Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

A  Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 394 Nr. 149 Bd. 1, unfol. (Konz.).

B  koll. Marburg StA, PA 2593, fol. 112r–116v und fol. 122v.

Hat das Schreiben des Landgrafen vom 7. Februar [Nr. 473] am 15. Februar in Wittenberg erhalten. Hat auch das Schreiben des Landgrafen über das allgemeine und das besondere Geleit, über die Suspension der Acht gegen Goslar und über die Beschwerden der Stadt Braunschweig empfangen. Geht davon aus, dass dem Landgrafen mittlerweile seine Antwort darauf zugegangen ist. Ist damit einverstanden, dass der hessische Kanzleischreiber die Ausfertigungen der Suspension der Acht gegen Goslar und Minden und der Kammergerichtsprozesse in Religionssachen an sich genommen und seinem Diener Kraft Kopien davon überlassen hat, während er selbst die Ausfertigungen der Geleitsmandate bekommen hat. Hält nicht für nötig, dass ihm die Ausfertigungen der Suspensionsmandate durch einen Vertrauensmann zugestellt werden. Hätte nur gern mehr beglaubigte Kopien davon gehabt, weil diese bei den Ständen des sächsischen Kreises glaubwürdiger gewirkt hätten. Will dem Landgrafen beglaubigte Kopien der Geleitsmandate zukommen lassen, auch die schmalkaldischen Verbündeten im sächsischen Kreis informieren 1, wie der Landgraf dies bereits im oberländischen Kreis getan hat.

Und wiewol nit ane, das eur L. und wir fur uns selbst, auch von wegen unserer mitverwandten der gleith und suspension halben etzlicher maß unser intendt bey der ksl. Mt. erhalten, so haben wir gleichwol fur unsere personn daran noch nit geringe mangelh. Nachdem wir uns der sachen halben, das burggrafthumb zu Magdeburg belanget2, durch ein sonderliche schrieft gegen ksl. Mt. beclagt, welchergestalt sich der Kard. und Ebf. zu Meintz und Magdeburg understehet, unther dem zeitzischen voraideten compromiß wider uns uf ein sonderliche keyserliche comission am chamergericht zu procediren und, weil wir die personen am chamergericht in rechtlicher form, wie euere L. wissen, recusirt und doselbst nicht zu antworthen gedencken, wiewol nichtiglichen, uf die acht wider uns zu procediren, uf solch schreiben ist uns von ksl. Mt. bißhyr noch nichts geantworth. Dan dieweil dieselbe sachen bißhier von uns in die relligion nicht getzogen, dergleichen, was des fiscals vormeinte anforderung von wegen des Bf. zu Meissen anlangt3, so mussen wir doch unther dem reichstag eben der fahr und sorgen berurter sachen gewertigk sein, als ob sie die relligion belangeten. Zudeme, obwol das sonderliche gleith euerer L. und uns freien abtzugk zu unser gelegenheit vom reichstag vergonnet, so wirdet doch dasselbe sonderliche gleit durch das gemeine und neue widerumb geengert, eingetzogen und erclerth, das wir mit ksl. Mt. gunst und erlaubnus sollen abraißen mußen und anderß nit, welchs unsers erachtens ein geverlicher artickel sein will. Dan sol man darauf zum reichstag ziehen, so hadt man schon in den artickel gewilliget. Aber desselben also auszuwardten, wolt gleichwol nit wenigk beschwerlich sein. Dan wir und die rethe, so mit unserm gnedigen, lieben hern vatern seligen uf dem reichstag zue Augspurg gewest, seint eingedenck, wie geverlich uber das gegeben frey, sicher gleit wider sein Gn. gehandelet wardt, das man sein Gn. von zeit zu zeit uber alle furgewandte ehaften aufgetzogen und, wiewol ksl. Mt. das gegebne strack, sicher gleith zue gemuth gefurth und, das solche uffhaltungen und gewegerte erlaubnus als dem gegebenen gleith widerwertigk von allermeniglichen muste verstanden werden, so hadt es doch nit geholfen, sondern seine Gn. seint verwarnet worden, wurde sie sich, unerlaubt von Augspurg zu raißen, understehen, das es verkomen mochte werden, biß zuletzt, do man alle gift uber sein Gn. ausgeschuett, als sie des gegenteils gefallen nit verfolgen wolten, das man aldo sein Gn. hadt abreitten lassen. Und man magk villeicht gedencken sollen, das die sachen jetzt nit meher so bieter [= bitter] und beschwerlich solten sein, so wil sich aber uf solche gedancken nit zu verlassen sein, dan der bose vheind, der die widerwertigen dotzuemalh vorhetzt und vorbietert, wirdet schwerlich von seiner vorbieterung konnen nachlassen, wo wir nit dermaßen werden entweichen, wie sie villeicht gedencken werden, das wir dieses teils ufs eusserst wol sollen thun konnen. Aber es wil villeicht mit ksl. Mt. und auch dem Granvelh uber die gegebene gleith und suspension davon nit weither zu tractieren oder zue dispensieren sein.

Ferner, so haben wir auch aus euerer L. eingelegten zeteln und darbey uberschickten copeien vormarckt, was der Granvelh uf euerer L. vleissig schreiben, das sie inhalts jungst uns uberschickten lateinischen copey der von Braunschweig halben an ine gethan [Nr. 461], zue antworth gegeben [Nr. 471] und er den von Braunschweig zugut bey ksl. Mt. darauf allenthalben ausgericht. Und konnen auch nit anderßt gedencken, dan der Granvelh mayne die handellung uf kunftigem reichstage wol gnuge.

Geht davon aus, dass dem Landgrafen mittlerweile seine Stellungnahme [Nr. 474] zu dessen Bedenken gegen die umgehende Leistung der in Naumburg beschlossenen Hilfe für die Stadt Braunschweig zugegangen ist. Damit ihm von den schmalkaldischen Verbündeten und der Stadt Braunschweig kein Vorwurf wegen Verzögerung der Hilfeleistung gemacht werden kann, hat er gestern einen vertrauten Diener nach Braunschweig abgefertigt, um die Meinung der Stadt einzuholen. Wenn die Braunschweiger selbst einen Aufschub der Hilfeleistung akzeptieren, können sie dem Landgrafen und ihm keine Vorwürfe machen. Hat diesem Diener Kopien des heute früh eingetroffenen Schreibens des Landgrafen und der Antwort Granvelles unverzüglich nachgeschickt mit der Anweisung, die Stadt Braunschweig darüber zu unterrichten. Zwar hat die Übersendung des ksl. Mandates an Hg. Heinrich von Braunschweig durch einen ksl. Herold ein ernstes Aussehen. Der Herold wird aber Hg. Heinrich, der nach dem Bericht Eberhards von der Thann desselben tags mit 40 Pferden auf dem Weg zum Reichstag in Regensburg in Nürnberg angekommen ist, in Wolfenbüttel nicht antreffen. Selbst wenn dem Herzog die Mandate überantwortet werden, so bleibt offen, ob er ihnen gehorcht oder beim Kaiser ihre Annullierung betreibt oder die Dinge so verwirrt, dass die Braunschweiger nicht wissen, woran sie sind.

So vormercken wir auch nit, das die ksl. Mt. zwuschen baiden verschuffe, die gefangenen gegeneinander biß uf kunftige handellung loßzutzelen, auch den braunschweigischen burgern ire zinße und renthe, so er gehembt und eingenomen, volgen zu lassen, auch das die von Braunschweig und die iren uf der strassen sicherheit und freien durchtzugk gehaben möchten. Dan wiewol ksl. Mt. schaffet, das kein teil gegen dem andern ichtwas tettlich furnemen soll, so wissen doch euere L., das er sich in seinem ausschreiben vornemen leßt, als handeln die von Braunschweig thettlichen gegen ime und, was er gegen ine haben thun mußen, das beschee allain defensive. Aber wir wollen horen, was der von Braunschweig gemuth und gelegenheit uber den bericht, was ksl. Mt. geschaft, sein will. Darnach sich alsdan euere L. und wir als die oberhauptleute werden zue halden haben.

Sovil anlanget die besuchung des reichstags, derhalben euere L. bieten [= bitten], das wir ir wolten zu vorstehen geben, zu welcher tzeit wir bedacht weren, uffzusein und nach Regenspurg zu tziehen ader doselbst antzuekomen, so wissen wir euerer L. nit unangetzaigt zue lassen, das uns gleichwol meher dan an einem orth anlanget, als ob es gleichwol noch weitleuftig stehe, das der reichstag zu Regenspurg gehalden sol werden und, was uns Cristof von Taubenheim, ritter, vor wenigen tagen von Regenspurg und vorgenanter von der Than aus Nurnberg, sovil die bestellung des reichstag belanget, geschrieben, das finden euere L. aus beyliegenden vortzaichnußen, darumb wir auch noch tzur zeit unsers ufseins und reisens zum reichstag noch ungewiß und unentslossen sein.

Den hessischen Entwurf für ein gemeinsames Schreiben an Kg. Christian von Dänemark hat er abändern lassen, weil die dänischen Gesandten zur Reise nach Regensburg bereits abgefertigt sind. Schickt den neuen, seinerseits bereits ingrossierten und gesiegelten Entwurf dem Landgrafen zur Ausfertigung zu 4.

Und dieweil dan negst zur Naumburg vorabschiedet, das auch die sächssische und sehestete, so ane mittel zum reich nit gehorn, der relligion halben die irn zum reichstag auch stadtlichen schicken sollen, so wollen wir nit underlassen, bey inen darauf neben zuschickung der suspension goßlarischer und mindischer acht und des kaiserlichen gemeinen gleits vleissige erinnerung zu thun. Aber inen einen nhamhaftigen tag zu der irn ankunft gegen Regenspurg zu bestymmen, wil sich aus deme nit wol thun lassen, das man der malstadt halben noch tzur zeit nit gewiß sein kan. [...]. Datum Wittenbergk, den 15. Februarij 1541.

Anmerkungen

1
 Vgl. Kf. Johann Friedrich von Sachsen an Hg. Heinrich von Sachsen, Wittenberg, 1541 Februar 15, Dresden HStA, 10024 GA, Loc. 10183/05, Reichstagshandlung zu Regensburg 1541, fol. 68r–68v (Ausf.): Der Landgraf und er haben wegen des bevorstehenden Reichstages, der Kammergerichtsprozesse, der Beschwerden Goslars, Mindens und Braunschweigs, des Geleits etc. an den Kaiser geschrieben. Daraufhin hat der Kaiser den hessischen und kursächsischen Gesandten zu Worms für den Lgf. von Hessen und ihn, Kf. Johann Friedrich, ein Geleit zustellen lassen. Dagegen haben die hessischen und kursächsischen Gesandten in eigener Verantwortung, ohne Befehl, aber in Abstimmung mit den anderen protestantischen Gesandten in Worms dem ksl. Orator Granvelle allerlei Einwände vorgetragen, weil das Geleit nur für den Lgf. von Hessen und ihn, Kf. Johann Friedrich, ausgestellt und ganz allgemein formuliert war. Der ksl. Orator hat sich darauf gutwillig erzeigt. Nun sind ihm vom Kaiser das Geleit zum Reichstag und das Mandat zur Suspension der Kammergerichtsprozesse und der ergangenen Achturteile gegen Goslar und Minden zugekommen. Schickt davon Kopie. Hg. Heinrich soll das Suspensionsmandat öffentlich anschlagen und publizieren lassen. Datum Wittenbergk, Dinstags nach Valentinj anno domini 1541. Vgl. auch Kf. Johann Friedrich von Sachsen an Hg. Philipp von Pommern und Hg. Barnim von Pommern, o. Ort, 1541 Februar 15, Stettin AP, AKS I/9, pag. 245–248 und pag. 257–258 (Kop.).
2
 Vgl. zu diesem Konflikt Steffen, Zur Politik, S. 24–29 und S. 45–46 und Mentz, Johann Friedrich, Bd. II, S. 508–536.
3
 Zu dem Kammergerichtsprozess im Konflikt um die Reichsstandschaft des Hochstifts Meißen vgl. Lobeck, Das Hochstift Meißen, S, 157–167.
4
 Vgl. Anm. 3 zu Nr. 473.