Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Frankfurt ISG, RTA 46, fol. 103r–105r (Ausf.); AV v. a. Hd. fol. 104v: Lecta senatui 16. Junij 1541; DV v. 3. Hd. fol. 105: Lectum 16. Junij 1541.

Haben in ihrem vom Boten Cyprian überbrachten Schreiben vom 28. Mai mitgeteilt, weß sich Hg. Ulrichs zu Wirtenbergs halben am cammergericht neu licher tagen zugetragen, mit dem anhangk, daß die stende der aynung alhie daruff gesinnet weren, ksl. Mt. derhalben undertheniglichen zu ersuchen und zu pitten, daß ire Mt. solche beschwerung bey dem cammergericht wolte abschaffen und weythers verfuegen, damit dasselbig cammergericht an dem aydt, wie der beschehen, sich benugen ließ etc., wie dan derhalben nechst verschinen Montags [1541 Mai 30] ain supplication [Nr. 246] Hg. Friderich Pfgf. an stat ksl. Mt. von etlichen verordneten rheten und bottschaften unsers thayls stende uberantwort ist worden. Aber neben dem wollen euerer W. wir nit bergen, wie genante stende nechst Montags beyainander gewest, daß hochermelts hertzogs rhete (wie dan auch sonderlich der herzog den stenden geschrieben) bey den stenden gepetten und begert haben, wo uff nit-volnziehung deß aydts, inmassen daß cammergericht von seyner fstl. Gn. anwalt begert hab, der fiscal weythers ad contumatiam gegen seyn fstl. Gn. procediren wurde und seyn fstl. Gn. derwegen etwas beschwerlichs begegnet, weß alsdan seyn fstl. Gn. sich zu den stenden versehen solt etc., und daruff gepetten, diese sach, soviel den aydt belanget, fur ain religionsachen zu erkennen etc. Aber uff gehapte umbfrag haben die fursten, so personlich alhie seyn, und der andern gesandten, rhetten und bottschaften daß mererthayl dohin geschlossen, daß es ain religionsach sey etc. Und wo solchs aydts halben seyn fstl. Gn. etwas beschwerlichs begegnen wurde, das alsdan seyn fstl. Gn. mit hilf, rhat und trost nit verlassen werden solt etc. Aber wir neben etlicher stett gesandten, dieweyl wir solcher sachen halben khayn bevelch gehapt, haben damals mit inen nit schliessen wollen, sonder furgewendt, daß wir solche handlung zuvor an euere W. gelangen mussten lassen, wie unß dan vergunstiget und zugelassen worden. Bitten deshalb um Weisung, wie sie sich verhalten sollen 1. Erwarten, dass alle Gesandten der Fürsten, Stände und Städte die Angelegenheit, soviel den Eid angeht, als Religionssache anerkennen werden, und zwar unter anderem deshalb, weil die Forderung des Kammergerichts der Augsburgischen Konfession gänzlich zuwider ist.

Johann von Glauburg hat auf sein neuliches Schreiben hin von ihnen umgehende Weisung in der Maastricher Sache erwartet und deshalb nichts weiter mit Obernburger gehandelt. In der Befürchtung, dass die Verzögerung Frankfurt nachteilig sein könne, hat er nun Obernburger darüber informiert, dass, unangesehen der von Frankfurt dem Kaiser in Speyer vorgebrachten Supplikation, die Mitkläger der Vrentzen den Prozess am Kammergericht weiterführen 2. Er hat Obernburger um Rat gebeten, wie zu verfahren sei, um die Abstellung des Prozesses zu erreichen und etwaige Schwierigkeiten von Frankfurt abzuwenden, da die Stadt die festgehaltenen Maastrichter und ihre Güter aus Gehorsam gegen den Kaiser freigegeben hat 3. Obernburger hat ihm geantwortet, er kenne den Sachverhalt gut. Er glaube allerdings nicht, dass aus dem Prozess zwischen den Vrentzen und Frankfurt der Stadt Nachteile entstehen könnten. Er hoffe, dass in der Zwischenzeit die Hauptsache vertragen werden könne. Frankfurt müsse sich keine Sorgen machen. Falls aber Frankfurt meine, Nachteile befürchten zu müssen, möge die Stadt beim Kaiser um einen Schadlosbrief ansuchen, der sicher nicht verweigert werde 4. Hat Obernburger für seinen Rat gedankt und angekündigt, die Stellungnahme des Bürgermeisters und des Rates der Stadt Frankfurt dazu einzuholen und dann danach zu verfahren. Hat Obernburger auch gebeten, der Stadt Frankfurt wohlwollend eingedenk zu sein und sie über etwaige beim Kaiser betriebene Machenschaften ihrer Gegner zu informieren, damit sie sich beim Kaiser rechtfertigen kann. Obernburger hat dies versprochen, soviel ime mit eheren gepuren wurde.

Weß sich die delecti in streytigen artickeln religionis verglichen, wie sie dan dasselbig in ain schrift verfast, haben die funf (dan Dr. Eck noch kranck) den letzten tag Maij ksl. Mt. uberantwort5. Und hat ksl. Mt. solche schrieft gnedigst von inen angenummen mit gnedigstem begern, wo ire Mt. noch ersehung solcher schrieften weyther handlung darin furnemen wurden, das sie sich darin schidlich und fridlich erzaygen, auch alle sachen dohin richten wolten helfen, damit sie zu Gottes eher und friden der teutschen nation gedeyhen moechten etc. Hat inen auch allesampt im hineyn- und herausgeen ydesmals die handt gebotten. Und wie man sagt, sol ire Mt. ad partem domino Philippo et Bucero bevelch haben thun lassen, alle mißbreuch wider den bapst und die gaistlichen in ain schrieft zu verfassen und irer Mt. zu uberantworten6.

Der artickel, soviel deren verglichen, auch welche nit verglichen, haben euer W. sich aus beygelegtem zettel zu berichten7. [...]. Datum Regenspurg, den z[weiten] tag Junij anno 1541.

Anmerkungen

1
 Vgl. Frankfurt ISG, Ratschlagsprotokoll Bd. 3 (1534–1544), fol. 103r: ad 1541 Juni 17: Den wirtembergischen aidt belangen, ist beschlossen, das die nit-annemung des wirtembergischen aidts am cammergericht ein religionsach sei, auch den freunden schreiben, dergestalt neben den andern stenden zu bewilligen.
2
 Zum Fall Vrentz contra Maastricht vgl. Nr. 363und RTA JR Bd. X,2, Nr. 157–160, S. 739–748, RTA JR Bd. XII,2, Nr. 272, S. 1143–1146 und RTA JR Bd. XV,4, Nr. 479–484, S. 2077–2095. Vgl. außerdem Sprenger, Het Rijkskamergerecht, S. 137–145 und Nève, Rechters en standen, S. 314–325.
3
 Vgl. dazu das Kammergerichtsmandat an die Stadt Frankfurt, Speyer, 1541 Februar 25, Frankfurt, StadtA, Reichssachen II Nr. 909, fol. 9r–9v (Ausf.): Das Ehepaar Ludwig Schlonagel und Johanna Vrentzin und Dionysius Vrentz, die Erben des Ehepaares Dionysius und Helwig Vrentz, haben unter Berufung auf die gegen die Stadt Maastricht ergangene Achterklärung und die entsprechenden, allenthalben publizierten Mandate gegen die Stadt Frankfurt geklagt, weil sie Maastrichter Ächter mit ihren Gütern unbehelligt habe heimziehen lassen und damit der angedrohten Strafe verfallen sei. Die Kläger haben beantragt, die Stadt Frankfurt aufzufordern, die in diesem Prozess vor ihrem Gericht angefallenen Akten herauszugeben, weil die Kläger sie in ihrem Kammergerichtsprozess benötigen. Diesem Antrag wurde unter dem heutigen Datum stattgegeben. Weisen deshalb die Stadt Frankfurt an, bei Strafe von zehn Mark lötigen Goldes, zur Hälfte in die ksl. Kammer und zur Hälfte an die Kläger zu zahlen, die besagten Prozessakten vollständig und unverzüglich herauszugeben, damit die genannte Strafe und sonstige rechtliche Schritte vermieden werden. Vgl. auch Johann von Glauburg und Dr. Hieronymus zum Lamb an Bgm. und Rat von Frankfurt, Regensburg, 1541 Juni 7 [Nr. 720].
4
 Vgl. Frankfurt ISG, Ratschlagsprotokoll Bd. 3 (1534–1544), fol. 103r ad 1541 Juni 17: Ob man bei ksl. Mt. der Mastricher sachen halben umb besondere schadloßbrief sich bewerben soll oder nit, ist bedacht, den freunden derhalben zu schreiben, wo die ain besondern schadlosbrief mit fugen onverhinderlich anderer sachen, so man itzunder bei ksl. Mt. gern ausbrecht, erlangen moechten, inen darin macht geben; wo nit, sollen doch die gesanthen den stenden anzeig thun, wie ein ersamer rath in diser sachen von ksl. Mt., desgleichen vom cammergericht mit gepietten und verbietten hin und her geweist werden.
5
 Vgl. das Regensburger Buch, Ganzer/Zur Mühlen, Akten, Bd. 3,1, Nr. 150/151, S. 268–391 und die Gegenartikel der protestantischen Kollokutoren, Regensburg, 1541 Mai 31, ebd. Bd. 3,1, Nr. 152und 153, S. 392–437.
6
 Vgl. Dr. Jakob Ehinger an Bgm. und Rat von Heilbronn, Regensburg, 1541 Juni 3, Ludwigsburg StA, B 189 II Bü. 40, unfol. (Ausf., beschädigt): Hofft, dass sein Schreiben vom 31. Mai, das er Brenz auf die Heimreise mitgegeben hat, ihnen zugegangen ist. Sie können daraus entnehmen, was die Theologen dem Kaiser als Ergebnis des Kolloquiums übergeben haben. Der Kaiser hat die protestantischen Theologen gnädig angesprochen, ihnen auch wie den andern die Hand gereicht und ihnen für ihre Mühe danken, ihnen auch sagen lassen, er habe gehofft, dass sie sich baß geeinigt hätten. Er wolle den Ständen das Ergebnis des Kolloquiums mitteilen und hoffe, dass man sich noch weiter vergleichen könne. Der päpstliche Legat erteilt einen Ablass für alle Sünden, nichts ausgenommen. Die Auflagen dafür sind: ein dreitägiges Fasten in der Woche, Beichte am Samstag und Kommunionempfang am Sonntag sowie Gebet um die Einigkeit in der alten Religion; dan der sathan befindt, das sein reich in hochster gfar etc.Schickt beiliegend die Denkschrift zur Eucharistiefrage, die die protestantischen Theologen dem H. Granvelle übergeben haben. Die Statuten sind Dr. Hartmanni, dem Kanzler Pfgf. Friedrichs, zur Prüfung zugestellt. Hartmanni erbietet sich gegenüber Heilbronn allen guten Willens. Datum Regenspurg, den 3. Brachmonats anno etc. 41.
7
 Fol. 105r Zettel: Verglichene und unverglichene Artikel: Articuli in quibus convenit: 1. De conditione et lapsu hominis; 2. De causa peccati; 3. De peccato originali et concupiscentia in renatis post baptismum; 4. De iustificatione; 5. De numero sacramentorum. In quibus non convenit: 1. De authoritate ecclesiae et conciliorum; 2. De ordine ministrorum, potestate episcoporum, primatu pontificis romani; 3. De transubstantiacione inclusive circumgestacione et adoratione sacramenti; 4. De sacrificio missae; 5. De missis privatis; 6. De utraque specie; 7. De invocatione sanctorum; 8. De confessione et satisfactione; 9. De coniugio sacerd[otum].