Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth
[1.] Erfolgte Werbung ksl. Gesandter bei den Reichsständen in Sachen Aufgebot gegen Venedig, vergebliches Warten auf Antwort; [2.] Für den 1. Mai geplanter gemeinsamer Feldzug des Ks. und des Kg. von Frankreich zur Beendigung des Krieges mit Venedig; [3.] Vergebliches Warten auf die ständischen Truppenkontingente; [4.] Ersuchen um sofortige Entsendung von Berittenen und Fußsoldaten nach Trient; [5.] Aufforderung an die EBB von Mainz und Köln sowie an die Rst. Köln zur vollständigen Zahlung des Augsburger Anschlags, Ausstellen von Quittungen; [6.] Ersuchen an den EB von Trier um persönlichen Zuzug oder Entsendung eines Kontingents; [7.] Ersuchen an den Kf. von der Pfalz um Entsendung Pfalzgf. Friedrichs, Zusammenziehen von Aufgebot und Reichsanschlag zu einer Hilfe; [8.] Vorbildfunktion der angesprochenen Stände für alle anderen Reichsglieder; [9.] Verwendung eines Viertels der Anschläge der EBB von Mainz und Köln sowie der Rst. Köln zur Aufnahme von Berittenen; [10.] Übergabe des restlichen Anschlags an den Ks.; [11.] Bemessung der Kontingentgröße des hessischen Regiments an der Vorgabe für die Kff.; [12.] Weitere Detailvorgaben für die Verhandlungen der ksl. Räte; [13.] Weisungen für die Verhandlungen mit der Rst. Köln bzw. dem hessischen Regiment.
[Gengenbach, 16. April 1511]1
Wien, HHStA, RK, Maximiliana 40 (alt 33a) ohne Dat. II/20-33, Mappe fol. 260-413, hier fol. 297a-302b (= Teil 1) und Maximiliana 41 (alt 33b) ohne Dat. II/28, Mappe fol. 1-135, hier fol. 79a-80b (= Teil 2), Konz. (jew. von verschiedenen Händen).
Instruction, was die erwirdigen, edeln, unser andechtiger und lb. getreuen Cristof, Bf. zu Seckau und Laibach, Sigmund, Gf. zu Lutpfen, unser obrister veldhaubtman unser vordern land und vogt zu Tann, und Sigmund, H. zu Valkenstain, unser räte, mit den erwirdigen, hochgebornen, unsern neven, oheimen, Kff. und des Reichs lb. getreuen Ulrichn [recte: Uriel] zu Menz, Philipsen zu Coln, Jacoben zu Trier, des hl. röm. Reichs in Germanien, Italien, durch Gallien und das Kgr. Arelat erzcanzlern, Ludwigen, Pfalzgf. bey Rein, des hl. Reichs erztruchsessen, auch hofmaister und regenten des Ft. Hessen und den stetten Coln und Frankfurt von unsern wegen reden und handlen sollen.
[1.] Anfenglichen sollen sy inen samentlich und ir jedem sagen unsern fruntlichen willen, gnad und alles gut und demnach erzelen, uns zweifl nit, sy seyen noch in frischer gedechtnus, daz wir in verschiner zeit aus merklichen treffenlichen ursachen, so uns, dem hl. Reich und gemainer teutscher nation obligen, wie dann daz alles in dem aufbotbrief [Nr. 754] angezaigt ist, ain gemain aufbot an sy ausgeen und über das darnach durch unser treffenlich ret und potschaften mit inen handlen haben lassen, daz sy in aigner person, auf das sterkest zu roß und fueß geschickt, wie in veld gehört, wo sy aber das beschwert zu sein vermainten, nichtdestminder mit irn person und ainer anzal zu roß zu uns kumen, alles laut der mandat und handlung, durch unser rete beschehen, und der bemelt von Laybach, Lupfen und Valkenstain des alles gnugsame underricht haben. Darauf uns dieselben unser rete bericht, wie sy solhen unsern bevelch ir lieb nach der leng angezaigt und ir lieb sich gegen uns freuntlichen und gutwilliglich erpoten und daneben gemelt haben, dieweil solich handlung merklich und gros seye, daz sy die zuvor an ir capitel und landschaften gelangen lassen und alsdann weiter antwurt geben wellen. Dieselb antwurt sey uns bisher nit zukumen.
[2.] Nu haben wir uns dem hl. Reich und deutscher nation zu eer, nutz und wolfart und sunderlichen, daz wir, [um] die land und daz, so unser veind und widerwertigen, die Venediger, von dem hl. Reich und unserm haus Osterreich innenhaben und uns nach laut des tractats zu Camereigg2 zusteen, die dann ain schilt teutscher nation gegen ganzem Ytalia und den unglaubigen sein, widerumb zu dem hl. Reich und unserm haus Osterreich [zu] pringen, mit unserm lb. brueder, dem Kg. zu Frankreich, verpunden und uns gegen seiner lieb verschrieben, auf den ersten tag des monats May schieristkünftig zum letsten bey seiner lieb mit ainer treffenlichen anzal zu ross und fuss und was darzu gehört im veld zu sein, der ungezweifelten zuversicht, wo solhs beschehe, den gegenwirtigen krieg damit in kurzer zeit zu enden und dem hl. Reich und teutscher nation ainen erlichen, loblichen friden zu erlangen, auch hinfur vor allem uberfall und eingriff zu verhüten und in ewig zeit zu befriden.
[3.] Nu haben wir uns versehen, daz auf obberürt unser aufpot die stände des hl. Reichs mit der macht oder der anzal, die wir ainem yeden angezaigt haben, gehorsamlich erschinen sein solten. Aber bisher ist mit der macht oder der anzal niemands gehorsamlich oder willig gewesen anzuziehen. Das uns, dieweil sich obbemelt zeit des Mayen nähert, auch unser lb. bruder, der Kg. von Frankreich, mit aigner person im anzug ist, zu merklichem schaden, nachtail und zerruttung alles unsers fürnemens raichet.
[4.] Darauf sollen die genannten unser räte alles das, so das aufpot [Nr. 754 [3.]], auch die instruction gemelter unser voriger räte handlung [Nr. 755] ynnhalt, die wir inen dann hieneben gegeben, was zu disem handl dinent, vernemen und mit hochstem vleiß zu erkennen geben und darauf an die berurten EBB zu Meinz, Coln und Trier, auch den Pfalzgf., das hessisch regiment und die stett Coln und Frankfurt von unsern wegen begern, nemlichen an die EBB von Meinz und Coln und das hessisch regiment und die stett Coln und Frankfort, daz sy in betrachtung solhs obligens, auch der eren, nutz und wolfart und dargegen nachtail und schadens, so uns, dem hl. Reich, teutscher nation und inen kunftiglich daraus entsten mag, uns nachmals auf unser vor ausgegangen aufpot und handlung von stund an und unverzogenlich, sover wir anders den krieg gegen den Venedigern yetzo beharren müssen und kein frid gemacht wirdet, ain anzal kriegsvolks aufs maist, als in irm vermügen sey, nemlich die Kff. und das hessisch regiment yeder 150 phärd und die statt Coln 400 zu fuss und die statt Frankfort 300 zu fuss, in irm sold und costen den negsten auf Trient zuschicken und zufertigen und uns damit zu hilf und statten komen und solh hilf yetzo von stund an anziehen lassen. Ob aber unser räte solh anzal nicht gar erlangen möchten, so sollen sy doch allen vleiß ankeren, die sunst aufs hochst und maist zu bringen, als sy ymer mügen.
[5.] Und darnach sollen unser räte an die genannten zwen Kff. und die statt Cöln weiter begern, daz sy inen den anslag, so inen auf dem negstgehaltenen reichstag zu Augspurg von des hl. Reichs ständen aufgelegt, von unsern wegen volliglich bezalen und ausrichten, damit wir anders, so uns zu obgemelten sachen weiter not wirdet, davon ausrichten und underhalten mügen, dann wir müssen alle monet zu underhaltung der gegenwärtigen kriegsleuf 30 000 fl. rh. haben und ausgeben. Dargegen sollen unser räte die gemelten Kff. und ständ uber die berürten anschleg, sovil sy des emphahen, von unsern wegen quittieren. Wo sy sich aber daran nit benügen wolten lassen, so sollen sy inen zusagen, daz sy inen ynnerhalb 6 wochen gnugsamlich quittungen von uns erlangen und inen zuschicken wellen.
[6.] Dann mit unserm neven, dem EB zu Trier, sollen unser räte mit bestem vleiß handeln und reden, domit uns sein lieb in aigner person mit ainer anzal gerüster phärd seinem gefallen nach auf obangezaigt unser aufpot zuziehe und zu uns kome. Wo aber sein lieb solhs kainswegs tun kund noch wolt, sollen sy alsdann mit seiner lieb wie mit den obgemelten EBB handeln, also daz uns sein lieb alsdann ain anzal geraisiger phärd, den genannten Kff. gemäß, oder aufs maist, als unser räte erlangen mügen, zuschicke. Sunst sollen unser räte mit dem gemelten von Trier, auch dem regiment zu Hessen und der statt Frankfort des anslags halben kain meldung tun, dann dieselben den bezalt haben.
[7.] Dann mit unserm oheimen Pfalzgf. Ludwigen sollen unser räte gleicherweis handln, und nemlichen also, daz uns sein lieb seinen bruder, Hg. Fridrichen, mit ainer treffenlichen anzal geraisiger phärd auf obberürt aufpot und den andern Kff. gemäss zuschick. Und damit er dest stattlicher und mit mer leuten komen mug, so wellen wir zulassen, daz der gemelt Pfalzgf. Ludwig den anslag, so im und Hg. Fridrich am jungsten zu Augspurg aufgelegt ist, ynnenbehalten und zu solher hilf des aufpots tun müge, also daz derselb anslag mitsambt diser hilf in ain hilf gezogen werde. Wo aber zwischen uns und den Venedigern ain frid gemacht und diser hilf des aufpots nit weiter not wurde, so wellen wir inen baiden obbemelten anslag halbs nachlassen, und den ubrigen halben tail sollen sy uns nachmals bezalen.
[8.] Unser räte sollen auch allen obgenannten Kff. und ständen die obangezaigt unser ausgab der 30 000 fl. auf yeden monet sunderlichen anzaigen und zu erkennen geben, und daz uns die gemelten Kff. und ständ obberürt unser begern nit abslahen, verzeyhen noch darynn ainich auszug oder waigerung suchen. Dann wo sy als die hochsten und maisten glider des hl. Reichs uns daryn willfaren, als wir uns dann den obberurten noturften und ursachen nach genzlichen versehen, so sein wir ungezweifelt, die andern stände des Reichs werden sich auch dergleichen gutwilliglich in solh hilf und unser begern schicken.
[9.] Item von aines yeden der obgemelten EBB ansleg gelt sollen unser räte von stund an den vierten tail nemen und davon etlich geraisig aufnemen und bestellen und auf zwen monet bezalen 10 fl. rh. auf ain phärd des monets, mit der beschaidenhait, daz sy geloben und versprechen, daz sy mit den geraisigen, die uns der, so solhen anslag bezalt, auf unser aufpot, wie obstet, zuschicken wirdet, bis gen Innsprugk ziehen wellen. Daselbs sy von unserm regiment weiter in unsern dienst angenomen, bestellt und bezalt werden sullen. Wo aber die berürten EBB von Meinz und Cöln oder die statt Coln irn aufgelegten anslag zu Augspurg ditzmals nicht gar, sunder nur zum tail den berürten unsern räten bezalen oder ausrichten wolten, so sollen dieselben unser räte solhen tail, sovil des ist, von inen annemen und mit dem vierten tail davon mit bestellung der geraisigen, wie obsteet, handeln und dan von den gemelten von Meinz und Coln und der statt Coln gnugsamlich obligation nemen, daz sy den ausstand obgemelter ansleg auf die negst Frankforter herbstmess unserm marschalk unsers regiments zu Innsprugk, Paulsen von Liechtenstain, Fh. zu Castelkorn, gewisslichen bezalen wellen.
[10.] Item die uberygen drey vierten tail der ansleg, so die bemelten von Meinz und Coln bar bezalen werden, und den anslag der statt Coln, die sollen uns unser räte mit inen bringen, die wir furter zu obberürten sachen und noturften geprauchen wellen.
[11.] Und in all weg sollen unser rät vleiß haben, die anzal des hessischen regiments der Kff. anzal gleichmessig zu bringen.
[12.] Item wo unsern reten von den berurten Kff. oder ständen zu antwurt wurd, sy hetten ir botschaften solher sachen halben zu uns geschickt, derselben beschaid und handlung wolten sy erwarten, sollen unser rete inen widerumb anzaigen, wo derselben botschaften aine oder mer zu uns komen wurden, daz wir mit denselben nichts handeln, sunder die widerumb auf unser räte handlung beschaiden und anderst nit abfertigen wellen, und sollen darauf auf irm begern verharren.
Wo aber die berürten Kff. und ständ anzaigen wurden, sy hetten uns die antwurt diser sachen halben durch ir botschaften oder sunst schriftlichen zugeschickt und getan, dabey sy es be3leiben lassen wolten, so sollen unser räte derselben antwurt von inen zu wissen begern und ob die disem unserm begern gemäß wärn, inen alsdann darumb von unsern wegen dank sagen, wo nit, alsdann weiter auf irm begern verharren und anzaigen, daz wir uns an derselben antwurt nit benuegen lassen wollen, sunder inen deshalben weiter mit inen zu handeln bevolhen haben. Ob sy dann unsern räten furhielten, sy hetten dise sachen noch nit an ire capitel oder landschaften gelangen lassen, aber sy woltens noch tun und inen nachmals zum furderlichisten antwurt darauf geben, darauf sollen inen unser räte anzaigen, dieweil sy des vor ainer guten zeit gewiesst und noch nit volzogen, des haben wir nicht klain beswärd. Aber dieweil das noch nit beschehen ist, so sollen unser räte solhs noch zum furderlichisten zu beschehen begern, damit solh antwurten inen zum beldesten werden mügen. Und sy mügen mitler zeit zu andern ständen reiten und handeln und zu irer widerfart solh antwurten emphahen und weiter handeln.
Wo aber die ständ die sachen ditz aufpots halben auf ainen kunftigen reichstag waigern oder die sunst ganz abslagen wurden, desselben sollen uns unser räte zum furderlichisten durch unser posterey berichten. Und sy mügen mitler zeit zu andern ständen reyten und handeln, doch sollen sy von disen 7 Kff. und ständen vor unserm beschaid und bevelh nit verrucken, sunder bis darauf bey inen verharren, dann wir inen alwegen furderlichen beschaid tun wellen.
Wo aber die ständ den augspurgischen anslag nicht oder doch nicht gar bezalen wolten, alsdann sollen unser rät von inen daran nemen, sovil inen werden mag und uns solhs zu wissen tun und unsers beschaids darauf erwarten, doch mügen sy mitler zeit, damit die zeit nit umbsunst verlorn werd, wol weiter diser instruction nach verreiten und handeln.
Und wo sy aber den anslag bezalen und das aufpot nit volziehen oder das aufpot volziehen und den anslag nit bezalen wolten, so sollen unser räte alwegen annemen, was sy in dero ainem oder dem andern tun wellen und uns dann des andern halben, so sy nit tun wellen, berichten und unsers beschaids darauf, wie obstet, erwarten. Und das volk ist uns lieber dann das gelt.
Desgleichen, wo yemands den anslag ainstails bezalen und die obligation umb das ubrig obgeschribner massen nit geben wolten, alsdann sollen unser räte auch annemen, was inen werden mag und uns alle maynung zuschreiben und unsers beschaids darauf, wie obstet, erwarten.
[13.] Und in sunderhait, wo die von Coln den anslag nit gar bezalen und darzu das aufpot auch nit volziehen wolten, alsdann sollen unser räte, was inen werden mag, annemen und uns des ubrigen halben bericht tun und, wie obstet, beschaid erwarten. Wo aber dieselben von Cöln anzaigen wurden, daz sy von irm anslag etwas in abslag der schulden, so wir etlichen von Coln noch zu tun schuldig sein, ynnenbehalten wolten, darauf sollen inen unser rete fürhalten, wir wellen dieselben schulden noch zum furderlichisten bezalen, und wir wärn wol genaigt, inen ditzmals etwas von solhem anslag volgen zu lassen. Aber solher anslag gehöre den kaufleuten zu, die uns bisher darauf und auf ander ansleg zu underhaltung unser kriegsnoturften dargelyhen haben, denen wir dann in al weg glauben haben müssen, und daz die von Coln demnach ditzmals daryn geduld haben. Wo sy sich aber ye nit darvon weisen lassen wolten, so sollen inen unser räte 1000 fl. davon volgen und sy die ynnenbehalten lassen.
Und nachdem die geraisigen im land zu Hessen hart und swärlich aufzubringen sein, wo dann die vom hessischen regiment anzaigen wurden, sy mochten solh geraisig bey inen nit gehaben, alsdann sollen unser räte mit bestem vleiß mit inen handeln, daz sy doch zu ainem namen und schein ungevarlich 20 phärd schicken und unsern räten umb die übrig anzal sovil gelts geben, als sich die übrig anzal auf 6 monet lang triffet, und 10 fl. rh. des monets auf ain phärd zu rechen oder aufs maist, als unser räte von inen bringen mügen. Von demselben gelt wellen wir ander geraisig und fußfolk bestellen und underhalten.
Das alles sollen unser räte mit den obgenannten Kff. und Ff. mit bestem und getreuem vleiß handln und sich befleissen, damit sy uns obangezaigte unsere begern nit abslahen, verzeihen noch ainer auf den andern waigere, mit dem besten fügen, als sy zu tun wol wissen. Das ist unser ernstliche maynung. Datum.