Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld
Weimar HStA, EGA, Reg. E 137, fol. 142r–148r (Ausf.); DV v. a. Hd. fol. 146v: Was sich vor irrung in der session zwuschen den Mgff. zu Brandenburg und Hg. Heinrich von Braunschweig zugetragen etc.
Als uns eur L., kfl. und fstl. Gn. am datum Zwickau, Sonnabent nach Ascensionis domini jungst verschiennen [1541 Mai 28] geschrieben [Nr. 686] und copeien etzlicher urgichten, dieselben forder dem landgraven zu verlesen, vertraulich zugeschickt, mit begern, an seiner L. und fstl. Gn. zu horen, ob seine L. und fstl. Gn. oder derselben leut die zwenne beruchtigte Georgenn Heuselstein und Jorgen Echter kenneten oder nicht etc., solchs haben wir und, das dieses unerhortes, schrecklichs mortbrennen also uberhandt nympt und solche bösse stuck von hohen personnen, wie die urgichten lauten, wollen gebraucht werden, mit beschwerten gemuet vernohmen. Hoffen aber, der almechtige werde demselbigen auch etwan steurn und solch ubel gnediglich abwenden. Und haben demselben nach dem landgraven von euerer L., kfl. und fstl. Gn. schreiben vermeldung gethann, auch die urgichten zugestellet, darob sich seine L. und fstl. Gn. fast verwundert und solches von eueren L., kfl. und fstl. Gn. gantz freuntlich verstanden, sich auch deß gegen euere L., kfl. und fstl. Gn. freuntlich bedanckt mit antzeige, das seine L. und fstl. Gn. dieselbigen zwenne als Echternn und Heuselstein nicht kennetten, wolten aber nachforschung haben und auf solche sachen in irem furstenthumb und lande vleissige bestellung thun, ob man hinder diese ding kommen mocht, daß vorstehend und drauende ubel durch Gottes gnade abwenden und die erwegenen, mortbrennische buben, so die angetroffen, zu geburlicher straff bringen. So wollen wir auch des Heuselsteins halben fernere nachfrage, doch unvermerckt, haben und, was wir erfharn, eueren L., kfl. und fstl. Gn. zu erkennen geben. [...]. Datum Regennspurg, Mjtwoch, den 22. Junij anno domini 1541.
[1. Zettel:] Auch freuntliche, liebe herrn, oheim, vetter, gnedigst und gnedig herrn, wie wir mit dieser post fertig gewesen und Pfgf. Fridrichenn die antwort der stende diß teils [Nr. 179] uff jungst von wegen ksl. Mt. abermals beschehen furtragen gegeben und schriftlich zugestellt, hat ksl. Mt. ansagen lassen, daß alle Kff., Ff. und stende heut Mitwoch, den 22. tag Junij umb sieben uhr uff dem rathaus sein solten. Alß man nun erschiennen, hat Pfgf. Fridrich auß bevelch ksl. Mt. angetzaigt: Nachdeme die ksl. Mt. auß der Kff., Ff. und stende gegebenen antworten vermerckt und befunden, daß sie willig, die turckenhulf und sonderlich ein eilende von wegen der vorstehenden fhar zu beratschlagen und zu schliessen etc., als nehme ire ksl. Mt. solchs von inen zu freuntlichem und gnedigem danckh an, mit bith und begern, dieselbige sachen forderlich vor die handt zu nehmen, damit volgends auch von einer beharrlichen hulf geschlossen werden möchte etc., und daß darneben und mitlerweil Kff., Ff. und stende der ksl. Mt. ir gutbeduncken antzaigen wolten, wie ein bestendiger frid zu erhalten, dartzu dann die ksl. Mt. hochlich geneigt und an irer forderung nichts wolten erwinden lassen, mit gnedigstem erbietten etc.
Als ist man darauf zu rath, nemlich wir, F. Wolffganng, sampt Hannsenn von Doltzkh, Hannsen von Pagk und cantzler, in der churfursten und Dr. Bleickhart in der fursten rath gangen. Do aber die fursten in daß gemach, darinnen sie rath zu halten pflegen, kommen, hat Hg. Wilhelm zu Baiern die erste session genohmen und nach ime Hg. Heinrich von Braunschwig und darnach aller baierischen fursten gesanten, das also Hg. Heinrichs zu Sachssenn alß dieser zeit des eldisten F. zu Sachssenn rethe, auch Dr. Bleickhart von wegen euerer L. und fstl. Gn., Hg. Johannß Ernnsten, außgedrungen und zu geburlicher session nicht haben einkomen mugen. Do nun solchs vermarckt, seint sie auß dem rath gangen, der meinung, sich des bei Pfgf. Fridrichenn alß ksl. Mt. bevelhaber zu beschwern. Do ist inen Mgf. Jorg zu Branndennburg nachgevolgt, mit gleicher beschwerde, daß ime solchs Hg. Heinrichs von Braunschwig halben nicht zu leiden etc., welches sich der Kf. zu Branndenburg angenohmen und unß sampt Hg. Heinrichs zu Sachssen und landgraven zu Hessenn etc. rethen von wegen der erbaynung zu beistandt erfordert und Pfgf. Fridrichen anstat ksl. Mt. vor allen Kff., Ff. und stenden eine antzaige thun lassen, dieses sumarien inhalts: Man wuste sich des reichs herkommen und wie es nuen ein lange zeit damit gehalten zu erinnern. Welchem aber zuwider sich Hg. Heinrich von Braunschwig dieses unpillich, mutwilligen furnehmens understunde, die session vor Mgf. Jorgenn einzunehmen, zudeme, daß Hg. Heinrichs zu Sachssen und euerer L. und fstl. Gn., Hg. Johannß Ernsten, rethe an geburlicher session verhindert, mit dem anhang, do der von Braunschwig uff seinem unbefugtem, thetlichem anmassen und furnehmen beruhen wolte, daß man, uff gegenwege zu trachten, verursacht wurde, damit der von Braunschwig zu vermercken und zu erfharn, daß man seines frevelichen furnehmens vertrag haben wolte etc.
Darauf der von Braunschwig widerumb antzeigen lassen, ksl. Mt. were sein zugleich ehr und recht mechtig und hette diese irrung beraitan zu verhör und handlung genohmen, darumb er sich des antzugs nicht versehen. So were er dem marggrafen auch keiner prerogative vor ime der session halben nicht gestendig. Wurde man inen aber auch zu gegenwegen verursachen, so wolte er sich derhalben hiemit entschuldigt haben etc.
Alß ist wider angetzeigt: Dieweil die ksl. Mt., die sachen zu verhoren, bevolhen und verordent, so hette dem von Braunschwig dester weniger geburt, sich dieses mutwilligen, thettlichen begynnens der session halben in werender handlung zu understeen und Mgf. Jorgen aus der session, deren sein L. und fstl. Gn., auch derselbigen vorfharn jhe und allewege in posseß und gewer gewesen, unbefugter weiß zu dringen. Das er aber auch uff gegenwege zu gedencken verursacht, stellete man dohin, allein daß es also geschehe, daß man sichs zu ime zu versehen hette. etc.
Es liese sich auch der marggraff churfurst uffm haus zwischen uns mit bewegtem gemuet der wort vernehmen, seine L. und fstl. Gn. vermerckten wolh, daß man ir gerne auß dem gemeinen rath auch loßwere und möchte etwan auch wolh geschehen. Dann uber diese vorgefallene spaltung, obwolh von den fursten und derselbigen rethen und potschaften dieses teils kein bedencken auf Pfgf. Fridrichenn vortragen angetzeigt, so ist man doch in furhaben gewesen, die meinung der Kff., Ff. und stende des andern teils als das merer zusammenzutragen und dem pfaltzgrafen antwort zu geben. Darauf sich der Kf. zu Branndenburg sampt unß gegen den andern churfurstlichen rethen, dann Maintz ist datzumalh nicht personnlich uffm hauß gewesen, vernehmen lassen, man konnte es fur kein merers achten, dieweil die fursten diß teils nie gehort, und bedechten, daß mit den dingen in rhue gestanden. Wolten sie aber daruber antwort geben, so mochten sie es fur sich thun und leisten und wolten diß teils dartzu unverbunden sein. Do man nun solchs gehört, seint also die sachen datzumalh aufgeschoben und nichts ferner gehandelt worden etc.
Nach mittag umb drei uhr seint wir mit dem Kf. zu Branndenburg und Mgf. Jorgen sampt Hg. Heinrichs zu Sachssen etc. und des Lgf. zu Hessenn etc. rethen auf irer L., kfl. und fstl. Gn. erfordern zu ksl. Mt. in ire herberg getzogen, do dann gleichergestalt der ksl. Mt. antzeige geschehen und abermals durch Eustachium von Schlieben geredt, waß Mgf. Jorgen von dem von Braunschwig begegenet, auch weß sich die baierischen rethe dem hauß zu Sachssenn zu nachteil der session halben angemasset etc. Darauf die ksl. Mt. antworten lassen, daß sie solche irrung nicht gerne gehört, hetten sich der auch von wegen der vorstehenden, wichtigen sachen nicht versehen, wolten aber ein pillichs einsehen haben etc. Man solte sich auch mit worten und wercken gegeneinander glaitlich halten, dan ire Mt. were bericht worden, daß man heut etwas hart gegeneinander gewesen. Und haben ire Mt. den Kf. zu Brandennburg zu sich allein erfordern lassen und mit seiner L. und kfl. Gn. von mitteln geredt, wie diese irrung die zeit dieses werenden reichstags in rhue zu stellen, nemlich, daß Branndennburg und Braunschwig einen tag umb den andern zu rath geen und, do einer personnlich vorhanden, daß der andere die rethe schicken und also wechselsweiß gehalten werden solte. Aber Mgf. Jorg hat solchs gegen der ksl. Mt. mit unserm und der andern erbainungsverwanten fursten rethe bedencken abgeschlagen. So haben wir auch sampt Hg. Heinrichs zu Sachssenn rethen es dohin gestellet, das, wann Baiern personnlich do weren, so solte under den rethen Sachssen vorsitzen, wann aber kein furst personnlich vorhanden, so solte einen tag Sachssenn, den andern Beiern und also die andern wechselsweiß diesen werenden reichstag sitzen, allen teiln an irer posses und gerechtigkeit unvergreiflich etc. Es hat aber die ksl. Mt. die sachen zu weiterm nachgedencken genohmen und, daß sich diese irrung mit Mgf. Jorgen und den von Braunschwig zugetragen, mag dartzu diennen, das idermeniglich des von Braunschwigs mutwillen desto baß sehen und spurn mag etc. Es ist auch Mgf. Albrecht bei keiner dieser handlung gewesen. Und obwolh die kgl. Mt. bei der ksl. Mt., als itzt gemelte antzeigung geschehen, gegenwertig gewesen und bei irer Mt. gestanden, so ist doch irer Mt. im tittel noch sonst mit keinem wort gedacht worden. Das haben wir eueren L. freuntlicher und undertheniger meinung auch nicht verhalten sollen. Datum ut supra.
[2. Zettel:] Eurn L., kfl. und fstl. Gn. wollen wir auch nicht bergen, daß am verschiennen Montag [1541 Juni 20] daß geschrei anher kommen, als ob Ofenn durch des Kg. Ferdinandj krigsvolck erobert, aber bald darnach ist widerumb gesagt, das nichts daran sein solte. Und ist itzt abermals die sage, daß es also sei, daß Ofenn erobert. Gleichwolh aber seint die reden alß gantz widerwertig, daß man nicht aigentlich wissen mag, waß daran oder nicht. Alßbald wir auch das ferner eigentlichen und gewissen bericht vermercken werden, soll es eueren L., kfl. und fstl. Gn. unverhalten pleiben. So ist der landgrave am verschiennen Dinstag1 von hynnen widerumb abgereist und seiner L. und fstl. Gn. rethe, nemlich den cantzler, Alexannder von der Thann und Lic. Johann Keudel sampt zweien theologen Dr. Trachenn und den Pistorio alhie gelassen.
Es hat auch ksl. Mt. den Kff., Ff. und stenden des reichs, nemlich der augspurgischenn confession und derselbigen religionsverwanten allein und den andern stenden auch sonderlich durch Pfgf. Fridrichen ein furhaltung der turckenhulf halben thun lassen, der ungeverlichen meinung, wie euere L., kfl. und fstl. Gn. dieselbe auß der stend diß teils darauf gegebenen antwort [Nr. 179] hiebei vernehmen werden. Und ist derhalben gestern vor dato die beratschlagung furgenohmen, doch ist noch nicht zu vermercken, ob auf ein eilende oder beharliche hulf geschlossen wirdet. Dann der churfursten gesanten haben den merern teilh auf ein eilende hulf ire beratschlagung gericht. Darauf auch der kunig heftig tringet, wie euere L., kfl. und fstl. Gn. auß beiverwartem zedel auch zu vermercken. Aber die ungerischenn und osterreichischen potschaften bitten ein statliche, beharliche hulf. Wir versteen auch so vil, daß die Kff., Ff. und stende gemeniglich die sachen dohin auch bewegen werden, das zuvorn friden und recht im reich angericht und erhalten, dohin auch der churfursten rethe geschlossen etc. Datum ut supra.
[3. Zettel:] Dieweil man auch mit abschreibung des buchs und der religionhandlung fertig und villeicht, wann die stende sich ires bedenckens und meinung darauf vernehmen lassen, die religionsach dißmals zu ende gebracht und zu andern frideßhandlungen gegriffen werden wirdet, so wollen wir in euerer L., kfl. und fstl. Gn. bedencken und gefallen gestalt haben, nachdeme sich die andern sachen etwas lang und villeicht den gantzen sommer uber, wie sich der ksl. Mt. hendel ansehen lassen, vertziehen möchten und wir mit grossem, schwerem unkosten alhie liegen, auch nun ein lange zeit von haus gewesen, ob euere L., kfl. und fstl. Gn. unser eins teils neben den theologen abzuraisen erlauben wolten, darumb wir auch freuntlich und underthenigst biten. Datum ut supra2.