landgraven getrieb were, so trugen wir allerlay fursorge dorbei, das sein L. vormainen wirdet, durch den weg zu ainer ir annemlichen vorgleichung zu kommen, nachdeme Putzer und Pistorius sich in solcher handlung nach seiner maynung werden richten und der Butzer villeicht auf die oder dergleichen mittel und artickelh wirdet wollen gehen, so er und der hessische cantzler vor zwaien jharn ungeverlich zu Leiptzk gestalt, do sich mit dem Witzell ainer vorgleichung understanden1. So hat uns der Ambstorf alhir bericht, wie gnannter Butzer negst zu Wormbs auch ainen seltzamen artickel der erbsunden halben gestelt, welcher uns dieses tails gar nicht leidlich, auch bei weittem unser confession nicht gemes gewest. Wo es nu ain solch understochens ding ist, so wirdet Mag. Philippus ebensovil streittens mit den freunden als mit den veinden haben mussen. Und soll nu woll der unglimpf uns dises tails zu haus kommen, der dem andern tailh zu Wormbs jungst widerfaren, nemlich, do dieselben des orts nicht haben konnen underainander ains werden, das nu die gnanten zwene landgrevischen theologen itzt mit Mag. Philipsenn auch nicht werden ainig sein, so er bei der confession und der negsten schmalkaldischen vorainigungen in worten und synnen wirdet bleiben2, die andern zwene aber nach des landgraven gefallen entweichen und nachgeben wollen.

a Und nachdeme wir uns zu Mag. Philipsenn gentzlich vorlassen, er werde gar nicht weichen, auch doran sein, das die andern zwene bei ime und auf berurte schmalckaldische vorainigung–a ainhellig bleiben, so zweiveln wir nicht, er werde vormuge unserer instruction, die wir den unsern gegen Hagenau mitgegeben, diese handlung dohin richten, das er und die gnanten seine zugeordenten kaine furschlege thun nach stellen, b auf das uns dieses tails kain wancken odder weichen durfe zugemessen werden, auch die–b andern zwene dester weniger ursachen haben konnen, sich nach des landgraven gefallen abzusondern, sondern Philippus wirdet die drei des andern tails furschlagen und ire furschlege durch sie selbst vorzaichnen lassen und alsdann dieselben alle wege mit statlichen grunden der schrift antzufechten und zu widerlegen, auch die artickel unser confession wider sie zu dringen, zu urgiren und in dem vortailh, den die des andern tails in vil wege ane zweivelh arglistiglich suchen werden, zu bleiben c wissen, dann wo das mit zwaien oder dreien artickeln beschit, tragen wir nicht zweivel, es werde sich die underhandlung bald abschneiden–c und der kaiser dornach furnemen von ainem gemainen frieden und von der turckenhulf zu handeln. Und solchs wollen auch euer L. und ir Mag. Philipsen also antzaigen und gnediglichen von unsernwegen bei ime suchen, das er sich durch den Putzer und den hessischen prediger nach auch durch die vorordenten des andern tails in nichts disem und unser confession und schmalkaldischen vorainigung zuwider wolle bereden oder furen lassen, wie wir uns gentzlich undt gnediglich zu ime vorsehen. So haben wir auch kainen zweivelh, der allemechtige Got werde selber in diser seiner sachen sein und das teglich gebet, so in unsern kirchen geschicht, erhören.

So haben wir auch die gellerische berichte gelesen und gerne vornommen, das die gulichschen rethe solche furwendungen wider die narration ksl. Mt. beschreibens, auch sonst an Kff., Ff. und stend des reichs gethann, wie wir aus den copeien vornommen. Wir haben eurer L. und euch hievor zu erkennen gegeben, das wir Dr. Klingen furnemlich berurter gellerischen sachen halben kegen Regennsburg vorfertigen wolten.

Nu wissen wir euch nicht unangezaigt zu lassen, das an vorgangnem Mitwoch nach Quasimodogenitj [1541 April 27]zu Leiptz die cölnische belerung in der muntzsachen zwuschen unserm vettern Hg. Hainrichen zu Sachssen und uns eröffent ist worden und, wie zufurderst du, Hans Pack, wirdest doraus vornemen, so spricht man uns den artickelh, die gewercken silber betreffend, gantz zu grunde und gleich diffinitive abe an alle unsers vettern ferner liquidation deren puncten, die seiner L. auch vor der krigsbefestigung zu liquidiren geburt solten haben, wann man gleich nicht het wollen ansehen, das solche liquidatio als altiorem indaginem requiriren bis nach berurter krigsbefestigung het sollen gespart werden, welchs uns vast befrembdet, und konnen nicht woll anders gedencken, das es musse durch die kaufleut understochen sein. Und dieweil Dr. Friese3 auch bei der stellung des urtels gewest und itzo zu Regennsburg bei unsers ohemen und schwahers rethen sein sol, so begern wir, euer L. und ir wollen unsern cantzler, Mag. Frantzenn, und Dr. Pleickharten mit ime hirvon fuglicher weise reden lassen, was er und die andern doctorn zu Coln dorzu fur bewegen gehapt, das sie uns denselben artickel, doran uns merglich gelegen, dermassen entlich und an alle fernere liquidation aberkant haben, und, was er fur bericht dorauf geben wirdet, den wollet uns unverzuglich herwidder zu wissen thun4. Und dieweil die nidergesatzten, auf den andern artickel weitter zu vorfharen, widerumb ainen tag benant als auf Montag nach Cantate schirsten [1541 Mai 16] zu Grim einzukommen, wiewoll unsers vettern rethe denselben nach nicht bewilligt, sondern angezaigt, das sie irem hern dovon bericht thun wolten, so konnen wir doch woll erachten, das bei seiner L. nicht stehen wirdet, solchen tag abzuschlahen. Und dieweil dann die notturft erfordern will, das unsere anwelde zu weitterm setzen und einbringen mit fernerm bericht und sonst vorfast werden und dan vorgemelter Dr. Melchior Klingen hievor von uns zu dem setzen gebraucht ist worden, zudeme, das die notturft hirinnen erfordern wil, berurten, uns beschwerlichen artickel weitter zu beratschlagen, so haben wir ime geschrieben, das er nicht gegen Regennsburg zihen, sondern sich neben andern unsern anwelden zu volfurung diser sachen achten, auch furderlich zu uns sampt etzlichen mer doctorn zu Wittennberg kommen sol. Solchs mugen euer L. und ir unsers schwagers von Gulich reten also antzaigen und dorbei vormelden, das wir gleichwoll nicht underlassen wolten, gnanten Dr. Klingen, alsbald sich der tag zu Grim geendet, nachmals gegen Regensburg zu vorfertigen, inen in unsers ohmen und schwagers sachen beystendig und retig zu sein. [...]. Datum Torgau, Freitag nach Quasimodogenitj anno etc. 41.

[Zettel:] Nachdeme wir auch auf ansuchen unsers ohemen und schwagers, des Hg. zu Gulich und Gellern etc., ainen ratschlag in der gellerischen sachen durch unsere gelerten zu Wittennberg haben stellen und fertigen lassen und, wiewol wir bedacht gewest, Dr. Melchiorn Klingenn, do er gegen Regensburg getzogen were, ain copei dovon mitzugeben, dieweil sich aber dieselbig seine raise, wie ir aus disem unserm schreiben vornemet, gewendet, so haben wir gleichwoll nicht underlassen wollen, eurer L. und euch ain abschrift berurts ratschlags zutzeschicken, wie ir hiebei zu befinden, und bitten euer L. freuntlich und begern, euer L. und ir wollen dieselbig gedachts unsers oheimen und schwagers rethen zu Regensburg zustellen, domit sie sich doraus ersehen und vornemen mugen, was unser gelerten bedencken in berurter sachen sey. Wir wollen auch eurer L. und euch nicht bergen, das gestern vor dato gegen abend unser freuntlicher, lieber ohem und schwager, Hg. Philips von Pommern, alhir bei uns ankommen, in willens, sich furder gegen Regensburg auf den reichstag zu vorfugen5, welchs wir euch, dovon wissens zu haben, auch nicht vorhalten wollen. Datum ut supra.

[2. Zettel:] Damit ir, der cantzler und Dr. Bleickart, des urteils halben, so die von Collen gesprochen, dest grundtlicher mit Dr. Friesen reden muget, so findet ir hierbey ein copey eins ratschlags, welchen Dr. Levin Embde zu Magdeburg uf die acta gemacht hadt, der uns zufelt, inmaßen die juristenfacultet zu Tubingen dergleichen uns zuefelligen ratslag auch gemacht haben. Wolten wir euch nit pergen. Datum ut supra

Anmerkungen

1
 Zum Leipziger Kolloquium im Januar 1539 vgl. Henze, Aus Liebe zur Kirche, S. 152–198 und Greschat, Martin Bucer, S. 177–179.
2
 Vgl. den Beschluss des Bundestages zu Schmalkalden im Frühjahr 1540 über Möglichkeiten und Grenzen protestantischer Konzessionen im Rahmen eines Religionskolloquiums, Mentz, Johann Friedrich, Bd. II, S. 219–221. Mit diesem Beschluss übernahmen die Verbündeten ohne Modifikation das Gutachten der Theologen vom 18. Januar 1540, vgl. Corp. Reform. IV, Nr. 1918, Sp. 926–945.
a
–a Angestr.
b
–b Angestr., dazu marg. Notiz v. 3. Hd.: Nota. Dohin zu sehen, daß kein wanckelmuth furgehe.
c
–c Angestr., dazu marg. v. 3. Hd.: Nota.
3
 Johann von Dockum gen. Frieß, Gesandter Hg. Wilhelms von Jülich-Kleve.
4
 Zu diesem münzpolitischen Konflikt zwischen Kursachsen und Hg. Heinrich von Sachsen vgl. Mentz, Johann Friedrich, Bd. II, S. 494–496.
5
 Vgl. Kf. Johann Friedrich von Sachsen an Hg. Philipp von Pommern, Torgau, 1541 April 21, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 391 Nr. 148 Bd. 1, fol. 192r–192v (Reinkonz.).