Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

2. HA (Türkenhilfe): Limitierte Kurmainzer Bewilligung. Vertagung der Beratung zur Triplik des Kgs. Anmahnung der niederösterreichischen Werbung.

/613/ (Vormittag) Kurfürstenrat. Mainzer Kanzler proponiert: Triplik des Kgs. zum 2. HA (Türkenhilfe)a , 2.

/613 f./ 1. Umfrage. Trier und Köln wünschen Vertagung, bis Pfalz über ausreichende Weisung verfügt. Pfalz bietet an, die Beratung vorbehaltlich der Ratifizierung fortzusetzen. Sachsen votiert gegen neuerliche Vertagung. Brandenburg schließt sich an. Mainz will auf Ratifizierung votieren, falls Punkte angesprochen werden, für die sie keine Weisung haben.

/614/ 2. Umfrage. Trier: Kf. hat nunmehr die Duplik der Stände ratifiziert. Sind zur Beratung der kgl. Triplik bereit.

Köln: Bitte an Kg., es bei der Duplik bewenden zu lassen.

Pfalz: /614 f./ Entsprechend Köln.

/615/ Sachsen: Kg. wird diese Bitte abschlagen. Wünschen Beratung der Triplik in Einzelpunkten.

Brandenburg: Entsprechend Sachsen.

Mainz: /615 f./ Haben nunmehr Weisung des Kf. erhalten3 : Bewilligt trotz der bekannten Verwüstung des Erzstifts acht Römermonate. /616/ Wofer aber andern ein mehers thun wolten, alßdan verhofften sein kfl. Gn., bedacht zuwerden, das sie bei diessem gelassen. Yedoch wil sein kfl. Gn. die hilff, so andere thun mochten, durch ir verwaigern nit hindern. Allein irer kfl. Gn. und dero ertzstiffts armut nach bitten sie, hiebei gelassen zuwerden. Wolte man nun weiter uff die resolution reden, solt inen auch nit zuwider sein, doch uff ratification.

/616–619/ 3. Umfrage. Beschluss: Aufgrund der neuen Mainzer Erklärung Vertagung der Beratung bis nächsten Freitag. Brandenburg merkt zum Mainzer Votum an, sie hofften, /618/ Meintz werde sich mit dem mehern vergleichen, wie solchs der alt prauch. Sachsen schließt sich dem an4: Und da sie5 ye nit wolten sich mit den andern vergleichen, alßdan hetten sie ire notturfft vor der kgl. Mt. selbst furzupringenb.

Anmerkungen

1
 Von Sonntag, 17. 1., bis Dienstag, 19. 1., fanden wegen der Hochzeit Mgf. Philiberts von Baden mit Mechthild von Bayern, der Schwester Hg. Albrechts, keine Verhandlungen statt (Kurmainz, pag. 612). Vgl. zum Ablauf den Bericht des kursächsischen Gesandten F. Kram an Kg. Christian III. von Dänemark vom 20. 1. 1557: Am Sonntag, 17. 1., Trauung durch den Kardinal von Augsburg im Kloster St. Emmeram. Am Montag, 18. 1., Segnung mit Hochamt: Die Hgg. von Bayern und Württemberg führten den Bräutigam, die Ehgg. Ferdinand und Karl die Braut. Hg. Christoph verließ die Kirche vor Beginn der Messe. Neben dem Kg. nahmen alle persönlich anwesenden Ff. an der Hochzeit teil. Kg. Ferdinand hat sich mit tantzen unnd auch sonstenn mit reden unnd gesprechenn auf solcher hochzeit ganntz frölich erzeigt. Am Sonntagabend Tanz im Rathaus, dabei haben beide Ehgg. eine kostliche mummerey dargebracht, an der sich neben ihnen auch der böhmische Kanzler [Joachim] von Neuhaus, Gf. Georg von Helfenstein, Gf. Joachim Schlick, Wilhelm Truchsess von Waldburg, Karl von Žerotín und Andreas Teufel beteiligten. Da dies sehr aufwendig gestaltet war, sind wegen der derzeitigen Türkennot allerley spitzige redenn daruber gefallen. Es haben auch ihr etlich daruber einander zimbliche böse wort gegeben etc. Es fand kein Turnier statt, jedoch am Dienstag, 19. 1., ein stattliches Bankett des Kgs. im Rathaus. Welchs auch nicht unberedet gebliebenn etc. Wie dann die welt auff alles fast spitzig unnd unnutz (RA Kopenhagen, TKUA RD B, GR 124, unfol. Or.). Bericht des Venezianers Tiepolo: Unterbrechung des RT wegen der Hochzeit. Cinque giorni continuvi hanno durato li banchetti et le feste, con intervento di tutti li principi che qui si trovano et del Sermo re, il quale non è mancato d’alcun officio che potesse dimostrar l’affetion sua verso il genero [Hg. Albrecht V.]. Ha S. M non solo banchettato et fatta festa, ma più volte ballato, et alla sposa ha donato per 5000 fiorini, alla quale medesimamente il Sermo re Massimiliano ha mandato presente per 2000 et li Sermi principi Ferdinando et Carlo [...] han datto per più di 3000. Tutti l’altri principi ancora hanno fatto li lor presenti come qui si costuma (Druck ohne Angabe des Datums: Goetz, NB I/17, Nr. 147 S. 310, Anm. 10). Detaillierte Beschreibung der Feierlichkeiten: GHA München, KA 589 I, unfol. (dort zusätzlich: Am 11. 1. 1557 Einzug der Mutter und der Frau Hg. Albrechts sowie der Braut, begleitet von 36 Edelfrauen in verhüllten Wagen und von fast 100 Reitern). Gesamter Ehevertrag mit allen Bestandteilen (Heiratsabrede, Überlassungen und Verzichte, Heiratsgut, päpstlicher Dispens wegen Blutsverwandtschaft): Ebd., KA 589 II, fol. 204–249´ (Kop.). Einzelurkunden des Vertrags: Ebd., Hausurkunden 1119–1126. Heiratsabrede auch in HStA München, Fürstensachen 355, fol. 3–10’. Kop. Zu Hochzeitszeremonien auf RTT vgl. Aulinger, Bild, 304–307.
a
 (Türkenhilfe)] Kursachsen (fol. 308) und Kurpfalz (fol. 437) zusätzlich vor dem Folgenden: 1. Umfrage. Trier, Köln, Sachsen, Brandenburg bekunden ihre Verhandlungsbereitschaft. Mainz hat nunmehr Weisung erhalten, hingegen ist Pfalz noch immer ohne entsprechende Instruierung. [Obige 1. Umfrage in Kursachsen und Kurpfalz als 2. Umfrage etc.]
2
 Nr. 437.
3
  Kf. Daniel von Mainz hatte trotz der langwierigen Bemühungen seiner RT-Gesandten um eine konkrete Weisung zur Türkenhilfe (vgl. Anm.12 bei Nr. 59) erst am 24. 12. 1556 seinen Rat Dr. Peter Preuß beauftragt, beim Domkapitel ein diesbezügliches Gutachten zu veranlassen (Aschaffenburg, 24. 12. 1556: HHStA Wien, MEA RTA 43/II, fol. 108–109’, hier 108’ f. Konz.). Das Domkapitel empfahl ohne Einzelheiten nur generell, trotz der Notlage des Erzstifts eine allgemein bewilligte Steuer nicht abzulehnen, da die beklagte Schädigung in den vergangenen Jahren nicht nur Mainz, sondern sehr viele Reichsstände betreffe. Demnach stehe fest, /118/ daß eß euer kfl. Gn. halben gantz schwerlich fallen wurd, da sie von disen stenden sich alleyn abzusondern und von disem gemeynen werck außzuziehen (Preuß an Kf. Daniel; Mainz, 30. 12. 1556: Ebd., fol. 118–120’, hier 118 f. Eigenhd. Or.; präs. Aschaffenburg, 3. 1. 1557. Vgl. auch Domkapitel an den Kf.; 5. 1. 1557: Ebd., fol. 122–123’. Or.; präs. o. O., 7. 1.). Weisung Kf. Daniels an seine RT-Gesandten vom 8. 1. 1557 (Aschaffenburg): Sollen wegen der bekannten Verwüstung des Erzstifts 6, höchstens 8 Römermonate bewilligen und darauf auch bei einer höheren Zusage anderer Stände beharren. Bedingungen für die Steuer: Sicherung des Friedens im Reich in Religions- und Profansachen; keine fiskalischen Prozesse gegen unvermögende Stände; keine Lieferung der Hilfsgelder, falls ein türkischer Angriff unterbleibt. Ablehnung einer beharrlichen Hilfe: Da die deutsche Nation zur Abwehr des Feindes allein nicht in der Lage ist, soll zunächst die Beteiligung anderer christlicher Potentaten in einem Umfang, wie das Reich ihn leistet, sichergestellt werden (ebd., fol. 139–143, hier 140’–143. Konzeptkop. Or.: MEA RTA 44a/I, fol. 303–307’; präs. Regensburg, 12. 1.).
4
 Abgabe eines zusätzlichen sächsischen Votums außerhalb der Reihe nach Brandenburg.
5
 = die Mainzer.
b
 furzupringen] Kursachsen (fol. 312 f.) zusätzlich: Nachmittag. Reichsrat. Vorlage von Supplikationen, darunter die dritte Anmahnung der niederösterreichischen Gesandten zu ihrer Werbung um Türkenhilfe [Nr. 486].