Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Weitere Verzögerung der Anreise des Kgs. zum RT wegen eines türkischen Angriffs in Ungarn. Beauftragung Hg. Albrechts von Bayern als Vertreter des Kgs. für die Eröffnung des RT und den Verhandlungsbeginn. Klärung strittiger Punkte nach der Ankunft des Kgs.

Vor den Gesandten der anwesenden Reichsstände vom kgl. Kommissar Gf. Georg von Helfenstein vorgetragen am 7. 7. 15561. Von den Reichsständen kopiert am 8. 7.

HStA München, KÄA 3177, fol. 50–51’ (Kop. Aufschr.: Lectum Ratisponae, den 8. Julii anno 56. Dorsv.: Verzaichniß, was der röm. kgl. Mt. comissarien der Reichs stennde abgesanndten räthen und potschafften des angesetzten Reichs tags halben den 7. Julii anno 56 mundlich furgetragen; darinn auch vertröstung gethan, unnser gn. herr, hertzog Albrecht in Bayern etc., alls der röm. kgl. commissari werde geleuch so pald die proposition thuen. Den stenden furgetragen 7. Julii anno 56.) = Textvorlage. HStA München, K. blau 107/2b, unfol. (Kop. Aufschr.: Lectum 8. Julii 1556. Dorsv.: Der römischen kgl. Mt. commissarien von wegen irer Mt. nit personlichen erscheinens auf den reichstag verner furbringen. No. 2.) = B. HStA Stuttgart, A 262 Bü. 47, fol. 86–88’ (Kop.) = C. HStA Weimar, Reg. E Nr. 179, fol. 35–36 (Kop.). HStA Düsseldorf, JB II 2295, fol. 19–20’ (Kop.). GStA PK Berlin, I. HA Rep. 10 Nr. X Fasz. C, fol. 6–6’ (Kop.).

/50/ Man hat den Gesandten am 10. 6. die Entschuldigung des Kgs. wegen der Verzögerung seiner Anreise zum RT sowie die Zusage vorgetragen, er werde so bald wie möglich persönlich nach Regensburg kommen, um die Verhandlungen zu eröffnen2 .

Dazu teilen die kgl. Kommissare nunmehr mit: Kg. hat ihnen in einem neuerlichen Schreiben3  aufgetragen, die Gesandten der Reichsstände davon zu unterrichten, das sich die leufft unnd gevarlicheiten des turckhen, auch die belegerung irer Mt. schloß unnd fleckhen Ziget4, daran dann ir Mt. und deren khonigreichen nit wenig gelegen, unnd sonnst ettlich irer Mt. rebellen5 halber dermassen geschaffen, das one sonndern nachtail, schaden unnd hohe gevahr ir Mt. derena khonigreichen unnd lande noch der zeit sich ir Mt. persondlich auf den Reichs tag nit begeben khondte. /50 f./ Dies hat den Kg. veranlasst, Hg. Albrecht von Bayern zu bitten, dass er /50’/ sich zum anfanng solches Reichs tags alls höchstgedachter irer Mt. comissari verfuegte unnd in namen hechst gedachterb irer Mt. sambt den anndern mit geordenten comissarien den erscheinenden stennden unnd der abwesenden räthen unnd pottschafften die proposition zum furderlichisten thue6 unnd darauf mit den sachen, so auf dem Reichs tag gehandlt werden sollen, zuprocediern, biß ir Mt. personliche ankhome. Was dann biß daselbsthin nit verglichen, wollte ir Mt. selbst helffen abhanndlen unnd schliessen.

Die Kommissare bitten deshalb die Gesandten im Auftrag des Kgs., den Verzug zu entschuldigen und zwischenzeitlich nicht vom RT abzureisen. Sie versichern nochmals, der Kg. werde, sobald dies möglich ist, aigner person sich auf den Reichs tag verfuegen unnd die sachen, wie gemellt, so biß auf ir Mt. ankhunfft nit verricht, mit getreuem, gnedigem vleiß zu richtigem ennde helffen bringen; des unzweifenlichen versehens, sy, die abgesanndten räthe, werden allso khunfftiger /51/ hanndlung gehorsamlich erwartten unnd an inen auch ainigen manngl nichtc erscheinen lassen.

Schlussformel.

Anmerkungen

1
  Kurmainz, pag. 12–15 [Nr. 3].
2
 Nr. 500.
3
 Schreiben Kg. Ferdinands I. an seine RT-Kommissare Gf. Georg von Helfenstein, Erbtruchsess Wilhelm d. J. von Waldburg, G. Illsung und J. U. Zasius (Wien, 1. 7. 1556): Inhalt entsprechend dem Vortrag oben, teilweise wörtliche Übernahme. Als Zusatz im Postskriptum vom 2. 7. (fol. 322): Hg. Albrecht von Bayern hat sich dazu bereit erklärt, den RT zu eröffnen und ihnen, den österreichischen Räten, seine Gesandten für das Kommissariat zuzuordnen. Kg. erwartet, dass der Hg. anschließend zum RT zurückkehrt, sobald die Reichsstände ihre Resolutionen übergeben. Befehl, die Anordnungen des Hg. in dieser Funktion zu befolgen (HHStA Wien, RK RTA 36, fol. 321–324’. Nicht abgegangenes Or. mit Korrekturen von Hd. Jonas. Postskriptum im Konz.). Den Anlass für das neuerliche Entschuldigungsschreiben des Kgs. bildete wohl der Bericht Gf. Georgs von Helfenstein vom 24. 6. 1556, wonach sich die anwesenden Gesandten /260’/ dess vertzugs unnd das sy allso nit mit geringen cossten vergebennlich uffgehallten, teglichs beschweren. Hab doch noch bisher sy allso erhallten unnd /275/ vertrösst, euer kgl. Mt. werde sonnder zweyffel ire personliche ankunfft, so balld es immer one mergklichen deren kunigreichen unnd lannden gefahr beschehen mege, befurdernn oder sonnst inn annder weg die sachen dermassen anordnen, das sy sich nit zubeschweren haben werden (ebd., RK RA i. g. 33b, fol. 260–260’, 273–275’, hier 260’, 275 [dazwischen Zettel]. Or.). Vgl. zu diesen Beschwerden: Einleitung, Kap. 2.3.
4
 Vgl. dazu bereits die Bekanntgabe in Nr. 500.
5
 Aufständische und von Österreich abgefallene Adelige. Vgl. Anm.13 und 15 bei Nr. 1.
a
 deren] In B, C: treuen.
b
 hechst gedachter] Fehlt in B. C wie Textvorlage.
6
 Gemäß Bericht des sächsischen Rates Schneidewein an die Hgg. vom 8. 7. 1556 waren viele Gesandte darüber verwundert, dass Ferdinand nicht Kg. Maximilian von Böhmen während dessen Aufenthalt auf der Durchreise in Regensburg oder einen Kf., sondern mit Hg. Albrecht von Bayern, Illsung und Zasius drei papisten mit dem Vortrag der Proposition beauftragte (HStA Weimar, Reg. E Nr. 180, fol. 61–64a’. Or.).
c
 nicht] Fehlt in B. C wie Textvorlage.