Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth
[1.] Aktueller Stand der Reichsangelegenheiten als Grund für die Einberufung des neuen Reichstags; [2.] Erfolge bei der Rückeroberung durch Venedig besetzter Gebiete; [3.] Seine Entschlossenheit zur Absicherung der erzielten Territorialgewinne und zu anschließender persönlicher Teilnahme am Augsburger Reichstag; [4.] Mahnung an die Reichsstände zum Erscheinen auf dem Reichstag und zur Mitteilung ihres Anreisetermins.
Toblach, 8. Oktober 1511
Orig. Druck m. S. ( p.r.p.s.; a.m.d.i.p.; Gegenzeichnung: Serntein; gedruckt wohl bei Hans Schönsperger in Augsburg): Augsburg, StA, Rst. Nördlingen, MüB 991, Prod. 21 (Präs.vermerk: Praesentirt Hansen Sporer, Bm. [von Nördlingen], durch Hansen Horstall, den ksl. boten, uf freytag nach der 11m mayttag 1511 [24.10.11]); Augsburg, StadtA, Literalien Personenselekt Ks. Maximilian I. Fasz. IV, o. Fol.; Innsbruck, TLA, Inkunabeln Nr. 36; Straßburg, AM, AA 335, fol. 4 (Präs.vermerk: Praesentatum Andree [30.11.11]; Kanzleivermerk: Richstag gen Augspurg Ao. 11. Angesiht des briefs wart verzogen bis wyhenachten); München, HStA, Klosterliteralien Niedermünster 40, o. Fol.
Kop.: Duisburg, LandesA, Jülich-Berg I Nr. 202, fol. 25a-27a.
Druck: Bergmann, Ausschreiben aus Toblach, S. 151-156.
Kurzregest: Rosenthal, Einblattdrucke, Nr. 104.
[1.] Wir, Maximilian etc., embieten den erwirdigen und hochgeporn unsern lb. neven, oheimen Kff. und Ff., auch den wolgeporn, edeln, ersamen, andechtigen und unsern und des Reichs lb. getreuen N., allen und ieglichen prelaten, Gff., freyen Hh. und stetten unser und des hl. Reichs und ieglichen in sonderheit unser gnad und alles gut. Erwirdigen und hochgeporn, lb. neven, oheimen Kff., Ff., wolgeporn, edeln, ersamen, andechtigen und lb. getreuen, aus gn., genaigtem willen, so wir zu euch tragen, auch treffenlichen, beweglichen ursachen, die ir selbs bedenken mügt, haben wir nit underlassen wellen, euch hiemit gestalt und gelegenheit unserer kriegsübung für neu zeitung zu berichten und euch darbey zu dem reichstag, so wir euch iungst durch unsere ausschreiben [Nr. 771] angesetzt haben, zu ermanen. Dieweil nu unser gegenwürtig kriegsübung (wo wir die nach der leng von eingang der ietzverruckten sumerzeit bis auf disen tag erzelen solten) ain leng auf ir trüg, so wellen wir die hierin vermeyden und euch alain des grunds und wie unser und des Reichs sachen ietzo steen, gnediglich, wie sich auch wol gezimpt, erinnern.
[2.] Und fügen euch zu vernemen, das wir aus gnaden und sig des Almechtigen unsern und des hl. Reichs veinden, den Venedigern, dise sumerzeit alle stett, dero ob 20 sein, auch alle flecken und befestigungen der gepirg und eben land und sonderlich ietz iungst dise herbstzeit der lender Fryaul und Küniglan [= Conegliano] abgedrungen und in unser gwalt und huldigung erobert. Damit wir nu nahend alles das, so die gedachten veind lange iar her uns, dem hl. Reich und unserm haus Osterreich entzogen und on rechtlichen titl tirannisch besessen haben und auch in craft der confederation und puntnus von Cameregk und aus bevelch und gepot der Bäbstlichen Hlkt. und des stuls zu Rom, wie ir wissen mügt, anzufechten und einzuziehen gepürt hat, auf heutigen tag innehaben, nichts ausgenomen dann alain die zwo stett Padua und Terfiss [= Tarvisio], auch das sloss und die landweer Peutlstain mit aim anhang etlicher pösen paurn, die irn trost auf dasselb sloss setzen, als solte nit müglich sein, das weder mit geschütz noch sturm zu zwingen. Hat nach diesem Sieg Gf. Christoph von Frangepan beauftragt, zusammen mit Truppen der Krainer Landstände nach Istrien zu ziehen, das die Venezianer seit langem widerrechtlich besetzt halten. Erste Rückeroberungen konnten bereits erzielt werden. Auch die Rückgewinnung von Padua und Tarvisio wurde in Angriff genommen, dann aber vorläufig zurückgestellt. Für den kommenden Sommer ist die endgültige Einnahme beider Städte geplant. Die Belagerung des Schlosses Beutelstein und die Bestrafung der dortigen widersetzlichen Bauern sind ebenfalls in die Wege geleitet. So dasselb, als wir zu Got hoffen, in kürz beschicht, alsdann haben wir alles gepirg und die päss zu unserm willen und vortail, mügen dardurch nit alain unser land und leut sichern, sonder auch Fryaul und die andern eroberten land dest pas handhaben und behalten.
[3.] Und darauf sein wir entlichs willens und entslossen, sopald wir vernemen, euch, unser lb. neven und oheimen Kff., Ff., auch ander steend auf unser iungst ausgegangen ermanung und ausschreiben zu dem reichstag gen Augspurg [Nr. 771] ankomen sein, das wir uns von stund an erheben, zu euch daselbsthin fügen und on allen verzug bey euch sein wellen, als uns auch von disem land über die gepirg postierensweyse gar bald müglich ist, und mitler zeit unserm sig und glück mit rat und tat fürter nachzuvolgen und darob zu halten, auch fürsehung zu tun, unser gewunnen und eroberte lande, stett und flecken und sonderlich die genötigisten zu besetzen und zu handhaben und ain heer über winter wider die veind aufzurichten und zu bestellen und auf gn. hoffnung, das ir unsern ausgangen ausschreiben und ermanungen zu dem reichstag nit ungehorsam erscheinen, damit dann kain zeit verlorn werd. So haben wir ietz zu stund, auch vor ainer zeit unser treffenlich räte vor unser gen Augspurg verordent, mit bevelch, euch die sachen und hendel, derhalben wir den reichstag ausgeschriben haben [und die] dem abschid des iungstgehalten reichstags zu Augspurg nit widerwärtig sein, fürzulegen und zu erzelen. Und sopald wir, als vorsteet, euer gehorsam und gegenwürtigkeit zu dem reichstag durch unser posterey oder euer poten vernemen, [werden wir] uns mit unser person hinaus nit saumen und zu weyterer handlung und besluss der sachen gnediglich und getreulich verhelfen.
[4.] Ermanen demnach euch all und ieglich in sonderheit mit ganzem ernst und vleys, ir wellet gemainer cristenheit, des hl. Reichs und teutscher nacion geprechen und notturften, so sich gute zeit her etwas beswärlich erzaigt haben und uns in künftig zeit noch herter begegnen möchten, mitsampt uns getreulich zu herzen nemen, auch darbey bedenken, das denselben notturften und geprechen diser zeit auf unsern sig und glück pas und stattlicher dann lang nye guter rat und pesserung beschehen und all unser und des hl. Reichs, auch teutscher nacion und gemainer cristenhait sachen wol zu guter rue, eerlichem und loblichem wesen gebracht und gestelt werden mügen, und euch darauf all, welher oder welhe noch nit zu Augspurg oder auf dem weg wern, im fusstapfen erheben und daselbsthin fürdern, euerm selbst bewilligen nach inhalt des gedachten iungstgehalten reichstags zu Augspurg, wiewol derselb auf vergangen liechtmess [2.2.11] anderer unserer merklichen gescheft halben nit hat gehalten werden mügen, wie wir euch durch unsere vorig ausschreiben erzelt haben [vgl. Nr. 754], und euch daran kain ander gescheft noch hendl nit verhindern lassen. Dann welhe under euch also gefärlich auspleiben wurden, muessten wir gedenken, das derselben maynung nit wär, unser und des hl. Reichs, teutscher nacion und gemainer cristenhait nutz und wolfart zu fürdern. Des wir uns doch zu eur kainem versehen, auch ainer auf den andern nit wägern noch verziehen, damit die ersten gehorsam und willigen durch der andern verzug oder auspleiben künftiglich in unsern und des hl. Reichs gescheften nit auch zu ungehorsam bewegt werden, uns auch euer ieder zu angesicht dits briefs bey aigen poten zueschreiben und verkünden, auf was tag er sich zu dem reichstag erhebt hab oder (welher noch anhaim wer, des wir uns doch nit versehen) auf sein welle, uns mit unser zukunft und kriegshendlen darnach wissen zu richten. Des wellen wir uns zu euch gnediglich versehen und vertrösten und das euch allen und ieglichen in sonderheit mit gnaden gedenken. Geben in unserm flecken Toblach am 8. tag des monets Octobris Ao. domini 1511, unserer reiche es röm. im 26. und des hungerischen im 22. jarn.