Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth
[1.] Auftrag zu genauer Umsetzung der beiden Instruktionen zum Jülicher Erbstreit bzw. zum Erfurter Streitfall; [2.] Hinfälligkeit der anberaumten Gerichtstermine aufgrund des Verhaltens der Gegenpartei; [3.] Erforderliche neue Ladung der Hgg. von Sachsen; [4.] Aufgabe des Richters, niemanden ohne offenkundigen Beleg für ungehorsam zu erklären; [5.] Durch Erfurt verursachte Verarmung der den sächsischen Hgg. zugewandten Erfurter Bürger, ihre dadurch bedingte Unfähigkeit zur Teilnahme am Kölner Rechtsverfahren; [6.] Gefangennahme und Schatzung weiterer Bürger aus Erfurt durch die dortigen Bewohner; [7.] Sonstige gewaltsame Übergriffe der Erfurter Bürger; [8.] Augenscheinliche Kriegsvorbereitungen Erfurts; [9.] Verlangen der sächsischen Hgg. nach Wiederherstellung der vor dem Aufstand bestehenden Zustände in Erfurt; [10.] Inakzeptables widerrechtliches Handeln der Gegenpartei; [11.] Empfehlung für das juristische Vorgehen der sächsischen Gesandten; [12.] Bereitschaft zu einem gütlichen Ausgleich als geeignete Verzögerungsmaßnahme bis zum Ende des Reichstags.
Grimma, 3. August 1512
Weimar, HStA, EGA, Reg. G Nr. 208, fol. 283a-288b, Konz. (Vermerk fol. 288b: Ratslag, durch den probst zu Wittenberg [Dr. Henning Göde]und ordinarien zu Leipzk [Dr. Johann Lindemann, gen. Eisleben]begriffen, des mandats halben in der erfurdischen sachen 1512).
Instruction unserer gnst. und gn. Hh. zu Sachsen etc. beyderseitzs rete, dinstags nach vincula Petri Ao. domini 1512 [3.8.12] zu Grymme beredt und gestellet an irer kftl. und ftl. Gn. rete, die itzt zu Kollen ufm reichstage seind, wie die nochmals uf usgegangen citationschrift [Nr. 1084] in der erdfurtschen sachen procediren sollen, uf vorbesserunge und wolgefallen derselbigen unsere gnst. und gn. Hh.
[1.] Erstlich der ersten instruction in der gulischn sachen [Nr. 1611] und der andern in der erfurtischn sachn [Nr. 1603] vleissig nachzugehen und besundern zu erwegen, das die rete nicht schlechte excusatores, sundern von unsern gnst. und gn. Hh., auch dene aus Erfurd cum mandato darzue verordent seind. [...]
[2.] Und das sie darauf nochmals als excusatores vorwenden dys tuen unde factum, nemlich: Dieweyl unsere gnst. und gn. Hh., dergleichen die burger aus Erford, eyn itzlicher vor sich, uf eynen sunderlichen termyn citirt, nachdem die citation iclichem teil yn sunderheit und nicht auf einen tag vorkundet und die widerteyl uf sulche angesetzte gerichtstage eyns itzlichen termyns nicht vorkommen noch als die gehorsamen compariret, sich auch nicht angesaget, das sie do weren als die gehorsamen, und das unser gnst. und gn. Hh. und ire vorwanten als ungehorsamen weren aussenblieben noch ire contumacien beschuldiget, so sind die ernante rechtstage unde termyn aufgestanden, subducirt und vorloschen der ursache halben.
[3.] 2. Und zum andern auch diser ursache, das unser gnst. und gn. Hh. sampt iren vorwanten geyn Trier uf eynen namhaftigen tag seind citiret, der rechtstage auch davor nicht vorrugkt ist worden unde nue uf sulche benante tage ksl. Mt. ader ymand, der des bevelh gehabt, in den sachen sulcher citation nicht rechtlich presidiret, seind derhalb abereyns dis termyn durchs recht aufgehaben und als vor nicht angesatzt zu halten. Derhalben uf sulche citation wider unser gnst. und gn. Hh. und irer Gn. vorwanten, als die ungehorsam und contumaces weren worden, nicht mag procediret werden, sundern müsten ire kftl. und ftl. Gn. von neues wider geladen werden, doch somite irer Gn. exception wider sulche neue ladunge, ob sie geschege, unbegeben.
[4.] 3. Zum dritten und abgleich keyn excusator vorqueme noch dise grunde vorwente, so wissen doch ksl. Mt. und alle stende des Reichs, das dis also des Reichs recht ist und dem richter aus richterlichem ampt geburd, obschon der part wolt schweigen, dareynzusehen, das nymand vor ungehorsam erkent werde, des ungehorsam in den gerichtshendeln und acten nicht erscheynt und also vil mehr, so in den hendeln, darinne die part citiret, keyn gericht gesessen und das nach vorscheynunge des angesatzten rechtstag der aufgestanden und vorloschen gerichtstage als eyn nichtig ding nicht mag erstrackt, prorogiret ader contumiret werden.
[5.] 4. Forder ist lauter offenbar, das die in Ertford den burgern aus Erford, so unsern gnst. und gn. Hh. vorwandt unde zugetan seynt, haus, hof, hausgerete, ire weyn, getreide und zinse und alles, was sie in Erford gehabt, spolyrd und genommen haben, dergleich auch das al[le]s, [was] sie hausen und in iren gebieten und dorfern gehabt und haben, genommen, inen ire zinse vorboeten und ine also den gebrauch und notzunge aller irer guter entzogen und sie derhalb also arm gemacht, das inen unmoglich ist, wider sie rechtlich zu handeln und vor ksl. Mt. und des Reichs stenden zu erscheynen, nachdeme sie nicht sovil haben, das sie den wirt die erste nacht mochten bezalen, vil weniger den procuratoren und advocaten iren geburlichen solt zu geben. Darumb sie billich entschuldigt seynt, nicht zu compariren, obschon die angesetzte rechtstage nicht vorschienen noch vorloschen weren. Und dis stehet je in facto und ist impotencia citatorum. […]
[6.] 5. Zuedeme haben sie nach vorkündigter citation zwolf bürger in Erfurd, die sich gerne des gleichen rechten und nach unsern gnst. und gn. Hh. gehalten, gefenglich ufs rathaus geleget und inen ungeferlich bey den 2600 fl. abedrungen und abegeschatzt, darumb, das sie unserer gnst. und gn. Hh. schutzbrief gehabt. […]
[7.] 6. Uber das halten sie auch unserer gnst. und gn. Hh. undertan von geistlichem stande, vom adel unde burgern und den armen, die hyn und here in spitalen ligen, das ire vor, bezalen sie irer schuldigen zinse nicht, davon sie leben müssen, sundern spolyren sie teglich unde so oft eyn termyn der zins kommet, spolyren und raphyren sie mit gewalt inen das ire, derhalben auch vil messen und gotsdinste in unserer gnst. und gn. Hh. furstentumb teglich fallen und gotsdinste vormyndert werden. Das iren kftl. und ftl. Gn. als cristlichen Ff., zu gedulden und in vorlengerunge zu setzen lassen, nicht geburet. […] Und ob gesagt wurde, diß belanget unser gnst. und gn. Hh. nicht, sunder alleyne die aus Erfurt, darwider ist vorzuwenden, das unser gnst. und gn. Hh. und irer Gn. undertan und vorwanten sachen sich nicht lassen teylen. […]
[8.] 7. Uber das schicken sich die in Erfurd teglich mit aufrichtung der stadt neuen festen, als wolten sie daraus den landfride brechen und die landsessen beschedigen und uber das mit irem vornehmen eynen hangenden krig anrichten, darmite ine in ir teglich mutwillig vornehmen nicht anders dann mit rechte solte gehalten werden, wiewol sie selbst nymandem keyn rechte tuen noch vorhelfen, welchs unleydlich ist, sunderlich der harre und schedlichs vorzogs halben.
[9.] Wann aber Erfurd widerumb in den stand gestalt und gesatzt und den armen leuten das ire wider zugestelt wirdet, wie dann vor der entporunge gewest, wollen unsere gnst. und gn. Hh. inen noch nymandem des rechten vorseyn an allen geburlichen enden.
[10.] Sulchs alles, wie hirbevor vormeldet, und anders in der vorigen instruction und auch die ganze handelunge, wie die zu gehen erzalt ist, doch nach notturftiger ordenunge, wes sich auch in mitler zeit, das alhir nicht vormeldet ist, begeben hat, sollen die rete ufs allerschicklichst, so ine moglich ist, an ksl. Mt. und die stende des Reichs stadtlich antragen, also das unserer gnst. und gn. Hh. gerechtigkeyt erscheyne und moge vormarkt werden, das die widerteyl alleyne geferlichen vorzog ires ungehorsams und mutwillens suchen und dennoch selbst furt und furter unrechts zu pflegen sich bearbeiten, unsern gnst. und gn. Hh., irer Gn. landen und leuten zu nachteyle, und das sulchs iren Gn. in keynen weg leidelich etc., und also, das sulch vornehmen unsern gn. und gnst. Hh. in keynen weg leidelich und ire kftl. und ftl. Gn. auch abermals nicht schuldig weren, sich vorpfendt und vor der restitution in eynich recht zu begeben.
[11.] Und wue die widerteyle die rete ane mandatum ad causam, in citatione ausgedruckt, nicht zulassen wolten und wurden bitten, unsere gnst. und gn. Hh. und die aus Erfurd als ungehorsam zu erkennen und zuforderst im anfange und ehr dann sulcher unserer gnst. und gn. Hh. gelimpf unde gerechtigkeit also ksl. Mt. und den stenden eyngebildet, endecket und vorgetragen were, das alsdann die rete als geschickte unserer gnst. und gn. Hh. und vorordente zum reichstage sulch vortragen ausserhalb des rechten alleyn ksl. Mt. und den stenden zu eyner underricht teten und also des nomens „excusatorium“ noch zur zeit nicht gebraucheten und, ob es not were, sulchs vor dem rechtstage ader ehr, dann der widerteyl weiter anreget, teten, ader, ob sich sulchs nicht wolte tuen lassen, das sie sulch vortragen excusatorio nomine mit vorlegunge des zugeschickten mandats, wie in der instruction angezeigt ist, nochmals teten. […]
[12.] Es ist auch bedacht, ob ine gutlicher handel von ksl. Mt. und den stenden vorgeschlagen, ob und in welcher gestalt sie dene anenehmen solten, darmite die zeit zu vorschleißen, und daß sie sich dardurch in nichts vorbunden, ader ob sie derhalben ksl. Mt. und die stende, an unser gnst. und gn. Hh. zu schreiben, weysen und sulche ader dergleichen wege zu finden vornehmen solten, darmite sich der reichstag endet etc., alles uf der Hh. vorbesserunge.