Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil
[1.] Ziele Kg. Ludwigs von Frankreich in Italien, Notwendigkeit von Gegenmaßnahmen, Verhandlungen auf dem bevorstehenden RT über eine Reichshilfe; [2.] Bitte an Venedig um eine Geldhilfe, Zusage Kg. Maximilians über die Stellung von Truppen; [3.] Vorschlag eines Bündnisses zwischen röm. Kg., Papst und Venedig, Vermittlungsinitiative im Streit um Rimini und Faenza.
s.l., s.d., jedoch wohl Straßburg, um den 16. April 1507.
Wien, HHStA, Reichsregisterbuch OO, fol. 21–25’ (Reinkonz., Verm.: IIII. VENECIAS. – Instructio Camilli de Montibus, Dr. Haiden, Moysse, Rabler. Instructio Camilli de Montibus et Moysse. Litterae caesaris ad eos. Litterae eorum et Rabler ad caesarem. Litterae Camilli ad caesarem. Litterae Rabler ad caesarem. – Verm. von anderer Hd.: Pro adducendis Venetis contra Galliam et sic utendum Maria Sforzia duce Med[iolanensi]).
[1.] Nach der Übergabe ihres Kredenzbriefes sollen die Gesandten daran erinnern, daß er die venezianischen Oratoren wiederholt darauf hingewiesen habe, daß man dem frz. Kg. nicht trauen könne und daß dieser beabsichtige, sich ganz Italien zu unterwerfen. Aus diesem Grund hat er den RT nach Konstanz einberufen, um dort darüber zu beraten, wie man dem frz. Kg. entgegentreten könne, und dafür die nach dem Tod seines Sohnes Kg. Philipp von Kastilien anstehende wichtige Reise nach Burgund zur Übernahme der Regierung zurückgestellt. Inzwischen hat ihm der frz. Kg. angekündigt, daß er nach Italien ziehen wolle, dieser Zug jedoch nicht gegen ihn, den röm. Kg., gerichtet sei, und gebeten, ihn dabei nicht zu behindern. Er hat diesem daraufhin geantwortet, daß er jetzt einen RT in Konstanz abhalten werde; da die Angelegenheit nicht nur ihn, sondern das Hl. Röm. Reich angehe, werde er seine Mitteilung und sein Anliegen den Kff., Ff. und Ständen des Reiches eröffnen. Danach wolle er ihm antworten; bis dahin solle er seinen Zug nach Italien zurückstellen. Dessenungeachtet zieht der frz. Kg. persönlich mit einem großen Heer aus Franzosen und Schweizern nach Italien, a–in der Absicht – worüber er durch zuverlässige Berichte genauestens informiert ist –, zuerst dem Papst Bologna wegzunehmen und es für viel Geld seinem Parteigänger Giovanni Bentivoglio zurückzugeben. Anschließend will der frz. Kg. den Papst angreifen und zu diesem Zweck zuerst das zum Hl. Reich gehörende Genua unterwerfen. Sein Plan ist, den Hl. Stuhl unter seine Kontrolle zu bringen und ganz Italien zu erobern. Die beiden Städte will der frz. Kg. durch eine doppelte Befestigungsanlage für alle Zeit für sich sichern–. b–Zwar behauptet dieser, er wolle nur Genua erobern und bestrafen. Dies ist jedoch lediglich ein Vorwand, um den Papst, ihn, den röm. Kg., und die italienischen Stände und Kommunen zu täuschen. Denn die Genuesen waren jederzeit bereit, dem frz. Kg. ihre Tore zu öffnen, wenn er nur ihre städtische Freiheiten garantiert hätte. Dafür hätte es seiner persönlichen Anwesenheit mit einer so großen Streitmacht nicht bedurft–. Daraus folgt, daß der frz. Kg. beabsichtigt, nicht nur den Hl. Stuhl in Rom und die zum Hl. Reich gehörenden Stände in Italien in seine Gewalt zu bringen, sondern ganz Italien zu erobern. Da ihm als gewählten, gesalbten und gekrönten röm. Kg. das röm. Kaisertum zusteht und der Hl. Stuhl sowie ganz Italien mit diesem Kaisertum verbunden sind, kann und darf er dies nicht gestatten. Es wäre für ihn unerträglich, sollten die italienischen Stände und Kommunen und insbesondere Venedig unter die französische Tyrannei geraten. Er wird deshalb jetzt persönlich am RT in Konstanz teilnehmen, um dort gemeinsam mit Kff., Ff. und Ständen des Reiches unverzüglich ein großes Heerc zu versammeln. Aufgrund des französischen Vorgehens besteht jedoch die Gefahr, daß diese Hilfe nicht rechtzeitig eintrifft. Deshalb ist rascher Entsatz nötig, um die Franzosen so lange aufzuhalten. Er will zu diesem Zweck von Konstanz aus persönlich mit soviel Truppen, wie er zusammenbringen kann, den frz. Kg. angreifen, bis die Reichshilfe nachkommt, die on underlass von des Reichs versamblung dannen gericht werden muss. Dadurch kann Italien vor den Franzosen gerettet werden.
[2.] d–Die Gesandten sollen sich deshalb bei den Venezianern um eine Hilfe von 50 000 Dukaten bemühen, damit er seinen Angriff früher eröffnen kann. Ansonsten läge die ganze Last allein auf ihm–. e–Er schickt jetzt auch 3000 Knechte nach Italien.1 Falls Venedig diese Truppen gegen den frz. Kg. benötigt, werden die Hauptleute sie ihnen zuführen–. Er erwartet zuversichtlich eine zustimmende Antwort, was auch im Interesse Venedigs ist. Denn er erstrebt in Italien nur das, was ihm und dem Reich zusteht; und es geht ihm um die Ehre, Italien vor den Franzosen f–als ains frevenlichen, neu geporen folks– gerettet und die Freiheit der italienischen Staaten bewahrt zu haben. Seinem Anliegen liegt allein der Wunsch zugrunde, dem frz. Kg. Widerstand zu leisten.
[3.] Durch ein Bündnis zwischen dem Papst, ihm und der Republik Venedig wäre man künftig vor einem solchen Angriff geschützt. Er ist deshalb willens, ein solches Bündnis mit ihnen zu schließen. Zuvor muß jedoch der Konflikt zwischen dem Papst und Venedig wegen Riminis und Faenzas beigelegt werden. Die Gesandten sollen deshalb beantragen, die beiden Städte bis zur Beendigung des Streits an ihn zu übergeben. Er wird seinen Hauptmann zu Triest, Georg Moysse, und Gf. Francesco Sforza jeweils als Statthalter einsetzen und sich unverzüglich um eine gütliche Einigung bemühen. Falls diese scheitert, will er gemeinsam mit den in Konstanz versammelten Reichsständen oder in anderer Weise eine rechtliche Entscheidung fällen. Er bittet Venedig, ihm die Angelegenheit anzuvertrauen. Er wird auch mit dem Papst darüber verhandeln lassen und zweifelt nicht, daß dieser das Angebot annehmen wird. Sobald dies geschehen ist und Venedig sein Einverständnis zu einem Bündnis erklärt hat, will er weiter darüber verhandeln lassen.2