Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Weitere Verzögerung der Anreise des Kgs. Hg. Albrecht von Bayern als kgl. Kommissar für die Eröffnung des RT. Session.

/11/ (Vormittag, 9 Uhr) Rathaus. /11 f./ Die kgl. RT-Kommissare Gf. Georg von Helfenstein und Wilhelm Truchsess von Waldburg berufen die anwesenden Gesandten der Reichsstände ein. Es erscheinen Gesandte der Kff. von Mainz und Köln1  [KR], von Bamberg, Würzburg, Speyer, Konstanz, Regensburg, Fulda und Hersfeld auf der geistlichen sowie von Sachsen, Jülich, Hessen, Württemberg, Henneberg, der Wetterauer und der fränkischen Gff. auf der weltlichen Bank des FR, dazu aus dem SR Straßburg, Nürnberg und Regensburg.

/12–15/ Helfenstein referiert unter Bezugnahme auf den Vortrag am 10. 6. ein weiteres Schreiben des Kgs. an ihn und seine Mitkommissare wegen der neuerlichen Verzögerung der Anreise Ferdinands I. und der baldigen kommissarischen Eröffnung des RT durch Hg. Albrecht von Bayern2.

/15/ Getrennte Beratungen der anwesenden kfl. und f. Gesandten. Der gemeinsame Beschluss wird den Städten mitgeteilt. /15–18/ Vortrag als Antwort an die kgl. Kommissare3.

/18 f./ Während der Sitzung protestiert Johann Beuter, Deputierter der Wetterauer Gff., gegen die Session von Jakob Plattenhardt für die fränkischen Gff., da diese kein Sessionsrecht beim RT haben4 . Bittet um Registrierung des Protests.

/19/ Plattenhardt entgegnet, er sei von den fränkischen Gff. und Hh. zum RT abgefertigt nicht der gestalt, den graffen in der Wederau einigen eintrag oder verhinderung, sonder wes herpracht und seinen hern gepurt, fürzunemen und zethun. Liesse derhalb diesse yetz beschehene protestation auf irem unwürd bestehen und protestiert dagegen, sagendt, das ye und alwegen die frenckischen graffen und hern ire stim und session im Reich gehabt etc. /19 f./ Bittet ebenfalls um Registrierung des Protests [und übergibt diesen später schriftlich der Mainzer Kanzlei5].

Anmerkungen

a
 Juli 7, Dienstag] Kurpfalz (fol. 209) abweichend [und falsch]: Juli 6, Montag.
1
 Die Kurkölner Gesandten nannten im Bericht an Kf. Adolf vom 9. 7. 1556 daneben Trier (HStA Düsseldorf, Kurköln VI Nr. 129, fol. 219–220’, hier 219. Or.). Vgl. dagegen den Bericht des sächsischen Gesandten Schneidewein an die Hgg. vom 8. 7. 1556: Von den Kff. ist derzeit [neben Mainz] nur Köln vertreten, da der für Kurbrandenburg anwesende Dr. Zoch sich noch nicht akkreditiert hat (HStA Weimar, Reg. E Nr. 180, fol. 61–64a’. Or.). Hingegen waren gemäß Bericht der Kurbrandenburger Deputierten Honstein und Zoch an Kf. Joachim vom 3. 7. 1556 mit Nachschrift vom 7. 7. die am Vergleichstag im Markgrafenkrieg beteiligten Räte durchaus anwesend (so Zoch für Kurbrandenburg), obwohl sie für den RT mehrheitlich nicht bevollmächtigt waren. Auch sie hatten ihre RT-Vollmacht bis dahin noch nicht eingereicht (GStA PK Berlin, I. HA Rep. 10 Nr. Y Fasz. G, fol. 1–7’, hier 5 f. Or.). Auch der bisher nur für den Vergleichstag bevollmächtigte Kurpfälzer Deputierte Heyles war wohl anwesend, da er die Sitzung protokollierte (Kurpfalz, fol. 209 f.) und Kf. Ottheinrich im Bericht vom 8. 7. 1556 darüber informierte. Da die Ansage allein wegen des RT erfolgte, begab er sich anschließend zum Mainzer Kanzler, akkreditierte sich für Kurpfalz als RT-Gesandter und stellte die Zuordnung weiterer Räte in Aussicht (HStA München, K. blau 107/3b, fol. 59–60. Kop.).
2
 Schreiben des Kgs. vom 1. 7./2. 7. 1556 (vgl. Anm.3 bei Nr. 501). Obiger Vortrag wurde anschließend von den Reichsständen kopiert und liegt somit als eigenes Aktenstück vor [Nr. 501]. Die Formulierung im Mainzer Protokoll entspricht weitgehend wörtlich dieser kopierten Fassung.
3
 Antwort als eigenes Aktenstück: Nr. 502. Die Formulierung im Protokoll entspricht dem wörtlich.
4
 Beuter hatte die Wetterauer Gff. bereits im Bericht vom 22. 6. 1556 auf die Anwesenheit eines Verordneten der fränkischen Gff. mit dem Anspruch auf Session und Stimme hingewiesen und Gegenmaßnahmen empfohlen. In der ersten Sitzung des RR am 10. 6. habe der fränkische Gesandte nur gefehlt, weil er spaciren verritten war (HStA Wiesbaden, Abt. 171 C 1727, unfol. Kop.). Im Bericht vom 17. 7. 1556 schilderte er obigen Streit, wonach sich Plattenhardt im RR unnter unnd nebenn mich geseßenn unnd volgennts begert, inen in der umbfrag auch nicht zu uberschreitten. Er, Beuter, habe sofort dagegen protestiert mit dem Argument, dass lediglich den Wetterauer und den schwäbischen Gff. ire session unnd stym im Reichs rath herbracht, [...] aber die grafen unnd herrnn inn Frannckenn solchs nicht herbracht (ebd., unfol. Or.; präs. Beilstein, 25. 7.). Zu den Sessionsbemühungen der fränkischen Gff. vgl. Anm.2 bei Nr. 6.
5
 So ein Vermerk des Mainzer Sekretärs Bagen im Protokoll. Vgl. den Protest als Bestandteil einer umfassenderen Darlegung zum Bemühen um die Session auf dem RT 1556/57 namens der fränkischen Gff.: Zurückweisung des Protests Beuters mit dem Beharren auf dem Sessionsanspruch der fränkischen Gff. neben und mit den schwäbischen Gff. alternatis vicibus unter Berufung auf die Praxis bei früheren RTT und die RAbb. Übergabe des Protests an die Mainzer Kanzlei ad perpetuam rei memoriam. Actum 7. 7. 1556. Unterzeichnet von J. Plattenhardt, Gesandter der fränkischen Gff. (HHStA Wien, MEA RTA 42 Fasz. B, fol. 10–36, hier 19’–21. Kop.). Der Würzburger Deputierte Moß befürchtete, die Forderung der Session für die fränkischen Gff. könnte auch die Rechte des Bf. präjudizieren, und erbat deshalb Weisung, ob er dagegen protestieren sollte (Bericht vom 9. 7. 1556: StA Würzburg, WRTA 39, fol. 259–260’. Or.; präs. Würzburg, 12. 7.). Bf. Melchior forderte Moß daraufhin auf, gegen den Sessionsanspruch der Gff. als /269/ unerhortte neuerung zu protestieren (Würzburg, 14. 7. 1556: Ebd., fol. 269–270’. Or.; präs. 19. 7.). Hingegen korrigierte Moß am 26. 7., er wisse, dass die Gff. stets zu RTT erfordert worden seien und dort nudos sessiones absque vota gehapt, darvon mann sie nit zutringen waiß noch soll. Möchte deshalb ohne nochmaligen Befehl des Bf. nichts gegen deren ploßlichen session vornehmen, es sei denn, sie würden sonnderliche stim erhalten (ebd., fol. 271–273’. Or.; präs. o. O., 29. 7.).