Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Erstellung der Abrechnung aller Einnahmen und Ausgaben des Reichskammergerichts; [2.] Beschluß zur Aufrichtung eines weiteren Anschlags für den Unterhalt des Gerichts, Entscheidung auf dem nächsten Reichstag über die Behandlung ausgezogener Stände; [3.] Mahnung an den Fiskal zu aktiverer Amtsführung; [4.] Regelung im Konflikt um die Leitung der Gerichtskanzlei durch Johann Storch; [5.] Vertagung der Balthasar Wolf und Hans Gentner betreffenden Angelegenheit auf den nächsten Reichstag; [6.] Behandlung liegengebliebener Klagen gegen das Reichskammergericht auf der kommenden Reichsversammlung; [7.] Aufforderung an das Gerichtspersonals zur exakten Umsetzung der Reichskammergerichtsordnung; [8.] Pflicht der Gerichtskanzlei zu zügiger Arbeit und zur Geheimhaltung.

Worms, 24. Juni 1510

Wien, HHStA, RK, Maximiliana 22 (alt 15b) 1510 Juni, fol. 74a-76b, Kop.

Abschied des tags, so auf St. Johanns baptistentag Ao. etc. decimo [24.6.10] zu Wurms in sachen, das camergericht antreffend, durch H. Erasme Doplern, Dr., probst zu St. Sebolt Nuremberg, und H. Johann Storchen, ksl. Mt., Wilhelmen von Nydereysemberg, H. zu Grensau, Johann Gutman, official zu Coblenz, Dr., Heinrich Düngyn, der trierischen canzley verweser, des EB zu Triers, und H. Gunthern von Büna, Hg. Jorgen von Sachsen geschickten rete, gemacht und beslossen ist.1

[1.] Anfenglich haben die ytztgemelten rete nach inhalt der abschied, zu Costenz2 und Augspurg beslossen [Nr. 125 [17.]], auch ksl. Mt. sunderlicher instruction, zu disem tag gegeben [liegt nicht vor], ein gründliche raytung aller eynnam und ausgabe von den anslegen, zu underhaltung des camergerichts aufgelegt, und auch den fiscalischen penfellen und der canzley gefellen, sint der rechnung des nehistvergangen jars, von des hl. Reichs stenden damals verordenten reten am 16. tag des monats Juny hie zu Worms beschehen3, emphangen, gehort und darzu nach laut der reigister, darüber gemacht, den emphang oder inname, wie hernavolgt, gefunden, nemlich das in der vorbestimbten nechsten raytung in fisco pliben sein 28 fl. und 25 kr.

Item das sind [recte: in] derselben raytung von dem costenzischen anschlag4 eingenomen sein 540 fl.

Von dem regensburgischen anschlag5 2030 fl.

Von dem wormsischen anschlag6 3747 fl.

Von den gefellen der canzley 1579 fl. 7 albus 2 d.

Von den fiscalischen gefellen 641 fl. und nemlich von der stat Collen 250 fl.

Von den juden zu Wormbs 300 und darnach 31 fl., die sie für kosten geben haben, und von aynem wurzkremer von Speyer 60 fl.

Macht alles zusamen in ainer suma 8565 fl. 7 albus 2 d. und 25 kr.; dafür sind 12 albus gelegt.

Davon ist nach inhalt der reigister, deshalben furbracht, ausgeben camerrichtern, beysitzern, protonotarien, lesern, schreybern, copysten und pedellen zu bezalung ir jedes besoldung, auch Ambrosien Dieterichen für haus-, zins- und kostgelt 7923 fl. und 3 ort.

Item zu notturft des camergerichts für botenlon, zerung und anders, auch den camergerichtsboten für ire zugesagte jerliche besoldung, auch sint der nehisten rechnung ausgeben 535 fl. 10 albus 2 d.

Item sint der nehisten rechnung zu notorft der canzley für bapier, wachs, pergamen[t], dinten und anders, auch schreyblon von copeyen 99 fl. 6 d.

Tut alles zusamengerechnet in einer suma 8558 fl. 4 albus 4 d.

Soliche obgemelte eynname und ausgabe gegeneinander abgezogen, pleibt in fisce 7 fl. 19 albus 6 d.

[2.] Und nachdem die vorgemelten rete aus der ytztgetanen raitung erfunden, das camerrichter, beysitzer und ander obbestymbte personen irer solt von disem jar nit ganz bezalt sein,7 haben dieselben rete für not, nutz und gut angesehen und beschlossen, das zu statlicher underhaltung des camergerichts auf das nehestkunftig jare ein anslag uf form und mas, wie zu Costenz, Regenspurg und Worms beschehen, durch camerrichter und beysitzer gemacht, ausgeschriben und einbracht und die zeit zu entlicher bezalung desselben zwischen hie und letare schierstkomend [30.3.11] bestimbt und angesetzt [wird]. Doch sollen diejenen, so auf jungstgehaltenem reichstag zu Augspurg durch ksl. Mt., auch etliche Kff., Ff. und andere stende in sunderhayt ausgezogen sein [Nr. 690], in disem anschlag nit angelegt oder deshalb gegen inen ichts gehandelt, sonder [es soll] bis uf den nehisten reichstag purificacionis Marie [2.2.11] stillgestanden [werden]. Soll daselbst alsdann derhalb entlich gehandelt und camerrichtern und bysitzern, wie sie sich mit denselben halten sollen, gruntlicher beschaid gegeben werden, wie dan die bemelten rete camerrichtern und bysitzern, auch dem fiscal [Dr. Christoph Müller] deshalb sunderlichen bevelch und beschaid getan haben, wider dieselben der vor und itzt aufgelegten ansleg halber bis auf bemelten reichstag nit zu procedieren.

[3.] Dweyl auch die gemelten rete vermerkt, das der fiscal bisher durch rechtliche ubung kain oder gar wenig fiscalisch oder andere sachen, ime von wegen ksl. Mt. bevolhen, zu ende bracht, deshalb die fiscalischen gefell uber bezalung seins solds sich nit vil erstrecken, haben sye ime von wegen ksl. Mt. ernstlichen geboten und bevolhen, hinfür bessern vleys in berurten sachen, wie ime dann seinen pflichten nach und amptshalben gebürt, anzukeren, damit die fiscalischen penfell eingebracht und das camergericht dest bas underhalten mog werden. Doch soll der fiscal in solichem nyemants ubereylen oder beschweren, sonder die aufgericht ordnung mit erkanntnus des camerrichters und zugeordenten beysitzer halten, auch den parteyen advocat und procurator wider sich gutwilliglich zulassen und derselben kayner deshalb unlusts gewertig sein.

[4.] Und wiewol camerrichter und beysitzer auf jungstgehalten reichstag zu Augspurg durch Dr. Symon von Reischach die ksl. Mt. der irrung, so sich zwischen gedachtem H. Johann Storchen, auch Ambrosien Dieterichen und gemayner canzley von wegen etlicher unerlosten urtayl und ander brief, der eins tails noch hinder demselben Storchen ligen sollen, berichten lassen und darauf erclerung und beschaids begert, auch ire ksl. Mt. in berurter instruction deshalb leuterung getan, der maynung, das ir Mt. es bey irer Mt. declaracion, in gleichem fall vormals zu Costenz ausgangen,8 pleiben lassen und derselben volg zu tun gehabt haben wollt, auch fur billich geachtet, was urtayl oder andere brief zu zeyten Storchs verwaltung der canzley durch die parteyen oder ire procurator bey ime erfordert und darauf also in irer ksl. Mt. costen und sold concipirt, ingrossirt und verfertigt worden weren, das die tax derselben irer ksl. Mt. zustehen solt, wie dann die gemelten rete solich leuterung camerrichtern und beysytzern verlesen und zu erkenen geben haben, [haben] sie doch in ansehung des camergerichts notturft und das der fiscus diser zeit an gelt ganz emblöst ist, mit Storchen sovil gehandelt und ine vermogt, das er bewilligt hat, solhe brief, sovil er der noch hinder oder bey ime hab, camerrichtern und beysitzern uf bezalung des unkostens, so er mit botenlon, für pergamen[t], seydenschnur und anderm darauf gewant hat, [zu] uberantworten, die ine auch darumb quittirn, furter die tax derselben einbringen und zu underhaltung des camergerichts gebrauchen sollten.

[5.] Dan von wegen des handels, H. Baltasarn Wolfen von Wolfstal, ksl. Mt. camermayster, und Hansen Gentnern antreffend,9 dweil derselbe handel vormals aus etlichen ursachen durch ksl. Mt. vom camergericht fur ir Mt., auch Kff., Ff. und die stende des Reichs advocirt, auch die gemelten stende daruber einiche erkanntnus noch nit getan und solichen handel nit wider an das camergericht remittirt haben, ist beslossen, das das camergericht in solichen sachen daruber weiter nit handeln oder procedieren, sonder stillsten und deshalb ksl. Mt. und der stende des Reichs weiters beschaids auf dem nehisten reichstag gewarten sollen.

[6.] Und als auf nehstgehaltem reichstag zu Augspurg ksl. Mt., auch Kff., Ff. und stenden des Reichs durch supplicacion mancherley clag wider das ksl. kamergericht furbracht [vgl. Nr. 306-308], die hinder dem EB zu Menz pliben und durch entlichen beschaid nit erledigt, ine auch nit behandigt noch hergeschickt, auch camerrichter und beysitzer dieselben, als ir notturft erfordert, nit gehort und sich, so ine die furbracht werden, darauf zu verantworten erboten, haben wir dieselben in irem wert pleiben lassen und zu weiter handelung uf den nechstkomenden reichstag geschoben.

[7.] Es sollen auch camerrichter, beysitzer, fiscal, advocaten und procuratores auf das hochst sich befleissigen, das die aufgerichten ordnung des Reichs, das camergericht betreffent, ires inhalts vollenzogen und gehalten, civiliter und fiscalisch procedirt und meniglichem rechtes verholfen, auch noturftig verhore und furbringen gestatt werde.

[8.] Desgleichen soll in der canzley gueter vleis furgekert werden, damit meniglich gleich gefurdert und zu schirsten gefertigt und die gehaym der canzley nyma[n]ts dann dem sich geburt geoffenbart werden.

Anmerkungen

1
 Zum Wormser Visitationstag vgl. Mencke, Visitationen, S. 15; Häberlin, Reichsgeschichte, S. 475f.
2
 Abschied des Reichstags 1507. Druck: Heil, Reichstagsakten 9, Nr. 268 [23.].
3
 Druck: Heil, Reichstagsakten 10, Nr. 294.
4
 Druck: Heil, Reichstagsakten 9, Nr. 272.
5
 Von 1508. Vgl. ebd., Nr. 949 Anm. 2.
6
 Vom Reichstag 1509. Vgl. Heil, Reichstagsakten 10, Nr. 303 [10.].
7
 Ein vermutlich im Kontext des Wormser Visitationstages Ende Juni 1510 entstandenes Verzeichnis nennt verschiedene Richter, Beisitzer, Fiskale und einen Protonotar am Reichskammergericht, die Dauer ihrer jeweiligen Dienstzeit(en) sowie die an sie ausgezahlten bzw. noch ausstehenden Besoldungsbeträge. Terminus post quem des undatierten Stückes ist der 1. April 1510, an dem die Dienstzeit einiger der erwähnten Personen als beendet bezeichnet wird. Im einzelnen sind folgende zu diesem Zeitpunkt noch unbezahlte Summen aufgeführt: Reichskammerrichter (Bf. Wiguläus Fröschl) von Passau 300 fl., Beisitzer Dr. (Augustin) Lösch 100 fl., Beisitzer Dr. Sebastian Schilling 67 fl. minus 20 kr., Beisitzer Dr. (Anton) von Emershofen 100 f., Beisitzer Dr. (Georg) Besserer 187 fl.; Beisitzer Dr. (Dietrich von) Lautern 73 fl., Beisitzer Lic. (Arnold) Rymerstock 58 fl., Beisitzer Dr. Jörg Schütz 100 fl., Fiskal Dr. Hieronymus von Croaria 170 fl., Reichskammerrichter Gf. Adolf von Nassau-Wiesbaden 500 fl und 700 fl., Beisitzer (Gf. Philipp) von Kirchberg 145 fl. und 268 fl., Reichskammerrichter und Beisitzer (Gf. Adam) von Beichlingen 270 fl. und 317 fl., Beisitzer Dr. Johann Fürderer 231 fl. und 239 fl., Beisitzer Dr. Wachtendorp 117 fl., Beisitzer Dr. (Jakob von) Landsberg 277 fl. und 268 fl., Beisitzer Dr. Johann Blankenfeld 72 fl. und 120 fl., Beisitzer Dr. Simon von Reischach 303 fl. und 286 fl., Dr. (Haring Sinnama, gen.) Fries 247 fl., Beisitzer Dr. (Sebastian von) Rotenhan 290 fl. und 172 fl., Beisitzer Dr. (Simon) Reisacher 93 fl., Beisitzer Dr. Ambrosius Widmann 89 fl. und 132 fl., Beisitzer Dr. (Dietrich von) Schiederich 201 fl. und 214 fl., Beisitzer Dr. (Valentin von) Sunthausen 290 fl. und 283 fl., Fiskal 225 fl. und 245 fl., Protonotar Ambrosius Dietrich 389 fl. und 362 fl. Wiesbaden, HStA, 1/2304, o. Fol.
8
 Schreiben Kg. Maximilians an Johann Storch vom 12. August 1507. Regest: Heil, Reichstagsakten 9, Nr. 938.
9
 Über diese Angelegenheit liegen keine weiteren Nachweise vor.