Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Augsburg StadtA, Lit. 1541, unfol. (Reinkonz.); DV: Der herrn burgermaister schreiben an di herrn gesandten zu Regenspurg, 10. Julij 1541.

Druck: Roth, Zur Geschichte, T. V (ARG 4), Nr. 114 , S. 275–277.

a Wir seien gotlobe gegen euch in freuntlicher, vertreulicher verwandtnus und bederseits diser stat A[ugsburg], dem vatterland, dermassen zugethon, das zwischen unser billich alle gehaimbd, den gemainen nutz belangend, ainander vertreuelich und unverholn mitgetailt wurdt. Demselben nach wollen wir euch vertreulicher mainung nit verhalden–a, das allerlai reden und verdachts hie wöllen bei vielen, auch den guthertzigen entspringen, uff maynung, als wurd die sach der religion nit mit christlichem, treuen eiffer und hertzen b zu Regennspurg durch yderman unsers tails–b gehandlet, als c wol di notdorft–c und des widertailsd list und anschlege erforderen. Dann obgleich das e in der ksl. Mt. namen–e uberantwurt buch offenlich und unwidersprechlich wider f die lere der evangelischen theologen im buchstaben und synn–f streitet und von dem mehrern g unsers tails–g fur unannemlich geachtet, so kumme es doch fur und fur wider uff di pan, ungezweiffelt nit darumb, das ainiche wareh vergleichung darus volgen konne oder möge, sonder das der gegentail hievor gesehen und erfarn, was spaltung der unsern und vortails i irer partei dardurch–i entstanden, dring man ye lenger ye mehr darauf, uns durchainanderj, irrig k und spenig–k ze machen, ja die ainmutikait l als ein erhalterin in nöten–l zu engentzen [= zerstören]. Es sei auch dises buch alles fast durchaus uff ungleichen und mancherlai verstand in worten und maynung gericht, mund, obwol vor jarn auch in etlichen secten sollichergestalt mit bösem außgang ainigung gemacht worden, kone doch nit ainikait des glaubens, sonder mehr spaltung zu gewarten sein. Zudem sei es dahin kumen, wa vor di unsern irer confession und concordi halb durchaus alle ainig und bestendig pliben, werden sie ytzt selbs durchainander zu parteyen gemacht werden, da wir sunst allain die bäbstler wider uns gehept. Was daruß fur frucht zu erhoffen, mögen wir uns noch wenig erfreuen. Gott woll, das dises buch aus christenlichem eiffer erdicht und durch gerade wege und nit zwerchs an di ksl. Mt. und furter an di reichsstende gelange. Wan es sein sollt, wie man argwenet, das es aus etlichen der unsern schmidt und esß herkeme, ach Got, was verclainerung brecht es allen stenden, ja der lang gepredigten und bishere kaum erhalten warhait, von deren wegen so viel unschuldigs pluts vergossen ist. Was konnt ksl. Mt. von uns halten oder urtailn, das wir so ungleich einzigen und hin und here filen? Ob man uns nit ye lenger ye harter anhalten und der feind herzhafter wurd, ist leichtlich zu erachten.

Sollt dann dise vermaint, vertunckelt n und wichsin–n lere allain unsern kirchen ubergepunden werden, den andern in worten ze weichen und wir ainen besondern verstand zu behalten, was wer es anders dan ain subtil der unsern widerruffen und des babstumbs bestettigung, unangesehen, das der gegentail aus disem buch selbs seinen spott und gelechter treiben soll, dann man nenne es ain tolerantz oder mitleidlich umbsehen oder, wie man will, so sprechen sie, wir konnen dannoch ir gesprech nit verwerfen, wir seien wider zu ine etlichermaß getretten, von unser maynung gewichen und di begangen irrthumb erkent. Und gesetzt, das die bemelt lere und ordnung durch di colloquenten verglichen were, were wills darnach in den gemainen man bringen und den andern kirchendinern, di darzu nit beruffen noch darbei gewesen, einpilden oder darob handthalten. Ob nun nit leut sein mogen, auch von den anseelichen gelerten, di wider dises buch und desselben dichter schreiben und reden, auch darob bei den evangelischen theologen nit allain, sonder durch diselben volgends bei den weldtlichen regimenten zertrennung, abfall und widerwilln erregt werde, das ist leichtlich zu ermessen.

In welchem allem – vertreulich zu schreiben – Martin Butzer und H. Jacob Sturm als hochste verfechter des berurten buchs nit wenig verdacht werden. Ist ine dann dises buch so gerecht uß Hispania oder andern orten herkumen, daß sie, wie man sagt, alle wort dorin verkluglen, außlegen und vertheidigen mögen, so seien sie mit dem buchmacher im gaist lang ainig gewest, ist aber zu verwundern. Gleichwol möcht das gesprech unter wenig personen nit so viel schaden, wan es on di trennung der herzen und gemuter, ja on verhinderung des fridens und gemainer reichssachen, di wol notiger weder dises haderwerckh wern, abgieng. Aber wan man vernimbt, wie dann laider gar zu laut werden will, daß wir selbs durchainander zancken, wer wollt dem gegentail verargen, das er nit mit gebung des fridens und andern notwendigen sachen baß an sich hillt und sehe uff di zeit, ob wir nit selbs zum kreutz kruchen. Gott wölls, ob yemand o unsers tails doran schuldig were–o, verzeihen.

Wir thuen als di sorgfeltigen und di es gewißlich gut und bas mainen, dann wirs ergrunden konnen. Dhweil uns nun diser handl fur beschwerdlich ansieht und eben weit gelangt, darzu vil erber, getreue, frome leut belaidigt, so konnen wir euch als unser ungezweiflt vertraut, liebe herrn und frund unermanet nit lassen, das ir wollend allen möglichen vleiß furwenden, alle spaltung, zertrennung und abfall von der angenumen und bekanten unser confession p und sonderlich der concordi–p,1 verhuten, di vertrauten warnen und q euch selbs auch zu disem gemeng nit bewegen lassen, weil wir ye keiner frucht doruß erinnern noch bericht werden, desgleichen–q uns eurn treuen bericht und gutbeduncken wollend in schriften mittailn, was ir doch maynend, das aus diser und andern bisher gepracticirten handlungen volgen möge, r wie auch di colloquenten, weil man hiehere sunst davon schreibt, in den underreden ubereinstimen, das alles gut zu wissen sein mocht–r, damit wir uns von gemaines vatterlands wegen und sonderlich, ob es vonnöten, bei ainem ersamen rat dornach wissen ze richtens. Das wöllend guter, treuer maynung von uns versteen und euch aller fruntschaft, treu und dinst zu uns versehen, wie wir dan auch von euch gewiß seien. Datum Sontag, 10. Julij 15412.

Anmerkungen

a
–a Korr. aus: Wir konnen euch in gehaimbd und besonderm vertrauen nit verhalden. Die ursprüngliche, dann wieder gestrichene Korrektur lautete: tragen dermassen fruntschaft und vertrauen zu euch, das wir in gehaimen sachen nit anders dann offen und unverholn mit euch, in sonderhait nachvolgender sachen halb, handln sollen und wollen. Fuegen euch demnach zu vernemen.
b
–b Nachgetr., teilw. v. a. Hd.
c
–c  Korr. aus: sie wol wirdig.
d
 Danach gestr.: falsche.
e
–e V. a. Hd. nachgetr.
f
–f V. a. Hd. korr. aus: alles, was unsere theologen bishere geschriben und gelert im wort und werckh.
g
–g V. a. Hd. korr. aus: tail der unsern.
h
 V. a. Hd. nachgetr.
i
–i V. a. Hd. korr. aus: den babstischen daraus.
j
 V. a. Hd. nachgetr.
k
–k V. a. Hd. nachgetr.
l
–l V. a. Hd. nachgetr.
m
 Von hier bis zum Schluss v. a. Hd. korr. aus: und soll allain fur unser kirch uffzerichten dermassen umbgepbeuen [sic!] werden, der gegentail seh es auch nit an. Und gesetzt, das di theologen zu Regenspurg allgemainlich doruff beschlussen, so wurd es doch grosses zweiffels walten, ob solche lere und ordnung bei den kirchendinern, so darzu nit beruffen noch darbei gewesen, oder auch bei den verstendigen layen und gemainem mann, beforab in den grossen stetten, zu erhalten sein wurd, also das wir furwar nichtzit fruchtbars, sonder allain widerwillen, mißtrauen, abfall und trennung aus disem gesprech befaren, daruff es auch ungezweiffelt ursprunglich angesehen sein mag. Dhweil dann auch etlich unsers tails personen, den mans sunst gar nit zutraut, deshalb in verdacht fallen wollen, als weren sie diser ding furderer und niemand von ainigem nutz oder frumen christlichs friedens, rue oder ainikait, so hieruß zu gewarten, genugsam verstendigt werden mag, so tragen wir fur unser person dise beisorg, wa nit bei zeit ende hierin gemacht und dergleichen an etlich oberkait oder gar an den gemainen man gelanget, es möcht allerlai args gebern. So ist unser fruntlich, vertreulich und hochfleissig bitt an euch als unser besonder, lieb und gut freund, ir wollend nach eurm besten verstand und vermögen an orten, da es stat fynden mag, furdern helfen und raten, das zwitracht, spaltung und zertrennung unser religionsverwandten, sonderlich der kirchendiener verhutt und auch der argwon in sollichem uffgehept werde. Daran werdt ir ungezweiflt dem almechtigen Gott ain wolgefalligs werckh, vieln frumen, sorgfeltigen, guthertzigen leuten und also gemainer sachen dienen. Das haben wir euch aus besondern ursachen fruntlicher, vertreulicher maynung nit verhalden konnen, synd euch fruntlich ze dinen begirig. Datum.
n
–n Nachgetr.
o
–o Unterstr.
p
–p Nachgetr.
1
 Gemeint ist offenbar die Wittenberger Konkordie vom 23. Mai 1536.
q
–q  Korr. aus: ob man euch oder andere understunde zu bewegen, den buchbeschirmern auch anzuhangen, das ir euch nit wollend darein zihen lassen weder offenlich noch in sonderhait, item, das ir.
r
–r Nachgetr.
s
 Danach zunächst nachgetr, dann wieder gestr.: dan wir besorgen, wa dise ding noch weitter gelangen solten, das wir ain e[rsamen] rat nit umbgehen konnten, darin.
2
 Vgl. Bgm. und Rat von Nürnberg an Hieronymus Baumgartner und Sebald Haller, Nürnberg, 1541 Juli 4, Nürnberg StA, Briefbücher des Nürnberger Rates 125, fol. 147r–147v (Kop.): Lieben freundt, als uns unsere predicanten alhie iren ratschlag, das ytzt zu Regenspurg in der religionsach furgelegt puch belangendt, ubergeben, haben wir ine nach tzuvor beschehener verlesung und anhorung desselben tzu stund an abschreyben lassen und mit der Kopie eilends einen Boten nach Regensburg abgefertigt. Haben wir euch und daneben, das wir solichen unserer predicanten ratschlag fur cristlich und erbar halten und erachten, nit pergen wollen. Datum under unsers eltern Bgm. Jheronimussen Holtschuhers petschir, 4. Julij umb 6 or nachmittag.