Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Enttäuschung über die abschlägige Antwort des Ks. in Sachen Reichsbelehnung, Hoffnung auf dessen Sinneswandel; [2.] Bitte an Kf. Friedrich um Fortsetzung seiner Bemühungen zugunsten der Belehnung; [3.] Zustimmung zu einer Vermittlung des Ks. im Konflikt der Pfalzgff. mit dem Schwäbischen Bund; [4.] Verweis auf die Dienste seines Vaters Kf. Philipp für den Ks.; [5.] Bitte an Kf. Friedrich um Unterstützung seines Anliegens.

Augsburg, 12. April 1510

Weimar, HStA, EGA, Reg. C Nr. 515, fol. 2a-5b, Kop.

[1.] Hochgeborner F., lb. vetter, der röm. ksl. Mt., unsers allergnst H., antwort uf euer lieb handelung und weiter anhalten in sachen unser und des hochgebornen F., unsers fruntlichen, lb. bruders Hg. Friderichs, Pfalzgf., etc., regalien und lehen leihung betreffen,1 unsers behalts der meynung jüngst geben, das ir ksl. Mt. uns in ansehung etlicher verschreibungen, so dieselb den kriegsfürsten, stetten und bundsverwanten zugestalt han soll, wir seyen dann zuvor mit inen deshalb vereynt und vertragen, nit leihen künde, wa wir aber meynten, des beswerdt zu sein und ye unpillich versagt würde, das ir Mt. sich alsdann die Kff., Ff. und ander stende weysen, auch alspald, wes die zu ton schuldig, welt erkennen lassen, mit dem anhang, das ir Mt. uns doch solichs nit rate noch ersprießlich zu sein achte, haben wir sampt irer Mt. beger und gutbedunkens derselbigen unterteniglichen vernomen, aber uns gestalt der sachen, auch herkomends handels der- oder irgleich antwort gar nit versehen. Wollen nochmals der hoffnung zu Gott, der unuberwiendlichen gerechtikayt, aller tugent ein konigin, auch zu irer ksl. Mt. angeborn, hergeübt miltikayt sten und unzweifenlich sein, ir Mt. werds zuletst baß, auch herzlicher, dann noch gescheen, bedenken und uns mit merern gnaden erscheinen, bemelt unser regalien und lehen gnediglich leihen und des nit verzeyhen noch uns der vermeynten verschreibung oder anders halb durch unser widerwertigen, [die] sich des befleißen, [was] zu noch merklicherem unserm nachteil und schaden, zu verderben und keynem ufnemen dient, lenger ufhalten lassen. Dann uns viel zu verhöre zu begeben oder mit irer Mt. in ainige disputation und widerfechtigen streit zu legen, ist bisher, wie auch unsers lb. H. und vaters, Pfalzgf. Philipsen seligen loblicher gedechtnis, unser gemüt nye gewesen und noch nit. Will auch, wie die ksl. Mt. selbs bedenkt und rate euer lieb darzu wol zu ermessen hat, unser gelegenhait nit geben noch uns tunlich sein us vielfaltigen ursachen, unnot, alle und nach der lenge zu erzelen, aber doch besonderlich der, das, wa es daselbshien und zu verhöre wachsen, von zwen wegen einer furgenomen und notturftiglich müßt gangen werden: eintweders zumal zu sweigen, das nyergen dann zu nachteil und verlust reichen wer, oder zu reden und unser notturft furzutragen, auch die warhait an tag zu pringen understen. Solten wir nun dise bane jagen, zu verhöre komen, auch unser notturft offenlich furbringen lassen, das mocht ksl. Mt., wie eur lieb zu ermessen, zu myßfallen komen, uns auch zu besorgen stünde, mehr ungnedigen willen dann gnade, mehr schadens dann nutz und mehr ergremen dann lieb geperen. Derhalb wir gedacht, gedult zu tragen derzeit, der gnaden by irer Mt. zu erwarten und viel lieber oder mit mynderm widerwillen aus gnaden das auch mit etwas schaden und wenigerm zu erlangen, dann gemeltermaß uns mit irer Mt. inzulassen oder merers dergestalt zu bekomen.

[2.] Herumb, lb. vetter, unser fruntlich, fleissig bitt, ir wollent noch nit ablassen, in der handelung beharren und pleiben, in der auch volfaren und solichs zu erlangen, wie wir nit zweifeln, keyn fleis sparn, euch auch solicher mühe und arbayt nit betauren noch beswerlich sein lassen, sonder by ksl. Mt. weyter versuchen und anhalten, ob ir irgentein bequemer, glückseliger stunde treffen werden kunt, ir ksl. Mt. als unsern allergnst. H. von unser und unsers bruders wegen uf das allerundertenigst und mit dem hohsten fleis abermals bearbeiten und wie vor bitten und bewegen, das dieselb ir Mt. uns in ansehung des rechten, der natuerlichen gesetze, der herprachten gewonhait im Reich, der pillikayt, auch der handelung und gn. vertröstung, zu Crutzenach [= Kreuznach] und Wurms2 bescheen, darzu der Kff. und Ff. underricht und uberantwort furschrift, auch derselbigen euer liebde und unser undertenigs bitten uns nochmals geruche und wolle unser regalia und lehen gnediglich oder, wa es ye nit anders sein kunde oder wolt, zum wenigsten zu unserm rechten und gerechtikaiten leihen und uns unser und bemelts unsers bruders unverschulden nit pfenden noch in weitern ufhalt oder verzug stellen und sich im selbigen die vermeynt verschreibung oder anders nit irren noch verhinderen laß, wann, wie euer lieb ermessen mögen, dieselbigen us vielfaltigen wolgegründten ursachen ytel und unbestendig und, als der hochberümpt, unsterblichs lobs Ks. Justinianus in seinem buch der gesetze3 spricht, so und wann er etwas unbedachts gehandelt oder geordnet, dasselb lieber selbs angreifen und abschaffen wolle, dann underwiesen zu werden oder solichs von einem andern zu gescheen erwarten, also auch die röm. ksl. Mt. unserer achtung lieber von ir selbs handeln, wann durch die Kff. oder andere stende das zu ton gewiesen werden.

[3.] So und wann uns dann also geliehen, sein wir, wie wir uns nehst anpoten einem yeden, der uns forderung nit erlassen wolt, vor seiner ksl. Mt., unserm allergnst. H., wa es die regalia und lehen berürn würde, als lehensherren rechts gehorsam, sunst und wann es sachen, im krieg ergangen, betreffen wer, als ordenlichen und nach vermöge des spruchs zu Coln4 zu handlen urputig, wolten uns auch des gar ungern waygern. Uns würde auch, wie wir uns am jüngsten vernemen lassen, nit wider sein und mögen alsdann, so uns gemeltermaß geliehen, gar wol leiden, das ir ksl. Mt. durch sich selbs oder euer lieb im handel zwischen bemelten bundsverwanten und unser slage, auch gutliche handelung furneme, die wir dann lieber haben und ir mehr wann jemants anders verfolgen und uns dermassen erzaigen wollen, das ir Mt. und eur lieb allen undertenigen, dinstlichen und fruntlichen willen by uns spüren und fienden sollen.

[4.] Euer lieb mage auch, ob sie es für gut ansiecht, in der bitt by ksl. Mt. der getreuen, willigen dinst und beweisten guttaten, so unser lb. H. und vater Pfalzgf. Philips selbiger irer Mt. oft und dick mit darstreckung alles des seins vermögens, freude und wollust gemacht, auch des gn. willens, so ir Mt. zu seiner lieb etwan getragen, wie dieselb ir Mt. in kurzverschiener zeit uns solichs selbs aigner person eröffnet und sich des hören lassen hat und wir des auch etlichermassen wissen, gedenken und hübschlich anregen. Ob darzu gleichwol ichts durch den bemelten unsern lb. H. und vater gehandelt, das seiner Mt. myßfallen, so wer doch solichs irer Mt. nit zuwider bescheen, auch anders in ir Mt. getragen. Wann es an ime selber und obs gleich ware gewesen, das wir ytzt nit in disputation oder erörterung ziehen wollen, so ist es, wie ir Mt., auch euer lieb wol erwegen können, uberswenglich und mehr dann zuviel gepüßt, auch die alt kuntschaft und woltaet zu herzen zu ziehen, darzu unser und unsers bruders unschuld anzusehen. Und darumb, auch on dasselb, wir und unser bruder des nach seinem absterben an unsern anherlichen und andern veterlichen und voraltern lehen leihung nit engelten noch verhindert werden solten, mit ermanung, das wir und unser bruder irer Mt., wiewol nit schedlich, als unser gemüt auch nit, doch in manicherhande wege mit der zeit ersprießlich sein mögen.

[5.] In dem sich euer lieb gutwillig und als ein vetter und besonder guter freund, zu dem wir uns aller eren und guts versehen, erzaigen und by ksl. Mt., wie euer lieb, der wir irer gehapten mühe mit hohstem fleis danken, baß, dann wir sie berichten mögen, zu ton weiß, nichts, das zu gutem und furderung der dinge dinstlich sein mage, mit ychten underlassen, als wir in keinen zweifel setzen, von euch selbs zu ton genaigt seyen. Das wollen wir umb die ksl. Mt. underteniglichen und eur lieb fruntlich verdienen. Datum Augspurg fritags nach quasimodogeniti Ao. etc. 10.

Anmerkungen

1
 Zu den letztlich vergeblichen Bemühungen Kf. Ludwigs auf dem Augsburger Reichstag, die Reichsbelehnung zu erlangen, vgl. Steinmetz, Kurpfalz, S. 101; K. Baumann, Johann von Morschheim, S. 73f.; Sattler, Geschichte, S. 103f.; Häberlin, Reichsgeschichte, S. 477f. Erst auf dem Augsburger Reichstag 1518 wurde der Kf. durch Ks. Maximilian belehnt. Luttenberger, Ludwig V., S. 413.
2
 Gemeint ist der Wormser Reichstag 1509. Vgl. Heil, Reichstagsakten 10, Nr. 311-317.
3
 Der Codex Iustinianus, eine 528 n. Chr. von Ks. Justinian in Auftrag gegebene Zusammenstellung von Kaisergesetzen.
4
 Vom 30. Juli 1505. Druck: Heil, Reichstagsakten 8, Nr. 476.