Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Berlin GStAPK, XX. HA, StA Königsberg, HBA H (Kasten 774), unfol. (Reinkonz.).

An der Mitwoch, den 13. Julij, hat die röm. kgl. Mt. von ksl. Mt. die lehen des konigreichs Behem als ein erbschenck und churfurst des reichs empfangen, und haben mein gnediger herr, Mgf. Georg, sampt dem behmischen canzler seiner Mt. die lehen gebeten und erworben. Wiewol seine Mt. nach art und gebrauch zu empfahung solcher lehen im felde als ein vheind, heuser aufzurichten, anzuzunden und zu brennen, solte erschienen sein, so seindt doch solche ceremonien umb des Turcken anzugs willen und, das sonst noch wenig sigs oder glucks vor Ofenn vormerkht, underlossen worden und also die belehenung in der keyserlichen camer kniehent wie sonst der furstlich gebrauch, auch schlechts in beeden irer Mtt. teglich gewonlichen und unverenderten cleydungen gescheen.

Sontags, den 17. Julij, ist der Bf. von Lunden durch den Ebf. von Meynz geweyhet worden, hat seinen bart abschneiden und ein platten machen lassen.

Montags, den 18. Julij, hat Hg. Heinrich von Braunschweig zu gaste gehabt Hg. Wilhelmen von Pairen sampt seinem frauenzymer, Hg. Ludwig, den Bf. von Salzburg, den jungen Mgf. Albrecht, den Mgf. von Baden, Lgf. von Leuchtenburg, den jungen Hg. von Wirtemberg etc.

Dinstags, den 19. Julij, ist F. Wolffgang von Anhalt, des Kf. von Sachsen gesanter, sampt F. Johanes von Anhalt alhie abgezogen und hette Philippus Melanchton auch mitte ziehen sollen, ist aber sampt andern sechsischen rethen noch hie behalten worden.

Mitwoch, den 20. Julij, ist Hans Bock1, ein berumter, weyser man und des Kf. zu Sachsen geheymer und nechster rath, wie ehr den Sonnabent zuvor kranck worden, gestorben und zur erden bestatt und sein mit zum begrebnus gangen Mgf. Georg, der Hg. von Pomern, F. Jochem von Anhalt sampt andern protestirenden stenden, desgleich des Kf. zu Brandenburgs hoffgesindt von der herschaft und adel etc.

Am Freitag, den 22. Julij, haben alle stende (ausgenomen Beiern) ksl. Mt. ersucht und gebeten, dem Hg. von Gulch und Cleeff seine furstenthumb und lande ausserhalb Gellern, die ksl. Mt. in anspruch hat, zu belehnen [Nr. 233], daruff ksl. Mt. antworten lassen, das sie, solche ir angestelte bith der belehnung zu weigern, nicht unbilliche ursache hett, es wher dann sach, das ir Mt. Gellern geruiglich innehett. Wo darnach der von Gulch zu seiner Mt. zu sprechen, wolt ir Mt. ime darumb gerecht werden, und daneben angehengt, es neme ir Mt. hoch wunder, das sich die stende semptlich und allerseits eben in dem als in sachen, die seiner Mt. hocheit betreffen, so einstimmig vorglichen hetten und doch sonst in der religion und andern a des reichs–a sachen speltig und b der session halben nie zusamenkommen konnen–b. c Es haben auch die stende ksl. Mt. uff ir begeren fur rathsam angezeigt, sein Mt. wolte die sache mit dem von Gulch gutlich handeln und ortern lassen, daruff ir Mt. sol vormeldt haben, dieselb hette der stende rath in dem fhal nicht begert, dan ir Mt. den von Gulch uff sein selbst erbieten, sein vormeint recht furzubringen und anzuzeigen, uf diesen reichstag erfordert und vorhin mehrmals die sache gutlich gesucht, aber ehr, der von Gulch, hette sich in dem allwege ungehorsamlich erzeigt, derhalben ire Mt. den stenden irer Mt. gerechtigkeit im druck verfast zu ersehen allein dorumb ubergeben, irer Mt. des von Gulchs ungehorsams halben iren rath mitzutheilen. Es sol auch ire Mt. protestirt haben, das der von Gulch in dem friedestandt nicht soll begriffen sein. Dagegen sol auch der von Gulch durch seine gesandte uff dem reichstage protestirt haben, dieweil die sachen zvischen ksl. Mt. und ime so zwistig stehen, wöl ehr wedder in die eylende noch beharrliche hulfe gewilligt haben2. So sol auch ksl. Mt. gemueth gegen Gulch so hart erzurnet sein, das man meint, sein Mt. sich ethwas gegen ime understehen werde etc.–c

Denselben tag ut supra ist Hg. Philips von Pomern von hinnen anheimisch gezogen.

Sontags, den 24. Julij, haben meine gnedigen herren, Mgf. Georg und Mgf. Albrecht umb das ober- und niderland irer Gn. furstenthumb in Franken uff dem hause, do die reichsstnde zusamenkhommen, d dobei der Ebf. von Meinz, Bf. von Salzburg und beide Hg. Wilhelm und Hg. Ludwig von Peiren–d gewesen, geloset, welche losung durch einen unverdechtigen, frembden, unwissenden paurenjungen (von der gassen ungefherlich darzu erfordert) bescheen, und seindt zwen zedtel gemacht, uff dem einen das ober-, uff dem andern das niderland vorzeichnet und iglichem herrn durch den jung[irn?] zugestelt. Also ist Mgf. Georg das niderland und dem jungen herrn das oberland zugefallen.

Sontags ut supra hat der Kf. zu Brandenburg zu gaste gehabt den Ebf. zu Meintz, Mgf. Georg, e Mgf. Albrecht und–e den Hg. von Sophoy.

Denselben tag seind beim teutzschen meister zu gaste gewesen Hg. Wilhelm von Peiern sampt seinem frauenzimer, Hg. Ludwig, Hg. Otheinrich, Hg. Heinrich von Braunschweig, Hg. Cristoff von Wirtenberg, der Mgf. von Baden3 und ein bischoff etc.

Eodem die hat sich der von Peiren, als ehr sampt andern fursten und stenden uffm hause im rathe gewesen, vast hart wider den abschiedt gesperret in dem, das euere fstl. Gn. und die [von] Goß [= Goslar] in dem artickel, do die achten uffgehoben werden, begriffen sein.

Sontags ut supra uff den abent hat Hg. Wilhelm von Peirn den Kf. zu Brandenburg, Mgf. Georg und Mgf. Albrechten sampt andern fursten etc. zu gaste gehabt und sich gegen denselben mit unfried sein gemuethe vornemen lassen, welchermassen dem teuzschenmeister Preussen halben im reich zu kurz geschee etc.

Item, fhur zeittung ist gesagt worden, wie der babst zu den Schweitzernn geschickt und ezlich fenlein bewerter mannen von inen begert. Als f solch des pawst furnemen–f der Franzoß erfharen, hab ehr zu den Schweizern gesand und so viel practiciert, das sie des pawst legaten wedder vorgleitten noch horen wollen etc.

Mitwoch, den 27. Julij, ufn abent hat der Kf. zu Brandenburg zu gaste gehabt Pfgf. Fridrich, Hg. Otheinrichen, Mgf. Georgen und den Bf. von Lunden4.

Item, wie sich ein Spanier zu Regensburg mit ezlichen worten vorgriffen, das ehr der pfaffen und geistlichen ceremonien etc. getadelt, daruber ehr durch die Spanier gefencklich angenomen worden und, wiewol der Kf. zu Brandenburg, desselben gemahel und andere fursten vleissig, fleissig fur inen gebeten, hat ehr doch nicht erledigt werden mogen, sonder ist an ein baum durch die Spanier gehenckt worden.

Wiewol ksl. Mt. Dienstags, den 26. Julij, auch volgends Donnerstags entlich abzuscheiden bedacht gewesen, hat sich doch dieselb, biß uff den folgenden Freitag [1541 Juli 29] zu entlichem beschlus des abschieds zu pleiben, bewegen lassen, und seindt irer Mt. herzschierer und zum theil ander hoffgesindt den bemelten Donnerstag [1541 Juli 28] abgezogen.

Freitags, den 29. Julij, hat sich ksl. und kgl. Mt. sampt allen reichsstenden uff das haus gefuegt, den stenden den abschiedt des gehaltenen reichstags verlesen und verkunden lassen, sich darnach in des konigs herberge begeben, daselbst gegessen und den Kf. von Brandenburg bei sich behalten, volgends nach dem essen stracks iren abschied aus Regensburg genommen und sol gesagt haben: ‚Got hab lob, das wir einmal aus der stadt und von den leuten khommen‘ etc.

Sovil nu den abschiedt etc. belangt und, das der babst fur heylig darinne angezogen, wider solche heyligkeit und, was denselben punct im abschiede betrifft, haben die evangelischen stende protestirt. Desgleichen der Ebf. von Meinz wider das burggraffthumb zu Magdeburg und Hg. Heinrich von Braunschwieg wider die von Goßlar, das die alle in dem friedestandt nicht begriffen sollen sein, protestirt.

Sonst wirdt nicht vormerkht, das ksl. Mt. den religionsvorwandten stenden g oder irer religion–g hart entgegen oder vheind where, und acht es nicht groß, allein das sich dieselben wider ire Mt. mit Frankreich und andern vorbinden, das grolte irer Mt. am meisten, zudem, das ezliche der pfaffen und geistlichen groß geschrei und aufrur erweckten, wie sie irer guter entsezt und benommen. h Solchs wirdt auch fur das hochste romor geacht–h, derwegen sein Mt. vielfeltig dorumb ersucht wirdt, die dann als der her und keyser allerseits recht und gerech[tigkeit] vorhelfen mussen und nicht versagen konnen etc.

So ist auch seiner Mt. wol bewust, das ezliche fursten eben dißmals zu Regensburg wurden umfalleni, wie dann Pfgf. Philips, als ksl. Mt. dagewest, gethann. So helt es Pfgf. Friderich in seinem lande auch nach der unsern religion und lest das evangelium predigen, allein das ehr fur sein person selbst noch heuchelt. j Desgleichen thut sich auch Gellern, Gulch, Cleef zu dem evangelio bekeren und wirdt derwegen vom Kf. zu Sachsen der enden Philippus und andere, die kirchen unserer christlichen religion gemeß zu reformiren und schulen ufzurichten und zu ordnen, geschickt–j.

Item, zvischen ksl. Mt. und Franckreich scheint nicht grosse einigkheit und wenig vertrauens. Es sol ksl. Mt. dem Franzosen ein botschaft, vom Turcken kommendt, nidergeworfen haben, welchs der Franzoß hoch vordrießlich anzeucht, und zu besorgen, das zvischen iren Mtt. uebers jar schwerlich ane zanck oder krieg abgehen werde5.

Item, wie vormals geschrieben, das England sein statliche botschaft bei ksl. Mt. zu Regensburg gehabt, seiner Mt. desselben konigs tochter zu verheyraten, wie dann von der botschaft derhalben groß gelt ausgeboten worden. Also sagt man noch, das die bemelte botschaft mit ksl. Mt. biß gen Inßbruck ziehen und doselbst den handel beschliessen werde. Etlich wollen es aber darfur nicht halten, das die volziehung zu Ißbruck bescheen sol, angesehen das die botschaft des fordern tags uffn abent vor ksl. Mt. abzugk eben lange bei seiner Mt. gewest und vermutlich seinen abschiedt genomen. So wil man auch sagen, wo dieser handel also vortgieng, das ksl. Mt. derhalben nicht ungewogen darzu sein, das die sehen wurde, wie sie die anwartung des konigreichs erlangen mochte etc.

Item, was die zenckische irrung und schmehung zwischen Sachsen, Hessen, Braunschwieg etc. belanget, wiewol derwegen allerseits halben ezliche schriften und gegenschriften ksl. Mt. ubergeben, so ist es doch also stecken und ligen plieben und wird der von Braunschwieg k des mordtbrennens halben–k weitter nicht beschuldigt, und wollen ezliche leut sagen, das Sachsen und Hessenn nicht wort haben wollen, das man sagen soll, sie hetten den von Braunschwieg disfals bezieghen etc.

Item, Hg. Albrecht von Meckelnburg sambt seiner gemahel und frauenziemer ist am Montag, den ersten Augusti, wie ksl. Mt. den Freitag zuvor von Regensburg vorreiset, doselbst zu Regensburg eingezogen, des willens, ksl. Mt. zu folgen und, wie mans darfur helt, het ehr gerne gelt etc. Sein gemahel sol willens sein, sich in das warm bat und dann folgends ein zeitlang zu Hg. Wilhelmen von Peiren zu begeben.

Item, Clingenbecks halben, der zuvor zu Straßburg gewesen und etzlichermassen, wie vormals geschrieben, durch die wirtenbergischen angehalden ist gewesen etc., hab ich abermals bei H. Jacob Sturm von Straßburg nachfrag gehabt, der zeigt an, wie ehr derwegen an einen seinen verwandten, nachforschung zu thun, geschrieben, welcher in seinem widerschreiben vormelt, das sich Clingenbeck itzt zu Colmar, im Schweizer landt zvischen Straßburg und Basell gelegen, enthalten soll, mit weitterer anzeigung (nachdem derselbig nicht anderst verstanden, als bewurbe sich imands umb Clingenbecken, der auch nicht anderst gemeint), das sich gedachter Clingenbeck uf solch schreiben vornemen lassen, wiewol ehr von kgl. Wd. zu Denmarken und dem Hg. in Preussen aller ding loß, auch der orth entlich abgeschieden, so wher ehr doch, sover es seine gelegenheit, doselbst noch mit diensten vorsehen. Ehr wher aber seiner gelegenheit zu dienen mehr nicht bedacht, idoch solt man ime den hern, so nach im stunde, sampt der underhaltung anzeigen, alsdan wolt ehr sich seins bescheids weitter vornemen lassen6.

Anmerkungen

1
 Hans von Pack.
a
–a Nachgetr.
b
–b  Korr. aus: sich nicht vorgleichen konnen.
c
–c Nachgetr.
2
 Vgl. Anm. 3 zum Protokoll der Verhandlungen über die Geldernfrage auf dem Regensburger Reichstag, Regensburg, 1541 Juli 19–25 [Nr. 232].
d
–d  Korr. aus: und do beieinander.
e
–e Nachgetr.
3
  Mgf. Albrecht von Baden.
f
–f  Korr. aus: solchs.
4
 Danach folgt eine gestrichene, nicht mehr zuverlässig rekonstruierbare Passage.
g
–g Nachgetr.
h
–h Nachgetr.
i
  Korr. aus: abfallen.
j
–j Nachgetr.
5
 Zur Ermordung Rincons, des französischen Gesandten in Konstantinopel, und seines Begleiters Cesare Fregoso durch ksl. Soldaten Anfang Juli 1541 bei Pavia vgl. Cardauns, Von Nizza bis Crépy, S. 124–142.
k
–k Nachgetr.
6
 Danach folgt ein wieder gestrichenes, isoliertes Fragment: So seindt auch sonst noch viel andere hendel und [suplicationen] durch ksl. Mt. unentschieden liegen plyeben, dorumb ir Mt. und sonderlich, als die uffgesessen und vorreitten wollen, von sondern personen viel anlaufens gehabt, aber zu keinem abschiedt kommen konnen. Und ist ir Mt. also darvon gezogen, dieselben [suplicationen] den hindergelassenen churfurstlichen rethen bevolhen, welche die aber auch nicht erortern mogen. Bricht hier ab. Daneben findet sich ein weiteres Fragment auf gesondertem Blatt: Item, es hat die [sic!] churfursten zu Brandenburg den Ebf. von Meinz auf meyn ansuchen ersuchen und bitten lassen, in der sach, meinen gnedigen herrn belangendt, vleiß zu haben und zu verfurdern, damit die acht uffgehoben mocht werden, daruff ehr angezeigt, wiewol ehr ein verwandter freund, so wher ehr doch bedacht gewesen, der sachen mussig zu gehen, aber umb irer kfl. Gn. willen wolt ehr an ime kheinen vleiß in deme erwinden lassen etc., dan man het in zum anfang nicht zu rat genomen etc. Bricht hier ab.